Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat den Entwurf eines Gesetzes zum Schutz von Journalisten und der Pressefreiheit im Straf- und Strafprozessrecht vorgelegt, der über einen entsprechenden Entwurf der Bundesregierung hinausgeht.
Der Entwurf der Grünen sieht folgende Änderung des Strafgesetzbuches vor:
Nach § 353b Absatz 3 wird der folgende Absatz 3a eingefügt:
„(3a) Wer bei der Vorbereitung, Herstellung oder Verbreitung von Druckwerken, Rundfunksendungen, Filmberichten oder der Unterrichtung oder Meinungsbildung dienenden Informations- und Kommunikationsdiensten berufsmäßig mitwirkt oder mitgewirkt hat und dabei zu der Tat angestiftet (§ 26) oder Hilfe geleistet hat (§27), bleibt straffrei.“
§ 353d Nummer 3 wird gestrichen.
Die Grünen wollen also in diesem Bereich eine Anstiftung und Beihilfe generell von der Strafbarkeit ausnehmen, sofern sie Zwecken der Berichterstattung dient, an der der Täter berufsmäßig mitwirkt. Diese Definition der priviligierten Personengruppe ist wörtlich der Vorschrift des § 53 Abs. 1 Nr. 5 StPO entnommen. Hier stellt sich auch die Frage, wie beispielsweise Blogger behandelt werden sollen. Da sie zumeist nicht berufsmäßig agieren, würde ihnen dieses Privileg versagt bleiben, was ich für wenig sachgerecht halte. An dieser Stelle wäre im übrigen auch eine Ausweitung des Zeugnisverweigerungsrechts nach § 53 StPO zu erwägen. Es ist schade, dass auch der Entwurf der Grünen dem Medienwandel keine Rechnung trägt. Ich würde es für schwer nachvollziehbar halten, wenn man eine Informationsbeschaffung für „netzpolitik.org“ als weniger schützenswert betrachtet, als z.B. die für „Spiegel Online“.
Erwähenswert ist aber auch die Forderung der Grünen nach einer Streichung von § 353d Nr. 3 StGB, der die öffentliche Mitteilung der Anklageschrift oder anderer Dokumente eines Strafverfahrens im Wortlaut unter Strafe stellt, solange über die Dokumente nicht öffentlich verhandelt worden ist.
Der Gesetzesentwurf der Bundesregierung möchte demgegenüber nur Beihilfehandlungen von Personen im Sinne von § 53 Abs. 1 Nr. 5 StPO straffrei stellen, die sich auf die Entgegennahme, Auswertung oder Veröffentlichung des Geheimnisses oder des Gegenstandes oder der Nachricht, zu deren Geheimhaltung eine besondere Verpflichtung besteht, beschränken.
Update vom 07.12.2010:
Die Grünen haben auf diesen Blogeintrag geantwortet und MdB Tabea Rößner hat hier sogar einen Kommentar hinterlassen.
In der Sache stellt mich die Antwort allerdings nicht zufrieden. Die Grünen vertreten die Auffassung, dass ihr Gesetzesentwurf sehr wohl auch Blogger einschließen würde. Richtig ist sicherlich zunächst, dass Internetveröffentlichungen grundsätzlich erfasst werden, nachdem das Gesetz auch von Informations- und Kommunikationsdiensten spricht. Knackpunkt bleibt aber die Frage, wie der Begriff der berufsmäßigen Mitwirkung auszulegen ist. Berufsmäßigkeit ist dabei noch nicht allein deshalb gegeben, weil etwas mit einer gewissen Regelmäßigkeit ausgeübt wird, denn regelmäßig kann man auch einem Hobby nachgehen. Die Regelmäßigkeit mag also Voraussetzung einer berufsmäßigen Befassung sein, als zentrales Abgrenzungskriterium taugt sie nicht. Das Kriterium der Berufsmäßigkeit wurde – was in der juristischen Literatur übrigens auch auf Kritik gestoßen ist – gerade deshalb eingefügt, um den professionellen Journalismus von der hobbymäßigen Variante abzugrenzen.
Ohne einen klarstellenden Zusatz, auf den der Entwurf der Grünen verzichtet, besteht deshalb die Gefahr einer engen Auslegung, die neue Formen des Bürgerjournalismus ausgrenzt. Und die Praxis lehrt, dass Staatsanwälte und auch Strafrichter in solchen Fällen sich allzu gerne für die enge Auslegung entscheiden.