Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

7.1.14

Insolvenzverwalter von FDUDM2 (vormals DigiProtect) beantragt Mahnbescheide

Der Insolvenzverwalter über das Vermögen der FDUDM2 GmbH hat, vertreten durch die Rechtsanwälte U&C, Mahnbescheide in Filesharing-Abmahnungen beantragt, mit denen eine Hauptforderung von 650 EUR geltend gemacht worden ist.

Hinter der FDUDM2 GmbH verbirgt sich niemand anderes als die Fa. Digiprotect, die über Jahre hinweg zu den eifrigsten aber auch zweifelhaftesten Filesharing-Abmahnern zählte. Erst kurz vor Insolvenzantrag hat DigiProtect noch schnell in FDUDM2 umfirmiert. DigiProtect wurde früher überwiegend von der Kanzlei Kornmeier anwaltlich vertreten, die insbesondere im Verhältnis zu DigiProtect durch eine fragwürdige Abrechnungspraxis aufgefallen ist, die auch gerichtlich beanstandet wurde. Rechtsanwalt Udo Kornmeier hatte seinerzeit wegen der Berichterstattung in diesem Blog auch erfolglos versucht, gegen mich eine einstweilige Verfügung zu erwirken.

In dem mir jetzt vorliegenden Fall, macht der Insolvenzverwalter die Verletzung der Rechte an einem Pornofilm geltend. Insoweit stellt sich neben der Frage der Rechtsinhaberschaft von DigiProtect und der Frage der urheberrechtlichen Schutzfähigkeit zudem auch die Frage, ob man in Bezug auf Pornofilme überhaupt ausschließliche Nutzungsrechte für eine Verwertung in dezentralen Netzwerken (Tauschbörsen) einräumen kann. Ich hoffe, der Insolvenzverwalter hat sich gut überlegt, ob er nach Widerspruch im Mahnverfahren tatsächlich in das streitige gerichtliche Verfahren überleiten will.

posted by Stadler at 20:50  

6.1.14

Hat der BND die Überwachung 2012 tatsächlich zurückgefahren?

Der aktuelle Bericht an den Bundestag über die Durchführung des G10-Gesetzes liegt noch nicht offiziell vor. Auf der Website des Parlamentarischen Kontrollgremiums findet man bislang nur den Bericht für das Jahr 2011.

Dennoch wurde der Bericht für das Jahr 2012 vorab offenbar an die WELT weitergeleitet, die dpa hat den Bericht aufgegriffen und  titelt: „BND fährt Überwachung 2012 deutlich zurück„. Nahezu alle Zeitungen machen anschließend genau das, was sich BND und Kontrollgremium erwartet haben. Praktisch unisono und kritiklos wird berichtet, der BND hätte die Überwachung 2012 deutlich reduziert. Fast niemand hinterfragt die Zahlen oder versucht Zusammenhänge herzustellen.

Dabei ist mittlerweile auch ohne aufwändige Recherche völlig klar, dass die Dienste das Parlament nicht vollständig und in irreführender Art und Weise unterrichten. Die WELT merkt zumindest an, dass die 500 Millionen Metadaten, die der BND nach Presseberichten in nur einem Monat an die NSA weitergeleitet hat, in dem Bericht, wie in den Vorjahren, nicht auftauchen. Das Parlament wird lediglich darüber informiert, in wievielen Fällen im Rahmen der sog. strategischen Fernmeldekontrolle eine Überwachung von E-Mails und Telefonaten stattgefunden hat. Im Jahre 2012 waren das nach dem Bericht der WELT ca. 850.000, während es 2010 noch ca. 37 Mio. E-Mails gewesen sind.

Niemand stellt allerdings die Frage, was diese Zahlen wirklich bedeuten. Im jährlichen Bericht finden sich hierzu floskelhafte Formulierungen wie

Anhand dieser Suchbegriffe qualifizierten sich im Berichtszeitraum (…) Telekommunikationsverkehre für diesen Gefahrenbereich.

