Ein Hinweis in eigener Sache: In der aktuellen Ausgabe der Computerzeitschrift c’t ist ein Artikel von Holger Bleich, Joerg Heidrich und mir mit dem Titel „Schwierige Gegenwehr – Was tun bei unberechtigten Filesharing-Abmahnungen?“ erschienen.
Update vom 02.09.10: Der Artikel ist mittlerweile im Volltext online
posted by Stadler at 20:46
Bei gulli.com und der Initiative Abmahnwahn-Dreipage ist gerade über einen etwas eigenwilligen Aufruf zu lesen, nämlich eine (angebliche) Sammelklage gegen die bekannten Filesharing-Abmahner DigiProtect. Hierzu sollen Betroffene, die von DigiProtect wegen des Uploads eines pornografischen Films abgemahnt wurden und dann Schadensersatz oder Anwaltskosten bezahlt haben, ihre vermeintlichen Rückforderungsansprüche an eine „Metaclaims Sammelklagen Finanzierungsgesellschaft mbH“ abtreten.
Abgesehen davon, dass es sich nicht um eine Sammelklage handelt, sondern um eine Klage eines Einzelnen aus abgetretenem Recht, macht doch die Voraussetzung, dass das verletzte Werk ein pornografischer Film gewesen sein muss, stutzig. Weil die Erfolgsaussichten bei pornografischen Filmen kaum besser sein dürften als beispielsweise bei Musikstücken, wird man sich die Frage stellen müssen, welche konkreten Interessen sich hinter dieser Einschränkung verbergen.
Aus Sicht der Betroffenen wäre es sicherlich interessanter, wenn in einem geeigneten Musterverfahren einmal mittels eines vom Gericht zu bestellenden IT-Sachverständigen die Zuverlässigkeit der Ermittlung des Anschlussinhabers/Tauschbörsennutzers überprüft würde. Denn speziell bei dieser Frage gibt es, zumindest mit Blick auf einige der technischen Dienstleister die auf diesem Feld agieren, Anlass für Zweifel. Zwei der kritischen Punkte sind hier die korrekte Erfassung der exakten Zeit des Rechtsverstoßes (Zeitspempel) sowie die Frage, wie der Verstoß konkret ermittelt wird, also durch Testdownloads, wie vielfach behauptet wird, oder doch nur über Index-Dateien oder Dateinamen.
posted by Stadler at 20:48
Die Erbin von Karl Valentin hat ein Blog wegen der öffentlichen Wiedergabe eines Spruchs des Künstlers abgemahnt, wie es in der vorformulierten Unterlassungserklärung heißt. Und das scheint kein Einzelfall zu sein.
Rechtlich stellt sich die Frage der urheberrechtlichen Schutzfähigkeit des Spruchs von Karl Valentin, aber auch die des Zitatrechts nach § 51 UrhG.
Möglicherweise dreht sich der große Künstler Karl Valentin angesichts solch kleingeistiger und humorloser Abmahnungen auch ab und zu in seinem Grab um.
posted by Stadler at 18:17
Eine kriminelle Masche bei der Abmahnung von eBay-Händlern – die in ähnlicher Form vermutlich öfter praktiziert wird – hatte für zwei Hagener Rechtsanwälte strafrechtliche Konsequenzen. Die Juristen haben sich das Anwaltshonorar, das die Abgemahnten bezahlt hatten, mit ihren Mandanten geteilt. In derartigen Fällen rechtsmissbräuchlicher Abmahnungen entsteht der Anspruch auf Erstattung von Anwaltskosten aber überhaupt nicht, weil nur für berechtigte Abmahnungen Anwaltskosten verlangt werden können. Die Anwälte haben folglich die Erstattung von Honorar gefordert, das gar nicht entstanden war. Das ist nicht nur berufsrechtlich unzulässig, sondern stellt einen Betrug zu Lasten der Abgemahnten dar.
