Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

18.11.10

BGH: Kein Wertersatz nach Befüllung eines Wasserbetts

Der BGH beschäftigt sich in einer ganz aktuellen Entscheidung (Urt. v. 03.11.2010, Az.: VIII ZR 337/09), deren Volltext heute im Shop-Betreiber-Blog veröffentlicht wurde, mit der Frage, wann nach einem Widerruf eines Fernabsatzgeschäfts Wertersatz für die Benutzung der Kaufsache zu leisten ist.

Der Kläger hatte ein Wasserbett über das Internet gekauft, es aufgebaut, die Matratze mit Wasser befüllt und das Bett dann drei Tage lang benutzt. Anschließend hat er den Kaufvertrag fristgerecht widerrufen.

Der Beklagte war der Ansicht, dass durch die Befüllung der Matratze mit Wasser bereits eine Verschlechterung des Wasserbetts eingetreten ist und das Wasserbett als solches nicht mehr verkauft werden kann und deshalb ein Wertverlust in voller Höhe des Kaufpreises eingetreten ist.

Nach § 357 Abs. 3 BGB hat der Verbraucher für eine bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme der Sache Werersatz zu leisten, es sei denn, es liegt ein Fall der Erprobung vor. Der BGH legt den Begriff der Erprobung unter Berücksichtigung der Fernabsatzrichtline sehr weit aus und hält den Wasserbettenfall auch noch für eine Erprobung und verneint deshalb den Anspruch auf Wertersatz.

posted by Stadler at 23:59  

29.10.10

Polittheater um die Button-Lösung

Polittheater der Extraklasse bieten Bundesregierung und Bundestag derzeit bei der Frage der sog. Button-Lösung. Die SPD hatte im Sommer einen Gesetzesentwurf eingebracht, den der Rechtsausschuss des Bundestags am 27.10.2010 mit den Stimmen der Regierungskoalition abgelehnt hat. Heute, also nur zwei Tage später, stellt das BMJ einen eigenen Gesetzesentwurf vor, mit dem ebenfalls die sog. Button-Lösung eingeführt werden soll. Beide Gesetzesvorschläge sehen eine Ergänzung von § 312e BGB vor und unterscheiden sich zwar im Wortlaut aber nicht inhaltlich.  Denn beide Entwürfe sehen vor, dass im Falle der Nichterteilung eines ausdrücklichen Hinweises auf Entgeltlichkeit und Gesamtkosten der Vertrag unwirksam bzw. nichtig ist.

Die Bundesregierung lehnt also einen Gesetzesentwurf der Opposition ab, um der Öffentlichkeit zwei Tage später einen inhaltlich gleichen Gesetzesentwurf vorzustellen.

In der Sache halte ich die Button-Lösung für ein fragwürdiges Vorhaben, dessen praktischer Nutzen zweifelhaft ist. Die Überschrift „Internetabzocke wirksam bekämpfen„, könnte falsche Hoffnungen wecken. Denn die Abofallenbetreiber halten sich ja auch bislang nicht an die Gesetze und ich frage mich, weshalb die neue Regelung hieran etwas ändern sollte.

posted by Stadler at 14:49  

28.10.10

Über den Sinn der Button-Lösung

Seit einigen Monaten wird über eine sog. Button-Lösung im E-Commerce diskutiert. Es gibt hierzu bereits einen Gesetzesentwurf  der SPD, die Bundesregierung hat ebenfalls einen Gesetzesentwurf angekündigt. Justizminsterin Leutheusser-Schnarrenberger fordert zusätzlich eine europaweite Button-Lösung.

Die Vorstellung hinter dieser Button-Lösung ist die, dass ein Vertrag im Internet nur noch dann wirksam geschlossen werden kann, wenn der Verbraucher einen deutlichen Hinweis auf die Entgeltlichkeit und die Kosten erhält und dies durch Klick auf einen entsprechenden Button ausdrücklich bestätigt.

Es ist nun aber keineswegs so, dass das Gesetz nicht bereits jetzt verlangen würde, den Verbraucher auf die Kostenpflichtigkeit und den Preis der Leistung deutlich hinzuweisen. Entsprechende gesetzliche Pflichten ergeben sich z.B. aus § 312c Abs. 1  BGB i.V.m. Art. 246 § 1 Abs. 1 Nr. 7 EGBGB und aus § 1 PAngV.

Die einzige Neuerung besteht allenfalls darin, dass nunmehr die Wirksamkeit des Vertrages ausdrücklich daran geknüpft werden soll, dass ein solcher Button angeklickt wird.

Man muss ergänzend auch erwähnen, dass der Verbraucher zusätzlich über das bestehende Widerrufsrecht bei Fernabsatzverträgen geschützt ist, so dass er vermeintliche Vertragserklärungen anschließend auch vorsorglich widerrufen kann, was sich im Zweifel auch immer empfiehlt.

Letztlich wird es stets um die Frage gehen, ob ein deutlicher Hinweis auf die Entgeltlichkeit und das Widerrufsrecht erfolgt ist oder nicht. Diese Diskussion wird sich nunmehr nur auf die Frage verlagern, ob der Button vorhanden war oder eben nicht.

