Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

20.12.10

Weihnachtspost von DigiProtect

Die Kanzlei Schalast & Partner verschickt dieser Tage eine Vielzahl gleichlautender Schreiben in Abmahnangelegenheiten der Fa. DigiProtect, die bisher von den Rechtsanwälten Denecke, von Haxthausen & Partner betreut worden sind, und zeigt einen Anwaltswechsel an.

In einem Teil der Fälle wird ein vorweihnachtlich „einmaliges Angebot“ zur einvernehmlichen Beendigung der Angelegenheit gegen Zahlung eines Betrags von EUR 99,- unterbreitet. So billig haben es die Filesharing-Abmahner noch nie gemacht und 99 EUR klingt irgendwie auch nach Discounter-Preisen. Das wäre freilich angesichts der Massenhaftigkeit dieser Abmahnungen letztlich doch eine konsequente Entwicklung. Ich bin gespannt, ob man nach Weihnachten wieder mehr fordert.

posted by Stadler at 13:54  

26.11.10

OLG Köln zu Unterlassungserklärungen gegenüber mehreren Rechteinhabern

Jens Ferner weist auf eine aktuelle Entscheidung des OLG Köln (Beschluss vom 11.11.2010, Az.: 6 W 157/10) zu Filesharing-Abmahnungen hin.

Das OLG Köln hält eine Unterlassungserklärung, in der sich der Verletzer nicht nur dazu verpflichtet, künftig keine Werke des abmahnenden Rechteinhabers mehr öffentlich zugänglich zu machen, sondern zusätzlich noch dazu, dasselbe auch im Hinblick auf fünf weitere Rechteinhaber zu tun, für wirksam.

Aus der Entscheidung sollten allerdings keine falschen Schlussfolgerungen gezogen werden. Das Gericht entscheidet immer nur über den konkreten Streitgegenstand. Nachdem die Erklärung gegenüber fünf weiteren Rechteinhabern nicht Gegenstand des Rechtsstreits war, besagt die Entscheidung auch nichts darüber, ob die Erklärung gegenüber diesen Rechteinhabern, die auch nicht Parteien des Rechtsstreits waren, wirksam sind. Das Oberlandesgericht Köln betont deshalb auch, dass jedenfalls die den Anlass der Abmahnung bildende Tonaufnahme von der Unterlassungserklärung abgedeckt ist. Über mehr hat das Gericht nicht entschieden.

Das OLG Köln bringt also lediglich zum Ausdruck, dass die Unterlassungserklärung gegenüber dem Abmahnenden nicht deshalb unwirksam ist, weil sie sich daneben noch auf weitere Rechteinhaber erstreckt.

Ob die Erklärung darüber hinaus auch gegenüber diesen weiteren Rechteinhabern rechtswirksam ist, lässt das OLG offen.

Warum die freiwillige Abagbe vorbeugender Unterlassungserklärungen aber keinen Königsweg darstellt, habe ich in einem Beitrag für die c’t (zusammen mit Holger Bleich und Joerg Heidrich) erläutert.

posted by Stadler at 14:06  

16.11.10

OLG Hamburg: Keine Haftung von Sevenload

Das Urteil des OLG Hamburg vom 29.09.2010 (Az.: 5 U 9/09) zur Frage der Haftung des Videoportals Sevenload ist nunmehr im Volltext online.

Ein Musikverlag hatte Sevenload auf Unterlassung der öffentlichen Zugänglichmachung von Musikvideos in Anspruch genommen.

Das OLG Hamburg vertritt die Ansicht, dass sich Sevenload fremde Musikvideos die von Nutzern eingestellt werden, nicht zueigen macht, weil Sevenload diese Inhalte nicht auf Vollständigkeit und Richtigkeit prüft und auch anders als in der Entscheidung „Chefkoch“ nicht mit einem eigenen Kennzeichen versieht. Deshalb haftet Sevenload jedenfalls nicht als Täter oder Teilnehmer einer Urheberrechtsverletzung.

Das OLG Hamburg verneint außerdem eine generelle Störerhaftung des Portalbetreibers Sevenload und weist darauf hin, dass eine Handlungspflicht des Portalbetreibers erst dann entsteht, wenn es auf konkrete, rechtswidrige Inhalte hingewiesen wird. Dies entspricht im Grundsatz der Rechtsprechung des BGH zur Haftung eines Host-Providers und der von Marktplätzen wie eBay.

