Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

11.1.13

Unternehmen klagen gegen neuen Rundfunkbeitrag

Mehrere Medien berichten heute darüber, dass Unternehmen und Unternehmensverbände bereits Klagen gegen den neuen Rundfunkbeitrag erhoben haben oder solche Klagen vorbereiten.

Weshalb speziell die Chancen von Unternehmen, sich gegen das neue Beitragsmodell zu wehren, höher sein dürften als die von Privatleuten, habe ich in einem älteren Beitrag bereits erläutert.

Der neue Rundfunkbeitrag könnte ganz allgemein gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 GG verstoßen, weil auch diejenigen, die keine Rundfunkgeräte besitzen, gleichermaßen zu der Beitragspflicht herangezogen werden. Diese Ungleichbehandlung verstärkt sich gegenüber Unternehmern allerdings noch, weil für Inhaber von Betriebsstätten zusätzlich auf das sachfremde Kriterium der Anzahl der Beschäftigten abgestellt wird. Es ist also unerheblich ob und in welchem Umfang in einem Unternehmen Rundfunk empfangen wird, es kommt allein auf die Anzahl der Mitarbeiter an.

Während man in einem Privathaushalt nach wie vor zumindest von einer hohen Wahrscheinlichkeit eines Rundfunkempfangs ausgehen kann, dürfte eine solche Annahme bei Unternehmen kaum gerechtfertigt sein. Es gibt eine Menge Betriebe in denen gar keine Rundfunknutzung stattfindet. Ein Unternehmen muss aber selbst in diesem Fall bezahlen.

Der neue Rundfunkbeitrag ist – worauf der Passauer Jurist Ermano Geuer zu Recht hinweist – deshalb in Wirklichkeit eine Steuer, für die die Bundesländer allerdings keine Gesetzgebungskompetenz haben. Ob die äußerst rundfunkfreundliche Rechtsprechung des BVerfG einen Grundrechtsverstoß annehmen wird, dürfte dennoch zweifelhaft sein.

posted by Stadler at 14:55  

7.1.13

Bundesdatenschutzbeauftragter nicht ausreichend unabhängig?

Katharina Nocun von der Piratenpartei Niedersachsen hat bei der EU-Kommission Beschwerde gegen die Bundesregierung eingelegt, weil sie der Ansicht ist, dass der Bundesbeauftragte für den Datenschutz nicht die von der Rechtsprechung des EuGH verlangte Unabhängigkeit genießt.

In der Sache hat Nocun recht. Der EuGH hat zuletzt mit Urteil vom 16.10.2012 – in Bezug auf die österreichische Datenschutzaufsicht – entschieden, dass eine funktionale Unabhängigkeit der Datenschutzbehörde nicht ausreichend ist, sondern vielmehr die Leitung der Behörde keiner Dienstaufsicht unterliegen darf und der Datenschutzbeauftragte auch nicht dem Kanzleramt angegliedert sein darf.

Nach § 22 Abs. 4 und 5 BDSG untersteht der Bundesbeauftragte der Rechtsaufsicht der Bundesregierung, ist dem Bundesministerium des Innern angegliedert und untersteht der Dienstaufsicht des Innenministeriums.

Damit verstößt die derzeitige deutsche Regelung im Bundesdatenschutzgesetz in eindeutiger Art und Weise gegen die Vorgaben der Datenschutzrichtlinie.

posted by Stadler at 22:24  

5.1.13

Streit zwischen Facebook und ULD jetzt beim Verwaltungsgericht

Vor einigen Wochen hatte ich über eine Verfügung des Unabhängigen Landeszentrum Schleswig-Holstein (ULD) berichtet, durch die Facebook u.a. förmlich verpflichtet wird, für alle natürlichen Personen, die Facebook in Schleswig-Holstein nutzen möchten, sicherzustellen, dass sich die Nutzer anstelle über Eingabe von Echtdaten (Vorname, Nachname, E-Mail-Adresse, Geschlecht und Geburtsdatum) auch durch Eingabe eines Pseudonyms für Facebook registrieren können.

Nach einem Bericht von Heise hat Facebook gegen den Verwaltungsakt Widerspruch erhoben und gleichzeitig beim Verwaltungsgericht Schleswig die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs beantragt. Dieser Eilantrag Facebooks kann sich aber nur auf Ziff. I.2. der Verfügung des ULD beziehen, da nur dieser Teil für sofort vollziehbar erklärt wurde. Dieser Teil der Verfügung beinhaltet die Verpflichtung, Accounts die aufgrund des Klarnamenszwangs gesperrt wurden, wieder zu entsperren.

