Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

9.11.10

Netzsperren und Zensur

Auf Telepolis berichtet Stephan Ott über das 6. Bayreuther Forum für Wirtschafts- und Medienrecht zum Thema „Jugendmedienschutz im Informationszeitalter“. Neben der Novellierung des Jugendmedienschutz-Staatsvertrags wurde dort auch über das Dauerbrennerthema Zugangserschwerungsgesetz diskutiert. Ott verweist hierzu auf einen Vortrag von Christian von Coelln, der sich mit der Frage beschäftigt, ob Netzsperren Zensur sind und dies deutlich verneint. Wenn man dem tradierten Zensurbegriff folgt, ist dagegen sicher wenig zu sagen. Die verfassungsrechtlichen Probleme des Zugangserschwerungsgesetzes sind freilich im Kern andere.

Wenn man aber schon das Thema Zensur anschneidet, dann erscheint mir die Aussage, dass Netzsperren, entgegen „weitläufiger Meinung in der Netzgemeinde“ keine Zensur darstellt, etwas kurz gesprungen. Juristen neigen dazu, an Altüberkommenem festzuhalten. Das verstellt allerdings allzu häufig den Blick nach vorn. Die spannende Frage, die es gerade auch im rechtswissenschaftlichen Kontext zu diskutieren gilt, lautet, ob sich der Zensurbegriff des Grundgesetzes durch den Einfluss des Internets verändert hat und die hergebrachte Differenzierung zwischen Vor- und Nachzensur weiterhin unverändert aufrecht erhalten werden kann. Hierzu hat Ansgar Koreng mit seiner beachtenswerten Dissertation „Zensur im Internet“ die ersten Pflöcke eingerammt. Anstatt Prämissen zu wiederholen die 50 Jahre alt sind, ist es an der Zeit, sich damit auseinander zu setzen.

posted by Stadler at 23:22  

5.11.10

Massive Kritik an der geplanten Neufassung des JMStV

Die Novellierung des Jugendmedienschutz-Staatsvertrags (JMStV) wird seit Monaten kotrovers diskutiert. Wie nun die gestrige Sachverständigenanhörung im Haupt- und Medienausschuss des Landtages Nordrhein-Westfalen gezeigt hat, halten Experten aus unterschiedlichsten Fachbereichen die geplante Neufassung des JMStV für bedenklich und im Sinne des Jugendschutzes für wenig effizient. Die Kritik bezog sich u.a. auf die geplante Alterskennzeichnung für Websites, die dem Einsatz von Filterprogrammen durch Eltern dienen soll.

Diese Anhörung dürfte zumindest bewirkt haben, dass die Parlamentarier bzw. Ausschussmitglieder mit der berechtigten Kritik am JMStV unmittelbar konfrontiert worden sind.

posted by Stadler at 12:29  

28.10.10

JMStV: Der letzte Akt

Über die Novellierung des Jugendmedienschutz-Staatsvertrages wird nunmehr noch in den letzten Landesparlamenten abgestimmt, u.a. in Nordrhein-Westfalen. Dass sich SPD und Grüne dort vor dem Regierungswechsel gegenüber dem JMStV kritisch bis ablehnend geäußert haben, zählt bekanntlich nicht viel. Man will den Staatsvertrag offenbar durchwinken.

Auf dem Server des Landtags finden sich bereits die ersten Stellungnahmen zu einer am 04.11.2010 stattfindenden Ausschussanhörung. Es bleibt zu hoffen, dass im Hinblick auf die fragwürdige „freiwillige“ Alterskennzeichnung für Websites die wirklich relevanten Bedenken nochmals zur Sprache kommen. Die Hoffnung darauf, dass das derzeitige von Über- und Fehlregulierung geprägte Jugendmedienschutzkonzept generell auf den Prüfstand kommt, habe ich aber eigentlich aufgegeben.

posted by Stadler at 15:44  

21.9.10

Salz und Zucker: Der Jugendmedienschutz-Staatsvertrag

Über den Umweg netzpolitik.org (wieder einmal) bin ich auf einen der besten (journalistischen) Texte zum Thema „Jugendmedienschutzstaatsvertrag“ überhaupt gestoßen. In verständlicher, nichtjuristischer Sprache bringt Swen Wacker die Zweifel an der Neuregelung des JmStV und des Jugendmedienschutzkonzepts im Allgemeinen auf den Punkt.

Diejenigen, die dieses gesetzgeberische Konzept zu verantworten haben, sind Medienpolitiker, die in der Tradition der Rundfunkregulierung stehen und die deshalb versuchen, altbekannte Regulierungsinstrumente wie Altersbeschränkungen und Sendezeiten mit aller Macht auch auf das Internet zu übertragen. Warum dieses Konzept des alten Weins in neuen Schläuchen nicht funktionieren kann, macht der Beitrag von Wacker deutlich.