Über den Fall berichtet DER Westen. (via Telemedicus)
posted by Stadler at 08:00
In letzter Zeit sind mir überdurchschnittlich viele Filesharing-Abmahnungen der Kanzlei Waldorf vorgelegt worden, was allerdings auch Zufall sein kann. Der Anteil an Filmen und Musik ist dabei in etwa gleich hoch. Im Filmbereich fällt vor allen Dingen Constantin Film (zuletzt z.B. Pandorum und Jenseits der Angst) durch eine rege Abmahntätigkeit auf, während sich die großen internationalen Filmrechtseinhaber nach wie vor eher zurückhalten. Auch kleinere (Qualitäts-)Produktionen wie „Der Knochenmann“ (Majestic Filmverleih) sind aktuell Gegenstand von Abmahnungen. Im Musikbereich mahnt Waldorf derzeit häufig für Sony Music ab, u.a. Werke der Künstler Alicia Keys und AC/DC.
Die Situation für die von Abmahnungen Betroffenen hat sich nach der BGH-Entscheidung keinesfalls verbessert, auch wenn es gelegentlich 80-jährige Rentner trifft, die mir glaubhaft versichern, dass sie keine AC/DC-Fans sind.
posted by Stadler at 12:27
Die Entscheidung des BGH zur Frage der Haftung des Inhabers eines Internetanschlusses für Urheberrechtsverletzungen, die durch Benutzung seines W-LAN-Routers begangen worden sind, hat der Abmahnindustrie und ihren anwaltlichen Protagonisten Rasch, Waldorf, Kornmeier, Nümann & Lang, Negele und Graf von Westphalen zusätzlichen Auftrieb verschafft.
Nach meiner Beobachtung der letzten Wochen nimmt die Häufigkeit von Mahnbescheiden und Klagen in den Fällen zu, in denen nach Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung keine Zahlung geleistet wurde. Die Entscheidung des BGH hat die Situation der auf Unterlassung in Anspruch genommenen Anschlussinhaber spürbar verschlechtert. Denn der BGH geht – wenngleich mit rechtlich zweifelhaften Argumenten – zunächst davon aus, dass eine (widerlegbare) Vermutung dafür besteht, dass der Anschlussinhaber auch die Rechtsverletzung begangen hat. Diese Vermutung ist regelmäßig nur schwer zu widerlegen und auch nur dann, wenn man konkrete Umstände vorträgt, aus denen sich ein anderer Sachverhalt ergibt. Der pauschale Vortrag, man sei es nicht gewesen und man wisse von nichts, ist keinesfalls mehr zielführend.
posted by Stadler at 08:00
Wenn eine einstweilige Verfügung ergangen ist, dann handelt es sich dabei nur um eine vorläufige Regelung in einem gerichtlichen Eilverfahren. Weil der Antragsteller aber ein Interesse daran hat, die Sache endgültig zu klären, kann er vom Antragsgegner im Wege des Abschlussschreibens verlangen, dass dieser eine sog. Abschlusserklärung abgibt, durch die die einstweilige Verfügung als endgültige und abschließende Regelungen anerkannt und auf Rechtsbehelfe gegen die Verfügung verzichtet wird.
Bei Anwälten ist dieses Abschlussschreiben deshalb relativ beliebt, weil ähnlich wie im Falle einer berechtigten Abmahnung eine Erstattung der Anwaltskosten verlangt werden kann. Ein solcher Anspruch besteht aber nur dann, wenn nach Zustellung der einstweiligen Verfügung mindestens zwei Wochen mit dem Abschlussschreiben gewartet worden ist. Diese Wartefrist, die der überwiegenden Ansicht in der Rechtsprechung enstpricht, hat das OLG Hamm mit Urteil vom 04.05.2010 (Az.: I-4 U 12/10) erneut bestätigt.