Vermutlich wird die gesamte Verfügung aber im Rahmen eines verwaltungsgerichtlichen Hauptsacheverfahrens geklärt werden.

Nachdem ich die rechtliche Beurteilung des ULD für falsch halte, rechne ich mit einer Niederlage des ULD vor den Verwaltungsgerichten, zumal Facebook vermutlich im Zweifel den Rechtsweg ausschöpfen wird.

posted by Stadler at 22:55  

5.1.13

Warum es vermutlich falsch ist, Jakob Augstein Antisemitismus vorzuwerfen

Lange habe ich darüber nachgedacht, etwas zu den Antisemitismusvorwürfen gegen Jakob Augstein zu bloggen, zumal die Reaktionen der „Qualitätspresse“ eher ärgerlich waren und zwar sowohl bei den Verteidigern als auch bei den Gegnern Augsteins.

Aber eine Bloggerin, deren wirklichen Namen ich nicht einmal kenne, hat in ihrem Blogbeitrag schon vieles gesagt und anschließend auch noch einige Texte einen Text Augsteins einer fundierten Analyse unterzogen, wie man sie in den etablierten Medien leider vergeblich sucht.

Man kann es wohl so zusammenfassen: Vereinzelte Textpassagen Augsteins lassen den Schluss darauf zu, dass er punktuell eine antisemitische Sprache benutzt. Absolut zwingend erscheint aber auch das nicht, sofern man eine israelkritische Haltung, die auch mit Pauschalierungen arbeitet, nicht per se als antisemitisch einstufen will.

Wie unsachlich und einseitig manche Kritiker Augsteins argumentieren, zeigt ein Blogbeitrag von Christian Soeder, der ebenfalls einige Texte Augsteins analysiert bzw. interpretiert. Weil ich nicht den ganzen Beitrags Soeders besprechen kann und will, beziehe ich mich exemplarisch auf seine erste Passage. Der Vorwurf des Antisemitismus wird dort – wie auch vom SWC – darauf gestützt, dass Augstein Günter Grass verteidigt und dessen Aussage „Die Atommacht Israel gefährdet den ohnehin brüchigen Weltfrieden“ ausdrücklich zustimmt. Soeder meint nun daraus ableiten zu können, Augstein bediene damit ein Argumentationsmuster, demzufolge „die Juden unser Unglück“ seien.

An diesem Punkt kann und muss man sich fragen, welche alternative Formulierung Augstein hätte wählen können, um die Meinung zum Ausdruck zu bringen, dass die israelische Politik den Weltfrieden gefährdet, indem sie einen Angriff auf den Iran in Betracht zieht. Man könnte insoweit etwas präziser von der israelischen Regierung sprechen anstatt von Israel, aber sonst? Mir fällt nicht mehr viel ein. Das bedeutet dann aber letztlich, dass diese Meinungsäußerung inhaltlich illegitim wäre, weil ihr der Makel des Antisemitismus anhaftet. Und spätestens hier ist in der Diskussion ein Grenzpunkt erreicht, an dem man innehalten muss.

Das Ranking des Simon Wiesenthal Centers, das Augstein auf Platz 9 der weltweit schlimmsten Antisemiten gesetzt hat, ist meines Erachtens aber primär aus einem anderen Grund fatal, denn es bestätigt letztlich genau das, was Augstein bereits im November bei SPON geschrieben hat. Wenn man Jakob Augstein zu den 10 übelsten Antisemiten und/oder Verleumdern Israels zählt, dann würde dies bedeuten, dass der Antisemitismus ebenso wie der Antizionismus weltweit praktisch ausgerottet ist. Weil wir aber alle wissen, dass dies nicht der Fall ist, gehört die Einschätzung des Wiesenthal Centers auf den Prüfstand. Wer Augstein in einem Atemzug mit den Muslimbrüdern oder Ahmadinedschad nennt, diskreditiert damit sein eigenes Anliegen und läuft Gefahr nicht mehr ernst genommen zu werden. Dieser Ansicht ist im Ergebnis übrigens auch der Vizepräsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Salomon Korn. Und das auch deshalb, weil Korn genau weiß, wie der vom SWC „respected Die Welt columnist“ genannte Henryk M. Broder, auf den sich das SWC maßgeblich beruft, einzuschätzen ist.

posted by Stadler at 13:54  

3.1.13

Der Weltuntergang und sein markenrechtliches Nachspiel

Am 21.12.2012 hätte nach dem Maya-Kalender eigentlich die Welt untergehen sollen. Und weil es bekanntlich nicht dazu kam, müssen wir uns jetzt auch noch mit den markenrechtlichen Nachwehen befassen.