Das neue „Landesblog Schleswig-Holstein“ will sich mit landespolitischen Themen beschäftigen und ist ab sofort bei mir gebookmarkt, auch wenn ich am anderen Ende der Republik sitze.

posted by Stadler at 10:22  

17.9.10

Gutachten zum Jugendschutz im Internet bleibt geheim

Das Oberverwaltungsgericht Koblenz hat mit Urteil vom 13.08.2010 (10 A 10076/10.OVG) entschieden, dass die Landeszentrale für Medien und Kommunikation Rheinland-Pfalz ein von ihr eingeholtes Gutachten über die Verfolgbarkeit von Internetanbietern bei Verstößen gegen das Jugendschutzrecht nicht herausgeben muss.

Ein Rechtsanwalt hatte auf Grundlage des Landesinformationsfreiheitsgesetzes die Herausgabe eines Gutachtens verlangt, das sich mit der Frage beschäftigt, wie man Internetanbieter, die ihren Sitz nur zum Schein ins Ausland verlegt haben, verfolgen kann.

Das Gericht meint, die Landeszentrale hätte die Herausgabe des Gutachtens zur Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit verweigern dürfen. Hierzu heißt es im Urteil wörtlich:

Würde nämlich das Gutachten – und damit der Wissensstand der Behörde – den betroffenen Content-Providern über den Kläger (der ausweislich seines Internet-Auftritts viele Mandanten aus der Erotikbranche berät und gegen staatliche Stellen insbesondere in medien- und jugendschutzrechtlichen Fragen vertritt, vgl. www.d.com) bekannt, hätten die Anbieter Anhaltspunkte zur Entwicklung neuer Verschleierungstaktiken. Es besteht daher die Gefahr, dass sie sich weiterhin dem Zugriff der deutschen Behörden entziehen, obwohl sie materiell-rechtlich den Bestimmungen des Jugendmedienschutz-Staatsvertrags unterliegen und für Verstöße zur Verantwortung gezogen werden können.

posted by Stadler at 21:57  

11.9.10

Was spricht gegen die Neufassung des JMStV?

Wer sich mit der Kritik an der Neufassung des Jugendmedienschutz-Staatsvertrag (JMStV) befassen will, findet die Kritikpunkte gebündelt in der MindMap von Jürgen Ertelt. Meine zahlreichen Blogbeiträge zum Thema JMStV gibt es ebenfalls im Überblick.

posted by Stadler at 12:42  

6.9.10

Jugendmedienschutz im Medienkompetenzland NRW

Nachdem sich die SPD immer nur dann gegen fragwürdige Entwicklungen ausspricht, wenn sie sich in der Opposition befindet, hat sie folgerichtig auch in Nordrhein-Westfalen gleich nach Übernahme der Regierungsgeschäfte damit begonnen, die umstrittene Neufassung des Jugendmedienschutzstaatsvertrag (JMStV) zu unterstützen.

Staatssekretär Marc Jan Eumann – der freilich schon immer ein Befürworter dieser Novellierung war – beruft sich hierfür auf eine Stellungnahme des Hans Bredwow Instituts. Hierzu sollte man wissen, dass das Bredwow Institut der ferderführenden rheinland-pfälzischen Staatskanzlei den bezahlten und ergebnisorientierten wissenschaftlichen Unterbau für die Neufassung des JMStV geliefert hat. Wer die von Eumann zitierte Stellungnahme genau liest, kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass den Autoren des Bredow Instituts gerade die verfassungsrechtliche Problematik durchaus bewusst ist, man aber schlecht der Haltung seines Auftraggebers widersprechen kann.

Eumanns Ambitionen Nordrhein-Westfalen zum „Medienkompetenzland“ fortzuentwickeln, sind angesichts des rückwärtsorientierten Ansatzes des neuen JMStV allenfalls unfreiwillig komisch.

posted by Stadler at 22:31  

31.8.10

JMStV: Welche Internetangebote brauchen eine Alterskennzeichnung?

Jens Ferner greift die seit einiger Zeit laufende Diskussion um die Neureglung des Jugendmedienschutz-Staatsvertrags (JMStV) auf und stellt insbesondere die Frage, ob und wie man sich als Blogger auf die geplante Alterskennzeichnung (§ 5 Abs. 2 JMStV-E) einstellen muss. Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die Neureglung des JMStV das Gesetzgebungsverfahren noch nicht durchlaufen hat. Dem Staatsvertrag müssen alle Länderparlamente zustimmen. Nachdem die Ministerpräsidentenkonferenz den Entwurf aber bereits beschlossen hat, wird erwartet, dass er ohne weitere Änderungen auch zum 01.01.2011 in Kraft treten kann.

Jens Ferner verweist in seinem Blogbeitrag auf eine Auskunft der Landesmedienanstalt von NRW, nach der die Regelung zur Alterskennzeichnung freiwillig sei. Leider wird in dem Beitrag Sinn und Zweck und Hintergrund der geplanten Regelung des § 5 Abs. 2 JMStV nicht erläutert.