Der Senat stellt ferner klar, dass Sevenload auch kein Geschäftsmodell verfolgt, das die Rechtsordnung missbilligen würde. Eine im Ergebnis begrüßenswerte Entscheidung.

posted by Stadler at 18:02  

12.11.10

BGH: Getrennte Verfolgung von zwei Schädigern bei identischem Sachverhalt

Der BGH hatte mit Urteil vom 05.10.2010 (Az.: VI ZR 152/09) über die Frage zu entscheiden, ob die Geltendmachung von Unterlassungsansprüchen wegen eines Zeitschriftenartikels gegen den Verlag einerseits und den Autor andererseits dieselbe Angelegenheit im Sinne von § 15 Abs. 2 RVG darstellt. Hintergrund war die Frage, ob beide getrennt auf Unterlassung in Anspruch genommen werden durften bzw. hierfür jeweils gesondert Anwaltsgebühren geltend gemacht werden können.

Hierzu führt der Senat zunächst aus, dass bei der Beurteilung der Frage, ob und in welchem Umfang der dem Geschädigten zustehende Schadensersatzanspruch auch die Erstattung von Rechtsanwaltskosten umfasst, zwischen dem Innenverhältnis des Geschädigten zu dem für ihn tätigen Rechtsanwalt und dem Außenverhältnis des Geschädigten zum Schädiger zu unterscheiden ist. Voraussetzung für einen Erstattungsanspruch  ist nach Ansicht des BGH grundsätzlich, dass der Geschädigte im Innenverhältnis zur Zahlung der in Rechnung gestellten Kosten verpflichtet ist und die konkrete anwaltliche Tätigkeit im Außenverhältnis aus der maßgeblichen Sicht des Geschädigten mit Rücksicht auf seine spezielle Situation zur Wahrnehmung seiner Rechte erforderlich und zweckmäßig war.

Dementsprechend kann auch die Inanspruchnahme mehrerer Schädiger eine Angelegenheit darstellen, wenn den
Schädigern eine gleichgerichtete Verletzungshandlung vorzuwerfen ist und demgemäß die erforderlichen Abmahnungen einen identischen oder zumindest weitgehend identischen Inhalt haben.

Was das Außenverhältnis angeht, muss das Gericht feststellen, ob vertretbare sachliche Gründe für eine getrennte Beauftragung bestanden  haben.  Dies bedarf in Fällen, in denen den verschiedenen Schädigern eine gleichgerichtete Verletzungshandlung vorgeworfen wird und die erforderlichen Abmahnungen einen weitgehend identischen Inhalt haben, eines konkreten Vortrags.

Die Entscheidung ist auch für die Fälle des Filesharing von Bedeutung. Denn der BGH betont, dass Voraussetzung eines Erstattungsanspruch grundsätzlich ist, dass der Geschädigte im Innenverhältnis zu seinem Anwalt zur Zahlung der in Rechnung gestellten Kosten verpflichtet ist. Ist also zum Beispiel zwischen dem Abmahnenden und seinem Anwalt vereinbart, dass nicht nach den gesetzlichen Gebühren, sondern auf Basis einer Honorarvereinbarungen abgerechnet werden soll, können auch vom Abgemahnten keine RVG-Gebühren verlangt werden.

posted by Stadler at 13:53  

10.11.10

Stadtplanabmahnungen, es gibt sie immer noch

Obwohl das Geschäftsmodell der Stadtplanabmahnungen seit vielen Jahren praktiziert wird und Google Maps längst die bessere Alternative darstellt, gibt es nach wie vor Menschen, die Kartenausschnitte von Unternehmen wie Euro-Cities AG in ihre Website einbinden. Das hat dann zumeist eine Abmahnung zur Folge, die mit einer Forderung nach Schadensersatz und Erstattung von Anwaltskosten in einer Größenordnung von nicht selten ca. EUR 1.500,- verbunden ist.

Und die Gerichte machen das auch weiterhin mit, wie zuletzt das Landgericht München I mit Urteil vom 01.10.2010 (Az.: 21 S 8179/10), durch das der Euro-Cities AG Schadensersatz in Höhe einer „angemessenen“ Lizenzgebühr von EUR 820,- sowie zusätzlich Anwaltskosten in Höhe von EUR 555,60,- zugesprochen worden sind.

