Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

31.8.12

Sind die neuen Rundfunkbeiträge verfassungswidrig?

Der Passauer Jurist Ermano Geuer hat sich unlängst eine gewisse mediale Aufmerksamkeit verschafft, indem er gegen die Reform des Rundfunkgebührenrechts, die zum 01.01.2013 in Kraft treten soll, eine sog. Popularklage zum Bayerischen Verfassungsgerichtshof erhoben hat.

In Bayern kann grundsätzlich jeder, der eine Vorschrift des Landesrechts für unvereinbar mit der bayerischen Verfassung hält, eine sog. Popularklage erheben. Und genau mit diesem Instrumentarium versucht Geuer die Neuregelung des Rundfunkbeitragsstaatsvertrags 2013 zu Fall zu bringen. Und dieses Vorhaben ist keineswegs abwegig, nachdem bereits der renommierte Verfassungsrechtler Christoph Degenhart – allerdings im Rahmen eines Auftragsgutachtens – die Reform als verfassungswidrig eingestuft hat.

Die Argumentation in der Klageschrift vom  25.05.2012 – die mir vorliegt – erscheint durchaus stichhaltig.

Geuer rügt zunächst einen Verstoß gegen den Gleichheitssatz, insbesondere, dass diejenigen, die über Rundfunkgeräte verfügen und diejenigen, die keine Rundfunkgeräte besitzen, gleichermaßen zu der Beitragspflicht herangezogen werden. Diese Ungleichbehandlung verstärkt sich nach Ansicht Geuers gegenüber Unternehmern sogar noch, weil für Inhaber von Betriebsstätten zusätzlich das sachfremde Kriterium der Anzahl der Beschäftigten herangezogen wird.

Geuer vertritt insoweit die Ansicht, dass es für Betroffene möglich bleiben muss, sich auf das Nichtvorhandensein von Rundfunkgeräten zu berufen.

Spannend ist ein weiteres Argument Geuers. Denn er hält den „Rundfunkbeitrag“ in Wirklichkeit für eine Steuer und zwar eine sog. Zwecksteuer. Denn laut Geuer stellen die Beiträge gerade keine Gegenleistung für die Nutzung bzw. Nutzungsmöglichkeit von Rundfunkprogrammen dar, weil es auf diese Nutzung bzw. Nutzungsmöglichkeit überhaupt nicht mehr ankommt.

Die Bundesländer haben aber für eine solche Zwecksteuer keine Gesetzgebungskompetenz, diese liegt vielmehr beim Bund, weshalb der Staatsvertrag nach Ansicht Geuers auch formell verfassungswidrig ist.

Der Staastvertrag verstößt nach Ansicht Geuers außerdem gegen die Berufsfreiheit der Betriebsstätteninhaber. Denn der Unternehmer hat keine Möglichkeit mehr, sich der Rundfunkgebührenfinanzierung zu entziehen. Er muss nämlich auch dann bezahlen, wenn in seinem Betrieb überhaupt keine Rundfunkempfangsgeräte vorhanden sind. Und eine Vermutung für den Empfang von Rundfunkprogrammen besteht in Betrieben sicherlich weit weniger als in Privathaushalten. Und an dieser Stelle wird das Argument Geuers, dass es sich in Wirklichkeit um eine Steuer handelt, wohl am Deutlichsten. Denn der Unternehmer zahlt im Regelfall nicht für die tatsächliche Möglichkeit Rundfunk empfangen zu können.

Geuer macht ferner geltend, dass die Regelung in § 8 RBeitrStV die informationelle Selbstbestimmung der Wohnungsinhaber und Betriebsstätteninhaber verletzt, weil durch die Vorschrift faktisch eine Meldepflicht gegenüber der GEZ geschaffen wird. Eine Erfassung sämtlicher Wohnungen, Betriebsstätten und dienstlicher Kraftfahrzeuge ist nach Ansicht Geuers aber nicht zulässig, um die letztlich im Interesse der Rundfunknutzer und damit der Grundrechtsträger liegende Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zu sichern.

Man darf auf den Ausgang dieses Verfahrens gespannt sein. Sollte der Bayerische Verfassungsgerichtshof den Staatsvertrag nicht kippen, besteht für unmittelbar Betroffene freilich immer noch die Möglichkeit Verfassungsbeschwerde zum BVerfG zu erheben.