Was aber besagt diese Formulierung? Man erfasst und scannt beim BND zunächst flächendeckend anhand von Suchbegriffen und überprüft anschließend eine bestimmte Anzahl von E-Mails und Telefonate genauer. Und nur letzteres wird dem Bundestag überhaupt mitgeteilt. Man kann der NSA also problemlos 500 Millionen Meta-Daten monatlich übermitteln, weil man diese Daten beim BND tatsächlich erhebt.

Der BND hat die Überwaschung im Jahre 2012 also mitnichten zurückgefahren, wie uns eine unkritische Berichterstattung glauben machen will, sondern der BND filtert jetzt nur anders und setzt u.a. verbesserte Spamfilter ein. Die flächendeckende Erfassung des Internetverkehrs u.a. am Knotenpunkt von De-Cix in Frankfurt ist etwas, worüber das Parlament erst gar nicht informiert wird.

Die aktuelle Berichterstattung zeigt also sehr deutlich, dass die Dienste nicht nur das Parlament verfälschend informieren, sondern auch die öffentliche Meinung manipulieren. Eine willfährige und unkritische Presse erleichtert ihnen dieses Vorhaben.

posted by Stadler at 15:37  

4.1.14

Unzulässige Werbung für Computerspiel gegenüber Kindern

Für das Onlinespiel „Runes of Magic“ wurde mit folgender Aussage geworben:

Schnapp Dir die günstige Gelegenheit und verpasse Deiner Rüstung & Waffen das gewisse „Etwas“.

Der BGH hat mit Urteil vom 17.07.2013 (Az.: I ZR 34/12 – Gameforge) entschieden, dass es sich hierbei um eine in eine Werbung einbezogene unmittelbare Aufforderung an Kinder handelt, selbst die beworbene Ware zu erwerben, die stets unzulässig und damit wettbewerbswidrig ist (Nr. 28 des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG).

Die Werbung richte sich, so der BGH, nach der Art ihrer Formulierung ganz allgemein an minderjährige Spieler. Es sollen ganz gezielt Minderjährige und damit auch Minderjährige unter 14 Jahren angesprochen werden. Diese Schlussfolgerung macht der BGH an einer durchgängigen Verwendung der direkten Ansprache in der zweiten Person Singular und überwiegend kindertypischen Begrifflichkeiten einschließlich gebräuchlichen Anglizismen fest.

Diese Auslegung muss man allein in sprachlicher Hinsicht als gewagt bezeichnen. Die Verwendung von Anglizismen in der Werbung deutet heutzutage noch nicht einmal mehr auf eine jugendtypische Werbung hin. Welche kindertypischen Begrifflichkeiten die beanstandete Aussage enthalten soll, ist weder ohne weiteres ersichtlich, noch wird dies vom BGH näher erläutert. Die Verwendung von Umgangssprache ist werbetypisch. Speziell im Spielebereich deutet auch die Verwendung der 2.Person nicht zwingend darauf hin, dass primär Jugendliche angesprochen werden sollen. An dieser entscheidenden Stelle glänzt die BGH-Entscheidung leider durch die Abwesenheit einer Begründung.

Der BGH erörtert anschließend noch die Frage, ob es sich um einen unmittelbaren Kaufappell handelt, was er ebenfalls bejaht.

posted by Stadler at 21:31  

3.1.14

Schwierige Gegenwehr: Die sog. sekundäre Darlegungslast in Filesharing-Verfahren

In Filesharing-Fällen besteht nach der Rechtsprechung des BGH eine Vermutung dahingehend, dass der Anschlussinhaber auch die Rechtsverletzung begangen hat. Bereits diese Vermutung ist zweifelhaft. Eine solche Vermutung kommt nämlich nur dann in Betracht, wenn nach der Lebenserfahrung eine gewisse Wahrscheinlichkeit für einen typischen Geschehensablauf besteht. Nachdem der deutsche Haushalt durchschnittlich aus zwei Personen besteht, ist bereits die Annahme, dass der Anschlussinhaber im Regelfall auch der Rechtsverletzter ist, falsch. Nach meiner anwaltlichen Erfahrung wird Filesharing auch häufiger von Jugendlichen und jungen Erwachsenen betrieben, die noch bei den Eltern wohnen, als von älteren Menschen. Wenn es also überhaupt einen typischen Fall gibt, dann ist es der, dass die Kinder des Anschlussinhabers die Filesharer sind.

