Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

5.1.13

Streit zwischen Facebook und ULD jetzt beim Verwaltungsgericht

Vor einigen Wochen hatte ich über eine Verfügung des Unabhängigen Landeszentrum Schleswig-Holstein (ULD) berichtet, durch die Facebook u.a. förmlich verpflichtet wird, für alle natürlichen Personen, die Facebook in Schleswig-Holstein nutzen möchten, sicherzustellen, dass sich die Nutzer anstelle über Eingabe von Echtdaten (Vorname, Nachname, E-Mail-Adresse, Geschlecht und Geburtsdatum) auch durch Eingabe eines Pseudonyms für Facebook registrieren können.

Nach einem Bericht von Heise hat Facebook gegen den Verwaltungsakt Widerspruch erhoben und gleichzeitig beim Verwaltungsgericht Schleswig die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs beantragt. Dieser Eilantrag Facebooks kann sich aber nur auf Ziff. I.2. der Verfügung des ULD beziehen, da nur dieser Teil für sofort vollziehbar erklärt wurde. Dieser Teil der Verfügung beinhaltet die Verpflichtung, Accounts die aufgrund des Klarnamenszwangs gesperrt wurden, wieder zu entsperren.

Vermutlich wird die gesamte Verfügung aber im Rahmen eines verwaltungsgerichtlichen Hauptsacheverfahrens geklärt werden.

Nachdem ich die rechtliche Beurteilung des ULD für falsch halte, rechne ich mit einer Niederlage des ULD vor den Verwaltungsgerichten, zumal Facebook vermutlich im Zweifel den Rechtsweg ausschöpfen wird.

posted by Stadler at 22:55  

7 Comments

  1. Onkel Thilos anti-amerikanischer Feldzug ist albern und auch peinlich. Ich wünsche und gönne ihm eine blutige Nase vor Gericht.

    Comment by Christian — 6.01, 2013 @ 00:07

  2. Facebook wird, ein bisschen wie Google, sowohl als böse Datenkrake als auch als unverzichtbar wahrgenommen. Ich warte gespannt darauf, wann das ULD entsprechende Verfügungen gegen normalgroße TMG-Anbieter, z.B. die FAZ erlässt; dort gehört zu jedem Nutzer- / Kommentatorenprofil nicht nur ein pseudonymer Nutzername sondern auch der Klarname der zugehörigen Person, der auch zu jedem Diskussionsbeitrag angezeigt wird.

    Ob hier mit gleichem oder zweierlei Maß gemessen wird, wird für mich entscheiden, ob die Beweggründe des ULD sachlicher oder anderer Natur sind…

    Comment by DHH — 6.01, 2013 @ 01:25

  3. Der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar weiss mindestens seit dem 19.12.2012 davon, dass die FAZ eine andere Sicht auf das Telemediengesetz hat als Weichert in Kiel.
    http://www.presseschauer.de/?tag=telemediengesetz
    Mir ist nicht bekannt, dass Schaar zu gleicher Rechtsansicht und Handlung gekommen wäre wie Weichert.

    In Kiel dagegen pflegt man offensichtlich spannende Weltbilder die sich an Deutschland vor 1945 orienten, um Facebbook zu erklären.

    Mario Sixtus hat im Tagesspiegel darauf aufmerksam gemacht:
    http://www.tagesspiegel.de/medien/bloggerkolumne-schuetzt-sie-vor-sich-selbst/7569588.html

    Da heisst es von einem Mitarbeiter im ULD, Martin Rost, in seinem Blog
    http://blog.maroki.de/2012/08/facebooks-borsengang-v0-3a/
    unter anderem:
    „Facebook ist der Führer, und fast alle folgen. Und alle facebookerianer sind dann auch unmittelbar zum Führer. Facebook ist das organisierte Gleichschalten aller gesellschaftlich bislang voneinander unabhängig agierenden Organisationen und Funktionen, im polit-ökonomischen Interesse von facebook. Mit der dann absolut schlüssigen Ideologie, dass privacy, als Schutz des Bürgers vor überstarken Organisationen wie facebook, old school sei. Herr Zuckerberg ist reich, und die CIA agiert als Welt-Gestapo und -Stasi zugleich, lenkt zentral die Staaten und Organisationen dieser Welt und hält die Ich-schwachen facebookerianer (“Salatköpp”, danke SPIEGEL) durch weitere schöne Spiele bei guter Laune.“
    und
    „Kulturell geht dies einher mit einer Umwertung aller Werte (Nietzsche): So schleicht es sich als akzeptabel und normal ein, dass der facebook/CIA alles belauschen kann und vermutlich auch belauscht und auswertet. Die Opfer liefern selber ein, das ist sozialtechnologisch so genial wie die Quasi-Selbstorganisation der KZ, deren tödlicher Betrieb von relativ wenigen Wachleuten aufrecht erhalten wurde. Es stellt sich kein Schrecken darüber mehr ein. “
    und
    „Die facebookerianer richten sich so in den faschistoiden Verhältnissen ein. Das ist ein Einrichten, wie es unter den Nazis und den Primitivstaatsozialisten ein notwendig alltägliches Verhalten von Menschen war. Es gibt weder einen Aufschrei, wenn darüber berichtet wird, dass seitens amerikanischer Unternehmen im Modus der Selbstverständlichkeit, schlicht unter Hinweis auf den patriot act, auf Dateien in Cloudspeichern zugegriffen wird oder millionenfach bei Smartphones mitgelesen wird oder zumindest gelesen werden könnte. “

