Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

20.1.11

Europäische Rechtsexperten kritisieren ACTA

Eine Gruppe europäischer Rechtsexperten, darunter bekannte deutsche Rechtswissenschaftler wie Spindler, Hoeren, Dreier, Forgo, Metzger, Hilty, Ohly und Leistner, hat eine gemeinsame Erklärung zu dem zuletzt veröffentlichten Entwurf des Anti-Counterfeiting Trade Agreement (ACTA) veröffentlicht.

Die Erklärung kritisiert eine ganze Reihe von Einzelpunkten und fordert die europäischen und nationalen Institutionen auf, die Ratifizierung des Vertrags insoweit zu überdenken.

Die Erklärung kann bis zum 07.02.2011 zur Unterschrift mitunterzeichnet werden und soll dann an das Europäische Parlament und an nationale Stellen übermittelt werden.

posted by Stadler at 13:04  

20.1.11

Geheimverträge zwischen Staat und Unternehmen

Das Deutschlandradio Kultur hat gestern unter dem Titel „Unsichtbare Politik“ einen interessanten Beitrag gesendet, der als MP3 und in Textform online ist. Ausgangspunkt ist die Privatisierung von staatlichen Einrichtungen, die zwangsläufig mit dem Abschluss einer Vielzahl von Verträgen einher geht, die oft genug als geheimhaltungsbedürftig eingestuft werden und damit der Öffentlichkeit vorenthalten bleiben. Ähnliches erlebt man ganz allgemein, wenn der Staat Verträge mit Unternehmen schließt. In diesen Fällen werden vertraglich oftmals Verschwiegenheitsklauseln vereinbart, die nicht zuletzt dem Zweck dienen, kritischen Fragen von Medien und Bürgern auszuweichen.

Staatliches Handeln wird dadurch der Kontrolle durch Parlamente und Gemeinderäte entzogen und nebenbei auch der Kontrolle durch eine kritische Öffentlichkeit. Und dies obwohl in vielen Fällen zweifellos ein erhebliches Informationsbedürfnis der Öffentlichkeit besteht. Die Vereinbarung solcher vertraglicher Verschwiegenheitspflichten muss deshalb durchaus als demokratiegefährdend angesehen werden kann. Dies gilt umso mehr, als dass im öffentlichen Recht grundsätzlich ein Verbot der Flucht ins Privatrecht dergestalt besteht, dass der Staat sich öffentlich-rechtlicher Bindungen und Pflichten nicht dadurch entledigen kann, dass er privatrechtliche Gestaltungsformen wählt.

Wie das Beispiel Stuttgart21 zeigt, reagiert eine kritische Öffentlichkeit in zunehmendem Maße sensibel auf eine Politik, die den Bürger nicht ausreichend informiert. Der Gesetzgeber sollte sich deshalb überlegen, in diesen Bereichen einen eindeutigen Rahmen vorzugeben und Transparenzpflichten gesetzlich zu normieren.

posted by Stadler at 11:52  

18.1.11

Nerdcore, Euroweb und der Shitstorm

Ein wahrer Shitstorm fegte heute durch das Netz, weil die abmahnfreudige Euroweb Internet GmbH die Domain „nerdcore.de“ des Bloggers René Walter im Wege eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses auf sich hat übertragen lassen.

Derartiges passiert freilich nicht dadurch, dass jemand eine Abmahnung ignoriert, wie im Netz zunächst kolportiert wurde. Der Blogger hat sich vielmehr arg nerdig verhalten und mehrere gerichtliche Entscheidungen – ein Urteil, einen Kostenfestsetzungsbeschluss und einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss – nicht beachtet, aber auch keine Rechtsmittel eingelegt, wie es scheint. Der Ablauf wird bei den Rechtsanwälten Berger geschildert.

Die Domain wurde der Fa. Euroweb auf Basis eines Schätzwerts, der vermutlich nicht sonderlich hoch gewesen sein dürfte, überwiesen, also übertragen. Auch wenn der Schätzwert möglicherweise viel zu niedrig angesetzt worden ist, hat es den Anschein, als hätte Walter den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss nicht angegriffen. Dann hat der Blogger seine Schulden durch die unfreiwillige Übertragung der Domain teuer bezahlt und bekommt lediglich eine eventuelle Überzahlung zurück erstattet.

