Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

20.1.11

Geheimverträge zwischen Staat und Unternehmen

Das Deutschlandradio Kultur hat gestern unter dem Titel „Unsichtbare Politik“ einen interessanten Beitrag gesendet, der als MP3 und in Textform online ist. Ausgangspunkt ist die Privatisierung von staatlichen Einrichtungen, die zwangsläufig mit dem Abschluss einer Vielzahl von Verträgen einher geht, die oft genug als geheimhaltungsbedürftig eingestuft werden und damit der Öffentlichkeit vorenthalten bleiben. Ähnliches erlebt man ganz allgemein, wenn der Staat Verträge mit Unternehmen schließt. In diesen Fällen werden vertraglich oftmals Verschwiegenheitsklauseln vereinbart, die nicht zuletzt dem Zweck dienen, kritischen Fragen von Medien und Bürgern auszuweichen.

Staatliches Handeln wird dadurch der Kontrolle durch Parlamente und Gemeinderäte entzogen und nebenbei auch der Kontrolle durch eine kritische Öffentlichkeit. Und dies obwohl in vielen Fällen zweifellos ein erhebliches Informationsbedürfnis der Öffentlichkeit besteht. Die Vereinbarung solcher vertraglicher Verschwiegenheitspflichten muss deshalb durchaus als demokratiegefährdend angesehen werden kann. Dies gilt umso mehr, als dass im öffentlichen Recht grundsätzlich ein Verbot der Flucht ins Privatrecht dergestalt besteht, dass der Staat sich öffentlich-rechtlicher Bindungen und Pflichten nicht dadurch entledigen kann, dass er privatrechtliche Gestaltungsformen wählt.

Wie das Beispiel Stuttgart21 zeigt, reagiert eine kritische Öffentlichkeit in zunehmendem Maße sensibel auf eine Politik, die den Bürger nicht ausreichend informiert. Der Gesetzgeber sollte sich deshalb überlegen, in diesen Bereichen einen eindeutigen Rahmen vorzugeben und Transparenzpflichten gesetzlich zu normieren.

posted by Stadler at 11:52  

7 Comments

  1. Man sollte die Geheimhaltung von Verträgen zwischen Staat und Wirtschaft nur dann zulassen, wenn es um Betriebsgeheimnisse oder um Sicherheitsinteressen des Staates geht.

    Comment by Heiko — 20.01, 2011 @ 12:03

  2. @Heiko Nein.

    Comment by cervo — 20.01, 2011 @ 13:00

  3. Warum sollte – nach der Theorie – die vom Volk gewählte Vertretung Verträge ohne Information/Wissen/Beteiligung des selben machen (dürfen)?

    Ein Widerspruch in sich

    Comment by Christian — 20.01, 2011 @ 13:34

  4. @Heiko: Genau das sind ja im allgemeinen die Begründungen: „Sicherheitsinteressen“ oder „Betriebsgeheimnisse“, um Verträge als Ganzes geheim zu halten. Ob sie zutreffen, kann man aber eben wegen der Geheimhaltung nicht überprüfen. Die beiden Begründungen werden als Totschlag-Argumente mißbraucht, um das zu vertuschen, was der Bürger eigentlich wissen sollte.

    Gruß, Frosch

    Comment by Sabine Engelhardt — 20.01, 2011 @ 13:47

  5. Bei diesen Verträgen geht es ja gerade um Geschäftsgeheimnisse der Unternehmen. Der vielleicht bekannteste Fall ist die Privatisierung der Berliner Wasserwerke.
    Da werden in den Verträgen gerade Annahmen zu Abnutzungen, Abschreibungen, Berechnungen von Restwerten etc. vorgenommen, die jedes Unternehmen in dem hart umkämpften selbst trifft. Andere Unternehmen haben natürlich großes Interesse an den Annahmen, denn diese sind die Grundlage der Preisberechnungen.
    Deshalb ist es auch kritisch zu sehen, ursprünglich vertrauliche Verträge nachträglich zu öffnen.
    Es kann aber auch nicht sein, dass die Verträge deshalb komplett geheim bleiben. Da müsste man sich eine Lösung einfallen lassen, so dass der Vertrag selbst offen wird, während die Anlagen mit den genauen Berechnungen geheim bleiben.

    Comment by Bernhard — 20.01, 2011 @ 14:22

  6. „während die Anlagen mit den genauen Berechnungen geheim bleiben.“

    Prima, dann kann also nix erreicht werden, weil genau die benötigten Berechnungen nicht vorhanden sind.

    Was haben „Annahmen zu Abnutzungen, Abschreibungen, Berechnungen von Restwerten“ in einem Vertrag zu suchen? Das kann und soll das Unternehmen für sich behalten.

    In dem Vertrag soll stehen zu welchen Bedingungen Wasser geliefert werden soll.
    Bedauerlicherweise geht es bei den Wasserverträgen um vermutete Garantiezahlungen o.a. Also weniger um „Betriebsdaten/-parameter“.

    Comment by Christian — 20.01, 2011 @ 14:55

  7. @Bernhard: Das seh ich etwas radikaler. Verträge mit dem Staat dürfen nicht geheim sein. Dem Unternehmen steht es ja frei keine Verträge mit dem Staat zu machen, wenn es Angst hat dabei Geschäftsgeheimnisse zu verraten …

    Comment by Kommentator — 20.01, 2011 @ 19:22

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