Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

13.5.10

„Das Internet darf kein strafverfolgungsfreier Raum sein“

Das sagte der um keine Plattitüde verlegene BKA-Präsident Jörg Ziercke auf einer Konferenz zur IT-Sicherheit in Berlin, um damit seine Forderung nach einer Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung zu bekräftigen. Die alte Regelung ist Ziercke freilich nicht genug, er möchte mehr, nämlich die Erstreckung der Vorratsdatenspeicherung auf alle Fälle von Internetkriminalität. Ob Herr Ziercke die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts eigentlich gelesen hat?

Ziercke spricht außerdem vom „Tatmittel Internet“, während andere das Internet als Gefahrenquelle betrachten. Wenn man sich angesichts solcher, durchaus als vorherrschend zu bezeichnender Ansichten nicht in Sarkasmus flüchten will, muss man zumindest konstatieren, dass wir noch einen weiten Weg vor uns haben.

posted by Stadler at 00:31  

12.5.10

BGH: Betreiber eines W-LANs haftet mit Einschränkungen

Der BGH hat mit Urteil vom 12.05.2010 (Az.: I ZR 121/08) eine Haftung des Inhabers eines Internetanschlusses, über dessen W-LAN Dritte Urheberrechtsverletzungen (Filesharing) begehen, grundsätzlich bejaht. Dabei schränkt der BGH die Verantwortlichkeit des Anschlussinhabers allerdings deutlich ein. Denn der BGH sieht nur einen Unterlassungs- aber keinen Schadensersatzanspruch als gegeben an. Vor allen Dingen möchte der BGH  in diesen Fällen – anders als die Mehrheit der instanzgerichtlichen Rechtsprechung – die Regelung des § 97 a Abs. 2 UrhG anwenden, wodurch die Abmahnkosten auf einen Betrag von EUR 100,- begrenzt werden.

Auch wenn ich die Entscheidung des BGH in rechtsdogmatischer Hinsicht für zweifelhaft halte, gibt es für diejenigen, die die Filesharing-Abmahnung zum Geschäftsmodell ausgebaut haben, keinen Grund zum Jubeln. Denn so wie bisher wird es vermutlich nicht weiter gehen. Bei den One-Song-Abmahnungen wie sie zum Beispiel von den Kanzleien Kornmeier oder Nümann & Lang zumeist versandt werden, kann in Zukunft regelmäßig wohl kein Schadensersatz mehr und nur noch EUR 100,- Abmahnkosten verlangt werden.

Die Entscheidung werde ich eingehend besprechen, sobald sie im Volltext vorliegt.

Update: Jens Ferner hat eine instruktive Anmerkung zum Urteil gebloggt. Ganz generell frage ich mich, ob sich der BGH der Auswirkung der Entscheidung auf offene Netze (Freifunk, Internet-Cafes, Hotspots) bewusst war. Das werden wohl erst die Gründe ergeben.

posted by Stadler at 09:53  

11.5.10

Kippt die Geräteabgabe nach § 54 UrhG?

In Deutschland werden auf Geräte und Speichermedien, die zur Herstellung von Privatkopien von urheberrechtlich geschützten Werken benutzt werden, pauschale Urheberrechtsabgaben erhoben. Betroffen davon sind u.a. Computer, CD- und DVD-Brenner, Kopierer, Scanner, Faxgeräte sowie CD- und DVD-Rohlinge.  Das findet seine rechtliche Grundlage in § 54 UrhG. Vergütungsschuldner sind die Gerätehersteller.

Diese durchaus umstrittene Pauschalabgabe könnte nunmehr ins Wanken geraten. Denn die Generalanwältin beim EuGH hat in einem spanischen Vorlageverfahren (Rechtssache C-467/08) in ihrem Schlussantrag laut der Pressemitteilung des EuGH vom 11.05.2010 folgende Ansicht vertreten:

„Generalanwältin Trstenjak ist der Meinung, dass zwischen der Nutzung des Rechts und dem entsprechenden finanziellen Ausgleich für Privatkopien ein hinreichend enger Zusammenhang bestehen muss. Entscheide sich ein Mitgliedstaat, wie Spanien, für ein Ausgleichssystem in Form einer Abgabe auf Anlagen, Geräte und Medien zur digitalen Wiedergabe, könne diese Abgabe nur dann als mit der Richtlinie konformes Ausgleichssystem für Privatkopien angesehen werden, wenn die Anlagen, Geräte und Medien mutmaßlich zur Anfertigung von Privatkopien benutzt würden. Die Vergütung, die den Rechtsinhabern infolge der unterschiedslosen Anwendung einer solchen Abgabe auf Unternehmen und Freiberufler, die erfahrungsgemäß Geräte und Datenträger zur digitalen Wiedergabe zu anderen Zwecken als dem des privaten Gebrauchs erwürben, zugesprochen werde, stelle keinen „gerechten Ausgleich“ im Sinne der Richtlinie dar.“

