Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

25.4.14

Acht Mythen zur Vorratsdatenspeicherung

Die Befürworter einer Vorratsdatenspeicherung führen seit Jahren, mit gewissen Modifikationen, immer dieselben Argumente ins Feld. Grund genug, die gängigsten Begründungsansätze einmal zusammenfassend unter die Lupe zu nehmen.

Mythos 1: Die Vorratsdatenspeicherung ist zur Aufklärung von Straftaten unverzichtbar

Befürworter der Vorratsdatenspeicherung behaupten seit Jahren, dass ohne dieses Instrument viele Straftaten unaufgeklärt bleiben, die man ansonsten aufklären könnte.

Tatsächlich gibt es in keinem einzigen EU-Mitgliedsstaat (empirische) Belege dafür, dass die Vorratsdatenspeicherung zu einer erhöhten Aufklärungsquote geführt hat, obwohl sie in den meisten EU-Staaten über viele Jahre hinweg praktiziert worden ist.

Eine Studie des renommierten Max Planck Instituts (MPI) für ausländisches und internationales Strafrecht weist auf diesen Umstand hin und bemängelt, dass eine zuverlässige Einschätzung des Nutzens einer Vorratsdatenspeicherung durch das Fehlen systematischer empirischer Untersuchungen erschwert würde. Gleichwohl deutet eine vom MPI durchgeführte rechtsvergleichende Betrachtung zwischen Deutschland und der Schweiz darauf hin, dass die in der Schweiz seit Jahren praktizierte Vorratsdatenspeicherung nicht zu einer systematisch höheren Aufklärungsquote geführt hat.

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hatte in dem Verfahren über die Rechtmäßigkeit der Vorratsdatenspeicherung den Verfahrensbeteiligten die Frage gestellt, aufgrund welcher Daten der Gesetzgeber den Nutzen der Vorratsspeicherung für die Feststellung und Verfolgung von schweren Straftaten einschätzen kann und ob es Statistiken gibt, die darauf schließen lassen, dass sich die Feststellung und Verfolgung von schweren Straftaten seit dem Erlass der Richtlinie verbessert hat. Die Kommission und die Mitgliedsstaaten waren nicht in der Lage, befriedigende Antworten auf diese Fragen zu liefern. Auch dieser Umstand dürfte dazu beigetragen haben, dass der EuGH die Richtlinie ohne jede Übergangsfrist rückwirkend für unwirksam erklärt hat, auch wenn das so nicht im Urteil steht.

Der Nutzen einer Vorratsdatenspeicherung ist also nicht belegt. Man darf annehmen, dass ein tatsächlich messbarer positiver Effekt auf die Aufklärung von Straftaten von den Polizeibehörden längst offensiv als Argument in die Debatte eingebracht worden wäre. Ganz augenscheinlich gibt es diesen messbaren Effekt aber nicht, sondern nur subjektive Eindrücke von Polizeibeamten und Sicherheitspolitikern.

Mythos 2: Die Vorratsdatenspeicherung dient nur der Bekämpfung schwerster Straftaten

Politiker und hochrangige Polizeibeamte argumentieren zur Rechtfertigung einer Vorratsdatenspeicherung regelmäßig mit der Bekämpfung von Terrorismus, organisierter Kriminalität oder Kinderpornographie. Innenminister de Maizière sprach unlängst von der Bekämpfung „schwerster Verbrechen“. Diese Rhetorik ist grob irreführend. Das deutsche Strafrecht unterscheidet Verbrechen und Vergehen. Die Vorratsdatenspeicherung soll zur Bekämpfung schwererer Straftaten eingesetzt werden, zu denen auch eine ganze Reihe von Vergehen zählen. Es geht also keineswegs nur um die Bekämpfung von Verbrechen und schon gar nicht um schwerste Verbrechen.

Wenn man mit Polizeibeamten über die Vorratsdatenspeicherung diskutiert, was ich mehrfach auch öffentlich getan habe, werden als Beispiele interessanterweise fast ausschließlich Fälle aus dem Betrugsbereich angeführt, insbesondere Fälle das Phishings. Es kann deshalb unterstellt werden, dass die Vorratsdatenspeicherung einen geringen Effekt im Bereich der Massenkriminalität haben könnte, aber wohl kaum im Bereich der Schwerstkriminalität. Das kann man den Bürgern in dieser Form natürlich nicht sagen, weil sich die Vorratsdatenspeicherung in der öffentlichen Diskussion nur mit der Notwendigkeit einer geringfügig verbesserten Bekämpfung von Massenkriminalität kaum mehr rechtfertigen ließe.

