Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

15.1.10

Warum haften die Verwaltungsräte der Bayern LB nicht?

„Bayern LB machte vermögende Investoren reicher“ titelt die Süddeutsche heute. Mehr als 100 Millionen Euro haben deutsche und österreichische Industrielle am Kauf der Hypo Alpe Adria verdient und dies unmittelbar zu Lasten des Steuerzahlers. Selten war die Bereicherung Einzelner zu Lasten der Allgemeinheit offensichtlicher.

Was die Sache zusätzlich pikant macht, ist der Umstand, dass ein Teil der Probleme der österreichischen Bank bei Abschluss des Kaufvertrags bekannt war und auch dem Verwaltungsrat der Landesbank hätte auffallen müssen, wenn er denn seiner Aufgabe als Kontrollgremium ordnungsgemäß nachgekommen wäre. Was läge also näher, als die einzelnen Verwaltungsräte wegen Pflichtverletzung unmittelbar in Anspruch zu nehmen? Juristisch spricht wenig dagegen, aber politisch umso mehr. Denn der Verwaltungsrat besteht seit jeher zu einem gewissen Teil aus Mitgliedern der bayerischen Staatsregierung und/oder verdienten CSU-Politikern.

Müsste die Rechtsperson Bayern LB nicht gleichwohl frühere Vorstände und Verwaltungsräte in Haftung nehmen, so ähnlich wie Siemens das ja auch praktiziert, weil das zum Wohl des Unternehmens geboten ist? Und selbst dann, wenn die in Anspruch genommenen z.B. Erwin Huber oder Günther Beckstein heißen.

posted by Stadler at 22:57  

14.1.10

Soziale Netzwerke für Haiti

BR-Moderator Richard Gutjahr hat über sein Blog einen innovativen und unterstützenswerten Spendenaufruf für die Erdbebenopfer in Haiti gestartet. Spread The Word!

posted by Stadler at 22:35  

14.1.10

OLG Köln: Haftung des Anschlussinhabers für Dritte

Das Urteil des OLG Köln vom 23.12.2010, über das ich kürzlich schon berichtet habe, in dem eine Haftung des Anschlussinhabers in Fällen des Filesharing bejaht wird, ist mittlerweile im Volltext online.

Ungeachtet der Einwände, die ich schon dargestellt habe, fallen bei der Lektüre des Urteils weitere Punkte auf. Bemerkenswert finde ich vor allem folgende Passage:

Das bloße gegenüber zwei Jungen im Alter von 10 und 13 Jahren ausgesprochene Verbot, an Tauschbörsen teilzunehmen, genügte zur Vermeidung von Rechtsverletzungen durch die Kinder nicht. Die Beklagte hatte nach ihrem Vortrag selbst von Computern wenig Kenntnisse und benutzte den PC, der gegen ihren anfänglichen Widerstand auf Betreiben der Schule der Kinder angeschafft worden war, kaum. Die beiden ältesten Kinder konnten danach davon ausgehen, dass von Seiten der Beklagten nicht die Gefahr von Kontrollen drohte, weil sie die hierfür erforderlichen Kenntnisse nicht hatte. Die Kinder mussten deswegen auch die Entdeckung ihrer Teilnahme an Tauschbörsen nicht befürchten. Damit stellte sich das elterliche Verbot als nicht von Sanktionen bedroht dar und die Kinder konnten unbeschränkt über den PC und den Internetzugang verfügen.

Abgesehen davon, dass diese Ausführungen nicht ansatzweise mit der Rechtsprechung des BGH zur lediglich beschränkten Verantwortlichkeit des mittelbaren Störers vereinbar sind, ist auch der sachliche Gehalt der Aussage bemerkenswert. Eltern können sich nicht darauf berufen, dass sie selbst wenig Ahnung von Computern haben, sondern sie müssen das Nutzungsverhalten ihrer minderjährigen Kinder trotzdem derart kontrollieren, dass es erst gar nicht zum Filesharing kommt.

posted by Stadler at 18:17  

14.1.10

EuGH: § 4 Nr. 6 UWG verstößt gegen EU-Recht

Der Europäische Gerichtshof hat mit Urteil vom heutigen 14.01.2010 (C – 304/08) entschieden, dass § 4 Nr. 6 UWG nicht mit der Richtlinie über Unlautere Geschäftspraktiken (2005/29/EG) vereinbar ist. Der BGH hatte diese Frage vorgelegt.

