Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

4.6.10

Jetzt bekommt auch noch der Staat Googles W-LAN-Daten

Google hat nach einem Bericht der FT angekündigt, sämtliche Daten, die man bei den Street-View-Fahrten aus privaten W-LANs ausgelesen hat, den Datenschutzbehörden auszuhändigen.

Nachdem die Datenschutzbehörden für den nichtöffentlichen Bereich, zumindest in einigen Bundesländern, Stellen sind, die unmittelbar der Staatsregierung nachgeordnet sind, bedeutet das nicht weniger, als, dass der Staat damit an Daten von Bürgern gelangt, die er selbst in rechtmäßiger Art und Weise nie hätte erheben dürfen.

Und das ist im Ergebnis noch wesentlich bedenklicher als die Datenerhebung durch Google selbst.

posted by Stadler at 11:11  

3.6.10

EuGH zur bösgläubigen Domainregistrierung

Der Europäische Gerichtshof hat mit Urteil vom heutigen 03.06.2010 (Az.: C?569/08) über die Frage der bösgläubigen Registrierung einer eu-Domain (reifen.eu) entschieden.

Der zugrunde liegende Sachverhalt ist durchaus kurios. Art. 11 („Sonderzeichen“) der Verordnung zur Einführung von eu-Domains (Nr. 874/2004) regelt, dass, aus einem Domainnamen, für den frühere Rechte beansprucht werden und der Sonderzeichen sowie Leer- und Interpunktionszeichen enthält, diese Sonderzeichen entweder entfernt oder durch Bindestriche ersetzt werden müssen.

Die Klägerin des Ausgangsverfahrens, ein österreichisches Unternehmen, vermarktet Produkte im Internet. Um Domains in der ersten Phase der gestaffelten Registrierung anmelden zu können, meldete das Unternehmen zuvor beim schwedischen Markenamt erfolgreich insgesamt 33 Gattungsbegriffe als Marken an, und zwar jeweils unter Verwendung des Sonderzeichens „&“ vor und nach jedem Buchstaben, u.a. die Wortmarke &R&E&I&F&E&N& für die Waren „Sicherheitsgurte“.

Anschließend ließ das Unternehmen in der ersten Registrierungsphase gem. Art. 11 der Verordnung die Sonderzeichen „&“ entfernen, so dass die Domain „reifen.eu“ registriert werden konnte.

Der Beklagte des Ausgangsverfahrens, Inhaber der Marke „Reifen“ für Waschmittel, bekämpfte diese Registrierung vor dem Schiedsgericht und bekam dort Recht. Mit Entscheidung vom 24. Juli 2006 (Verfahren Nr. 00910) entzog das Schiedsgericht  der Klägerin den Domainnamen und übertrug ihn auf den Beklagten. Hiergegen wiederum klagte die Klägerin vor den nationalen Gerichten in Österreich. Der OGH hat die Frage schließlich dem EuGH vorgelegt.

Der EuGH betrachtet die Domainregistrierung der Klägerin des Ausgangsverfahrens als rechtsmissbräuchlich und erweitert zugleich die Kriterien, die in der Verordnung für bösgläubige bzw. rechtsmissbräuchliche Domainregistrierungen genannt sind.

Der EuGH hat insbesondere ausgesprochen:

Für die Beurteilung der Frage, ob ein bösgläubiges Verhalten im Sinne von Art. 21 Abs. 1 Buchst. b in Verbindung mit Abs. 3 der Verordnung Nr. 874/2004 vorliegt, hat das nationale Gericht alle im Einzelfall erheblichen Faktoren und insbesondere die Umstände, unter denen die Eintragung der Marke erwirkt wurde, sowie die Umstände, unter denen der Name der Domäne oberster Stufe „.eu“ registriert wurde, zu berücksichtigen.

Was die Umstände betrifft, unter denen die Eintragung der Marke erwirkt wurde, hat das nationale Gericht insbesondere zu berücksichtigen:

– die Absicht, die Marke nicht auf dem Markt zu benutzen, für den der Schutz beantragt wurde,

– die Gestaltung der Marke,

– die Tatsache, dass die Eintragung einer großen Zahl von anderen Marken, die Gattungsbegriffen entsprechen, erwirkt wurde, und

– die Tatsache, dass die Eintragung der Marke kurz vor Beginn der gestaffelten Registrierung von Namen der Domäne oberster Stufe „.eu“ erwirkt wurde.