In diesem Zusammenhang muss man sich auch bewusst machen, dass laut der Polizeilichen Kriminalstatistik 2012 ca. 70 % der Internetdelikte auf Betrugsstraftaten entfielen.

Die Vorratsdatenspeicherung wird öffentlich mit der angeblichen Notwendigkeit der Bekämpfung von Terrorismus und organisierter Kriminalität begründet, obwohl man weiß, dass sie im Kern anderen Zwecken dient.

Mythos 3: Bei der Vorratsdatenspeicherung werden nur Verbindungsdaten gespeichert

Neben den Verbindungsdaten wurden bei der Vorratsdatenspeicherung auch sog. Standortdaten und Gerätekennungen (insbesondere die sog. IMEI bei Handys) gespeichert. Die unlängst vom EuGH für unwirksam erklärte Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung definierte die zu speichernden Daten folgendermaßen:

Verkehrsdaten und Standortdaten sowie alle damit in Zusammenhang stehende Daten, die zur Feststellung des Teilnehmers oder Benutzers erforderlich sind.

Die deutsche Regelung umfasste u.a. Anschlusskennungen, Beginn und Ende der Verbindung, die internationale Kennung des Anschlusses und die internationale Kennung des Endgeräts, die Angabe der Funkzellen des anrufenden und des angerufenen Mobilfunkanschlusses, IP-Adressen und E-Mail-Adressen.

Malte Spitz, Politiker der Grünen, hat 2011 seinen Mobilfunkprovider auf Herausgabe der zu seiner Person gespeicherten Verkehrsdaten in Anspruch genommen. Geliefert wurden ihm schließlich 35.000 (!) Datensätze, die ein fast lückenloses Bewegungsprofil ergeben. Für den Zeitraum von Ende August 2009 bis Ende Februar 2010 wurden diese Daten von ZEIT-Online umgesetzt und mit im Netz verfügbaren Informationen (aus Twitter oder seinem Blog) zur Person von Malte Spitz verknüpft. Man kann damit für einen Zeitraum von 6 Monaten praktisch minutiös nachvollziehen, wo Malte Spitz sich gerade aufgehalten hat.

Dass Verbindungsdaten umfangreiche Rückschlüsse auf die dahinter stehenden Personen und deren Aktivitäten erlauben, haben Wissenschaftler der Universität Stanford unlängst in einer Studie nachgewiesen. Aus der Kombination unterschiedlicher Daten lassen sich häufig umfassende Persönlichkeits- und Bewegungsprofile erstellen.

Mythos 4: In Norwegen hat die Vorratsdatenspeicherung zur schnellen Aufklärung der Morde von Anders Breivik beigetragen

Diese Behauptung hört man immer wieder, sie wurde sogar vom SPD-Vorsitzenden und Vizekanzler Sigmar Gabriel verbreitet. Richtig ist, dass Breivik unmittelbar nach der Tat noch vor Ort auf der Insel Utøya festgenommen wurde. In Norwegen gab es zu diesem Zeitpunkt außerdem überhaupt keine (umgesetzte) Vorratsdatenspeicherung, worauf Gabriel anschließend sogar von Netzpolitikern der SPD hingewiesen wurde.

Von ähnlicher Qualität ist die Behauptung, die Morde der NSU hätten durch eine Vorratsdatenspeicherung (früher) aufgeklärt werden können. Für diese eher abwegige These gibt es keinerlei Anhaltspunkte. Die Aufklärung der NSU-Morde ist vor allem durch ein Behördenversagen erschwert worden. Damit TK-Verkehrsdaten überhaupt zu Erkenntnissen hätten führen können, hätte man zumindest das Umfeld der Täter eingrenzen müssen, was den Behörden bekanntlich nicht gelungen war. Um nachträglich festzustellen, wer aus dem NSU-Umfeld unmittelbar vor oder nach den Taten mit wem telefoniert hat, hätte man die Daten mehr als 10 Jahre speichern müssen. Denn die Polizei hatte bis zum Selbstmord von Mundlos und Böhnhardt Ende 2011 noch nicht einmal den Hauch einer Ahnung, wer hinten den 10 Morden steckt und, dass es sich um dieselben Täter handelt. Und selbst dann hätte man zunächst feststellen müssen, mit welchen Mobilfunkverträgen die Mitglieder des NSU ab dem Jahr 2000 telefoniert haben. Ob sich hieraus aber überhaupt brauchbare Erkenntnisse hätten ergeben können, bleibt darüberhinaus zweifelhaft. Letztlich handelt es sich hierbei um eine wüste Spekulation, der es an jeglicher tatsächlichen Grundlage mangelt. Ausweislich einer Untersuchung des Max-Planck-Instituts gibt es europaweit keine Erkenntnisse über einen Nutzen der Vorratsdatenspeicherung im Bereich der Terrorbekämpfung.