§ 4 Nr. 6 UWG verbietet es, die Teilnahme von Verbrauchern an einem Preisausschreiben oder Gewinnspiel von dem Erwerb einer Ware oder der Inanspruchnahme einer Dienstleistung abhängig zu machen. In dem Vorlageverfahren hatte der deutsche Discounter Plus eine Werbekampagne „Ihre Millionenchance“ veranstaltet, in der dazu aufgefordert wurde, in den Läden von Plus Waren zu erwerben, um Punkte zu sammeln. Mit der Ansammlung von 20 Punkten wurde die Möglichkeit erworben, kostenlos an den Ziehungen des Deutschen Lottoblocks teilzunehmen.

Dieses Verhalten verstieß nach Ansicht der Instanzgerichte gegen § 4 Nr. 6 UWG. Dieser Ansicht war zwar auch der BGH, er hatte allerdings Zweifel, ob die Regelung richtlinienkonform ist und hat an den EuGH vorgelegt.

Der EuGH hat nunmehr festgestellt, dass die Regelung des § 4 Nr. 6 UWG, die derartige Praktiken grundsätzlich verbietet, nicht den Anforderungen der Richtlinie 2005/29/EG entspricht.

Der Gerichtshof führt zunächst aus, dass § 4 Nr. 6 UWG ein allgemeines Verbot darstellt, ohne dass anhand des Einzelfalls geprüft werden müsste, ob die fragliche geschäftliche Handlung im Licht der Richtlinie unlauter ist. Das ist nicht richtlinienkonform, weil die Praktiken, die allein ohne eine Einzelfallprüfung verboten werden dürfen, in der Richtlinie abschließend aufgezählt sind.

Zum anderen widerspricht die deutsche Regelung nach Ansicht des EuGH auch dem Inhalt von Art. 4 der Richtlinie 2005/29, der es den Mitgliedstaaten ausdrücklich untersagt, strengere nationale Maßnahmen beizubehalten oder zu erlassen als in der Richtline vorgesehen.

posted by Stadler at 13:45  

14.1.10

Die Zeiten ändern sich

Ein Kollege der die gegnerische Klagepartei vertritt und einen Hang zu blumigen Formulierungen hat, schreibt in einem Schriftsatz an das Landgericht folgendes:

„Tempora mutant et nos cum illis (die Zeiten ändern sich und wir uns mit ihnen). Dass diese antike Weisheit auch in unseren heutigen Tagen noch Gültigkeit hat, wird die Beklagte leidvoll zur Kenntnis nehmen müssen“

Gestern hat das Landgericht die Klage des poetischen Kollegen abgewiesen, weshalb meiner Mandantin die leidvolle Erfahrung erspart geblieben ist. Aber eine Frage stelle ich mir weiterhin. Kann man lateinische Weisheiten als antik bezeichnen?

posted by Stadler at 12:12  

13.1.10

Die CDU hat viel Lehrgeld bezahlt

Die Union will angeblich Konsequenzen aus dem „Zensursula“-Theater ziehen, weil sie nach Aussage von CDU-Fraktionsvize Kretschmer ziemlich viel Lehrgeld bezahlen musste. Jetzt heißt es, man wolle das Internet als „Raum der Freiheit“ erhalten, wie SPON berichtet. Das was ich in den letzten Monaten immer wieder mal aus den Reihen der Union gehört habe, deutet aber zumindest nicht auf einen deutlichen Lerneffekt hin.

Man könnte in einem ersten Schritt ja den Antrag in den Bundestag einbringen, das Zugangserschwerungsgesetz wieder aufzuheben und dies dann mit den Stimmen der SPD beschließen. ;-)

posted by Stadler at 18:00  

13.1.10

BGH: Keine Erstattung von Abmahnkosten bei Schubladenverfügung

In einem heute veröffentlichten Urteil hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass ein Anspruch auf Erstattung von Abmahnkosten nach § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG nur dann besteht, wenn die Abmahnung vor Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens ausgesprochen worden ist.

Wird also zuerst eine einstweilige Verfügung beantragt (sog. Schubladenverfügung) und erst danach abgemahnt, um zu sehen, ob der Verletzer eine Unterlasusngserklärung abgibt, besteht kein Aufwendungsersatzanspruch, auch nicht aus Geschäftsführung ohne Auftrag.
BGH, Urteil vom 7. Oktober 2009 – I ZR 216/07

posted by Stadler at 15:00  

13.1.10

Legt sich Google wirklich mit China an?