Ob nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie tatsächlich ein angemessener Schadensersatz in dieser Höhe in Betracht kommt, darf mittlerweile allerdings bezweifelt werden.

Die Situation hat sich den letzten Jahren insoweit verändert, als jeder durch Nutzung der kostenlose API von Google Maps in die Lage versetzt wird, eine kostenlose und hochwertige Karte in seine Website einbinden zu können. Bei dieser Sachlage wird kein vernünftig agierender Webseitenbetreiber einen Kartenausschnitt, der zumeist qualitativ schlechter ist als Google Maps, zum Preis von EUR 820,- lizenzieren. Als angemessen gilt schließlich nach wie vor die Gebühr, die verständige Vertragspartner vereinbaren würden. Es mag nun durchaus sein, dass Unternehmen wie Euro-Cities Preislisten führen, die derartige Mondtarife ausweisen. Die Frage ist allerdings die, ob auf dieser Basis auch aktuell noch freiwillige Lizenzverträge geschlossen werden und wenn ja, ob diese Verträge noch halbwegs den objektiven Wert der Nutzungsberechtigung widerspiegeln.

Die Mühlen der Justiz mahlen wieder einmal sehr langsam. Die Gerichte sollten langsam erkennen, dass kleinen Kartenausschnitten wie denen von Euro-Cities praktisch kein wirtschaftlicher Wert mehr zukommt und dies auch bei der Schadensbemessung berücksichtigen.

posted by Stadler at 11:25  

2.11.10

Filesharing: Rüstet Waldorf auf?

Die Kanzlei Waldorf Frommer, einer der deutschen Big Player im Massengeschäft der Filesharing-Abmahnungen, antwortet neuerdings in Rekordzeit. Meine Schreiben vom 28.10.2010 wurden postwendend mit Schreiben vom 29.10.2010 beantwortet. Haben die Kollegen Waldorf etwa personell aufgerüstet? Vielleicht. Wobei andererseits 18 Seiten Textbaustein, ohne auch nur ein einziges Mal auf das Ausgangsschreiben einzugehen, gegen eine solche Annahme sprechen. Papier ist (leider) immer noch geduldig.

Update: Der Kollege Schultz befasst sich ebenfalls mit der Personalaufstockung bei Waldorf und stellt die Frage, ob die Filesharing-Abmahnungen am Ende konjunkturfördernd sind. Gute Frage. ;-)

posted by Stadler at 14:02  

1.11.10

Die „Sammelklage“ gegen DigiProtect

Gulli berichtet darüber, dass der Prozessfinanzierer metaclaims nunmehr eine „Sammelklage“ gegen das Anti-Piracy-Unternehmen DigiProtect erheben möchte. Metaclaims hat sich von sieben abgemahnten Filesharern, die Schadensersatz an DigiProtect bezahlt haben, deren vermeintliche Rückforderungsansprüche abtreten lassen.

Worauf diese Klagen genau gestützt werden sollen, erfährt man in dem Artikel leider nicht. Denn metaclaims muss darlegen und unter Beweis stellen, dass die Zahlung ohne rechtlichen Grund erfolgt ist und DigiProtect damit ungerechtfertigt bereichert ist. Das bei Gulli angedeutete Argument, DigiProtect könne eventuell als Lizenznehmer gar nicht abmahnen, kann ich auf den ersten Blick nicht nachvollziehen. In den Abtretungserklärungen von DigiProtect, die mir bekannt sind, wurden vom Rechteinhaber immer ausschließliche Nutzungsrechte eingeräumt, beschränkt auf die Nutzung in P2P-Netzwerken. Darüber hinaus wird sich die Frage auch kaum in nur einer Instanz klären lassen.

posted by Stadler at 20:39  

26.10.10

BGH: Abmahnung auch ohne Vollmacht wirksam

Der BGH hat mit Urteil vom 19.05.2010 (Az.: I ZR 140/08) den alten Meinungsstreit, ob einer (wettbewerbsrechtlichen) Abmahnung eine Originalvollmacht beizulegen ist, weil sie andernfalls nach § 174 Abs. 1 BGB zurückgewiesen werden kann, entschieden. Zumindest dann, wenn die Abmahnung mit einer (vorformulierten) Unterlassungserklärung und damit dem Angebot zum Abschluss eines Unterlassungsvertrags verbunden wird, kommt § 174 Abs. 1 BGB nicht zur Anwendung. Die Vorlage einer Originalvollmacht ist laut BGH in den typischen Abmahnfällen, denen regelmäßig eine Unterlassungserklärung beiliegt, also nicht geboten. Die Abmahnung kann nicht zurückgewiesen werden.

posted by Stadler at 17:10  

20.10.10

Filesharing: Beschwerderecht des Anschlussinhabers

Eine ganz aktuelle Entscheidung des Oberlandesgerichts Köln bietet zumindest in einigen Fällen des Filesharings eine neue Verteidigungsmöglichkeit.