Was die Umstände betrifft, unter denen der Name der Domäne oberster Stufe „.eu“ registriert wurde, hat das nationale Gericht insbesondere zu berücksichtigen:

– die missbräuchliche Verwendung von Sonderzeichen oder Interpunktionszeichen im Sinne des Art. 11 der Verordnung Nr. 874/2004 zum Zweck der Anwendung der in diesem Artikel festgelegten Übertragungsregeln,

– die Registrierung in der ersten Phase der gestaffelten Registrierung gemäß der Verordnung Nr. 874/2004 auf der Grundlage einer Marke, die unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens erlangt wurde, und

– die Tatsache, dass eine große Zahl von Anträgen auf Registrierung von Domänennamen, die Gattungsbegriffen entsprechen, eingereicht wurde.

posted by Stadler at 18:16  

3.6.10

Interdisziplinäre Tagung zum Thema „Privatheit“

An der Uni Passau findet vom 19. – 20.November 2010 eine interdisziplinäre Tagung zum Thema „Privatheit“ statt. Ziel der Tagung ist es laut der Veranstaltungsankündigung, eine Bestandsaufnahme der unterschiedlichen Formen und Funktionen von „Privatheit“ aus allen relevanten Forschungsperspektiven und Disziplinen (insbesondere auch Rechtswissenschaft und Informatik) vorzunehmen. Als Ansatz ist u.a. der Themenkomplex Medien und Privatheit denkbar.

Wer einen eigenen Vortrag einbringen will, kann seinen Vorschlag bis zum 09.Juli im Rahmen des Call For Papers noch anmelden. Die Veranstaltung könnte spannend werden.

posted by Stadler at 09:00  

2.6.10

Anhörungen zum 3. Korb des Urheberrechts

Das Bundesjustizministerium veranstaltet nach einem Bericht von netzpolitik.org in den nächsten Monaten verschiedene Anhörungen zu der geplanten dritten Runde der Novellierung des Urheberrechtsgesetzes (sog. 3. Korb). Eine Anhörung zu der ebenfalls in der Diskussion befindlichen weiteren Einschränkung der Möglichkeit zur Anfertigung von Privatkopien scheint dabei nicht geplant zu sein. Das ist insoweit erstaunlich, als die Punkte

  • Begrenzung der Privatkopie auf Kopien nur vom Original
  • Verbot der Herstellung einer Privatkopie durch Dritte
  • gesetzliches Verbot sogenannter intelligenter Aufnahmesoftware

in einem Schreiben des BMJ an Verbände ganz oben auf der Prioritätenliste für den 3. Korb gestanden hat. Außerdem hat die Justizministerin für den 14.06.2010 eine „Berliner Rede zum Urheberrecht“ angekündigt.

posted by Stadler at 22:04  

2.6.10

BGH-Urteil zur W-LAN-Haftung im Volltext

Die mit Spannung erwartete Urteilsbegründung des BGH (Urteil vom 12.05.2010) zur Frage der Haftung des privaten Betreibers eines W-LANs liegt jetzt im Volltext vor.

Der BGH führt zunächst aus, dass eine Vermutung für eine Verantwortlichkeit des Inhabers eines Internetanschlusses besteht, wenn über seinen Anschluss eine Rechtsverletzung begangen worden ist. Es ist dann Aufgabe des Anschlussinhabers im Rahmen der ihn treffenden sekundären Darlegungslast diese Vermutung zu widerlegen und konkret darzustellen, dass er selbst die Rechtsverletzung nicht begangen hat. Gelingt das, dann haftet er nicht als Täter und damit auch nicht auf Schadensersatz.