Mythos 5: Ohne Vorratsdatenspeicherung können Straftaten im Internet praktisch nicht mehr aufgeklärt werden

Dies wird von Vertretern der Polizeibehörden gerne als Argument angeführt.  Diese Aussage wird bereits durch einen Blick in die Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) widerlegt. Die Aufklärungsquote bei Straftaten mit dem Tatmittel Internet betrug im Jahre 2012 60,1 %. Die durchschnittliche Aufklärungsquote aller erfassten Straftaten lag nach der PKS im Jahre 2012 demgegenüber nur bei 54,4 %. Die Aufklärungsquote ist bei Internetstraftaten in Deutschland also auch ohne eine Vorratsdatenspeicherung überdurchschnittlich hoch.

Wer so argumentiert, erweckt außerdem den unzutreffenden Eindruck, die Telekommunikationsunternehmen würden derzeit überhaupt keine Verbindungs- und Standortdaten mehr speichern. Das Gegenteil ist richtig. Die Speicherpraxis ist allerdings von Anbieter zu Anbieter sehr unterschiedlich und unterscheidet sich auch danach, ob es sich um einen Festnetz-, Mobilfunk- oder Internetanschluss handelt. Es gibt zu diesem Themenkomplex Erhebungen der Bundesnetzagentur und einen nicht offiziell veröffentlichten Leitfaden der Generalstaatsanwaltschaft München. Speziell im Mobilfunkbereich werden danach Verkehrsdaten regelmäßig für einen längeren Zeitraum von mindestens 30 Tagen, bei manchen Anbietern sogar bis zu 180 Tagen gespeichert. Solange bei den TK-Anbietern gespeicherte Daten vorliegen, können diese grundsätzlich auch beauskunftet werden. Auch ohne eine gesetzliche Regelung einer Vorratsdatenspeicherung liegen damit also Verkehrsdaten für einen gewissen Zeitraum regelmäßig vor.

Mythos 6: Der Polizei müssen alle technisch möglichen Instrumentarien auch zur Verfügung gestellt werden

Nein. In einem Rechtsstaat gibt es keine Strafermittlung um jeden Preis. Darin besteht nämlich gerade der Unterschied zu Unrechtsstaaten wie der DDR, die jede Form der Überwachung und Kontrolle des Bürgers für legitim hielten. Der Rechtsstaat muss auf eine Totalüberwachung verzichten und damit evtl. einhergehende Defizite bei der Kriminalitätsbekämpfung in Kauf nehmen. Die aktuelle Diskussion um die Praktiken amerikanischer und britischer Geheimdienste, in der man auch den BND nicht aus den Augen verlieren sollte, wirft ohnehin die Frage auf, ob die Trennlinie zwischen Rechts- und Überwachungsstaat nicht längst überschritten ist.

In diesem Zusammenhang ist es auch notwendig, Instrumente wie die Vorratsdatenspeicherung nicht isoliert zu betrachten, sondern vielmehr eine Überwachungsgesamtbetrachtung anzustellen. Man erkennt dann, dass den Polizei- und Sicherheitsbehörden, eine ganze Fülle unterschiedlicher gesetzlicher Grundlagen für eine äußerst weitreichende Überwachung der Telekommunikation zur Verfügung stehen. Die Telekommunikationsüberwachung hat in Deutschland in ihrer Gesamtheit mittlerweile ein bedenkliches Ausmaß angenommen, das sich nur erfassen und bewerten lässt, wenn man sämtliche Befugnisse und Maßnahmen der TK-Überwachung in ihrer Gesamtheit betrachtet, was praktisch nie gemacht wird. Den meisten Bürgern ist das Ausmaß dessen, was der Staat tatsächlich darf und häufig auch über das gesetzlich zulässige Maß hinaus praktiziert, nicht ausreichend bewusst.

Mythos 7: Eine verfassungskonforme Neuregelung der Vorratsdatenspeicherung wäre problemlos möglich

Bereits die Umsetzung des Urteils des Bundesverfassungsgerichts hätte dem Gesetzgeber erhebliche Schwierigkeiten bereitet. Das BVerfG verlangt hinreichend anspruchsvolle und normenklare Regelungen hinsichtlich der Datensicherheit, der Datenverwendung, der Transparenz und des Rechtsschutzes.