 

posted by Stadler at 22:59  

8 Comments

  1. Beim Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz im privaten Bereich: Geht Geuer darauf ein, warum die Typisierung hier nicht greifen soll?

    Comment by H.-P. Kraus — 1.09, 2012 @ 17:34

  2. Wirklich äußerst interessant! Ich hoffe und denke doch, dass hier im Blog über den Ausgang dieses Verfahrens berichtet wird!

    Anmerkung: sehr interessanter Blog, weiter so! :)

    Comment by Peter — 1.09, 2012 @ 17:50

  3. Ab 2013 werde ich mein Recht auf Informationsfreiheit nutzen und das öffentlich rechtliche Fernsehen von Albanien buchen. Das kostet pro Jahr 6 Euro und ich habe mein „Pflich“ zur Information erfüllt. Der BGH hat unlängst beim Pay TV entschieden, das der Verbraucher auch sein Bezahlfernsehen aus dem Ausland buchen kann (hier Griechenland Fussballsendungen). Warum sollte das nicht auch auf die öffentlich Rechtlichen übertragbar sein?

    Comment by EuroTanic — 1.09, 2012 @ 19:51

  4. „Und eine Vermutung für den Empfang von Rundfunkprogrammen besteht in Betrieben sicherlich weit weniger als in Privathaushalten.“

    das gilt doch aber nur, wenn man nicht davon ausgeht, dass ein PC mit Internetzugang schon ein empfangsbereites Gerät ist. Ansonsten kann man doch annehmen, dass in jedem Betrieb auch Gebühren fällig werden.

    Comment by Lioman — 2.09, 2012 @ 14:48

  5. Ich denke, das alle die sich auf rechtliche gründe berufen habeb auch irgendwo recht haben, aber auch nur teilweise!
    Wer sich den Rundfunkstaatsvertrag genauer ansieht, der müßte schon bei der ersten Seite stutzig werden, denn da steht wörtlich:

    Das Land Baden-Württemberg,
    der Freistaat Bayern,
    das Land Berlin,
    das Land Brandenburg,
    die Freie Hansestadt Bremen,
    die Freie und Hansestadt Hamburg,
    das Land Hessen,
    das Land Mecklenburg-Vorpommern,
    das Land Niedersachsen,
    das Land Nordrhein-Westfalen,
    das Land Rheinland-Pfalz,
    das Saarland,
    der Freistaat Sachsen,
    das Land Sachsen-Anhalt,
    das Land Schleswig-Holstein und
    der Freistaat Thüringen
    schließen nachstehenden Staatsvertrag:

    Damit ist nur ein Vertrag geschlossen worden zwischen den Ländern und den Rundfunkanstalten,
    welchen dann auch nach unserem Vertragsrecht Vertragspartner sind, und nicht wir, die Bürger.

    Wenn man ganz böse ist, dann könnte man sogar behaupten das dieser Vertrag die Ausbeutung der Bürger mittels Nazi-Recht zum Gegenstand hat.
    Warum der Bezug zum 3. Reich?
    weil nämlich damit die Rundfunkanstalten damit ermächtigt werden selbstherrlich die Gerichtsvollzieher in Marsch zu setzen ohne erst die Gerichte zu bemühen. Genau so handelten auch bis vor kurzem noch diverse Banken und konnten damit den bürgern Haus und Hof wegnehmen ohne erst nachweisen zu müssen
    das das Opfer bei ihnen verschuldet war. Das wurde inzwischen still und leise geändert.
    Man wollte kein Ausehen damit erregen, weil man das ansehen der Justiz und des rechtsstaates damit beschädigt hätte. Der Passus im Gesetz wonach das möglich war, wurde eigens zur Enteignung der juden eingeführt, und war bis dato noch gültig.
    Diese „Ermächtigung“ ist erlaubt es der Rundfunkanstalten eigenständig Verwaltungszwangsmaßnahmen in Gang zu setzen, und es ist fraglich ob sie auch wirklich an den vorgesehenen Grenzen halt machen.
    Das die Rundfunkanstalten sich aber noch ein hintertürchen freigehalten haben wird dann auch noch offensichtlich wenn man die Bilanzen der GEZ näher ansieht, diese ist nämlich ein Private Firma die im Auftrage der Anstalten auf eigene Rechnung arbeitet. Ihre Aufgabe ist es die gelder einzuziehen und abzuliefern, und nicht mehr. Die Beschäftigten sind schlicht und einfach Beauftragte, und keine Beamte, wie sie oft versuchen glauben zu machen. Wenn die über das ziel hinaus schießen, können sich die Anstalten damit herausreden das man nicht verantwortlich ist für das was die GEZ macht.