Mein Mitleid mit dem Blogger hält sich ehrlich gesagt in Grenzen. Denn, wer hartnäckig mehrere gerichtliche Entscheidungen ignoriert, braucht sich über eine solche Entwicklung wirklich nicht zu wundern.

Update vom 19.1.2011:
In dem Beitrag von Udo Vetter wird die Ansicht vertreten, der Gläubiger (Euroweb) müsste im Falle einer Versteigerung den Erlös herausgeben, der über die Schulden des Bloggers hinausgeht. Das wäre aber nur dann richtig, wenn es sich um eine Zwangsversteigerung bzw. Verwertung der Domain im Rahmen einer Zwangsvollstreckung handelt. Das scheint aber vorliegend nicht der Fall zu sein. Euroweb hat sich die Domain vielmehr anstelle der Zahlung – juristisch: an Erfüllungs Statt – übertragen lassen. Das bedeutet, dass der Blogger seine Schulden durch Übertragung der Domain bezahlt hat. In diesem Fall muss Walter den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss beim Vollstreckungsgericht angreifen und versuchen diesen rückgängig zu machen. Vom Erlös eines Verkaufs der Domain durch Euroweb bekommt er aber grundsätzlich nichts.

posted by Stadler at 22:07  

18.1.11

Jurablogs.com von Hoster gesperrt

Das beliebte Meta-Blog Jurablogs, das eine Übersicht über juristische Blogs liefert, ist offenbar gerade von seinem Hoster Hetzner gesperrt worden, angeblich aufgrund einer Beschwerde über rechtswidrige Inhalte und das ohne den Betreiber vorab zu informieren. Ob dahinter bereits ein richterliches Verbot steckt oder lediglich eine Abmahnung, ist bislang unklar.

Jurablogs gehört zu den wichtigsten Informationsquellen für Juristen im Netz. Eine derartige Totalblockade ist, selbst dann wenn eine Beschlussverfügung vorliegen sollte, völlig überzogen.

Update vom 19.11.2011
Jurablogs ist wieder online und wie es aussieht, hat der Host-Provider Hetzner die Site nur aufgrund einer Abmahnung der Model-Agentur Lorraine Media gesperrt, ohne Rücksprache mit dem Betreiber von Jurablogs zu nehmen. Grund dürfte ein älterer Blogbeitrag sein, der derzeit auch nicht über Jurablogs erreichbar ist, der sich mit Lorraine Media beschäftigt. Da kann man Jurablogs wohl nur dazu raten, den Hoster zu wechseln.

posted by Stadler at 21:22  

18.1.11

Haftung eines Internet-Cafes für Filesharing

Mit Beschluss vom 25.11.2010 (Az.: 310 O 433/10), der im Rahmen eines Verfügungsverfahren ergangen ist, hat das Landgericht Hamburg einem Betreiber eines Internet-Cafes verboten, einen Film durch andere Teilnehmer von Filesharing-Systemen bereitzustellen und damit der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.

Man kann sich bereits die Frage stellen, ob dieser Tenor überhaupt diejenige Verletzungshandlung umschreibt, die dem Betreiber des Internet-Cafes vorgeworfen wird. In Wirklichkeit soll ihm wohl verboten werden, Computer mit Internetzugang zur Nutzung zur Verfügung zu stellen, mit denen Filesharing in P2P-Netzwerken betrieben werden kann.

Auch die Frage, ob dieses gerichtliche Verbot mit § 7 Abs. 2 TMG vereinbar ist, wäre zu stellen gewesen. Nach dieser Vorschrift kann von einem Diensteanbieter nicht verlangt werden, die von ihm übermittelten oder gespeicherten Informationen zu überwachen oder nach Umständen zu forschen, die auf eine rechtswidrige Tätigkeit hinweisen. Das Landgericht Hamburg erörtert diese Vorschrift noch nicht einmal, obwohl seine Entscheidung im Ergebnis zwingend darauf hinausläuft, den Betreiber des Internet-Cafes zu zwingen, sämtliche Datenströme zu überwachen und zu analysieren, weil dies die einzige Möglichkeit darstellt, die Verbotsverfügung des Gerichts zu befolgen. Dass derartige Maßnahmen aber nicht nur in Konflikt mit dem TMG stehen, sondern vielmehr auch mit dem Telekommunikationsgeheimnis des TKG, hat eine andere Kammer des Landgerichts Hamburg mit Urteil vom 12.03.2010 (Az.: 308 O 640/08) bereits überzeugend dargestellt.