Ob diese Erwägungen auch auf das deutsche Vergütungssystem des § 54 UrhG zutreffen, ist nunmehr die spannende Frage. Denn die deutschen Vorschriften des § 53 Abs. 1 – 3 UrhG betreffen nicht nur die Vervielfältigung zu privaten Zwecken, sondern auch zum sonstigen eigenen Gebrauch, also außerhalb des Privatbereichs. Die Pauschalvergütung des § 54 UrhG setzt andererseits aber überhaupt nicht voraus, dass die Geräte, wie von der Generalanwältin verlangt, auch mutmaßlich zur Anfertigungen von privilegierten Kopien verwendet werden.

Sollte sich der EuGH der Ansicht der Generalanwältin anschließen, könnte das durchaus auch § 54 UrhG in seiner jetzigen Form in Frage stellen.

posted by Stadler at 13:58  

11.5.10

Leistungsschutzrecht: Geht es wirklich um die Urheber?

Der deutsche Journalistenverband (DJV) unterstützt die Forderung der Verlage nach einem Leistungsschutzrecht für Presseerzeugnisse und rechtfertigt dies damit, dass es ihm um die Urheber gehen würde. Man sollte bei einem Verband unterstellen, dass er versucht, die Interessen seiner Mitglieder zu vertreten.

Offenbar hat der DJV aber noch nicht erkannt, dass dieses Leistungschutzrecht, so wie es sich die Verlage vorstellen, nicht im Interesse der Autoren ist. Denn der Gesetzesvorschlag der Verlage ist anders ausgestaltet als andere Leistungsschutzrechte, wie zum Beispiel der Datenbankschutz. Dort wird die wirtschaftliche Investition des Datenbankherstellers in den Aufbau der Datenbank geschützt, während die Rechte an einzelnen Elementen, also die urheberrechtlichen Werke, die in die Datenbank aufgenommen worden sind, nicht zugunsten des Datenbankherstellers geschützt werden, sondern beim Urheber verbleiben.

Das Konzept des Leistungsschutzrechts für Presseerzeugnisse wählt einen anderen Ansatz. Denn das dortige Ziel ist es gerade auch, einen Schutz des einzelnen journalistischen Beitrags („Teile daraus“) zugunsten der Verleger zu erreichen und zwar durch Schaffung eines ausschließlichen Verbreitungsrechts. Das kollidiert mit dem Urheberrecht der Autoren und kann deren Position nur schwächen. Denn dem Urheberrecht der Autoren stünde dann ein ausschließliches Verwertungsrecht der Verlage (kraft Gesetz) gegenüber. Wie diese kollidierenden Positionen in Einklang zu bringen sind, wenn der Autor dem Verlag zum Beispiel nur ein nicht ausschließliches Nutzungsrecht einräumt, ist zudem unklar.

posted by Stadler at 11:14  

11.5.10

Google gegen ACTA

Dass sich Google klar und deutlich gegen ACTA (Anti-Counterfeiting Trade Agreement) ausspricht, wird manche überrascht haben, war der Suchmachinenriese bislang doch eher für moderate Töne bekannt. Google positioniert sich vor dem Hintergrund der eigenen wirtschaftlichen Interessen. Jede andere Annahme wäre naiv. Allerdings sind diese Interessen auf einen möglichst freien und ungehinderten Fluss von Informationen und Daten gerichtet, denn genau darauf baut das Geschäftsmodell von Google auf. Bürgerrechtler können und müssen einen Giganten wie Google insoweit als Verbündeten betrachten. Nicht weil Google hehre Ziele verfolgt, sondern weil Google in diesem Punkt von einer liberalen Position profitiert. Im Gegensatz dazu, wollen Staaten und die Inhaber von Schutzrechten das Netz kontrollieren und Inhalte blockieren und sperren.

Im Bereich des Datenschutzes sind die Vorzeichen umgekehrt. Das wirtschaftliche Interesse von Google ist dort auf ein niedriges Schutzniveau gerichtet. Letztlich zeigt sich auch hier in etwas anderer Ausprägung wiederum eine Kollision von Meinungs- und Informationsfreiheit einerseits und Persönlichkeitsrecht/Datenschutz andererseits. Dieser Konflikt wird uns noch eine Weile beschäftigen und es wird eine breite Diskussion darüber notwendig sein, wo und wie wir die Grenzen ziehen wollen.