Dennoch nimmt der BGH eine Störerhaftung an, weil er der Ansicht ist, dass auch den privaten Betreiber eines W-LANs die Pflicht trifft, Maßnahmen gegen eine unberechtigte Nutzung seines Anschlusses zu ergreifen. Eine Begründung für die Annahme dieser zumutbaren Prüfpflichten liefert der BGH nur insoweit, als er ausführt, es würde auch im wohlverstandenen Eigeninteresse des Anschlussinhabers liegen, Vorkehrungen gegen einen Missbrauch seines Internetzugangs zu treffen. Das ist eine dogmatisch sehr interessante Konstruktion. Denn letztlich setzt der BGH eine Obliegenheit im Sinne eines Verschuldens gegen sich selbst mit einem echten Verschulden (gegenüber Dritten) gleich. Damit setzt er sich freilich über anerkannte Grundsätze der Zivilrechtsdogmatik hinweg.

Der BGH führt sodann, leider nur apodiktisch und ohne jede Begründung, aus, dass sich der Betreiber des W-LAN-Routers auch nicht auf die Haftungsprivilegierung des § 10 TMG (Hosting) berufen kann. Mit Hosting hat das in der Tat wenig zu tun. Allerdings handelt es sich um ein Durchleiten von Informationen, weshalb sich der BGH zwingend mit der Vorschrift des § 8 TMG hätte beschäftigen müssen. Auch das ist unterblieben.

Die Hoffnungen darauf, dass sich der BGH zur Reichweite des § 97a UrhG äußern wird, haben sich nicht erfüllt. Auch bringt das Urteil keine wirklichen Erkenntnisse für die Zukunft offener Netze, für Hotspots und Internetcafes allgemein. Der BGH deutet allerdings an, dass er die Rechtslage eventuell anders beurteilen wird, wenn durch eine solche Haftung ein Geschäftsmodell gefährdet wird.

Die Entscheidung enthält zum Abschluss noch einen äußerst interessanten Aspekt. Der BGH hat den Antrag, es dem Beklagten zu verbieten, den Tonträger „Sommer unseres Lebens“ über Tauschbörsen zugänglich zu machen, beanstandet, weil dieser Antrag nicht der konkreten Verletzungsform entspricht. Vielmehr meint der BGH, dass nur ein Anspruch darauf besteht, es zu unterlassen, Dritten Rechtsverletzungen zu ermöglichen.

Das Urteil des BGH ist erkennbar ergebnisorientiert und lässt eine überzeugende und tragfähige Begründung leider vermissen.

Mit der Entscheidung steht außerdem auch fest, dass die Filesharing-Abmahnungen im industriellen Ausmaß weitergehen können.

posted by Stadler at 14:43  

2.6.10

BGH zum „Zu-eigen-machen“ von Inhalten im Internet

Der Volltext der Entscheidung „marions-kochbuch“ (Urteil vom 12. November 2009, Az.: I ZR 166/07) ist nunmehr online.

Der Bundesgerichtshof beschäftigt sich in seinem Urteil vor allen Dingen mit der Frage, unter welchen Voraussetzungen sich ein Content-Anbieter fremde Inhalte zu eigen macht, mit der Folge, dass er für sie haftet, wie für eigene Inhalte.

Der BGH lässt hierfür bereits den Umstand ausreichen, dass jemand fremde Inhalte auf Vollständigkeit und Richtigkeit überprüft und sie anschließend freischaltet. Das müsste dann allerdings auch bedeuten, dass eine Zeitung sich einen Leserbrief zu eigen macht, den sie vor dem Abdruck einer groben Inhaltsprüfung unterzogen hat. Für Onlineanbieter ergibt sich daraus ein weiteres Dilemma. Denn einerseits bejaht man einen auf die Störerhaftung gestützten Unterlassungsanspruch gerade deshalb, weil der Plattformbetreiber zumutbare Prüfpflichten verletzt hat, während der BGH andererseits annimmt, dass sich der Plattformbetreiber fremde Inhalte zu eigen macht, wenn er sie inhaltlich prüft. Ob sich dahinter tatsächlich ein stringentes und konsistentes Haftungsregime verbirgt, sollte der 1. Senat kritisch hinterfragen.

Nicht zu beanstanden ist die weitere Annahme des BGH, dass eine umfassende Einräumung urheberrechtlicher Nutzungsrechte für ein Zu-eigen-machen spricht. Zumal dann, wenn man Dritten anbietet, die fremden Beiträge und Abbildungen kommerziell zu nutzen. Der BGH hätte allerdings gut daran getan, sich auf diesen Aspekt zu beschränken. Denn der zweite und durchaus fragwürdige Begründungsansatz des Senats wird im Internet für neue Rechtsunsicherheit sorgen.

posted by Stadler at 12:13  

2.6.10

BGH stärkt erneut die Pressefreiheit

Der Bundesgerichtshof hat erneut die Pressefreiheit gestärkt (Urteil vom 13. April 2010 – VI ZR 125/08) und ein Unterlassungsurteil des Kammergerichts aufgehoben.