Die Haftung des Internet-Cafes begründet das Landgericht Hamburg  vorliegend wie folgt:

Der Antragsgegner haftet als Anschlussinhaber jedenfalls nach den Grundsätzen der Störerhaftung verschuldensunabhängig auf Unterlassung. Dies gilt auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass er vorgerichtlich geltend gemacht hat, die Rechtsverletzung sei durch einen Kunden seines Internet-Cafes begangen worden. Das Überlassen des Internetzugangs an Dritte birgt die nicht unwahrscheinliche Möglichkeit in sich, dass von den Dritten Urheberrechtsverletzungen über diesen Zugang begangen werden. Dem Inhaber des Internetanschlusses sind Maßnahmen möglich und zumutbar, solche Rechtsverletzungen zu verhindern. So können insbesondere die für das Filesharing erforderlichen Ports gesperrt werden. Dass der Antragsgegner irgendwelche in diesem Sinne geeigneten Maßnahmen ergriffen hat, ist nicht ersichtlich. Dagegen spricht vielmehr der Umstand, dass es zu der vorliegenden Rechtsverletzung kommen konnte.

Diese Begründung ist mehr als erstaunlich. Lediglich apodiktisch wird die Behauptung aufgestellt, es sei denkbar, durch Sperrung einzelner Ports das Filesharing zu unterbinden. Der Umstand, dass Filesharing möglich war, spreche, so das Landgericht, dafür, dass solche Portsperren nicht vorgenommen worden sind.

Diese Ausführungen zeichnen sich durch grobes technisches Unverständnis aus. Angesichts der Vielzahl der existierenden Clients, die unterschiedlichste Ports benutzen und benutzen können, gibt es keine Möglichkeit „die für das Filesharing erforderlichen Ports“ zu sperren. Abgesehen davon, dass bei Sperrung fast aller Ports von einem vollwertigen Internetzugang nicht mehr die Rede sein kann. Das was sich das Landgericht Hamburg vorstellt, könnt man eventuell durch Einrichtung eines Zwangs-Proxies und den Einsatz entsprechender Filtertechnologien erreichen. Damit würde man dem Betreiber eines Internet-Cafes allerdings eine allgemeine Überwachungspflicht auferlegen, die zudem schwerlich mit dem Fernmeldegeheimnis in Einklang zu bringen wäre.

Das Landgericht Hamburg hat also im Ergebnis etwas angeordnet, was der Cafe-Betreiber nur befolgen kann, wenn er gegen § 88 Abs. 2 TKG verstößt. Als Betreiber eines Internetcafes steht man deshalb nur vor der Wahl, Verbotsverfügungen wie die des Landgerichts Hamburg zu ignorieren oder sein Lokal zu schließen.

Lesen Sie auch den Beitrag von Reto Mantz zum selben Thema.

posted by Stadler at 11:51  

17.1.11

Der Zusammenhang zwischen Vorratsdatenspeicherung und Datenschutz

Die Diskussion über eine Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung ist in vollem Gange. Der Bundesvorstand der CDU hat in seiner sog. Mainzer Erklärung verlauten lassen, man wolle die Vorratsdatenspeicherung gemäß den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts ermöglichen. Das bedeutet nichts anderes, als dass man Telekommunikationsverbindungsdaten aller Bürger dieses Landes ohne jeden Anlass auf Vorrat speichern will und zwar exakt bis an die Grenze dessen, was das Verfassungsgericht zulässt. Demgegenüber hat Justizministerin Leutheusser-Schnarrenberger erklärt, dass eine Neuauflage der Vorratsdatenspeicherung nicht zu machen sei. Vielmehr plädiert sie für das sog. Quick-Freeze-Verfahren, das sie um eine kurzfristige Speicherung von IP-Adressen von sieben Tagen ergänzen möchte. Einen ähnlichen Vorschlag hatte der Bundesdatenschutzbeauftragte Schaar vor zwei Monaten schon gemacht.

