Der Bundesrat hat gegen das vom Bundestag am 26.05.2011 beschlossene „Gesetz zur Anpassung der Vorschriften über den Wertersatz bei Widerruf von Fernabsatzverträgen und über verbundene Verträge“ keinen Einspruch erhoben.
Durch das Gesetz, das demnächst in Kraft treten wird, wird auch die gesetzliche Musterwiderrufsbelehrung erneut geändert. Betroffen ist auch die Rückgabebelehrung, sofern diese verwendet wird. Hintergrund ist, dass der Gesetzgeber die Vorschriften über den Wertersatz bei Ingebrauchnahme der Kaufsache geändert und den Vorgaben der Rechtsprechung des EuGH angepasst hat.
Betreiber von Webshops und eBay-Händler müssen ihre Belehrungen also erneut überarbeiten, weil sonst wieder einmal Abmahnungen wegen Verwendung einer veralteten und damit eventuell irreführenden Widerrufsbelehrung drohen. Es besteht allerdings eine gesetzliche Übergangsfrist von drei Monaten.
posted by Stadler at 11:30
Das Landgericht Hamburg hat sich in einer aktuellen Entscheidung (Beschluss vom 09.06.2011, Az.: 303 O 197/10) für unzuständig erklärt und den Rechtsstreit – eine Domainstreitigkeit – an das Landgericht Lübeck verwiesen.
Das Landgericht Hamburg führt aus, dass zur Begründung eines Gerichtsstands zumindest ein sachlicher Bezug zum Gerichtsort gegeben sein müsse. Bei Namensrechtsverletzungen, so das Gericht, ergibt sich ein Gerichtsstand noch nicht allein aus der bundesweiten Abrufbarkeit eines Internetangebots. Vielmehr müsse eine Interessenkollision im Bezirk des angerufenen Gerichts tatsächlich eingetreten sein.
In der Rechtsprechung ist bereits von anderen Gerichten vereinzelt versucht worden, die Wahl des fliegenden Gerichtsstands durch Missbrauchserwägungen einzuschränken. Es bleibt abzuwarten, ob es bei Einzelfallentscheidungen bleibt, oder sich ein entsprechender Trend herausbildet.
posted by Stadler at 15:48
Bereits seit einiger Zeit kursiert im Kollegenkreis das Gerücht, dass speziell die Kanzlei Waldorf Frommer dabei ist eine Klageabteilung aufzubauen und deshalb künftig mit deutlich mehr Klagen in Filesharing-Fällen zu rechnen sei. Zwei Anwaltsblogs haben sich in den vergangenen Tagen auch mit der Frage befasst.
Die Kanzlei Waldorf hat jedenfalls bereits im letzten Jahr personell aufgerüstet und ein dortiger Kollege hat mir auch schon vor einiger Zeit am Telefon bestätigt, dass man verstärkt klagen wolle, allerdings mit den alten Fällen, die kurz vor der Verjährung stehen, beginnen werde. Mal sehen, ob das Amtsgericht München eine neue Planstelle schaffen muss. ;-)
posted by Stadler at 20:30
Darf man diejenigen, deren Geschäftsmodell primär darin besteht, massenhaft Fälle des Filesharing abzumahnen, eigentlich auch hierzulande als Copyright-Trolls bezeichnen?
Der Blick über den großen Teich offenbart, dass die Mechanismen in den USA und hierzulande ganz ähnlich funktionieren, wenngleich jenseits des Atlantiks zumindest im Einzelfall für die Abmahner finanziell noch deutlich mehr drin ist.
Dass, mit freundlicher Unterstützung des Gesetzgebers und der Gerichte, künstlich eine neue, eigene Branche geschaffen worden ist, die, bei Lichte betrachtet, weder der Musik- und Filmindustrie noch den Künstlern wirklich nützt, sollte in der rechtspolitischen Diskussion zumindest als Arbeitshypothese in Betracht gezogen werden. Denn es ist Sache des Gesetzgebers, eine Fehlentwicklung, die er selbst verursacht hat bzw. begünstigt, zu korrigieren.
Warum das Geschäftsmodell der Filesharing-Abmahnungen auch rechtlich als zweifelhaft betrachtet werden muss, habe ich bereits dargestellt. Hierauf muss immer wieder hingewiesen werden, denn die Gerichte könnten den Spuk bei konsequenter und richtiger Anwendung des geltenden Rechts eigentlich von sich aus beenden. Allein sie tun es bislang nicht.
posted by Stadler at 09:24
Das Oberlandesgericht Köln hat in einer Reihe von Entscheidungen, die Fälle des Filesharing zum Gegenstand hatten, in jüngster Zeit gewisse Einschränkungen zu Lasten der abmahnenden Rechteinhaber vorgenommen. Auf dieser Linie liegt auch ein neuer Beschluss des OLG Köln vom 20.05.2011 (6 W 30/11), der sich mit dem Umfang der Unterlassungspflicht beschäftigt.