Die Entscheidung des EuGH geht in entscheidenden Punkten aber noch über den Karlsruher Richterspruch hinaus. Anders als das BVerfG erläutert der EuGH auch nicht weiter, welche Anforderungen an eine grundrechtskonforme Regelung zu stellen sind, sondern beschränkt sich darauf zu begründen, warum die geltende Richtlinie unverhältnismäßig ist. Die Vorgaben des EuGH dürften kaum in rechtssicherer Art und Weise gesetzlich umsetzbar sein. Auch wenn der EuGH also eine Vorratsdatenspeicherung nicht per se für unzulässig hält, ist derzeit unklar, wie eine grundrechtskonforme gesetzliche Regelung aussehen müsste.

Mythos 8: Deutschland hat durch die Nichtumsetzung der Vorratsdatenspeicherung nach dem Urteil des BVerfG gegen Europarecht verstoßen

Nein. Der EuGH hat die Grundrechtsverstöße durch die Richtlinie über die Vorratsdatenspeicherung für so schwerwiegend erachtet, dass er die Richtlinie ohne Übergangsregelung rückwirkend für rechtsunwirksam erklärt hat. Es hat also zu keinem Zeitpunkt eine grundrechtskonforme und rechtswirksame europarechtliche Vorgabe für eine Vorratsdatenspeicherung gegeben. Durch das Urteil des EuGH hat sich vielmehr herausgestellt, dass Deutschland derzeit der einzige Mitgliedsstaat der EU ist, der die Vorratsdatenspeicherung korrekt umgesetzt hat, nämlich gar nicht.

posted by Stadler at 11:34  

18 Comments

  1. Diese Aufklärung und die Fakten nützen wenig, solange man nicht weiß, welches die Hintergründe der Befürworter sind und vielleicht, von wem sie gesteuert werden.

    Ich habe schon lange den Verdacht, dass eine westliche Lobby hinter vielen Entscheidungen und Meinungen der „Deutschen“ Regierung steckt.
    …oder was heißt Verdacht?

    Comment by Frank — 25.04, 2014 @ 11:55

  2. 9. Die Vorratsdatenspeicherung würde die Zahl der aufgeklärten Straftaten erhöhen

    Derzeit ist es – siehe 5. – dass viele Daten aus anderen Gründen für eine kurze Zeit gespeichert werden. Hierauf hat die Polizei derzeit relativ leicht Zugriff, auch bei leichteren Straftaten wie eben der massenhaft begangene Betrug. Würde nun eine Vorratsdatenspeicherung eingeführt würden damit zwar mehr Daten gespeichert, gleichzeitig müssten diese aber mit einer hohen Zugriffshürde für die Polizei versehen werden damit die Vorratsdatenspeicherung überhaupt den Hauch einer Chance hat vor dem Verfassungsgericht bestand zu haben. Ein Zugriff z.B. bei einem einfachen Betrug wäre also ausgeschlossen, in genau diesem Bereich stünden der Polizei also hinterher weniger Ermittlungsansätze zur Verfügung als vorher.

    Comment by Teckpirat — 25.04, 2014 @ 12:53

  3. Ohne VDS lag die Aufklärung bei 60.1%. Mit VDS sank die Aufklärungsquote auf 54.4%.

    Das heisst doch, dass die VDS dazu führt, dass WENIGER aufgeklärt wird. Also ein klarer Grund die VDS zu streichen (und Privatsphäre wieder zu schützen).

    Comment by SJ — 25.04, 2014 @ 13:01

  4. Eine sehr schöne Zusammenstellung.

    Ein praktisches Problem habe ich aber damit: Zwar ist es richtig, dass viele Provider trotzdem Verbindungsdaten erheben, allerdings kann man sich nur schwer darauf stützen, dass dies ja ausreichen würde, um Verbrechen/Vergehen im Internet zu verfolgen, dies würde eine Ermutigung bedeuten, strafbares Handeln nur bei solchen Providern vorzunehmen, die solche Daten eben nicht speichern.

    Problematisch wird es außerdem tatsächlich bei der Verfolgung. Beispiel: Ich hinterlege hier eine fiktive Mail-Adresse und beleidige unter dieser Sie. Eine Verfolgung wäre ohne entsprechende Verbindungsdaten und einer Auskunft dieser kaum möglich, Sie könnten sich dann nur auf das Löschen beschränken. (Gleichzeitig muss man aber auch sagen, dass man für diesen Fall einfach über anonymisierte VPN oder TOR-Netzwerke diese Verfolgung unmöglich machen könnte.) Auch finde ich eine vllt im Kern bezweckte wirksame Verfolgung von Betrugsdelikten im Internet nicht unbedingt von der Hand zu weisen, das Problem ist aber viel eher, ob dies dann noch verhältnismäßig ist.