Link: Internetregulierung nach dem ACTA Entwurf

posted by Stadler at 08:33  

10.5.10

Club Mate Brauerei mahnt Blogger ab

Wie in einigen Blogs zu lesen ist, hat die Brauerei Loscher, Hersteller des Szene-Getränks Club Mate, den Betreiber Blogsport abgemahnt und zwar wegen der Abbildung eines Plakats mit dem Titel „Club Molli“, auf dem das Club Mate Logo geremixed wurde. Blogsport hat auf die Abmahnung hin offenbar betroffene Blogger angeschrieben und gebeten, das Foto zu entfernen.

Die Brauerei fürchtet anscheinend, ihre Marke könnte verunglimpft werden. Markenrechtliche Unterlassungsansprüche dürften aber schon daran scheitern, dass es an einem Handeln im geschäftlichen Verkehr fehlt.

Ganz abgesehen davon, dass die Blogger nur ein Plakat fotografiert haben, das auf einer Hausmauer angebracht war und dies dann zur Grundlage eines Blogeintrags und damit der Berichterstattung gemacht haben.

Die Sache könnte für die Loscher KG zum PR-Gau werden. Gerade der Hersteller des „Hacker-Getränks“ Club Mate sollte doch vom Streisand-Effekt schon gehört haben.

Update: Loscher hat bereits reagiert und gibt an, es hätte sich um ein Missverständnis mit der beauftragten Anwaltskanzlei gehandelt. Und auch von Blogsport gibt es eine Klarstellung, dass man von den Anwälten der Firma Loscher nur auf den möglichen Markenverstoß hingewiesen worden sei, es sich aber nicht um eine Unterlassungsaufforderung gehandelt habe.

posted by Stadler at 14:39  

8.5.10

Filesharing: 4000 Auskunftsanträge beim Landgericht Köln allein in 2010

Die Initiative „Abmahnwahn Dreipage“ hat ein Interview mit dem Pressesprecher des Landgerichts Köln zum Thema Filesharing und Auskunftsverfahren gegen Provider zur Ermittlung von Anschlussinhabern geführt.

Obwohl mir bewusst war, dass die Zahl der Verfahren beim Landgericht Köln sehr hoch ist, hat die Aussage, dass allein im Jahr 2010 (bis Ende April) 4000 solcher Auskunftsanträge dort eingegangen sind, meine Befürchtungen noch übertroffen. Nachdem mir einige Akten aus derartigen Verfahren (aus dem Jahr 2009) vorliegen, lässt sich sagen, dass in jedem dieser Verfahren mehrere hundert, oftmals sogar mehrere tausend IP-Adressen dem jeweiligen Anschlussinhaber zugeordnet werden. Prinzipiell kann aus jeder einzelnen IP-Adresse eine Abmahnung resultieren. Daher liegt die Schlussfolgerung nahe, dass allein das Landgericht Köln für mehrere Millionen Filesharing-Abmahnungen im Jahr den Boden bereitet. Auskunftsverfahren bei anderen Landgerichten kommen hinzu. Wie das Geschäftsmodell Filesharing-Abmahnung funktioniert, habe ich vor einigen Monaten am Beispiel von DigiProtect erläutert.

posted by Stadler at 15:15  

7.5.10

Wie sich die Verlage das mit dem Leistungsschutzrecht vorstellen

Seit einiger Zeit steht die Forderung von Verlagen im Raum, ein neues gesetzliches Leistungsschutzrecht für Presseerzeugnisse zu schaffen. Hintergrund ist der, dass sich die Verlage, mit Hilfe des Gesetzegbers, neue Einnahmequellen erschließen wollen, nachdem das traditionelle Zeitungsgeschäft rückläufig ist und man es bisher nicht verstanden hat, über das Internet nennenswerte Umsätze zu erzielen.

Nachdem bislang über die konkrete Ausgestaltung eines solchen Leistungsschutzrechts spekuliert wurde, hat iRights.info jetzt einen Gesetzesentwurf der Verlage veröffentlicht, dem gleichzeitig (geringfügige) Änderungen der Gewerkschaften DJV und ver.di gegenübergestellt sind.

Die in wirtschaftlicher Hinsicht zentrale Vorschrift findet sich ganz am Ende des Entwurfs, nämlich in § 87g Abs. 3 UrhG-E. Dort heißt es:

Werden Geräte, die allein oder in Verbindung mit anderen Geräten, Speichermedien oder Zubehör zur Vornahme von Vervielfältigungen geeignet sind, zum Zwecke der gewerblichen Nutzung betrieben, wird vermutet, dass diese zur Herstellung von Vervielfältigungsstücken im Sinne von Absatz 1 benutzt werden.