Fraglich bleibt aber auch wie andere Formen des Vertragsschlusses erfasst werden sollen, wie z.B. der per E-Mail.

Insgesamt haben wir es einmal mehr mit einem politischen Vorstoß zu tun, der die Verbraucher beruhigen soll, aber in der Sache wenig bringt.

posted by Stadler at 14:30  

13.10.10

OLG Koblenz: AGB von 1&1 in Teilen unzulässig

Nach Ansicht des Oberlandesgerichts Koblenz (Urteil vom 30.09.2010, Az.: 2 U 1388/09) sind einige der Klauseln aus den Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Hostingproviders 1&1 unzulässig.

Betroffen sind u.a. die Vertragsanpassungsklausel, eine Klausel wonach die AGB auch für künfige Vertragsverhältnisse gelten sollen, eine Kostenübernahmereglung bei Rücklastschriften, eine (asymetrische) Kündigungsklausel, eine Höherstufung in einen anderen Tarif bei einmaliger Trafficüberschreitung sowie die Einräumung eines außerordentlichen Kündigungsrechts bei Zahlungsverzug von nur 20 Tagen.

(via Beck-Blog)

posted by Stadler at 21:19  

14.9.10

BGH: Ohne 19 % Mehrwertsteuer

Mit einem heute im Volltext veröffentlichten Urteil vom 31.03.2010 (Az.: I ZR 75/08) hat der BGH entschieden, dass eine Werbung mit der Aussage „Nur heute ohne 19 % Mehrwertsteuer“ auch dann nicht als unangemessene Beeinflussung des Verbauchers wettbewerbswidrig ist, wenn die Werbung erst am Tag des in Aussicht gestellten Rabatts erscheint.

Nach Ansicht des Bundesgerichtshofs ist die von der Werbung ausgehende Anlockwirkung als Bestandteil des Leistungswettbewerbs hinzunehmen. Die freie Entscheidung der Verbraucher wird dadurch nach Meinung des Gerichts nicht beeinträchtigt.

posted by Stadler at 10:48  

1.9.10

AG Köpenick zur Verbrauchereigenschaft beim Kauf eines Notebooks

Das Amtsgericht Berlin-Köpenick hatte mit Urteil vom 25.08.2010 (Az.: 6 C 369/09)  über eine interessante Rechtsfrage des Fernabsatzrechts zu entscheiden.

Der Kläger hatte bei einem Onlinehändler ein Notebook gekauft, das nach dem Baukastenprinzip angeboten war, d.h., der Kunde konnte bei einzelnen Elementen (Arbeitsspeicher, Festplatte) zwischen verschiedenen Ausstattungsvarianten wählen. Der Kläger hat seine auf den Kauf gerichtete Willenserklärung fristgerecht widerrufen und klagt auf Rückzahlung des Kaufpreises. Der Verkäufer bestreitet (pauchal) die Verbrauchereigenschaft und meint außerdem, das Notebook sei nach Kundenspezifikation angefertigt.

Das Amtsgericht Köpenick hat der Klage stattgegeben und zur Begründung ausgeführt, dass der Verkäufer nach Ausübung des Widerrufsrechts nach § 312d BGB nicht einfach die Verbrauchereigenschaft des Käufers bestreiten kann. Die negative Formulierung des § 13 BGB begründet nach Ansicht des Gerichts eine Vermutung dafür, dass eine natürliche Person als Verbraucher handelt. Deshalb muss der Verkäufer/Unternehmer konkrete Umstände darlegen, die diese Vermutung widerlegen. Notebooks, die nach dem Baukastensystem nach den Wünschen des Kunden ausgestattet werden, fallen nach Ansicht des Gerichts nicht unter den Ausschlusstatbestand des § 312d Abs. 4 BGB. Dies hat übrigens der BGH bereits mit Urteil vom 19. März 2003 Az.: VIII ZR 295/01) so entschieden.

posted by Stadler at 11:29  

4.4.10

Kein Gewährleistungsausschluss bei eBay

Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass ein gewerblicher Verkäufer unlauter im Sinne der §§ 3, 4 Nr. 11 UWG handelt, wenn er auf einer Internetplattform Verbrauchern Waren unter Ausschluss der Mängelgewährleistung anbietet.

Das ist an sich nicht weiter überraschend. Interessant ist nur, dass der Beklagte angegeben hatte, nur an Gewerbetreibende verkaufen zu wollen. Nachdem er aber keine Vorkehrungen getroffen hatte, dass wirklich nur Gewerbetreibende kaufen können, hat der BGH diesen Hinweis nicht als ausreichend betrachtet. Das Angebot galt damit auch gegenüber Verbrauchern. Und diesen gegenüber konnte ein Gewährleistungsausschluss nach §§ 474, 475 BGB nicht wirksam vorgenommen werden. Damit hat der Bundesgerichtshof auch die Streitfrage entschieden, ob neben Verbänden auch Mitbewerber gegen die Verwendung unzulässiger Vertragsklauseln vorgehen können.

