Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

8.6.11

Die Copyright-Trolls

Darf man diejenigen, deren Geschäftsmodell primär darin besteht, massenhaft Fälle des Filesharing abzumahnen, eigentlich auch hierzulande als Copyright-Trolls bezeichnen?

Der Blick über den großen Teich offenbart, dass die Mechanismen in den USA und hierzulande ganz ähnlich funktionieren, wenngleich jenseits des Atlantiks zumindest im Einzelfall für die Abmahner finanziell noch deutlich mehr drin ist.

Dass, mit freundlicher Unterstützung des Gesetzgebers und der Gerichte, künstlich eine neue, eigene Branche geschaffen worden ist, die, bei Lichte betrachtet, weder der Musik- und Filmindustrie noch den Künstlern wirklich nützt, sollte in der rechtspolitischen Diskussion zumindest als Arbeitshypothese in Betracht gezogen werden. Denn es ist Sache des Gesetzgebers, eine Fehlentwicklung, die er selbst verursacht hat bzw. begünstigt, zu korrigieren.

Warum das Geschäftsmodell der Filesharing-Abmahnungen auch rechtlich als zweifelhaft betrachtet werden muss, habe ich bereits dargestellt. Hierauf muss immer wieder hingewiesen werden, denn die Gerichte könnten den Spuk bei konsequenter und richtiger Anwendung des geltenden Rechts eigentlich von sich aus beenden. Allein sie tun es bislang nicht.

posted by Stadler at 09:24  

1.6.11

Filesharing: Zu weite Unterlassungserklärungen sind für Rechteinhaber riskant

Das Oberlandesgericht Köln hat in einer Reihe von Entscheidungen, die Fälle des Filesharing zum Gegenstand hatten, in jüngster Zeit gewisse Einschränkungen zu Lasten der abmahnenden Rechteinhaber vorgenommen. Auf dieser Linie liegt auch ein neuer Beschluss des OLG Köln vom 20.05.2011 (6 W 30/11), der sich mit dem Umfang der Unterlassungspflicht beschäftigt.

Das OLG betont zunächst, dass vorformulierte Unterlassungserklärungen – wie sie z.B. die Kanzlei Waldorf Frommer regelmäßig versendet – die sich auf sämtliche Werke des abmahnenden Rechteinhabers beziehen, zu weit formuliert sind und eine Unterlassung in diesem Umfang nicht verlangt werden kann. Wenn nun vom Rechteinhaber zu Unrecht gleichzeitig darauf hingewiesen wird, dass eine einschränkende Unterlassungserklärung zur Unwirksamkeit der Erklärung führen kann, so bewirkt dies nach Ansicht des Senats, dass derjenige, der keine Unterlassungserklärung abgibt, damit keinen Anlass für eine gerichtliche Geltendmachung gibt. Er kann deshalb anschließend im Prozess ein Anerkenntnis nach § 93 ZPO abgeben, bei dem die Verfahrenskosten dem Antragsteller/Kläger auferlegt werden.

Das OLG normiert hier also eine Art Obliegenheit der abmahnenden Rechteinhaber, gegenüber Verbrauchern eine im Umfang korrekte Unterlassungserklärung zu verlangen.

posted by Stadler at 09:22  

24.5.11

Filesharing: Wie die Gerichte argumentieren

Ein neuer Beschluss des Landgerichts Berlin vom 03.03.2011 (Az.: 16 O 433/10) zeigt sehr anschaulich, wie die meisten Gerichte derzeit in Fällen des Filesharing argumentieren und weshalb es so schwierig ist, sich als Betroffener zu wehren, wenn man der Meinung ist, die Rechtsverletzung nicht begangen zu haben.

Das Landgericht Berlin hält es nämlich nicht für statthaft, wenn einfach bestritten wird, dass die Ermittlung des Anschlussinhabers  über die Anknüpfungspunkte IP-Adresse und Hash-Wert der fraglichen Datei korrekt ist. Dies betrachtet das Landgericht vielmehr als unbeachtliche Erklärung ins Blaue hinein. Und genau an dieser Stelle wird es schwierig. Denn der betroffene Anschlussinhaber sieht sich einem intransparenten Verfahren gegenüber, dessen Richtigkeit er nicht nachprüfen kann, weil es sich um Vorgänge und Abläufe handelt, die sich vollständig außerhalb seines Einflussbereichs abspielen.