Wer also zu gewerblichen Zwecken Computer – auch (Web-)Server -, Kopierer und Multifunktionsgeräte nutzt, von dem wird gesetzlich vermutet, dass er Vervielfältigungsstücke von Presseerzeugnissen herstellt. Und wegen dieser gesetzlichen Vermutung muss dieser Nutzer/Unternehmer deshalb an eine Verwertungsgesellschaft der Verlage bezahlen. Es handelt sich also um eine Geräteabgabe auf Presseerzeugnisse.

Es muss insoweit allerdings die Frage gestellt werden, weshalb die gewerbliche Nutzung von PC’s, zum Beispiel im gewöhnlichen Bürobetrieb, dafür sprechen sollte, dass in diesem Rahmen Presseerzeugnisse hergestellt werden. Das ist zumindest für den Großteil der Büros nicht naheliegend, sondern vielmehr abwegig.

Der Entwurf dieses Leistungsschutzrechts ist darüber hinaus aber nicht geeignet, Dienste wie Google News auszubremsen. Hier teile ich die Ansicht der Kollegen von iRights.info nicht. Denn Google vervielfältigt und verbreitet keine Presseerzeugnisse und gibt diese im urheberrechtlichen Sinne auch nicht öffentlich wieder, zumindest wenn man der Auslegung des Bundesgerichtshofs aus der Paperboy-Entscheidung folgt. Weder Dienste wie Google News noch Links auf Presseartikel wären deshalb von diesem Leistungsschutzrecht betroffen. Letztlich handelt es sich um eine schnöde Geräteabgabe zu Lasten von Unternehmen, der es allerdings wegen des fehlenden Zusammenhangs von Presseerzeugnissen und gewerblicher Computernutzung an jedweder sachlichen Grundlage mangelt. Aber das hat die Lobbyisten ja noch nie gestört.

posted by Stadler at 14:10  

6.5.10

Hans-Bredow-Institut verteidigt Jugendmedienschutz-Staatsvertrag

Das Hans-Bredow-Institut hat den Entwurf eines neuen Jugendmedienschutz-Staatsvertrags gegen Kritik in Schutz genommen. Die Autoren gehen dabei insbesondere auch auf die geplante Neuregelung ein, durch die eine freiwillige Alterskennzeichnung für Telemedien eingeführt werden soll. Es wird hierbei deutlich, dass den Autoren gerade auch die verfassungsrechtliche Problematik die dieser freiwilligen Selbstkennzeichnung innewohnt, bewusst ist.

Denn diejenigen Websites, die sich diesem „freiwilligen“ Prozedere nicht unterwerfen, laufen Gefahr, dass sie von Kindern und Jugendlichen, denen von den Eltern ein entsprechendes Filterprogramm vorgesetzt worden ist, überhaupt nicht mehr aufgerufen werden können. Und zwar selbst dann nicht, wenn sie jugendschutzrechtlich gänzlich harmlos sind. Denn die Filterprogramme werden regelmäßig alles ausfiltern, was über keine Alterskennzeichnung verfügt (White-List-Prinzip). Nachdem allerdings auch Minderjährige Träger des Grundrechts auf Informationsfreiheit sind, ist diese staatlich vorgezeichnete Lösung verfassungsrechtlich bedenklich.

Dem tritt das Bredow-Institut mit dem lapidaren Argument entgegen, in der Begründung (gemeint ist die Gesetzesbegründung) könne deutlich darauf hingewiesen werden, wie Jugendschutzprogramme mit ungekennzeichneten Inhalten umgehen sollen.

Eine solche Handlungsempfehlung – noch dazu in der für die Auslegung nachrangigen Gesetzesbegründung – hat allerdings keinerlei verbindlichen Charakter und ist deshalb nicht geeignet, die Bedenken zu zerstreuen.

Mir erscheinen die staatstragenden Ausführungen des Hans-Bredow-Instituts daher eher rechtspolitisch motiviert zu sein. Aber auch insoweit muss die Frage gestattet sein, ob man Kinder und Jugendliche zu mündigen und gut informierten Staatsbürgern erziehen will oder es vorzieht, im Wege des White-Listings einen Großteil der Netzinhalte vor Kindern und Jugendlichen zu verbergen.

posted by Stadler at 22:54  

6.5.10

Urheberrecht: Google verklagt Plattenlabel

Google hat das Plattenlabel Blue Destiny Records vor einem Gericht in Kalifornien auf Feststellung verklagt, dass Google mit Suchmaschinenlinks die auf Downloadmöglichkeiten bei dem Sharehoster Rapidshare verweisen, die Urheberrechte des Labels nicht verletzt. Die Klageschrift ist vollständig online.

posted by Stadler at 08:15  
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