Urteil vom 31. März 2010 – I ZR 34/08

posted by Stadler at 10:00  

29.1.10

Muss der Verbraucher die Hinsendekosten nach dem Widerruf eines Onlinegeschäfts tragen?

Der BGH hat dem EuGH die Frage vorgelegt, ob dem Kunden, der von seinem Widerrufsrecht bei Fernabsatzgeschäften Gebrauch gemacht hat, trotzdem die Kosten der Zusendung der Ware (Hinsendekosten) auferlegt werden können.

Der Generalanwalt beim EuGH ist der Meinung, dass eine solche Regelung nicht mit der Fernabsatzrichtline vereinbar ist. Sein Fazit lautet:

Nach alledem schlage ich dem Gerichtshof vor, auf die Vorlagefrage des Bundesgerichtshofs wie folgt zu antworten: Art. 6 Abs. 1 Satz 2 und Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 97/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 1997 über den Verbraucherschutz bei Vertragsabschlüssen im Fernabsatz sind dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Regelung entgegenstehen, nach der bei einem Fernabsatzvertrag der Verbraucher die Kosten für die Zusendung der Ware zu tragen hat, wenn er von seinem Widerrufsrecht Gebrauch gemacht hat.

Die Empfehlung des Generalanwalts ist für den Europäischen Gerichtshof nicht bindend, in aller Regel folgt er ihr aber.

posted by Stadler at 19:00  

23.11.09

BGH zur Abgrenzung von Verbraucher und Unternehmer

Ein wichtiges Urteil des BGH vom 30. September 2009 (Az.: VIII ZR 7/09), das sich mit der Frage der Abgrenzung von Verbraucher- und Unternehmereigenschaft befasst und in der Tendenz eher verbraucherfreundlich ausgefallen ist, wurde heute im Volltext veröffentlicht. Im konkreten Fall hatte sich eine Rechtsanwältin Lampen an die Kanzleianschrift liefern lassen. Die Vorinstanzen haben daraus gefolgert, dass die Anwältin als Unernehmerin gekauft hatte. Diese Entscheidung hat der BGH aufgehoben. Die Kernaussagen des Urteils des BGH sind folgende:

Aus der vom Gesetzgeber gewählten negativen Formulierung des zweiten Halbsatzes der Vorschrift des § 13 BGB wird deutlich, dass rechtsge-schäftliches Handeln einer natürlichen Person grundsätzlich als Verbraucherhandeln anzusehen ist und etwa verbleibende Zweifel, welcher Sphäre das konkrete Handeln zuzuordnen ist, zugunsten der Verbrauchereigenschaft zu entscheiden sind. (…)

Es kann daher – entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts – nicht darauf ankommen, ob der Erklärende sich dem anderen Teil eindeutig als Verbraucher zu erkennen gibt. Vielmehr ist bei einem Vertragsschluss mit einer natürlichen Person grundsätzlich von Verbraucherhandeln auszugehen. Anders ist dies nur dann, wenn Umstände vorliegen, nach denen das Handeln aus der Sicht des anderen Teils eindeutig und zweifelsfrei einer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit zuzurechnen ist.

posted by Stadler at 14:22  

1.10.09

BGH zur Abgrenzung von Verbraucher und Unternehmer

Der BGH hat mit Urteil vom 30.09.09 entschieden, dass dass eine natürliche Person, die sowohl als Verbraucher (§ 13 BGB) als auch in ihrer freiberuflichen Tätigkeit als Unternehmer (§ 14 BGB) am Rechtsverkehr teilnimmt, im konkreten rechtsgeschäftlichen Handeln lediglich dann nicht als Verbraucher anzusehen ist, wenn dieses Handeln eindeutig und zweifelsfrei ihrer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit zugeordnet werden kann. Dies ist zum einen dann der Fall, wenn das in Rede stehende Rechtsgeschäft objektiv in Ausübung der gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit der natürlichen Person abgeschlossen wird (§ 14 BGB). Darüber hinaus ist rechtsgeschäftliches Handeln nur dann der unternehmerischen Tätigkeit der natürlichen Person zuzuordnen, wenn sie dies ihrem Vertragspartner durch ihr Verhalten unter den konkreten Umständen des Einzelfalls zweifelsfrei zu erkennen gegeben hat.

Der BGH scheint also in solchen Fällen offenbar zum Schutz des Verbrauchers davon auszugehen, dass eine Art Vermutung für ein Handeln als Verbraucher besteht, sofern sich aus den konkreten Umständen nicht eindeutig etwas anderes ergibt. Ob dies auch im Sinne einer Beweislastregelung zu verstehen ist, wird wohl erst der Volltext der Entscheidung zeigen. Die Abgrenzung von Verbaucher und Unternehmer ist von erheblicher praktischer Bedeutung, wiel von ihr u.a. abhängt, ob beispielsweise ein Widerrufsrecht bei Fernabsatzgeschäften besteht.
Quelle: Pressemitteilung des BGH (Nr. 200/2009) – Urteil vom 30. September 2009 (Az.: VIII ZR 7/09)

posted by Stadler at 10:18  
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