    Comment by Lsawesome — 25.04, 2014 @ 13:04

  5. @Frank man darf nahgeliegend vermuten, dass es der entsprechenden Spionage-Industrie „entgegenkommen“ würde. Siehe Wahlcomputer. Da muss man gar keine Verschwörung herbeireden/fabulieren.

    Comment by micha — 25.04, 2014 @ 13:10

  6. Insofern: Gerne ein ähnlicher Beitrag zum Thema für Interessierte. http://t3n.de/news/aufgeweckt-kolumne-absurde-argumente-ueberwachung-519764/

    Schöner Artikel, danke Thomas Stadler. Teile ich gerne!

    Comment by Andreas Weck — 25.04, 2014 @ 13:37

  7. ad „Mythos 4“: Der Bezug zum NSU ist so nicht korrekt. Natürlich wussten die Ermittler, dass die neun Morde an Einwanderern zusammen hingen. Denn die Identität dr Waffe war bekannt und so ziemlich der einzige Ermittlungsansatz.

    Comment by Marc B. — 25.04, 2014 @ 14:17

  8. @micha 5.
    Mir ist von Wahl zu Wahl aufgefallen, dass sich oft die Meinung radikal ändert, sowie welche in die Regierung gewählt wurden.
    Was wir sehen, das sind die Politiker, aber es gibt da auch noch den „Apparat“, der über Regierungsgenerationen hinweg der gleiche bleibt.
    …und die Argu.., Angebote unserer westlichen Freunde, die man nicht so einfach ausschlagen kann.
    Jeder hat Fehler und macht Fehler und ein Geheimdienst der alles weiß, kann jeden unter Druck setzen. Und manchen (oder den meisten) ist die eigene Karriere wichtiger als Aufrichtigkeit.

    Comment by Frank — 25.04, 2014 @ 14:26

  9. @Frank
    Hattest du etwa das hier im Sinn: http://de.wikipedia.org/wiki/Atlantikbr%C3%BCcke ?

    Comment by Politikverdrossener — 25.04, 2014 @ 14:42

  10. Was passiert denn nun eigentlich mit den Gesetzen zur Vorratsdatenspeicherung in anderen EU Staaten? Ich gehe mal davon aus, dass diese nicht automatisch ungültig werden. Da müsste jetzt jeweils jemand klagen und sich auf das Urteil des EuGH berufen, oder?

    Comment by Georg — 25.04, 2014 @ 15:28

  11. @RA Stadler:
    Die Prämissen und Schlussfolgerungen unter Ziff. 5 verstehe ich nicht so ganz. Fakt ist offenbar, dass die Telekommunikationsunternehmen auch 2012 noch Daten speicherten (mit unterschiedlichen Fristen) und auf entsprechende Beschlüsse hin herausgaben, das wurde ja schon in dem geleakten Leitfaden (ich glaube von der Generalstaatsanwaltschaft München) so beschrieben. D.h. Ihre Prämisse, es habe 2012 gar keine VDS gegeben und Ihre Schlussfolgerung, man habe die Aufklärungsquote von 60 % also auch ohne VDS hinbekommen, stimmt wohl nicht.

    Im übrigen kann man mit juris-Zugang recht einfach nach den Stichworten Standortdaten oder Verbindungsdaten suchen und findet dazu durchaus das eine oder andere veröffentlichte Strafurteil (von den erstinstanzlichen Urteilen werden insgesamt nicht besonders viele veröffentlicht) in dem die Verbindungsdaten eine Rolle spielen. Z.B. den Stuttgarter Goldraub durch Xatar und Konsorten, den Detmolder „Ehrenmord“-Prozess und andere.
    Dass die VDS ein Allheilmittel ist, hat niemand ernsthaft behauptet. Dass sie bei Kriminalität per Internet und Telefon ein zentrales Ermittlungsinstrument ist, nachdem heutzutage das Verfolgen der Hufspuren berittener Boten nicht mehr die allergrößte Rolle spielt, ist offensichtlich. Dass sie ein BAUSTEIN (nicht mehr und nicht weniger) bei der Ermittlung von sonstiger Kriminalität ist, ist ebenfalls belegt.