Auch wenn es wieder einmal um die Boulevardberichterstattung über die Monegassen geht, betont der BGH einen sehr wichtigen Grundsatz, nämlich, dass es Sache der Presse ist zu beurteilen, was man für berichtenswert erachtet und was nicht. Und dieser Grundsatz ist für jede Art von Berichterstattung von essentieller Bedeutung, denn er entzieht den Gerichten die Möglichkeit, bestimmte Themen als publizistisch nicht relevant oder für die Öffentlichkeit nicht interessant zu qualifizieren.

Der 6. Senat des BGH setzt damit seine meinungs- und pressefreundliche Rechtsprechung fort.

posted by Stadler at 11:00  

2.6.10

Zensursula for President?

Ursula von der Leyen – von der Netzgemeinde nur liebevoll Zensursula genannt – gilt nach Pressemeldungen als Unionsfavoritin für die Nachfolge von Bundespräsident Horst Köhler.

Wer die Debatte um das Zugangserschwerungsgesetz verfolgt hat, schluckt bei dieser Nachricht erst einmal. Denn die derzeitige Arbeitsministerin ist eine Populistin der eher übleren Sorte. Es gibt zu ihrer Person und ihrem politischen Werdegang aber auch noch andere Geschichten.

Es könnte deshalb gut sein, dass sich nicht nur in der Netzgemeinde Widerstand formiert. Innerhalb der Union ist es freilich schwer, eine Integrationsfigur mit einwandfreiem Ruf zu finden. Mir würde da auf Anhieb auch niemand einfallen.

posted by Stadler at 08:00  

1.6.10

Neues bayerisches Versammlungsgesetz in Kraft getreten

Am heutigen 01. Juni ist das neue Bay. Versammlungsgesetz in Kraft getreten, das das Änderungsgesetz vom 22.April 2010 umsetzt. Das ursprüngliche Gesetz vom 22. Juli 2008 wird in einigen Punkten deutlich entschärft. U.a. dürfen Übersichtsaufnahmen nur dann aufgezeichnet werden, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass von Versammlungen, von Teilen hiervon oder ihrem Umfeld erhebliche Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung ausgehen. Außerdem werden einige Bußgeldtatbestände gestrichen.

Diese Liberalisierung des bayerischen Versammlungrechts kann man allerdings schwerlich als Erfolg der FDP werten, denn der Landtag hat gerade nur das korrigiert, was nach dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 17.02.2009 (Az.: 1 BvR 2492/08) ohnehin als klar verfassungswidrig zu bewerten war.

Speziell die Regelung zur Möglichkeit von Bild- und Tonaufnahmen durch die Polizei (Art. 9) bleibt aber weiterhin verfassungsrechtlich problematisch. Denn die Polizei darf Übersichtsaufnahmen nach wie vor anlassunabhängig anfertigen. Diese Aufnahmen dürfen allerdings nur aufgezeichnet werden, wenn Anhaltspunkte für eine konkrete, erhebliche Gefahr bestehen. Wie man Aufnahmen anfertigt ohne sie zu speichern, dürfte eine nicht nur technisch interessante Frage sein.

Man hätte hier von der FDP deutlich mehr erwarten dürfen. Eine Neuregelung, die allenfalls mit Mühe und Not die verfassungsrechtlichen Vorgaben erfüllt, ist nicht das, was man sich unter einem freiheitlichen Versammlungsrecht vorstellen darf. Ob der in abgeschwächter Form weiterhin erkennbare Versuch, die sog. Polizeifestigkeit des Versammlungsrechts aufzuweichen, in Karlsruhe Bestand haben wird, wird sich zeigen.

Die nach wie vor anhängige Verfassungsbeschwerde wird daher von den Beschwerdeführern weiter betrieben, wie die Münchener Abendzeitung berichtet.

posted by Stadler at 20:26  
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