Google hat eine veränderte Haltung gegenüber dem chinesischen Staat angekündigt und möchte erreichen, dass die Suchmaschine in China künftig nicht mehr zensiert wird. Andernfalls droht Google mit einem Rückzug aus China. Das klingt fast zu schön um wahr zu sein. Google begründet diesen Strategiewechsel, laut des offiziellen Google-Blogs, u.a. mit von China ausgehenden Attacken auf GMail-Konten von Menschenrechtlern, die zusammen mit der Beobachtung der Entwicklung in China nunmehr zu dem Entschluss geführt hätten, die Zensur in China nicht länger zu unterstützen.

Auch wenn Google damit sicherlich auch Imagepflege betreiben will und möglicherweise auch die US-Regierung im Hintergrund mitmischt, wäre es vorbehaltlos zu begrüßen, wenn Google diese Linie durchzieht.

posted by Stadler at 12:00  

13.1.10

Provider sollen stärker in den Jugendschutz eingebunden werden

Gestern habe ich über einen aktuellen Arbeitsentwurf zur Änderung des Jugendmedienschutz-Staatsvertrages (JMStV) berichtet, der die Idee von Sendezeitbegrenzungen für Internet-Angebote aufgreift und weiter ausweitet. Die Regelung ist im Grundsatz allerdings bereits in der geltenden Fassung des JMStV enthalten, aber nie umgesetzt worden. Tatsächlich neu ist u.a. die genaue Definition unterschiedlicher Altersstufen. Ebenfalls neu und gänzlich unklar ist aus meiner Sicht die geplante Regelung in § 5 Abs. 2 S. 3 JMStV, die lautet:

Die Kennzeichnung von Angeboten, die den Zugang zu Inhalten vermitteln, die gemäß §§ 7 ff. des Telemediengesetzes nicht vollständig in den Verantwortungsbereich des Anbieters fallen, insbesondere weil diese von Nutzern in das Angebot integriert werden oder das Angebot durch Nutzer verändert wird, setzt voraus, dass der Anbieter nachweist, dass die Einbeziehung oder der Verbleib von Inhalten im Gesamtangebot verhindert wird, die geeignet sind, die Entwicklung von jüngeren Personen zu beeinträchtigen.

Diese Regelung ist ersichtlich auf Access-Provider und Hoster zugeschnitten. Der genaue Regelungsgehalt erschließt sich allerdings nicht, was primär an den handwerklichen Mängeln der Gesetzesformulierung liegt. „Angebote, die den Zugang zu Inhalten vermitteln„, gibt es nämlich nicht. Die Formulierung ist perplex, denn die technische Dienstleistung der Zugangsvermittlung stellt kein (Inhalts-)Angebot dar. Es hat allerdings ganz den Anschein, als wolle man damit Zugangs- und Host-Provider in die Verpflichtung zur Kennzeichnung jugendgefährdender Inhalte im Internet unmittelbar einbinden.

Den Grundstein für eine derartig verquere Vermischung von Technik und Inhalt, wie man sie in § 5 Abs. 2 S. 3 des Entwurfs wiederfindet, hat der deutsche Gesetzgeber bereits in den 90’er Jahren gelegt, zu Zeiten des Teledienstegesetzes und Mediendienstestaatsvertrags. Denn der Zugangsprovider wird seit dieser Zeit als Diensteanbieter betrachtet und damit auch wie ein Inhaltsanbieter behandelt. Anbieter im Sinne von TMG und JMStV sind nämlich auch diejenigen, die den Zugang zur Nutzung von Telemedien vermitteln, also die Access-Provider. Damit hat man den Provider und den Content-Anbieter mittels einer gesetzlichen Fiktion gleichgestellt.

Wernn man heute über Netzneutralität diskutiert, sollte man sich vor Augen führen, dass die Gesetzgebung von Bund und Ländern diese grundsätzliche Weichenstellung, die der Vorstellung von Netzneutralität zuwider läuft, bereits vor mehr als 10 Jahren getroffen hat. Der TK-Dienstleister Zugangsprovider, der eine neutrale technische Dienstleistung erbringt, wird als Diensteanbieter qualifiziert und damit einem Content-Anbieter gleichgestellt. Was die Sache schließlich gänzlich absurd macht, ist der Umstand, dass der Gesetzgeber gleichzeitig in § 1 TMG und in § 2 Abs. 2 JMStV zum Ausdruck bringt, dass die Gesetze nicht für Telekommunikationsdienste gelten sollen. Auf diesen Wertungswiderspruch habe ich in der rechtswissenschaftlichen Diskussion immer wieder hingewiesen, u.a. in beiden Auflagen von „Haftung für Informationen im Internet„. Die meisten Fachautoren haben die Einbeziehung des Access-Providers in den Kreis der Diensteanbieter nach TMG (und JMStV) allerdings verteidigt, u.a. mit dem Argument, dass dem Provider ansonsten die Haftungsprivilegierung des TMG nicht zugute kommen würde. Was man dabei übersehen hat, ist, dass damit die eigentlich klar zu ziehende Grenze zwischen Technik und Inhalt verwischt wird und man sich gleichzeitig von der Netzneutralität verabschiedet hat. Es ging hierbei nicht um die Haftungsprivilegierungen, sondern darum, über einen technischen Dienstleister auf die Inhalte Einfluss nehmen zu können. Und hierfür war es erforderlich, den Internet-Service-Provider qua Gesetz wie einen Inhaltsanbieter zu behandeln.

