Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

14.1.10

OLG Köln: Haftung des Anschlussinhabers für Dritte

Das Urteil des OLG Köln vom 23.12.2010, über das ich kürzlich schon berichtet habe, in dem eine Haftung des Anschlussinhabers in Fällen des Filesharing bejaht wird, ist mittlerweile im Volltext online.

Ungeachtet der Einwände, die ich schon dargestellt habe, fallen bei der Lektüre des Urteils weitere Punkte auf. Bemerkenswert finde ich vor allem folgende Passage:

Das bloße gegenüber zwei Jungen im Alter von 10 und 13 Jahren ausgesprochene Verbot, an Tauschbörsen teilzunehmen, genügte zur Vermeidung von Rechtsverletzungen durch die Kinder nicht. Die Beklagte hatte nach ihrem Vortrag selbst von Computern wenig Kenntnisse und benutzte den PC, der gegen ihren anfänglichen Widerstand auf Betreiben der Schule der Kinder angeschafft worden war, kaum. Die beiden ältesten Kinder konnten danach davon ausgehen, dass von Seiten der Beklagten nicht die Gefahr von Kontrollen drohte, weil sie die hierfür erforderlichen Kenntnisse nicht hatte. Die Kinder mussten deswegen auch die Entdeckung ihrer Teilnahme an Tauschbörsen nicht befürchten. Damit stellte sich das elterliche Verbot als nicht von Sanktionen bedroht dar und die Kinder konnten unbeschränkt über den PC und den Internetzugang verfügen.

Abgesehen davon, dass diese Ausführungen nicht ansatzweise mit der Rechtsprechung des BGH zur lediglich beschränkten Verantwortlichkeit des mittelbaren Störers vereinbar sind, ist auch der sachliche Gehalt der Aussage bemerkenswert. Eltern können sich nicht darauf berufen, dass sie selbst wenig Ahnung von Computern haben, sondern sie müssen das Nutzungsverhalten ihrer minderjährigen Kinder trotzdem derart kontrollieren, dass es erst gar nicht zum Filesharing kommt.

posted by Stadler at 18:17  

Keine Kommentare

  1. >> Urteil des OLG Köln vom 23.12.2010 < <
    Rechtsprechung aus der Zukunft

    Comment by Sebi — 14.01, 2010 @ 19:17

  2. Die haben wohl zuviel von ihrem "Bier" gesoffen …

    Comment by Jens — 14.01, 2010 @ 20:46

  3. d.h. aufs Real-Live übertragen wenn ich dem Nachbarn meinen Hammer leihe und diesen nicht vorher schön fluschig gepolstert habe und ständig daneben stehen bleibe bekomme ich Ärger wenn er damit Mist baut und zum Beispiel eine Scheibe einschlägt obwohl ich das ausdrücklich verboten habe?

    Comment by Anonymous — 14.01, 2010 @ 22:28

  4. @ Anon

    Schutzrechtsverletzungen sind nie auf "Real-Life" übertragbar.

    @ RA Thomas Stadler

    "Abgesehen davon, dass diese Ausführungen nicht ansatzweise mit der Rechtsprechung des BGH zur lediglich beschränkten Verantwortlichkeit des mittelbaren Störers vereinbar sind,.."

    Ich sehe das vollständig anders. Der BGH hat im Urteil vom 17.09.2009, Az. Xa ZR 2/08 "MP3-Player-Import" das "Halzband"-Urteil vom 11.03.2009, Az. I ZR 114/06 dahingehend konkretisierend bestätigt.

    Ein eigener, gegenüber den eingeführten Grundsätzen der Störerhaftung und den gegebenenfalls bestehenden Verkehrspflichten im Bereich des (Urheber-) Wettbewerbsrechts selbständiger Zurechnungsgrund kann auch durch "grundsätzlich jede vorwerfbare Verursachung der Rechtsverletzung einschließlich der ungenügenden Vorsorge gegen solche Verstöße" erkannt werden.

    Aaaaahaber… Die Erkenntniss der Kölner Richter unter dem Kriterium der ungenügenden Vorsorge firmiere ein sanktionsloses Verbot von rechtsverletzenden Handlungen in p2p-Tauschbörsen gegenüber zB 10-jährigen ist allenfalls als (zensiert) zu bezeichnen.

    "Nicht filesahren, sonst gibts keine Gummibärchen zum Nachtisch!" = genügende Vorsorge?

    Wie tief erstreckt sich die Androhung der Sanktionierungsmaßnahme damit sie richterliches Gehör findet bei 10-jährigen? Reicht ein drohen "sonst kommt das Christkind nicht!", oder müssen Vorsorgesanktionen brachialer Natur ("sonst hau ich dich windelweich") die Eltern vor Ihren möglicherweise raubmordfilesharingenden 10-jährigen Kindern schützen?

    Bald im Kino… Tim Burton – "Nigthmare on Christmas – II – Als die Kölner Richter den Eltern Deutschlands am 23.12.2009 das präventieve Weihnachtssanktionierungsgebot verordneten."

    Ich hoffe alle Eltern halten sich auch an Ostern dran.bucki

    Comment by Shual — 15.01, 2010 @ 02:24

  5. Kölner Gericht macht in der fehlenden Kompetenz dem Hamburger Zensurgericht Kongurrenz.

    Recht muss immer was mit dem gesunden Menschenverstand zu tun haben.

    Comment by Anonymous — 15.01, 2010 @ 22:45

  6. Viel interessanter finde ich als Vater von 2 Kindern, die "noch" keine Computer haben die Frage: Wenn ich keine Ahnung von Computern habe, die Schule mich aber dazu animiert, einen an zu schaffen, was mache ich dann, wenn ich so ein Urteil lese? Bin ich egal ob mir das gefällt oder nicht, gezwungen, mir mehr Kenntnisse anzueignen als meine Kinder haben, um mich vor etwaigen "Straftaten", die damit begangen werden könnten zu schützen? Oder sage ich der Schule lieber, dass ist mir zu gefährlich, so was kommt mir nicht ins Haus?

    Irgendwie habe ich den Eindruck das Thema Urheberrecht-Rechtsprechung geht völlig am Thema vorbei…

    Comment by Anonymous — 16.01, 2010 @ 22:58

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