In der Diskussion ist bislang zu selten auf den Zusammenhang zwischen Datenschutz und Vorratsdatenspeicherung hingewiesen worden. Der Umstand, dass die Ermittler beklagen, ihnen würde  der Ermittlungsansatz IP-Adresse praktisch nicht mehr zur Verfügung stehen, hat seine Ursache darin, dass Internet Service Provider die IP-Adressen mit denen ihre Kunden online gehen, entweder gar nicht mehr aufzeichnen oder, wie die Telekom, nur noch für sieben Tage. Das war bis vor einigen Jahren anders, weil Verbindungsdaten, also auch IP-Adressen, früher zu Abrechnungszwecken üblicherweise 80 Tage lang gespeichert worden sind. Nachdem aber die Flatrates Einzug gehalten haben, haben die Provider – zumeist nicht freiwillig, sondern auf Druck der Datenschutzbehörden – ihre Speicherpraxis entsprechend umgestellt.

Die jetzige Situation ist also in gewisser Weise paradox. Weil wir ein so strenges Datenschutzrecht haben und es auch fast nirgendwo so eng ausgelegt wird, beklagen sich die Strafverfolgungsbehörden über Ermittlungslücken, was konservativen Sicherheitspolitikern wiederum als Argument für die Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung dient. Das Datenschutzrecht fordert aber genau das Gegenteil dessen, was die Vorratsdatenspeicherung will. Datenvermeidung und Datensparsamkeit sind die obersten gesetzlichen Ziele des Datenschutzrechts, während die Vorratsdatenspeicherung darauf abzielt, Unmengen von personenbezogenen Daten anzuhäufen.

Dennoch stellen sich Mitglieder der Bundesregierung wie Ilse Aigner oder Thomas De Maiziere immer wieder hin und versprechen eine Verbesserung  des Datenschutzes, während sie beinahe im selben Atemzug die Vorratsdatenspeicherung fordern. Dass Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger eine andere Position einnimmt, zeugt davon, dass sie Bürgerrechte auch immer noch als Abwehrrechte gegen den Staat betrachtet und nicht versucht, den Schwerpunkt der Diskussion allein auf datensammelwütige US-Unternehmen zu verlagern. Ihr Vorschlag eines Quick-Freeze, neuerdings ergänzt um eine siebentägige Vorratsdatenspeicherung, dient aber wohl auch nur dem politischen Zweck, eine Alternative zur Vorratsdatenspeicherung präsentieren zu können, die in Wirklichkeit freilich keine ist. Das von ihr hierzu vorgestellte „Eckpunktepapier“ wirft zudem neue Fragen auf, insbesondere unter welchen erleichterten Voraussetzungen dieses „Quick-Freeze“ zulässig sein soll und inwieweit dadurch das Erfordernis eines konkreten Tatverdachts aufgeweicht werden wird. Auch hier schließen sich verfassungsrechtliche Fragen an.

Man muss die Diskussion daher anders führen und auf die zentralen Fragen zuspitzen, die lauten: Wollen wir dem Staat erlauben, die Verbindungsdaten aller Bürger – und zwar ohne jeden konkreten Anlass – für längere Zeit zu speichern, damit er anschließend die Möglichkeit hat, diese Daten für strafrechtliche Ermittlungen zu benutzen. Oder wird damit vielmehr die Grenze zum Überwachungsstaat bereits überschritten?

Im Internet hinterlassen die Menschen mehr (Daten-)Spuren als in der realen Welt, wodurch auch die Ermittlung von Straftaten in vielen Fällen erleichtert wird. Hieraus resultiert dann auch eine beachtlich hohe Aufklärungsquote bei Online-Straftaten. Eigentlich müsste dieser Umstand aus Sicht der Bürgerrechte dazu führen, dass man die Ermittlungsbefugnisse einschränkt. Das Gegenteil ist freilich der Fall, weil man offenbar der Ansicht ist, dass man alles was technisch möglich ist, auch machen sollte.

Hierbei wird vergessen, dass sich genau an diesem Punkt der Rechtsstaat vom Unrechtsstaat unterscheidet. Der Rechtsstaat kann gerade nicht alles zulassen, was technisch möglich ist und muss auf manches verzichten, was in einem Unrechtsstaat geht. Dieser Unterschied scheint vielen Sicherheitspolitikern, gerade aus den Reihen der Union, nicht mehr geläufig zu sein. Wie selbstverständlich gehen sie davon aus, dass natürlich alles, was technisch machbar ist, vom Staat auch praktiziert werden soll. Denjenigen, die gegen diese Haltung rechtsstaatliche Bedenken vorbringen, wird gerne Verantwortungslosigkeit vorgeworfen.