Wer also eine einstweilige Verfügung bekommt und nicht vor hat, sich dagegen zur Wehr zu setzen, sollte möglichst innerhalb von zwei Wochen von sich aus eine solche Abschlusserklärung abgeben, um ein Abschlusschreiben und damit weitere Kosten zu vermeiden.
(via MIR)
posted by Stadler at 15:37
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Der Bundesgerichtshof hatte in der heute im Volltext veröffentlichten Entscheidung „Sondernewsletter“ (Urteil vom 10. Dezember 2009, Az.: I ZR 149/07) über die wettbewerbsrechtliche Zulässigkeit einer Werbung für eine Internet-Flatrate über das TV-Kabelnetz zu befinden. In der Entscheidung ging es außerdem um die Frage, inwieweit Abmahnkosten zu erstatten sind, wenn die Abmahnung nur teilweise berechtigt war.
Die amtlichen Leitsätze des BGH lauten:
a) Wer in einer an die Allgemeinheit gerichteten Werbung für einen Telefon-Tarif oder eine Internet-Flatrate unter Angabe von Preisen wirbt, muss, wenn die Inanspruchnahme dieser Leistungen einen Kabelanschluss des Anbieters voraussetzt, in der Werbung hinreichend deutlich auf die Kosten des Kabelanschlusses hinweisen.
b) Wer in einer an die Allgemeinheit gerichteten Werbung für einen Internet-Zugang über ein Kabelnetz unter Angabe der Übertragungsgeschwindigkeit wirbt, braucht nicht darauf hinzuweisen, dass diese Übertragungsgeschwindigkeit aufgrund von Umständen, auf die er keinen Einfluss hat, nicht durchgängig erreicht werden kann.
c) Richtet sich die Höhe der Abmahnkosten nach dem Gegenstandswert der Abmahnung, sind die Kosten einer nur teilweise berechtigten Abmahnung gemäß § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG nur zu ersetzen, soweit die Abmahnung berechtigt war. Dabei ist die Höhe des Ersatzanspruchs nach dem Verhältnis des Gegenstandswerts des berechtigten Teils der Abmahnung zum Gegenstandswert der gesamten Abmahnung zu bestimmen.
posted by Stadler at 12:00
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Die Kanzlei Waldorf schreibt mir in einer Filesharing-Sache, dass die abgegebene Erklärung nur teilweise „die strengen Anforderungen der Gerichte an den Wortlaut einer wirksamen Unterlassungserklärung“ erfüllt. Was sie genau stört, schreiben die Kollegen freilich nicht. Dafür haben sie vermutlich keinen Textbaustein.
Die Rückmeldung ist auch insoweit erstaunlich, als gleichlautende modifizierte Unterlassungserklärungen von derselben Kanzlei bereits mehrfach akzeptiert worden sind. Bin mal gespannt, ob die Kanzlei Waldorf diese Frage tatsächlich gerichtlich klären lassen möchte.
Update:
Wie mir die Kanzlei Waldorf jetzt telefonisch mitteilt, ist die Unterlassungserklärung doch in Ordnung. Das ganze sei ein Versehen gewesen. Falschen Textbaustein angeklickt? ;-)
posted by Stadler at 16:51
Eine aktuelle Entscheidung des OLG Hamburg (Beschluss vom 27.04.2010, Az.: 5 W 24/10) befasst sich mit den Anforderungen an eine urheberrechtliche Abmahnung.
Das Oberlandesgericht Hamburg vertritt die Ansicht, dass als rechtsverletzend beanstandete Grafiken und/oder Abbildungen konkret zu benennen und der Abmahnung regelmäßig beizufügen sind, weil eine wirksame Reaktion des Abgemahnten die Kenntnis des konkreten Erscheinungsbildes des Schutzobjekts voraussetzt.
Eine Abmahnung, die diesen Anforderungen nicht genügt, löst bei einem als Störer in Anspruch genommenen Forenbetreiber keine Prüf- und Handlungspflichten aus.
(via MIR)
posted by Stadler at 23:16
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