Die Haltung der Gerichte ist auch deshalb erstaunlich, weil auch in der Fachpresse die kritischen Stimmen mittlerweile zunehmen. In der c’t (Bleich, c’t, 05/2010, S. 50) ist mit beachtlichen Argumenten dargestellt worden, weshalb die Ermittlung des Anschlussinhabers durch sog. Anti-Piracy-Unternehmen in zahlreichen Fällen fehlerbehaftet ist. Auch in juristischen Fachzeitschriften kann man mittlerweile Ähnliches lesen. In einem Aufsatz eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen (Morgenstern, CR 2011, 203) wird erläutert, dass die bisher bekannten Gutachten zur Zuverlässigkeit derartiger Programme dem Grundsatz S-A-P Prozess (Sicherung, Analyse, Präsentation) nicht genügen. Morgenstern setzt sich in seinem Aufsatz außerdem kritisch mit der sog. Hash-Wert-Methode auseinander und vertritt insoweit die Auffassung, dass ohne einen kompletten Download der betreffenden Datei nicht zuverlässig festgestellt werden kann, ob die mutmaßliche Datei tatsächlich dem Original entspricht. Der Autor verweist hierzu u.a. darauf, dass auch für aktuelle, verbesserte Hash-Wert-Verfahren zahlreiche praktisch relevante Kollisionen dokumentiert sind.

Auch in der Rechtsprechung sind immer wieder Fälle aufgetaucht, in denen Ermittlungsfehler festgestellt worden sind (vgl. z.B. OLG Köln, Beschluss vom 10.02.2011). Zumindest das OLG Köln zieht deshalb die richtige Schlussfolgerung und gesteht – anders als das Landgericht Berlin – dem als Störer in Anspruch genommenen die Möglichkeit zu, mit Nichtwissen zu bestreiten, dass seine Ermittlung als Anschlussinhaber über die Zuordnung einer IP-Adresse korrekt war. So weit sind andere Gerichte leider noch nicht. Einen derartigen Prozess zu führen, kann für den Betroffenen dennoch kostspielig sein, denn wenn er diese Hürde überschreitet, steht prozessual als nächster Schritt die Einholung eines Sachverständigengutachtens an, sofern die Klagepartei dies beantragt hat.

posted by Stadler at 12:28  

6.5.11

Filesharing: Providerauskunft und Reseller

In letzter Zeit häufen sich die Fälle, in denen ein Provider Auskunft über den zu einer IP-Adresse gehörenden Kunden erteilt, obwohl er vom Gericht gar nicht (unmittelbar) nach § 101 UrhG hierzu verpflichtet worden ist.

Die Kanzlei Sasse und Partner schreibt z.B. in einer aktuellen Abmahnung ausdrücklich, dass sich der Auskunftsbeschluss des Landgerichts Köln gegen die Telekom richtet und der Provider 1&1 als Reseller der Telekom dann die Auskunft zur Person des Anschlussinhabers erteilt hat.

Man kann hier natürlich die Frage stellen, ob 1&1 das eigentlich darf. Wenn man mit einigen Oberlandesgerichten davon ausgeht, dass das Gericht mit dem Beschluss nach § 101 Abs. 9 UrhG (auch) eine datenschutzrechtliche Erlaubnis gegenüber dem Provider ausspricht, die Daten herauszugeben, dann wird man das verneinen müssen. Denn 1&1 gegenüber ist eine solche gerichtliche Gestattung ja gerade nicht ausgesprochen worden. Folglich würde die Herausgabe von Namen und Anschrift des Anschlussinhabers gegen vertragliche und datenschutzrechtliche Pflichten des die Auskunft erteilenden Providers verstoßen.

posted by Stadler at 15:46  

26.4.11

Abmahnkanzlei verlangt Unterlassung des Uploads von Debian 5

Update: Die Abmahnung scheint tatsächlich eine Fälschung zu sein, wie die Abgemahnte selbst berichtet.

Meine ursprünglicher Beitrag, der sich als sachlich unzutreffend herausgestellt hat lautete:

Die für die massenhafte Abmahnung von Urheberrechtsverletzungen bekannte Anwaltskanzlei Negele, Zimmel, Greuter, Beller mahnt offenbar im Auftrag eines holländischen Unternehmens das öffentliche Zugänglichmachen der Linux-Distribution Debian5 über P2P-Netzwerke ab. Eine hiervon betroffene Nutzerin zitiert das Schreiben der Rechtsanwälte dahingehend, dass deren Auftraggeberin Media Art Holland die Nutzungs- und Verwertungsrechte an der Software Debian5 habe.

Nachdem es sich bei Debian Linux bekanntlich um Open Source Software handelt und im konkreten Fall noch dazu eine vom Debian-Server stammende Distribution verwendet worden ist, ist die Behauptung, die holländische Firma Media Art würde über Nutzungs- und Verwertungsrechte an Debian5 verfügen – sog. Verwertungsrechte stehen allein dem Urheber zu – mit Sicherheit falsch.