Das OLG betont zunächst, dass vorformulierte Unterlassungserklärungen – wie sie z.B. die Kanzlei Waldorf Frommer regelmäßig versendet – die sich auf sämtliche Werke des abmahnenden Rechteinhabers beziehen, zu weit formuliert sind und eine Unterlassung in diesem Umfang nicht verlangt werden kann. Wenn nun vom Rechteinhaber zu Unrecht gleichzeitig darauf hingewiesen wird, dass eine einschränkende Unterlassungserklärung zur Unwirksamkeit der Erklärung führen kann, so bewirkt dies nach Ansicht des Senats, dass derjenige, der keine Unterlassungserklärung abgibt, damit keinen Anlass für eine gerichtliche Geltendmachung gibt. Er kann deshalb anschließend im Prozess ein Anerkenntnis nach § 93 ZPO abgeben, bei dem die Verfahrenskosten dem Antragsteller/Kläger auferlegt werden.
Das OLG normiert hier also eine Art Obliegenheit der abmahnenden Rechteinhaber, gegenüber Verbrauchern eine im Umfang korrekte Unterlassungserklärung zu verlangen.
posted by Stadler at 09:22
Ein neuer Beschluss des Landgerichts Berlin vom 03.03.2011 (Az.: 16 O 433/10) zeigt sehr anschaulich, wie die meisten Gerichte derzeit in Fällen des Filesharing argumentieren und weshalb es so schwierig ist, sich als Betroffener zu wehren, wenn man der Meinung ist, die Rechtsverletzung nicht begangen zu haben.
Das Landgericht Berlin hält es nämlich nicht für statthaft, wenn einfach bestritten wird, dass die Ermittlung des Anschlussinhabers über die Anknüpfungspunkte IP-Adresse und Hash-Wert der fraglichen Datei korrekt ist. Dies betrachtet das Landgericht vielmehr als unbeachtliche Erklärung ins Blaue hinein. Und genau an dieser Stelle wird es schwierig. Denn der betroffene Anschlussinhaber sieht sich einem intransparenten Verfahren gegenüber, dessen Richtigkeit er nicht nachprüfen kann, weil es sich um Vorgänge und Abläufe handelt, die sich vollständig außerhalb seines Einflussbereichs abspielen.
Die Haltung der Gerichte ist auch deshalb erstaunlich, weil auch in der Fachpresse die kritischen Stimmen mittlerweile zunehmen. In der c’t (Bleich, c’t, 05/2010, S. 50) ist mit beachtlichen Argumenten dargestellt worden, weshalb die Ermittlung des Anschlussinhabers durch sog. Anti-Piracy-Unternehmen in zahlreichen Fällen fehlerbehaftet ist. Auch in juristischen Fachzeitschriften kann man mittlerweile Ähnliches lesen. In einem Aufsatz eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen (Morgenstern, CR 2011, 203) wird erläutert, dass die bisher bekannten Gutachten zur Zuverlässigkeit derartiger Programme dem Grundsatz S-A-P Prozess (Sicherung, Analyse, Präsentation) nicht genügen. Morgenstern setzt sich in seinem Aufsatz außerdem kritisch mit der sog. Hash-Wert-Methode auseinander und vertritt insoweit die Auffassung, dass ohne einen kompletten Download der betreffenden Datei nicht zuverlässig festgestellt werden kann, ob die mutmaßliche Datei tatsächlich dem Original entspricht. Der Autor verweist hierzu u.a. darauf, dass auch für aktuelle, verbesserte Hash-Wert-Verfahren zahlreiche praktisch relevante Kollisionen dokumentiert sind.
Auch in der Rechtsprechung sind immer wieder Fälle aufgetaucht, in denen Ermittlungsfehler festgestellt worden sind (vgl. z.B. OLG Köln, Beschluss vom 10.02.2011). Zumindest das OLG Köln zieht deshalb die richtige Schlussfolgerung und gesteht – anders als das Landgericht Berlin – dem als Störer in Anspruch genommenen die Möglichkeit zu, mit Nichtwissen zu bestreiten, dass seine Ermittlung als Anschlussinhaber über die Zuordnung einer IP-Adresse korrekt war. So weit sind andere Gerichte leider noch nicht. Einen derartigen Prozess zu führen, kann für den Betroffenen dennoch kostspielig sein, denn wenn er diese Hürde überschreitet, steht prozessual als nächster Schritt die Einholung eines Sachverständigengutachtens an, sofern die Klagepartei dies beantragt hat.
posted by Stadler at 12:28
Ein reißerischer Text von Carsten Scheibe im Südkurier und einer auf gulli.com suggerieren, dass bei der Abmahnung von privaten Facebook-Profilen bis zu EUR 15.000,- gefordert werden könnten bzw. dies naheliegend sei. Um es vorweg zu nehmen, dieser Betrag ist aus der Luft gegriffen und hat keine reelle Grundlage. Beide Texte plappern unreflektiert eine Veröffentlichung von Rechtsanwalt Solmecke nach, der im Rahmen eines Werbetexts für seine Kanzlei mit derartigen Beträgen hantiert.