Die Ermittlung des Anschlussinhabers erfolgt regelmäßig über eine richterliche Anordnung nach § 101 Abs. 9 UrhG, durch die der Provider verpflichtet wird, zu einer IP-Adresse denjenigen Anschlussinhaber zu benennen, der zu einem bestimmten Zeitpunkt online war. Die meisten Verfahren dieser Art finden beim Landgericht Köln statt, das für Auskunftsverfahren gegen die Deutsche Telekom zuständig ist.

Das OLG Köln hat nunmehr mit Beschluss vom 05.10.2010 (Az.: 6 W 82/10) entschieden, dass gegen eine solche richterliche Anordnung (des LG Köln) ein Beschwerderecht zum Oberlandesgericht gegeben ist, das grundsätzlich auch nicht fristgebunden ist. Wenn also die Abmahnung kommt und sich der abmahnende Rechteinhaber auf eine richterliche Anordnung eines Landgerichts beruft, kann gegen diese Anordnung Beschwerde eingelegt werden.

Die Beschwerde kann sich nach Ansicht des OLG Köln allerdings nur darauf stützen, dass der Gläubiger nicht Rechteinhaber ist oder die Rechtsverletzung nicht offensichtlich war oder kein gewerbliches Ausmaß erreicht hat.

Das OLG Köln sieht zwar ein gewerbliches Ausmaß nach wie vor sehr schnell als erreicht an, hat aber im konkreten Fall dennoch festgestellt, dass die richterliche Anordnung des Landgerichts den Beschwerdeführer in seinen Rechten verletzt. Das Oberlandesgericht geht nämlich davon aus, dass zumindest bei einem Musikalbum, das schon länger als 6 Monate auf dem Markt ist, nicht ohne weiteres mehr von einem gewerblichen Ausmaß auszugehen ist. Vielmehr muss der Rechteinhaber in solchen Fällen besondere Umstände darlegen können. Das OLG Köln hat die Rechtsbeschwerde zum BGH zugelassen.

Diese Entscheidung wird in Zukunft möglicherweise dazu führen, dass im Hinblick auf die derzeit gängige Abmahnpraxis nur noch ganz aktuelle Alben bzw. Titel erfolgreich verfolgt werden können. Das Landgericht Köln wird bei seinen Anordnungen auch stärker darauf zu achten haben, dass der Antragsteller die Aktualität des Musikwerks darlegt.

posted by Stadler at 16:52  

19.10.10

Gefälschte Filesharing-Abmahnungen

Seit einigen Tagen kursieren wieder Fake-Abmahnungen, die vermeintlich vom Kollegen Giese aus Hamburg für die Videorama GmbH ausgesprochen werden. Es hat mich dann doch überrascht, dass auch mich heute auch eine solche Abmahnung erreicht hat, gerichtet an eine meiner E-Mail-Adressen.

Dass es sich um den Versuch eines Betrugs handelt, ist leicht an Formulierungen wie dieser zu erkennen:

„Um weiteren Ermittlungen der Staatsanwaltschaft und anderen offiziellen Unannehmlichkeiten wie Hausdurchsuchungen, Gerichtsterminen aus dem Weg zu gehen, gestatten wir ihnen den Schadensersatzanspruch unseres Mandanten aussergerichtlich zu loesen.“

Noch origineller ist die Bezahlmethode. Die geforderten 100 EUR sollen nämlich per UKASH beglichen werden. Der richtige Rechtsanwalt Giese weist auf seiner Website auch schon darauf hin, dass er nicht Absender dieser Abmahnungen ist. Unter „rechtsanwalt-giese.info“ ist allerdings weiterhin eine Fake-Website online, die von den Tätern benutzt wird.

posted by Stadler at 08:18  
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