Daneben schlummert auch in der bereits geltenden Fassung des JMStV die Möglichkeit, Zugangsprovider zur Sperrung von Websites zu verpflichten, Zensursula aus Gründen des Jugendschutzes sozusagen.

Bereits der Mediendienstestaatsvertrag sah die Möglichkeit vor, sog. Sperrungsanordnungen gegen Zugangsprovider zu erlassen, wovon die Bezirksregierung Düsseldorf im Jahre 2002 auch Gebrauch gemacht hat. Die Regelung zu den Sperrungsverfügungen existiert immer noch, sie findet sich jetzt in § 59 Abs. 3 des Rundfunkstaatsvertrags. Diese Regelung gilt auch im Bereich des Jugendschutzes. § 20 Abs. 4 JMStV besagt nämlich, dass die zuständige Landesmedienanstalt für Anbieter von Telemedien entsprechend § 59 Abs.2 bis 4 des Rundfunkstaatsvertrages die jeweiligen Entscheidungen treffen kann, zu denen eben auch Sperrungsverfügungen gegen Provider zählen.

Update:
Wie ich gerade gehört habe, sehen die Provider die wesentliche Änderung zu ihren Lasten darin, dass jetzt in § 3 Nr. 2 JMStV die Zugangsvermittler ausdrücklich als Anbieter definiert werden, weshalb man befürchtet, dass sämtliche Anforderungen des Jugendschutzes, die der Staatsvertrag aufstellt, die Access-Provider direkt treffen könnte.

posted by Stadler at 11:15  

12.1.10

Sendezeiten für Websites?

Ein neuer Arbeitsentwurf eines Jugendmedienschutz-Staatsvertrages (JMStV) sieht in seinem § 5 Abs. 1 vor, dass Anbieter entwicklungsbeeinträchtigender Telemedien dafür Sorge zu tragen haben, dass Kinder oder Jugendliche der betroffenen Altersstufen diese Angebote üblicherweise nicht wahrnehmen.

Wie das gehen soll, erläutern anschließend § 5 Abs. 4 und Abs. 5:

(4) Der Anbieter kann seiner Pflicht aus Absatz 1 dadurch entsprechen, dass er
1. durch technische oder sonstige Mittel die Wahrnehmung des Angebots durch Kinder oder Jugendliche der betroffenen Altersstufe unmöglich macht oder wesentlich erschwert oder
2. die Zeit, in der die Angebote verbreitet oder zugänglich gemacht werden, so wählt, dass Kinder oder Jugendliche der betroffenen Altersstufe üblicherweise die Angebote nicht wahrnehmen.

(5) Ist eine entwicklungsbeeinträchtigende Wirkung im Sinne von Absatz 1 auf Kinder oder Jugendliche anzunehmen, erfüllt der Anbieter seine Verpflichtung nach Absatz 1, wenn das Angebot nur zwischen 23 Uhr und 6 Uhr verbreitet oder zugänglich gemacht wird. Wenn eine entwicklungsbeeinträchtigende Wirkung auf Kinder oder Jugendliche unter 16 Jahren zu befürchten ist, erfüllt der Anbieter seine Verpflichtung nach Absatz 1, wenn das Angebot nur zwischen 22 Uhr und 6 Uhr verbreitet oder zugänglich gemacht wird. Bei der Wahl der Sendezeit und des Sendeumfelds für Angebote der Altersstufe „ab 12 Jahren“ ist dem Wohl jüngerer Kinder Rechnung zu tragen.

Die Diskussion um „Sendezeiten“ für Internetangebote gab es bereits vor Jahren, sie ist allerdings wieder eingeschlafen. Nachdem das Thema offenbar jetzt wieder auf den Tisch kommt, ist es notwendig, die Praktikabilität und die Sinnhaftigkeit einer solchen Regelung einer breiten Diskussion zuzuführen und zwar bevor der JMStV in Kraft tritt.

posted by Stadler at 18:22  
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