Dass im Zuge einzelner Abmahnungen wegen Urheberrechtsverstößen Schadensersatz und Anwaltskosten in dieser Größenordnung gefordert wird, ist vielmehr äußerst unwahrscheinlich. Es ist eben nicht so, dass ein Anwalt beliebig abmahmen kann. Vielmehr vertritt er immer nur einen Mandanten, der behauptet, in seinen Rechten verletzt zu sein, also einen Urheber oder Rechteinhaber. Weil die verschiedenen Urheberrechte, die innerhalb eines Facebook-Profils eventuell verletzt werden, regelmäßig nicht in einer Hand liegen, sind Forderungen in der genannten Größenordnung eher abwegig.
Facebook-Nutzer müssen sich auch nicht, wie der Artikel ausführt, wie professionelle Journalisten verhalten, sondern sie müssen nur darauf achten, nicht die Rechte Dritter zu verletzen. Diese Pflicht trifft jederman und hat nichts mit journalistischer Sorgfalt zu tun. Wer Fotos, Grafiken, Videos oder Texte in sein Profil einstellt, die nicht von ihm selbst stammen, verletzt damit häufig das Urheberrecht eines anderen. Wer Fotos einstellt, auf denen neben ihm selbst auch andere Personen zu sehen sind, ist grundsätzlich gehalten, eine Einwilligung des Abgebildeten einzuholen (§ 22 KUG). Man sollte außerdem darauf achten, in Bezug auf andere Personen keine beleidigenden oder ehrverletzenden Aussagen zu treffen. Wer sich als Privatnutzer daran hält, dürfte wenig zu befürchten haben.
posted by Stadler at 17:50
Das Landgericht Düsseldorf hat jüngst entschieden (Urteil vom 19.02.2011, Az.: 23 S 359/09), dass ein Anspruch auf Erstattung von Abmahnkosten nur dann besteht, wenn der Unterlassungsanspruch konsequent verfolgt wird.
Wer nach einer erfolglosen Abmahnung seinen Unterlassungsanspruch nicht (gerichtlich) weiterverfolgt, kann danach grundsätzlich auch keine Erstattung der durch die Abmahnung entstandenen Anwaltskosten verlangen, es ei denn, es gibt einen nachvollziehbaren Grund dafür, den Unterlassungsanspruch nicht weiter zu verfolgen.
(via LBR-Blog)
posted by Stadler at 10:11
Kommentare deaktiviert für Keine Erstattung von Abmahnkosten, wenn Unterlassungsanspruch nicht verfolgt wird
In letzter Zeit häufen sich die Fälle, in denen ein Provider Auskunft über den zu einer IP-Adresse gehörenden Kunden erteilt, obwohl er vom Gericht gar nicht (unmittelbar) nach § 101 UrhG hierzu verpflichtet worden ist.
Die Kanzlei Sasse und Partner schreibt z.B. in einer aktuellen Abmahnung ausdrücklich, dass sich der Auskunftsbeschluss des Landgerichts Köln gegen die Telekom richtet und der Provider 1&1 als Reseller der Telekom dann die Auskunft zur Person des Anschlussinhabers erteilt hat.
Man kann hier natürlich die Frage stellen, ob 1&1 das eigentlich darf. Wenn man mit einigen Oberlandesgerichten davon ausgeht, dass das Gericht mit dem Beschluss nach § 101 Abs. 9 UrhG (auch) eine datenschutzrechtliche Erlaubnis gegenüber dem Provider ausspricht, die Daten herauszugeben, dann wird man das verneinen müssen. Denn 1&1 gegenüber ist eine solche gerichtliche Gestattung ja gerade nicht ausgesprochen worden. Folglich würde die Herausgabe von Namen und Anschrift des Anschlussinhabers gegen vertragliche und datenschutzrechtliche Pflichten des die Auskunft erteilenden Providers verstoßen.
posted by Stadler at 15:46
Rechtsanwalt Marcus Dury berichtet darüber, dass ihn eine Filmverleihfirma wegen eines Tweets verklagt hat und die Erstattung von Anwaltskosten verlangt.
Dury hatte nach eigenen Angaben folgendes getwittert:
Uns liegt eine Abmahnung der Kanzlei Lampmann Behm Rosenbaum vor. Abgemahnt wird ein [ZENSIERT]-Film der C. Filmverleih GmbH“
Gegenstand des Streits ist der Film „Die Beschissenheit der Dinge„, den Dury offenbar dem Erotik- bzw. Pornobereich zugeordnet hatte. Nachdem der Film aber offensichtlich nicht pornografisch ist und auch von der FSK mit einer Alterskennzeichnung „ab 12“ versehen ist, ist der Vorwurf einer falschen Tatsachenbehauptung nicht ganz von der Hand zu weisen. Ob deshalb aber schon das Unternehmenspersönlichkeitsrecht – dessen Reichweite nach wie vor streitig ist – der Verleihfirma verletzt ist, erscheint mir durchaus diskutabel. Der Kollege Dury hat sich jedenfalls entschlossen eine Unterlassungserklärung abzugeben, sich aber geweigert, Anwaltskosten zu übernehmen.
Der Fall zeigt, dass auch unüberlegte Tweets zu Abmahungen und Klagen führen können.
posted by Stadler at 10:50