Richtig ist, dass das Gesetz keine Rechtspflicht zur Alterskennzeichnung vorsieht. Niemand ist also verpflichtet, seine Angebote mit der Angabe einer Altersstufe zu versehen. Manche werden sich deshalb die Frage stellen, was der Gesetzgeber mit einer Regelung bezweckt, die ohnehin nur freiwillig ist. Die Antwort auf diese Frage liefert die Gesetzesbegründung. Denn das Konzept der „freiwilligen“ Alterskennzeichnung setzt auf ein Zusammenspiel mit Jugendschutzfiltern. Wenn man seine Angebote mit einer Alterskennzeichnung versieht, dann muss diese Kennzeichnung auch eine technische Komponente enthalten. In der Gesetzesbegründung heißt es hierzu:

Die technische Komponente soll von anerkannten Jugendschutzprogrammen ausgelesen werden können, sodass bei deren Einsatz ein altersdifferenzierter Zugang zum Internet ermöglicht wird.

Die Vorstellung des Gesetzgebers ist also die, dass es in naher Zukunft Filtersoftware geben wird, die diese technische Komponente anwendet. Wenn dies nach dem sog. White-List-Prinzip geschieht, dann bedeutet das nichts anderes, als dass Internetangebote, die keine entsprechende Kennzeichnung aufweisen, von Jugendlichen nicht mehr aufgerufen werden können. Diesen Aspekt habe ich in einem älteren Blogbeitrag schon kritisch beleuchtet. Warum der Jugendmedienschutz generell auf den Prüfstand gehört, kann man hier nachlesen.

posted by Stadler at 10:59  

25.8.10

Verlässlich wie ein Schweizer Uhrwerk

Wenn es darum geht, in der Opposition das exakte Gegenteil dessen zu fordern, was man in der Regierungsverantwortung schließlich macht, ist die SPD so verlässlich wie ein Schweizer Uhrwerk. Das ist eine Feststellung die man nicht nur, aber gerade auch im Bereich der Medien- und Netzpolitik treffen kann. Bestes Beispiel ist der Hickhack rund um das Zugangserschwerungsgesetz. Einen weiteren eindrucksvollen Beleg für diese These, liefert die NRW-SPD ganz aktuell.

Der Landesparteitag der SPD in Nordrhein-Westphalen hatte – allerdings vor den Landtagswahlen – beschlossen, die Neufassung des Jugendmedienstaatsvertrags (JMStV) abzulehnen. Nachdem die SPD nunmehr bekanntlich dort regiert, hört man aus der Landesregierung plötzlich ganz andere Töne. Staatssekretär Marc Jan Eumann, der übrigens als einer der profiliertesten Medienpolitiker der SPD gilt, ließ verlauten, die Landesregierung würde für eine Zustimmung des Landesparlaments werben.

Unabhängig davon, dass gewichtige sachliche Argumente gegen die Novelle des JMStV sprechen, belegt die SPD damit erneut eindrucksvoll, dass sie die Partei ist, deren Versprechungen man am wenigsten trauen sollte.

posted by Stadler at 20:22  

24.8.10

jugendschutz.net: Bericht über Rechtsextremismus im Netz

Die durch die obersten Landesjugendbehörden eingerichtete gemeinsame Stelle Jugendschutz aller Bundesländer (jugendschutz.net) hat seinen Bericht über Rechtsextremismus online für das Jahr 2009 vorgestellt. jugendschutz.net berichtet über eine Zunahme rechtsextremer Wesbites und Communities und beklagt, dass solche Inhalte vermehr über ausländische Server verbreitet würden. Die Organisation erläutert außerdem ihre Zusammenarbeit mit Providern, Google und Facebook.

In dem Bericht heißt es u.a.:

Um Rechtsextremen die Propagandaplattform im Netz zu entziehen, kontaktiert jugendschutz.net Provider  im In- und Ausland, gibt Fälle an die Kommission für Jugendmedienschutz (KJM) als zuständige Aufsichtsinstanz ab oder schaltet Partner aus dem International Network Against Cyber Hate (INACH) ein. Existieren keine wirksamen Handlungsmöglichkeiten gegen ausländische Angebote, regt jugendschutz.net über die KJM deren Indizierung an. Da deutsche Suchdienste indizierte Webadressen nicht mehr als Suchtreffer ausgeben, werden so zumindest Reichweite und Auffindbarkeit der Angebote eingeschränkt.

Zur Vorstellung dieses Berichts haben die Bundeszentrale für politische Bildung, jugendschutz.net und die Online-Beratung gegen Rechtsextremismus am 24.08.2010 auch eine Pressekonferenz abgehalten und im Netz auch weitere Materialien zu dem Thema zur Verfügung gestellt.

posted by Stadler at 19:57  
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