Sollte die Abmahnung nicht gefälscht sein, wie z.B. der Kollege Ferner vermutet, dann liegt ein Fall einer rechtsmissbräuchlichen Abmahnung vor.

posted by Stadler at 12:34  

20.4.11

Bei Waldorf Frommer geht es mittlerweile sehr fix

In Sachen Filesharing-Abmahnungen drücken manche Abmahnkanzleien und Gerichte mittlerweile gehörig auf die Tube.

Habe gerade einen Fall bearbeitet, bei dem der Rechtsverstoß am 03.04.20011 stattgefunden haben soll. Bereits am 04.04.2011 (!) hat das Landgericht München I den Beschluss nach § 101 Abs. 9 UrhG erlassen, die Abmahnung der Kanzlei Waldorf Frommer datiert auf den 13.04.2011.

Speziell die Kanzlei Waldorf hat in letzter Zeit scheinbar kräftig Personal eingestellt und man munkelt, dass das auch dem Zweck dient, verstärkt Prozesse zu führen.

posted by Stadler at 18:48  

14.4.11

Generalanwalt beim EuGH: Filter- und Sperranordnungen verletzen Grundrechte

Nach Ansicht des Generalanwalts beim Europäischen Gerichtshof verletzt eine Anordnung gegen einen Anbieter von Internetzugangsdiensten, zum Schutz von Rechten des geistigen Eigentums ein Filter- und Sperrsystem für elektronische Nachrichten einzurichten, die Grundrechte.

Das belgische Cour d’appel de Bruxelles hat dem EuGH die Frage vorgelegt, ob der nationale Richter befugt ist, gegen Zugangsprovider die Anordnung zu erlassen, auf eigene Kosten generell und präventiv ein Filtersystem für alle eingehenden und aus­gehenden elektronischen Nachrichten, die mittels seiner Dienste  insbesondere unter Verwendung von Peer-to-Peer-Programmen durchgeleitet werden, einzurichten, um den Austausch von Dateien im Wege des Filesharing zu identifitzieren und dann die Übertragung dieser Werke entweder auf der Ebene des Abrufs oder bei der Übermittlung zu sperren.

Generalanwalt Cruz Villalón vertritt in seinem Schlussvortrag die Auffassung, dass es sich um eine allgemeine Verpflichtung handelt, die im Lauf der Zeit dauerhaft auf alle Anbieter von Internetzugangsdiensten erstreckt werden kann und zwar ohne vorherige Feststellung einer tatsächlichen Verletzung oder der Gefahr einer unmittelbaren Rechtsverletzung.

Die Einrichtung eines solchen Filter- und Sperrsystems stellt nach Ansicht des Generalanwalts eine Einschränkung des Rechts auf Beachtung des Kommunikationsgeheimnisses, des Rechts auf Schutz personenbezogener Daten  und der Informationsfreiheit dar.

Der Schlussvortrag des Generalanwalts ist rechtlich nicht verbindlich, der EuGH folgt ihm aber häufig. Man darf auf die Entscheidung des EuGH gespannt sein, die möglicherweise auch Auswirkungen auf Modelle wie Three-Strikes bzw. Hadopi haben könnte und ganz allgemein auf die ausufernde Inpflichtnahme von Access-Providern.

posted by Stadler at 14:23  

1.4.11

Zuverlässigkeit der Ermittlung von Anschlussinhabern über die IP-Adresse

In der aktuellen Ausgabe der juristischen Fachzeitschrift Computer & Recht (CR 2011, 203) ist ein Aufsatz des Informatikers und öffentlich bestellten und vereidigten IT-Sachverständigen Holger Morgenstern mit dem Titel „Zuverlässigkeit von IP-Adressen-Ermittlungssoftware“ erschienen. Der Beitrag befasst sich mit der Frage, wie zuverlässig sog. Anti-Piracy-Software arbeitet bzw. welche technischen Anforderungen an solche Programme zu stellen sind, damit von einem „gerichtsfesten“ digitalen Nachweis gesprochen werden kann.

Der Autor erläutert zunächst allgemein, dass bei elektronischen Beweisen der sog. S-A-P Prozess (Sicherung, Analyse, Präsentation) zu beachten ist. Wichtig sei es insoweit vor allem, die Originaldaten möglichst vollständig und ohne jede Veränderung in einer forensischen Kopie zu speichern und damit jederzeit überprüfbar zu halten. Morgenstern ist der Ansicht, dass die (ihm) bisher bekannt gewordenen Gutachten zur Zuverlässigkeit entsprechender Programme diesen Anforderungen nicht genügen.