In der alten Offline-Welt haben sich diese Fragen oft deshalb nicht gestellt, weil man bereits aus tatsächlichen Gründen keine Spuren mehr gefunden hat. Das ist online anders, weil man im Grunde alles später noch nachvollziehen kann, wenn man nur vorher genügend Daten gespeichert hat. Dieser Umstand legitimiert aber nicht die Ausweitung von Ermittlungsbefugnissen.

Der Abbau der Grundrechte ist in den letzten zwanzig Jahren kontinuierlich vorangetrieben worden, u.a. von Innenpolitikern wie Wolfgang Schäuble und Otto Schily. Diese Entwicklung hat leider auch vor dem Bundesverfassungsgericht nicht Halt gemacht. Eine Regelung wie die zur Vorratsdatenspeicherung wäre in Karlsruhe vor 20 Jahren in Gänze als offensichtlich verfassungswidrig qualifiziert worden. Allein die Diskussion darüber, TK-Verbindungsdaten ohne jeden Anlass für längere Zeit zu speichern, hätte man damals als orwellsche Überwachungsfantasie betrachtet.

Vor diesem Hintergrund muss man sich eben irgendwann auch hinstellen und sagen: Bis hierhin und nicht weiter. Die Vorratsdatenspeicherung ist aus grundsätzlichen rechtsstaatlichen Erwägungen heraus abzulehnen und es hat dabei zu bleiben, dass deutschen Ermittlungsbehörden nicht dieselben Imstrumente an die Hand gegeben werden dürfen, wie den Behörden totalitärer Staaten. Zudem wäre wünschenswert, dass die Diskussion um die Vorratsdatenspeicherung stärker in den Kontext des Datenschutzes gestellt wird. Denn die Politik kann nicht einerseits ein hohes Datenschutzniveau, das nur durch die gesetzlich normierten Ziel der Datenvermeidung und Datensparsamkeit erreichbar ist, propagieren und andererseits eine Vorratsdatenspeicherung fordern. Diese beiden Forderungen sind nicht in Einklang zu bringen.

posted by Stadler at 12:39  

15.1.11

Speicherung von IP-Adressen durch Provider unzulässig?

Das OLG Frankfurt hat im letzten Jahr entschieden, dass die Praxis der Telekom IP-Adressen für 7 Tage zu speichern, nicht zu beanstanden ist und Flatrate-Kunden nicht verlangen könne, dass IP-Adressen überhaupt nicht gespeichert werden.

Dieses Urteil soll nun vom BGH (Az.: III ZR 146/10) aufgehoben und an das OLG zurückverwiesen worden sein, wie Patrick Breyer vom AK Vorrat berichtet. Auf der Website des Bundesgerichtshofs findet man dazu aber noch nichts.

Sollte der BGH selbst die kurzfristige Speicherung von IP-Adressen für unzulässig erachten, würde dies wohl das Ende der Massenabmahnungen im Bereich des Filesharings bedeuten, weil die Internet Service Provider damit faktisch keine Auskünfte mehr dazu erteilen könnten, welche ihrer Kunden zu einem bestimmten Zeitpunkt mit einer bestimmten IP-Adresse online waren. Für eine solche Schlussfolgerung ist es derzeit allerdings noch zu früh. Man muss vielmehr zunächst die Urteilsbegründung des BGH abwarten, um zu sehen, was der Grund für die Zurückverweisung an das Berufungsgericht war.

posted by Stadler at 16:29  

14.1.11

Filesharing-Abmahnstatistik 2010

Der Verein gegen den Abmahnwahn hat eine Jahresstatistik 2010 zu Filesharing-Abmahnungen veröffentlicht. Wie zuverlässig diese Daten sind, lässt sich schwer beurteilen, zumal nicht konkret erläutert wird, wie die Daten ermittelt worden sind. Diese Information wäre in jedem Fall von Interesse.

Die Statistik geht von ca. 575.000 Abmahnungen im Bereich des Filesharing aus, wobei unter den Abmahnkanzleien Waldorf & Frommer als deutlicher Spitzenreiter ausgewiesen worden ist. Das dürfte zumindest in der Tendenz stimmen, wobei allein die Anzahl der Auskunftsverfahren beim Landgericht Köln auf eine eher noch höhere Zahl an Abmahnungen hindeutet.