    Das Kosten-Nutzen_Argument zählt mE nur bedingt. Kosten-Nutzen-Analysen gibt es ja auch nicht z.B. bei der Frage, ob Strafvollzug sich finanziell lohnt oder nicht, sondern es gibt eben die (mehrheitlich seit Jahren in der Bundesrepublik getragene) Grundentscheidung, dass Straftäter auch mal in Haft gehen sollen. Ebenso wenig gibt es Kosten-Nutzen-Analysen für rechtsmedizinische Institute. Sondern man hält diese Kapazitäten für Obduktionen u.a eben vor, weil man sie als Baustein einer Strafverfolgung benötigt.
    Mich wundert, dass einerseits die Gegner a) betonen, welch umfangreiche Profile über jedermann man erstellen und wie schrecklich daher das Leben jedes Einzelnen ausgespäht werden kann und b) andererseits behaupten, für Ermittlungen sei die VDS mehr oder weniger nutzlos. Wenn a) stimmt, dann ist b) ziemlich sicher falsch.

    Comment by klabauter — 25.04, 2014 @ 15:58

  12. @Politikverdrossener 9.

    Nicht direkt, die Atlantikbrücke ist mir kaum bekannt.
    Aber ich vermute schon länger, dass der Einfluss von jenseits des Atlantik groß ist, so groß, dass sich auch die Regierungs-Neulinge dem kaum entziehen können.

    Comment by Frank — 25.04, 2014 @ 17:02

  13. Ganz einfaches Beispiel: Jedem steht es frei, sich Pre-Payed SIM-Karten zu kaufen und sie auf irgend eine Person anzumelden. Gebrauchte Handys erhält man über ebay. Viel Spaß mit den Verbindungsdaten!

    Jeder Normalbürger kann so etwas machen. Nur den Schwerkriminellen stehen diese oder andere Möglichkeiten nicht z.V. Sie können sich nur korrekt beschaffter SIM-Karten und angemeldeter Geräte bedienen und geraten so in die VDS!

    Schlimm: BKA und Politiker halten uns für genau so einfältig, wie sie selber es sind.

    Schlimmer: Sie liegen damit vermutlich meist richtig.

    Comment by Michael Schade — 25.04, 2014 @ 17:21

  14. „Mythos 5: Ohne Vorratsdatenspeicherung können Straftaten im Internet praktisch nicht mehr aufgeklärt werden.“

    Mythos ? Desinformation.

    Der seit Jahrzehnten aufgeblasene giganteske Überwachungsapparat hat niemals zu einer messbaren Verbesserung der Aufklärung von Straftaten geführt, und die Vorratsdatenspeicherung dient in Wahrheit auch nicht dazu.

    Seit Jahrzehnten werden die Personalbestände der Polizei abgebaut, die Ressourcen der Justiz
    knapp gehalten, die sonstigen Ressourcen, soweit vorhanden, verschlissen.

    Ergebnis: miserable Aufklärungsquoten, teilweise an 0% angenähert. Selbst bei Mord liegt die Dunkelziffer sehr hoch, da auch bei der Gerichtsmedizin gespart wird.

    Der politische Polizeiapparat wurde massiv aufgerüstet. In diesem Kontext dient die Vorratdatenspeicherung der strategischen Erfassung von „Aufrührern“ in einer besetzten Zone, und hat daher eine fatale Ähnlichkeit zu ähnlichen Instrumenten, die aus „Ostzeiten“ bekannt sind. Leitmotiv: Alles muss überall erfasst werden, jeder muss sich überall und immer beobachtet fühlen, überall muss der sofortige Zugriff gewährleistet sein.

    Im Gefängnis muss jeder Ort von einem zentralen Aussichtspunkt überwacht werden können. Fast jeder…in der Zelle ist noch ein geringer Rest an Privatleben möglich.

    Comment by Arne Rathjen, Rechtsanwalt — 25.04, 2014 @ 20:02

  15. OT:
    „Denn die Polizei hatte bis zum Selbstmord von Mundlos und Böhnhardt Ende 2011“

    Nach dem, was da alles gelaufen ist muss man „Selbstmord“ schon in Anführungsstriche setzen.