Denn ein mehr oder weniger findiger Gastwirt ist auf die tolle Idee gekommen, den Begriff „Weltuntergang“ als Wortmarke für die Dienstleistungen der Verpflegung und Beherbergung von Gästen schützen zu lassen.

Und was macht man mit einer solchen Marke? Man mahnt – wie hier berichtet wird – andere Gastwirte ab, die am 21.12.2012 eine Weltuntergangsparty veranstaltet haben. Betroffen ist u.a. das Lokal Hempels in Augsburg, das mit dem Slogan „DAS ENDE IST DA! Die ultimative Weltuntergangsparty im Hempels“ warb.

Verstößt das Lokal damit gegen die Rechte des Markeninhabers? Nein, denn das Zeichen wird hier ausschließlich beschreibend innerhalb eines Textes verwendet und nicht zur Kennzeichnung einer Dienstleistung. Der Ausdruck Weltuntergangsparty bezieht sich auf die Berichterstattung über eine am 21.12.12 nach dem Maya-Kalender bevorstehenden Weltuntergang. Der EuGH stellt in solchen Fällen seit einiger Zeit auch darauf ab, ob durch die konkrete Art der Verwendung eine der Grundfunktionen der Marke, insbesondere die sog. Herkunftsfunktion, beeinträchtigt wird. Niemand wird hier jedoch annehmen, dass das Zeichen in seiner konkreten Verwendung vom Markeninhaber stammt.

posted by Stadler at 20:44  

2.1.13

Brauchen wir eine beitragsfinanzierte Presse?

Die große Seite-3-Geschichte in der heutigen Print-Ausgabe der SZ trägt den Titel „Lass uns leben“ und beschäftigt sich mit dem was man aktuell immer wieder unter dem Schlagwort „Zeitungssterben“ oder „Zeitungskrise“ zu lesen bekommt.

Die SEITE-3-Story der SZ erzählt wie immer eine Geschichte bzw. in diesem Fall mehrere kleine Geschichten, von einer Schülerzeitungsredaktion, von einem Lokalredakteur, von einem Politiker (Martin Dörmann), von einem Wissenschaftler (Mafred Spitzer!) und vom Zeitungsmarkt in Indien. Die kleinen Geschichten, die die Autoren Thorsten Schmitz und Renate Meinhof erzählen, sollen dem Leser deutlich machen, dass die auf Papier gedruckte Zeitung erhalten bleiben muss. Um das zu gewährleisten, wird bereits eingangs des Artikels die Forderung nach einer beitrags- bzw. gebührenfinanzierten Presse erhoben. Die simple Frage lautet: Sind FAZ und SZ für einen unabhängigen Journalismus nicht ebenso wichtig wie ARD und ZDF? Nachdem die Antwort auf der Hand zu liegen scheint, erscheint auch die Schlussfolgerung naheliegend.

Die Idee einer gebührenfinanzierten Presse geistert offensichtlich schon seit längerer Zeit durch die Chefetagen großer deutscher Verlage. Denn die Forderung nach einem Leistungsschutzrecht für Presseerzeugnisse verfolgt, zumindest in dem von Verlagsseite definierten Ausgangspunkt, genau diesen Ansatz.

Das aktuelle Lamento um ein Zeitungssterben blendet allerdings den Umstand aus, dass es in Deutschland eine ganze Reihe von Verlegern und Verlegerfamilien gibt, die Multimillionäre sind, weil man mit Zeitungen und Zeitschriften bis vor wenigen Jahren dickes Geld verdient hat. Das unterscheidet sie von Anstalten des öffentlichen Rechts wie es ARD und ZDF sind. Die Sozialisierung von Verlusten ist vor diesem Hintergrund kein tragfähiges Konzept, nachdem zuvor Privatunternehmen jahrzehntelang enorme Gewinne erzielt haben. Wenn man in diese Richtung denkt, dann müssten sich Verleger, die eine solche Finanzierung in Anspruch nehmen wollen, gleichzeitig aber von einer Gewinnerzielungsabsicht lösen. Ein solcher Verlag könnte dann kein klassisches Wirtschaftsunternehmen mehr sein. Wollen die Verleger das wirklich oder sind diese Forderungen einfach nicht durchdacht?