Schließlich setzt sich Morgenstern auch mit der sog. Hash-Wert-Methode kritisch auseinander und vertritt insoweit die Auffassung, dass ohne einen kompletten Download der betreffenden Datei nicht zuverlässig festgestellt werden kann, ob die mutmaßliche Datei tatsächlich dem Original entspricht. Der Autor verweist hierzu u.a. darauf, dass auch für aktuelle, verbesserte Hash-Wert-Verfahren zahlreiche praktisch relevante Kollisionen dokumentiert seien.

Der lesenswerte Aufsatz wird nunmehr sicherlich Eingang in anwaltliche Schriftsätze finden und künftig häufig zitiert werden.

Vor dem Hintergrund, dass das OLG Köln unlängst die Ansicht vertreten hat, der als Anschlussinhaber Ermittelte habe die Möglichkeit, die Korrektheit der Ermittlung mit Nichtwissen zu bestreiten, gewinnt der Aufsatz zusätzliche Bedeutung. Die Konsequenz wäre nämlich die, dass der Rechteinhaber die Zuverlässigkeit der von ihm eingesetzten Anti-Piracy-Software konkret darlegen und unter Beweis stellen muss und zwar anhand der Kriterien, die Holger Morgenstein in seinem Aufsatz skizziert. Die meisten Programme die derzeit in der Praxis im Einsatz sind, dürften diesen Anforderungen nicht genügen.

Die Zuverlässigkeit der Ermittlung des Anschlussinhabers sowie die Problematik der Abwehr unberechtigter Abmahnungen habe ich hier schon mehrfach thematisiert. Die meisten Gerichte unterstellen die Zuverlässigkeit der Ermittlung mehr oder minder unkritisch, weshalb es für Betroffene derzeit (noch) kaum möglich ist, sich gegen eine schon aus technischen Gründen unberechtigte Inanspruchnahme zur Wehr zu setzen. Gerichtliche Sachverständigengutachten zu dieser Frage sind mir bislang nicht bekannt, was nicht zuletzt daran liegt, dass die enormen Kosten eines solchen Gutachtens regelmäßig in keinem Verhältnis zur wirtschaftlichen Bedeutung der Streitigkeit stehen.

posted by Stadler at 13:47  

30.3.11

Filesharing: OLG Köln lässt aufhorchen

Der u.a. für das Urheberrecht zuständige 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln lässt mit einer neuen Entscheidung (Beschluss vom 24.03.2011, Az.: 6 W 42/11) aufhorchen, auch wenn es zunächst nur um die Frage der Gewährung von Prozesskostenhilfe geht.

In der Sache ist die Beklagte als Inhaberin eines Internetanschlusses wegen der öffentlichen Zugänglichmachung eines Computerspiels über ein P2P-Netzwerk auf Unterlassung, Schadensersatz und Erstattung von Anwaltskosten in Anspruch genommen worden. Die Beklagte hat sich damit verteidigt, sie selbst habe das Filesharing nicht betrieben und ihr zwischenzeitlich verstorbener Ehemann hätte den Anschluss ebenfalls genutzt. Sie gibt außerdem an, sie habe die Frage der Rechtsverletzung mit ihrem Mann vor seinem Tod nicht mehr besprechen können.

Das OLG Köln führt nunmehr – im Gegensatz zur bisherigen Rechtsprechung des Landgerichts Köln – aus, dass die Rechtsverteidigung der Beklagten Aussicht auf Erfolg hat und Prozesskostenhilfe zu gewähren ist. Die Begründung des Oberlandesgerichts ist aus mehreren Gründen bemerkenswert.

Das Gericht nimmt zunächst an, dass die vom BGH postulierte Vermutung, wonach der Anschlussinhaber auch der Rechtsverletzer sei, bereits dann als widerlegt anzusehen ist, wenn dargelegt werden kann, dass auch der Ehemann den Internetanschluss nutzt, weil es damit ernsthaft möglich erscheint, dass der Ehemann die Rechtsverletzung begangen hat. Damit scheidet eine Haftung als Täter aus.

Außerdem führt das OLG Köln aus, dass der als Störer in Anspruch genommene erfolgreich mit Nichtwissen bestreiten kann, dass seine Ermittlung als Anschlussinhaber über die Zuordnung einer IP-Adresse korrekt war. Insoweit scheint der Senat dazu zu tendieren, dass der Rechteinhaber die Richtigkeit seiner Ermittlung grundsätzlich unter Beweis stellen muss und insoweit auch den Feststellungen im Rahmen des Auskunftsverfahrens nach § 101 UrhG keine indizielle Wirkung zukommt.