    Comment by Heinz — 25.04, 2014 @ 20:48

  16. „Es heißt, daß die zaristische Geheimpolizei, die Ochrana, ein besonderes Registrierverfahren erfunden hatte, wonach jeder in Russland Verdächtige auf einer Riesenwandkarte durch einen roten Kreis, in dessen Mitte sein Name stand, vermerkt wurde. Kleinere rote Kreise, mit dem Kreis des Hauptverdächtigen verbunden, kennzeichneten seine politischen, grüne Kreise seine nichtpolitischen Bekannten und braune Kreise diejenigen Personen, die mit Freunden des Verdächtigen wiederum irgendeinen Kontakt hatten, ohne ihn persönlich zu kennen. Offensichtlich hat diese Mehtode, die gesamte Bevölkerung so zu katalogisieren, daß man nicht nur sie selbst, sondern auch die Erinneung an sie absolut berherrscht, ihre Grenzen nur an der Größe der Wandkarte. Theoretisch wäre es durchaus denkbar, daß eine einzige solche Karte in riesenhaften Ausmaßen die Beziehungen und Querverbindungen der Bevölkerung eines ganzen Territoriums enthält. Und genau dies entspricht dem Wunsch der totalitären Polizei. Sie hat den alten Traum der Polizei, dem noch der Lügendetektor dient, aufgegeben und versucht nicht mehr festzustellen, wer oder was einer ist und welche Gedanken in seinem Kopfe leben. (Der Lügendetektor ist vielleicht das anschaulichste Beispiel dafür, wie faszinierend dieser Traum für alle Polizeigehirne offenbar ist: denn hier ist ja ganz offenbar, daß die komplizierten Meßapparate nie etwas anderes herausbringen können, als ob man es gerade mit einem kaltblütigen oder einem nervösen Menschen zu tun hat. Das schwachsinnige Mißverständnis dieser Apparatur läßt sich eigentlich nur aus dem Wunsch erklären, es möge doch so eine Möglichkeit des Gedankenlesens geben.) Dieser Traum ist furchtbar genug und hat seit eh und je zur Tortur und zu den furchtbarsten Grausamkeiten geführt; er hatte nur eines für sich: er träumte etwas Unmögliches. Der moderne Traum der technisierten Polizei unter totalitären Bedingungen ist ungleich furchtbarer; sie träumt davon mit einem Blick auf die Riesenkarte an der Bürowand ausfindig machen zu können, wer zu wem Beziehungen hat; und dieser Traum ist grundsätzlich nicht unerfüllbar, er ist nur etwas schwierig in siner technischen Ausführbarkeit. Gäbe es diese Wandkarte wirklich so stände nicht einmal mehr das Gedächtnis den totalitären Herrschaftsansprüchen im Wege; die Wandkarte könnte es ermöglichen, Menschen wirklich spurlos verschwinden zu lassen, so als hätte es sie nie gegeben.“ (Arendt: Elemente und Ursprünge, S. 898F, Piper Verlag Zürich 2009)

    Ich finde, dieser Aspekt der Methodik auch heutiger Überwachung kommt doch ein wenig zu kurz bei der Entlarvung all der Scheinwahrheiten über den Nutzen dieser Überwachungstechniken. Ich meine, was sollte ein Überwachungsbefürworter dagegen setzen können? Ein „das wird schon keiner so machen“ wäre ja ein bisschen….billig und dem immanenten Ziel des Apparates auch tendentiell widersprechend.

    Comment by Thomas Warmuth — 5.05, 2014 @ 21:01

  17. In meinem Usenet Forum befasse ich mich schon seit Jahren mit der
    Vorratsdatenspeicherung. Dort allerdings eher schon in der umgekehrten
    Richtung, weil viele User einfach Angst vor einer totalen Überwachung haben.
    Verständlicherweise!

    Denn selbst wenn die Vorratsdatenspeicherung in der vom
    Bundesverfassungsgericht gekippten Version beibehalten worden wäre, hätte
    sie für Usenet Downloads keine Auswirkungen gehabt. Anders als beim
    Mobilfunk und bei Internetverbindungen lassen sich aus den erhobenen Daten
    bezüglich Usenet Downloads nämlich keine Rückschlüsse auf das Download
    Verhalten ziehen. Denn, solange die Usenet Provider nicht verpflichtet
    werden, Downloadprotokolle anzulegen und zu speichern, lässt sich aus Anfang
    und Ende einer Verbindung nur folgern, dass jemand mit einem News-Server
    verbunden war, was vollkommen legal ist.

    Im Web ist die Situation schon ganz anders, erstens, weil Webserver
    minutiöse Protokolle inklusive der IP über jeden einzelnen Zugriff anlegen
    und sich somit der Weg eines Webseiten Besuchers durch die Webseite
    problemlos rekonstruieren lässt, und das nur anhand der Protokolle eines
    Webservers, und weil zweitens selbst ohne Zugriff auf diese Protokolle der
    gesamte Datenverkehr einer IP an jedem Internetknoten mitverfolgt werden
    kann. Letzteres wäre natürlich prinzipiell auch für Usenet Downloads
    möglich, die erfolgen jedoch in aller Regel SSL verschlüsselt. Im Bereich
    des Mobilfunk ist die Vorratsdatenspeicherung noch viel dramatischer, weil
    sich damit komplette Profile sowohl über den jeweiligen Aufenthaltsort
    (Bewegungsprofile) als auch die noch viel interessantere Frage, wer
    telefoniert mit wem, problemlos erstellen lassen. Wie wir inzwischen wissen
    beschränken sich die Geheimdienste noch nicht einmal darauf, sie hören auch
    noch die Gespräche mit.