Update:
Unzutreffend sind aber in der Statistik offenbar die Angaben zur Anzahl gerichtlicher Verfahren – die durch eine Umfrage bei Anwälten ermittelt wurden – wie ein Blick auf die Website der Abmahnkanzlei Negele, Zimmel, Greuter, Beller zeigt. Denn dort finden sich für das Jahr 2010 deutlich mehr Urteile und gerichtliche Vergleiche als die 18 Verfahren, die in der Jahresstatistik für diese Kanzlei angegeben wurden. Die Anwaltskanzlei Negele gehört nach meiner Einschätzung im Bereich des Filesharings allerdings auch zu den prozessfreudigsten Kanzleien, die ihre Klagen bevorzugt beim Amtsgericht München einreicht.

posted by Stadler at 17:05  

13.1.11

Hamburger Datenschutzbeauftragter deaktiviert seine Website

Der Hamburger Datenschutzbeauftragte hat heute seine Website bei „hamburg.de“ vom Netz genommen und reagiert damit offenbar auf Kritik, die ihren Ausgang in diesem Blog hatte. Es erstaunt mich dann doch, dass ein Blogbeitrag von mir solche Wellen schlägt.

posted by Stadler at 22:13  

12.1.11

Website des Hamburger Datenschutzbeauftragten selbst nicht datenschutzkonform?

Ein Leser meines Blogs hat gestern in einem Kommentar geschrieben, dass die unter „datenschutz-hamburg.de“ aufrufbare Website des Hamburger Datenschutzbeauftragten, der derzeit gegen Google Analytics vorgeht, selbst Tracking-Technologie einsetzt und dort kräftig getrackt würde.

Diese Aussage war zumindest insoweit nachvollziehbar, als das Firefox Plug-In „Counterpixel“ anzeigt, dass dort das IVW-Pixel zum Einsatz kommt. Dies vermutlich deshalb, weil der Auftritt des Datenschutzbeauftragten Teil von „hamburg.de“ ist und dort das Statistik-Tool der Informationsgemeinschaft zur Feststellung der Verbreitung von Werbeträgern (IVW) eingesetzt wird, das übrigens von vielen großen deutschen Websites genutzt wird.

Das Programm der IVW ist freilich, wie Google Analytics auch, ein Tracking-Tool, das Daten über die Besucher der Website sammelt und an die IVW weiterleitet, u.a. auch die IP-Adressen der Seitenbesucher. Und wenn man einem Artikel von golem.de glauben darf, werden auch von der IVW IP-Adressen vollständig, ohne Anonymisierung erfasst und gespeichert, weshalb hiergegen grundsätzlich dieselben datenschutzrechtlichen Bedenken bestehen müssen wie gegen Analytics.

Wenn Datenschutzbehörden schon offensiv die Auffassung vertreten, dass Tracking-Tools datenschutzrechtlich bedenklich sind, dann sollten sie sie zumindest nicht auf ihren eigenen Websites benutzen. Es zeigt sich damit aber auch, dass ein datenschutzkonformer Webauftritt gar nicht so einfach ist, auch nicht für einen Landesdatenschutzbeauftragten.

Die Diskussion kann ohnehin nicht auf Google beschränkt bleiben, sondern muss sich auf Tracking-Technologien insgesamt erstrecken.

Update:
Wenn man die Datenschutzerklärung zum Internetangebot des hanseatischen Datenschutzbeauftragten und zu „hamburg.de“ durchliest, fällt auf, dass der „IVW-Pixel“ nicht erwähnt wird, während stattdessen darauf hingewiesen wird, dass IP-Adressen an einen anderen Statistikanbieter (Sitestat) übermittelt werden. Dem Programm Sitestat des Anbieters Nedstat bescheinigt die Xamit-Studie allerdings ebenfalls, dass eine legale Nutzung nach deutschem Datenschutzrecht nicht möglich ist. Dieser Hinweis in der Datenschutzerklärung könnte allerdings veraltet sein, nachdem dort sogar auf die Verwendung von Facebook Social Plugins hingewiesen wird. Diese hat „hamburg.de“ allerdings nach kurzer Zeit wegen datenschutzrechtlicher Bedenken wieder runter genommen.

Wir sehen hier ein schönes Beispiel dafür, wie sich der Datenschutz selbst ad absurdum führt.

posted by Stadler at 11:55  
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