Die Rundfunkgebühren bzw. ab dem 01.01.2013 Rundfunkbeiträge beinhalten zudem als Gegenleistung das Recht, Rundfunkprogramme zu empfangen. Ein an den Rundfunkbeitrag angelehnter Pressebeitrag müsste konsequenterweise also ebenfalls dazu führen, dass der Bürger die Zeitungen umsonst bezieht. Es zeigt sich also deutlich, dass das Modell der Rundfunkgebühren nicht ohne weiteres auf die Presse übertragen werden kann.

Die Bürger zahlen außerdem bereits jetzt 7,5 Milliarden EUR Rundfunkgebühren pro Jahr – Tendenz steigend – weshalb man ihnen zusätzlich wohl kaum auch noch einen Zwangsbeitrag für die Presse abverlangen kann.

posted by Stadler at 12:10  

1.1.13

Wir sind das Netz?

Johnny Häusler hat bei Spreeblick vor ein paar Tagen einen sympathischen Appell an Blogger und aktive Webuser gerichtet, sich 2013 das Netz zurückzuerobern. Denn wer nur auf Facebook, Twitter und Google veröffentlicht, gibt nach Ansicht Häuslers die Kontrolle über seine Inhalte aus der Hand.

Dieser Text Häuslers hat eine fast bizarre Diskussion ausgelöst, die weitgehend jedenfalls an dem von Häusler angerissenen Thema vorbei geht. Als Reaktion auf den Text bei Spreeblick fordert Mathias Richel ein öffentlich-rechtliches Netz und Public Space Server, die der Staat betreibt und die über eine Abgabe der Access-Provider bezahlt werden.

Mir ist bislang allerdings nicht aufgefallen, dass es ein Problem mit dem Hosting geben würde. Es existieren ganz im Gegenteil in diesem Bereich derartig viele unterschiedliche Angebote, die es jedem erlauben, seine Inhalte auch abseits der großen (amerikanischen) Anbieter hosten zu lassen. Was die von Richel geforderten Public Space Server mit der von Häusler angesprochenen Dominanz amerikanischer Anbieter bei sozialen Netzen zu tun haben, erschließt sich mir auch nach längerem Nachdenken nicht. Es handelt sich um zwei verschiedene Aspekte. Was wäre die Konsequenz von Richels Idee? Der Internetzugang würde sich verteuern, weil die Zugangsprovider und TK-Unternehmen den von Richel geforderten „Netzeuro“ auf die Nutzer umlegen. Im Gegenzug bekäme man staatlich subventionierten (kostenlosen) Webspace. Und was würde das an der Dominanz von Facebook und Google ändern? Mathias Richel bietet uns eine Lösung für ein Problem das gar nicht existiert, aber keine für das Problem, das Johnny Häusler beschreibt.

In einem meines Erachtens eher diffusen Beitrag assistiert Jens Best indem er eine Regulierung – nur welche? – fordert. Wie der Versuch einer Regulierung von beispielsweise Google aussieht, kann man in Deutschland derzeit anhand des Gesetzesvorhabens zur Schaffung eines Leistungsschutzrechts für Presseerzeugnisse beobachten. Ich vermute, dass Jens Best diese Form der Regulierung nicht unterstützen möchte. Wer also nach dem Staat ruft, der möge bitte konkrete Vorschlägen präsentieren und zugleich erläutern, wie diese sinnvoll und konkret umzusetzen sind. Möglicherweise sind wir aber auch nur alle Idioten, mit Ausnahme von Jens Best.

Ich frage mich ernsthaft, weshalb der sinnvolle Aufruf Johnny Häuslers unbedingt durch unsinnige oder sachfremde, weil andere Themen betreffende, Blogbeiträge, zerfaselt werden muss. Vielleicht ist aber gerade diese Haltung der Grund dafür, dass wir eine Dominanz amerikanischer Anbieter beklagen (müssen).

posted by Stadler at 23:24  
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