Der Senat bezeifelt schließlich, ob eine Störerhaftung überhaupt in Betracht kommt, weil bisher ungeklärt sei, ob auch Ehegatten verpflichtet werden können, ihr Internetnutzungsverhalten gegenseitig zu kontrollieren.

Schließlich weist das OLG auch darauf hin, dass nach wie vor ungeklärt sei, ob der Anspruch auf Erstattung von Anwaltskosten in solchen Fällen nach § 97a Abs. 2 UrhG auf EUR 100,- gedeckelt sei.

Es handelt sich, wie gesagt, nicht um eine abschließende Sachentscheidung. Das Gericht hatte zunächst nur die Frage zu klären, ob für die Gewährung von Prozesskostenhilfe hinreichende Erfolgsaussichten bestehen. Das hat das OLG bejaht.

Das eigentliche Klageverfahren wird nunmehr bei der 28. Zivilkammer des Landgerichts Köln fortgesetzt. Insoweit ist äußerst spannend, inwieweit das Landgericht wegen des Beschlusses des OLG seine bisherige Rechtsprechung ändern wird. Gegebenfalls wird das Oberlandesgericht im Wege der Berufung in diesem Verfahren auch noch zur Sache entscheiden müssen.

Ob sich hiermit eine Wende in der Rechtsprechung anbahnt, bleibt abzuwarten. Dass die Annahme einer Mithaftung des Anschlussinhabers für das Nutzungsverhalten von Ehegatten und Familienangehörigen bereits nach der Störerdogmatik des BGH als zweifelhaft zu betrachten ist, habe ich schon mehrfach dargelegt. Viele Gerichte haben das bislang allerdings anders gesehen.

Aber bereits die Prämisse des BGH, es würde eine Vermutung dahingehend bestehen, dass der Anschlussinhaber auch Rechtsverletzer sei, begegnet aus tatsächlichen Gründen durchgreifenden Bedenken. In einem deutschen Haushalt leben statistisch gesehen 2,04 Personen. Das bedeutet, dass die Wahrscheinlichkeit mit einer Abmahnung eines privaten Anschlussinhabers auch den tatsächlichen Rechtsverletzer in Anspruch zu nehmen, weniger als 50 % beträgt. Nimmt man die geschäftlich genutzten Internetanschlüsse hinzu, ergibt sich eine noch niedrigere Quote, da dort im Durchschnitt mehrere berechtigte Nutzer auf das Internet zugreifen.

Damit stellt sich letztlich auch die verfassungsrechtlich nicht ganz uninteressante Frage, ob es zum Schutz eines Rechteinhabers gerechtfertigt ist, Personen als Störer in Anspruch zu nehmen, von denen in statistischer Hinsicht bereits feststeht, dass sie in mindestens jedem zweiten Fall nicht Rechtsverletzer sind. Damit wird nämlich ebenfalls in erheblichem Umfang in fremde Rechtsposition eingegriffen. Der Schutz der Inhaber von urheberrechtlichen Nutzungsrechten geht letztlich so weit, dass es die Gerichte billigend in Kauf nehmen, in großem Umfang Nichtverletzer in Anspruch zu nehmen, womit wiederum in deren geschützte Rechtspositionen eingegriffen wird.  Ob dieses Endergebnis aber tatsächlich von unserer Rechtsordnung gebilligt wird, muss zur Diskussion gestellt werden. Die Gerichte werden sich stärker mit der Tragweite ihrer Entscheidungen in solchen Fällen befassen müssen.

posted by Stadler at 13:20  

24.3.11

Unschlüssige Filesharing-Abmahnung

In einer aktuellen Filesharing-Abmahnung der FAREDS Rechtsanwaltsgesellschaft für den Rechteinhaber Track By Track Records UG beruft man sich auf einen Auskunftsbeschluss des Landgerichts Köln vom 30.12.2010, während gleichzeitig auf eine Auskunft des Providers 1&1 Internet AG verwiesen wird.

Nun hat aber 1&1 seinen Sitz nicht im Bezirk des Landgerichts Köln. Nachdem wegen § 101 Abs. 9 S. 2 UrhG allerdings eine ausschließliche Zuständigkeit desjenigen Landgerichts gegeben ist, in dessen Bezirk der Auskunftspflichtige sitzt, stimmt in diesem Fall augenscheinlich etwas nicht.Vielleicht ist diese Ungereimtheit ja anderen Kollegen ebenfalls aufgefallen, die auch schon etwas herausgefunden haben?

posted by Stadler at 13:05  
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