    Als Bürger empfinde ich als bedrohlich, wenn Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes sich die Welt mit der Nazi-Brille erklären. Aber in Kiel scheint das der normale Betriebsmodus zu sein, mit Verschwörungstheorien zu arbeiten. Weichert z.B. sieht hinter Facebook und Google die US-Regierung zur Erlangung der Weltherrschaft („sicherheitspolitische Hegemonie der USA“), wie er 2011 auf der Sommerakademie unter seinem Lebensmotto „optimierte Verantwortungslosigkeit“ referierte.
    https://www.datenschutzzentrum.de/sommerakademie/2011/sak2011-weichert-eroeffnungsrede.pdf

    Comment by Wolfgang Ksoll — 6.01, 2013 @ 10:27

  4. @Stadler:
    Ich verstehe Ihre Argumentation zu § 13 Abs. 6 TMG nicht. Die Vorschrift schreibt die Gewährung einer anonymen oder pseudonymen Nutzung vor. Weder das eine noch das andere ist gegenüber Facebook möglich, wenn Facebook den „echten Namen“ wissen und dafür sogar den amtlichen Lichtbildausweis sehen will. Meinen Sie, daß mit pseudonymer Nutzung nur gemeint ist, daß man innerhalb des Dienstes so auftreten kann, daß andere Nutzer nur ein Pseudonym sehen, nicht den Klarnamen? Ob das Bei Facebook möglich ist, weiß ich nicht, aber das scheint mir nicht der Sinn der Norm zu sein (wenn man auch sicher darüber streiten kann). Daß sie es nicht ist, ergibt sich für mich aus der Wendung „und ihre Bezahlung“.

    Ein Beispiel abseits von Facebook: Auf der Playstation 3 sind seit einiger Zeit viele kostenlose (!) Onlinedienste nur nutzbar, wenn man sich mit Namen und Adresse anmeldet. Ich halte dies für einen Verstoß gegen § 13 Abs. 6 TMG und hätte mir schon länger gewünscht, daß eine Behörde – oder von mir aus ein Mitbewerber über § 3 UWG – dagegen vorgeht.

    @Christian:
    „anti-amerikanischer Feldzug“ – verstehe ich nicht. Ich nehme doch an, daß das ULD auch gegenüber einem in Schleswig-Holstein ansässigen Unternehmen so vorgehen würde. Oder übersehe ich etwas?

    Comment by OG — 6.01, 2013 @ 11:22

  5. @DHH:
    Die FAZ ist ein gutes Beispiel. Ich hatte mich dort einmal angemeldet. Als ich dann aber sah, daß nicht einmal eine pseudonyme Nutzung in einem eingeschränkten Sinne möglich ist, habe ich mich wieder abgemeldet.

    Ich habe mir die Zuständigkeiten jetzt nicht genauer angesehen, könnte mir aber vorstellen, daß für Unternehmen in Deutschland (im Geltungsbereich von BDSG und TMG) die Aufsichtsbehörde am Sitz der Unternehmensleitung bundesweit zuständig ist. Das würde dann der Grund sein, warum dazu vom ULD weder etwas kam noch je kommen kann.

    Wenn die hessische Aufsichtsbehörde durch schlichtes Nichtstun ihre schützende Hand über der rechtswidrigen Praktik der FAZ hält, so sollte die FAZ wenigstens von einem Mitbewerber abgemahnt werden.

    Comment by OG — 6.01, 2013 @ 11:51

  6. @OG:
    Pseudonyme Nutzung bedeutet, dass der Anbieter verlangen kann, sich mit vollständigen Daten zu registrieren und dann innerhalb des Dienstes unter einem Pseudonym zu agieren. Die anonyme Nutzung als solche kann nicht verlangt werden, ganz abgesehen davon, dass § 13 Abs. 6 TMG nach h.M. keinen Anspruch des Nutzers begründet, sondern nur eine datenschutzrechtliche Verpflichtung des Anbieters, die zudem unter der Einschränkung der Zumutbarkeit steht.

    Comment by Stadler — 7.01, 2013 @ 21:44

  7. FAcebook ist mir persönlich ein Dorn im Auge, denn wenn man dort nicht mitmacht wird man in der Gesellschaft zunehmend ausgegrenzt. Viele Informationen, die dort kommuniziert werden, gehen einfach an einem vorbei. Es gab sogar schon einen Fall, wo Eltern der Veröffentlichung der Bilder ihrer Kinder auf FAcebook widersprochen haben – die Folge davon war, dass die Kinder in der Schule vom Unterricht ausgeschlossen wurden.

    Somit ist man mittlerweile auf Facebook ähnlich angewiesen wie auf Telefon, Briefpost, Instant Messaging und Email.

    Ich finde, dass Facebook in einer Datensparsamen Form nutzbar sein sollte, die mit den bei IM, Email, Post und Telefon geltenden Datenschutzstandards vergleichbar ist. Niemand zwingt einen, sich mit Namen am Telefon zu melden und jeder hat das Recht, sich aus dem Telefonbuch und der Rückwärtssuche streichen zu lassen bzw. dort garnicht erst zu erscheinen. Auch muss man sein privates Addressbuch mit den Telefonnummern nicht ins Netz stellen.

    Ich finde, diese Möglichkeiten sollten bei Facebook genauso bestehen, denn es gibt keine Notwendigkeit, das plötzlich anders zu machen. WEr mit Klarname im Telefonbuch stehen will, darf sich gerne eintragen lassen. Aber wer das nicht will, soll auch die Möglichkeit haben, dort nicht zu erscheinen.

    Mit Grüßen
    Anonymous,
    der mit Klarname im Telefonbuch steht, aber bei Facebook pseudonym sein möchte.

    Comment by Anonymous — 15.04, 2013 @ 22:53

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