    Ich bin der Meinung, wer die musik bestellt, der soll auch zahlen, und das ist hier der Staat, und der wäre auch in der Pflicht die anstalten zu kontrollieren ob sie ihren Auftrag
    so erfüllen wie ursprünglich vorgesehen; dazu würden 3 Programme reichen, alles was drüber ist, ist einfach zu viel. Mehr Qualität statt
    geistigen Dünnschiss würde mich vielleicht dazu bewegen mir vielleicht wieder ein Gerät anzuschaffen. Und wer nun wieder glaubt das ein PC ein Fernsehempfänger ist, der schlichtweg keine Ahnung. Zum Beweis schalte man ihn mal ein, und warte dann auf das Programm….
    der kann warten bis zum jüngsten Tag. Der PC interagiert nämlich mit dem Server nur auf Befehl, während „Empfangen“ ursprünglich sinngemäß so definiert war: Zeitgleich mit der Ausstrahlung der elektromagnetischen Welle vom Sender wird im Empfangsteil des Empfänders eine Wechselspannung induziert, welcher nach entsprechender Verstärkung das aufgeprägte Nutzsignal (Bewegtbilder und Ton)entnommen wird.
    Der Vorgang ist also passiv und augenblicklich,
    während es beim Rechner aktiv und Zeitversetzt ist. Also kann von empfangen nicht die Rede
    sein! Da aber alles was über das HTTP-Protokoll läuft nachvollziehbar ist und auch kontrollierbar, eignet sich das Internet hervorragend für das PayTV, es ist nur Arbeitsaufwand verbunden, doch dazu sind die Anstalten zu faul.

    Comment by Andreas Frick — 31.12, 2012 @ 00:32

  6. @ Andreas Frick: du hast es einfach nicht verstanden. Der Staat soll den Rundfunk eben gerade nicht kontrollieren können. Denn damit werden Zustände hergestellt, wie wir sie aus totalitären Regimen, wie z.B. dem von dir zitierten Dritten Reich kennen.

    Comment by AS — 30.01, 2013 @ 17:44

  7. Der Staat kontrolliert den Rundfunk mehr oder weniger dadurch, dass die regierenden Politiker im Verwaltungsräten der Öffentlich-Rechtlichen sitzen. Außerdem entscheiden die Länder über den Rundfunkstaatsvertrag. Hier von einer Trennung zwischen Politik und Rundfunk zu sprechen ist lachhaft.

    Durch den Beitragsservice werden Menschenrechte missachtet und die Länder gehen mit dem Vertrag weit über ihre Kompetenzen hinaus.

    Hinzu kommt, dass die Öffentlich-Rechtlichen schon lange nicht mehr an einem guten Programm interessiert sind, sondern ihr Programm nur noch nach Quoten ausrichten. Diese werden mit zum Teil stark überhöhten Gehältern für Moderatoren erkauft.

    @AS: lächerlich!!!

    Comment by Wolfgang — 4.03, 2013 @ 14:32

  8. @AS:
    Man sollte keine Steine werfen, wenn man im Glaushaus sitzt. — Übersetzt: Nicht über Menschen urteilen, wenn man selbst keine Ahnung hat!
    Warum bringen die Medien solche Weichspül-Sendungen? Damit die deutschen Schlafschafe nicht aufwachen.
    Ich muß Andreas Frick und Wolfgang absolut zustimmen, denn es ist Fakt, daß die Politiker, stellvertretend für „den Staat“, überall ihre Sahnehäubchen abernten und das sagen haben.
    Ausserdem haben in Deutschland die Alliierten die Medienhohheit bis im Jahr 2099.
    Und genau deshalb haben wir im Land die Zustände, in denen der Bürger nichts mehr zu sagen hat.

    Comment by Axel — 19.03, 2013 @ 16:51

RSS feed for comments on this post.

Sorry, the comment form is closed at this time.