    Es ist auch nicht weiter erstaunlich, dass die Vorratsdatenspeicherung nicht
    zur Terrorismusbekämpfung und Aufklärung schwerer Straftaten beiträgt. Denn,
    und das ist ganz klar, wenn man überhaupt genügend Intelligenz und
    kriminelle Energie hat, um ein Verbrechen so zu planen und auszuführen, dass
    es nicht aufgeklärt oder im Vorfeld verhindert werden kann, dann nutzt man
    dazu mit Sicherheit auch nicht die Kommunikationskanäle, die sich technisch
    problemlos überwachen lassen. Es gibt sehr viele Möglichkeiten der
    Kommunikation über das Internet inklusive Usenet, die sich jeder Überwachung
    entziehen. So ist es auch nicht weiter erstaunlich, dass die
    Aufklärungsquote bei schweren Verbrechen, bei denen das Internet überhaupt
    eine Rolle spielte, in den Ländern, die die Vorratsdatenspeicherung
    eingeführt hatten, sogar zurückging. Das dürfte wohl auch für Verbreitung
    von Konsum von Kinderpornographie (kein Verbrechen, sondern ein Vergehen)
    weit gehend zutreffen, wenn, wenn man weiß, dass sich entsprechender Traffic
    zurückverfolgen lässt, dann schaltet man natürlich TOR oder VPN dazwischen.
    Und schon die Rückverfolgung ausgeschlossen.

    Am wenigsten positiv würde sich die Vorratsdatenspeicherung im Bereich des
    Internetbetruges auswirken. Denn der Betrug wird in aller Regel nicht vom
    Käufer, sondern vom Verkäufer begangen. Der lässt sich jedoch ohnehin weit
    gehend identifizieren, die Vorratsdatenspeicherung würde in diesen Fällen
    keinerlei Gewinn bedeuten. Es gibt natürlich Fälle von Internetkriminalität
    wie die Anmeldung bei kostenpflichtigen Diensten mit gestohlenen
    Kreditkartendaten bzw. Identitäten, die sich vielleicht sogar mit einer
    Vorratsdatenspeicherung zum Täter zurückverfolgen lassen würden, doch aus
    gutem Grund ist das mit einer rechtsstaatlichen, freiheitlichen Verfassung
    nicht zu vereinbaren. Zumal es sich dabei oft genug um Schadensummen
    handelt, die so oder so zu einer Einstellung des Verfahrens führen. Doch das
    ist die Masse der Internetkriminalität, ebenso wie Händler, die nach
    Vorkasse niemals die Ware liefern. Letztere sollten sich eigentlich
    problemlos ermitteln lassen. Was nicht unbedingt hierher gehört, aber auch
    mal gesagt werden muss, wieso ein Monopolunternehmen in diesem Bereich,
    nämlich eBay, den Verkauf hochwertiger Waren ohne vorherige
    Adressverifikation überhaupt zulässt. Da würde die Vorratsdatenspeicherung
    ganz nebenbei auch nichts nützen, Betrüger nutzen schon lange VPN. Wenn und
    soweit sich hier ein Täter überhaupt ermitteln lässt, dann nur über die
    Zahlungswege. Damit scheinen die Strafverfolger jedoch überfordert zu sein.

    Warum überhaupt immer wieder der Ruf nach Vorratsdatenspeicherung?

    Es gibt nicht wenige Strafverfolger und Sicherheitspolitiker, die sich
    angesichts der technischen Möglichkeiten die totale Überwachung wünschen.
    Das hat allerdings eher politische Motive als die vorgeschobenen Gründe.

    Darüber hinaus gibt es eine ganze Industrie, die sich eine Totalüberwachung
    des Internetverkehrs seit vielen Jahren wünscht, nämlich die so genannte
    Content Industrie und ihre Interessenvertretungen, wozu auch die GEMA
    gehört. Dort hofft man offensichtlich, wenn die totale Internetüberwachung
    erst einmal eingeführt worden ist, nach und nach die Hemmschwellen von
    Juristen und Politikern zur Weitergabe von Daten nur wegen einer
    Urheberrechtsverletzung aufweichen zu können.

    Comment by Gerhard Lindemann — 5.05, 2014 @ 21:05

  18. Und was ist damit?

    http://m.bild.de/news/inland/nsu/nsu-terror-prozess-32978824,variante=S.bildMobile.html

    Comment by Manfred@12 — 9.06, 2014 @ 12:31

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