Wenn man also die tatsächlichen Gegebenheiten betrachtet, dann wäre es naheliegender von der Vermutung auszugehen, dass der Anschlussinhaber nicht der Rechtsverletzer ist als umgekehrt.

Diese falsche BGH-Rechtsprechung bildet dann allerdings den Anknüpfungspunkt für die sog. sekundäre Darlegungslast. Nach der Rechtsprechung genügt es für die Erfüllung der sekundären Darlegungslast ganz allgemein, wenn der Beklagte Umstände vorträgt, aus denen sich die ernsthafte Möglichkeit eines anderen Geschehensablaufs ergibt. Drei Oberlandesgerichte (Frankfurt, Köln, Hamm) haben hieraus für Filesharing-Prozesse mittlerweile die Schlussfolgerung gezogen, dass es ausreichend ist, wenn der Anschlussinhaber darlegt, dass der Anschluss auch von anderen Familienmitgliedern bzw. Mitbewohnern genutzt wird, weil allein dadurch die Vermutung erschüttert wird, der Anschlussinhaber sei selbst Täter der Urheberrechtsverletzung.

Das OLG Hamm hat dies in einer aktuellen Entscheidung nochmals (Beschluss vom 04.11.2013, Az.: 22 W 60/13) dargelegt:

Von dem Anschlussinhaber kann im Rahmen des Zumutbaren substantiiertes Bestreiten der behaupteten Tatsache unter Darlegung der für das Gegenteil sprechenden Tatsachen und Umstände verlangt werden, ihm obliegt aber nicht der Beweis des Gegenteils in dem Sinne, dass er sich bei jeder über seinen Internetzugang begangenen Rechtsverletzung vom Vorwurf der täterschaftlichen Begehung entlasten oder exkulpieren muss. Vielmehr genügt er seiner sekundären Darlegungslast, wenn er seine Täterschaft bestreitet und darlegt, dass seine Hausgenossen selbstständig auf den Internetanschluss zugreifen können, weil sich daraus bereits die ernsthafte Möglichkeit eines anderen Geschehensablaufs als die seiner Alleintäterschaft ergibt (OLG Köln, NJW-RR 2012, 1327). Vorliegend hat der Verfügungsbeklagte durch sein als Anlage AG 1 zum Widerspruch vom 09.04.2013 angefügtes Schreiben vom 25.02.2013 an den Verfügungsklägervertreter und durch den Inhalt des Widerspruchs erklärt, dass er vermutet, dass seine minderjährigen Kinder als Verursacher der Rechtsverletzung in Betracht kommen könnten. Darin ist die Erklärung zu sehen, dass diese selbstständig und ohne permanente Aufsicht durch den Verfügungsbeklagten dessen Internetanschluss nutzen können. Dieser Vortrag ist ausreichend, um eine ernsthafte Möglichkeit eines anderen Geschehensablaufs als die Alleintäterschaft des Verfügungsbeklagten darzulegen.

Weiterhin anders ticken allerdings die Uhren in München, speziell beim Amtsgericht München, denn dort genügt die Darlegung, dass auch andere Familienmitglieder bzw. Mitbewohner vorhanden sind, die den Internetanschluss ebenfalls nutzen (können), keinesfalls. Vielmehr muss nach Ansicht des AG München konkret dargelegt werden, ob diese Angehörigen zum besagten Zeitpunkt auch zuhause waren und das Internet genutzt haben. Das ist natürlich vielfach nicht möglich und läuft faktisch auf eine Beweislastumkehr hinaus.

posted by Stadler at 10:04  
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