Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

16.11.09

Hat die Netzneutralität Verfassungsrang?

Ansgar Koreng geht in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift Computer und Recht (CR 2009, 758) der Frage nach, ob es einen verfassungsrechtlichen Auftrag an den Gesetzgeber gibt, die Netzneutralität zu gewährleisten.

Netzneutralität definiert Koreng zunächst als die Diskriminierungsfreiheit des Transports von Daten durch die Access-Provider in dem Sinne, dass der Provider den von ihm übermittelten Daten indifferent gegenüberstehen muss.

Der Autor führt dann aus, dass der Gesetzgeber mit Blick auf die Notwendigkeit eines freien und möglichst pluralen Diskurses gehalten ist, diese Pluralität auch zu gewährleisten und abzusichern.

Koreng leitet deshalb aus dem Grundgesetz eine Schutzpflicht des Staates für einen diskriminierungsfreien Netzzugang ab.

Dieser verfassungstheoretische Ansatz ist gerade in Zeiten interessant, in denen über Three-Strikes-Out diskutiert wird und in denen der Bundestag ein sog. Zugangserschwerungsgesetz beschlossen hat, dessen Ausweitung auf verschiedenste „unerwünschte“ Inhalte rege diskutiert wird.

posted by Stadler at 16:55  

16.11.09

LG München I: Steuerberater-Ranglisten

In einem neuen Urteil vom 14.10.2009 (1HK O 3140/09) hat das Landgericht München I ausgeführt, dass die Veröffentlichung von Presseartikeln grundsätzlich nicht als geschäftliche Handlung im Sinne des UWG eingestuft werden kann. Es ging um die Veröffentlichung von Steuerberater-Ranglisten durch die Zeitschrift Focus Money. Das Landgericht führt hierzu konkret aus:

Entscheidend für die Anwendbarkeit des UWG ist daher, ob ein redaktioneller Betrag sich im Rahmen der grundgesetzlich garantierten Pressefreiheit bewegt oder, unter dem Deckmantel eines redaktionellen Beitrags in Wirklichkeit vorrangig der Werbung für ein bestimmtes fremdes Unternehmen dient. Dabei reicht es für die Bejahung einer geschäftlichen Handlung nicht aus, wenn ein solcher Beitrag aufgrund eines wertenden Inhalts objektiv geeignet ist, ein bestimmtes Unternehmen zu fördern bzw. anderen Unternehmen dadurch Nachteile zuzufügen. Bei kritischen Beiträgen, die eine Wertung enthalten, ist eine solche Förderung bzw. Benachteiligung beitragsimmanent. Nach der Rechtsprechung des BGH (Urteil vom 9.2.2006 I ZR 124/03 „Rechtsanwalts-Ranglisten“, das noch zum alten UWG erging), besteht für Presseunternehmen bei solchen Ranglisten aufgrund des allgemeinen Presseprivilegs nach Art. 5 Abs. 1 GG keine Vermutung für eine Wettbewerbsabsicht. Vielmehr bedürfe es in Fällen, in denen keine Vermutung für das Vorliegen einer Wettbewerbsförderungsabsicht besteht, der Feststellung konkreter Umstände, wonach neben der Wahrnehmung der publizistischen Aufgabe die Absicht des Presseorgans eigenen oder fremden Wettbewerb zu fördern, eine größere als nur eine notwendigerweise begleitende Rolle gespielt hat (BGH aaO).

Volltext via Kanzlei Prof. Schweizer

posted by Stadler at 14:00  

16.11.09

Bild darf Foto eines Berliner Rechtsanwalts nicht veröffentlichen

Die Bild Zeitung hat sich über einen als Medienrechtler und Strafverteidiger bekannten Berliner Rechtsanwalt lustig gemacht und begleitend ein Foto des Anwalts veröffentlicht. Ob der Anwalt die Veröffentlichung dulden muss, weil er eine Person der Zeitgeschichte ist oder doch sein Persönlichkeitsrecht verletzt wird, hatte das Landgericht Berlin zu entscheiden, das dem Persönlichkeitsrecht des Juristen mit Urteil vom 20.10.09 den Vorrang einräumte.

Auch wenn ich der Bild nur äußerst ungern Recht gebe, kann man die Richtigkeit der Entscheidung des Landgerichts bezweifeln. Denn der Kollege Eisenberg ist einer der schillerndsten Figuren der Berliner Anwaltsszene, der es als Kolumnist der taz und deren Haus- und Hofanwalt und nicht zuletzt durch den Berliner Robenstreit zu einer gewissen Bekanntheit gebracht hat. Eisenbergs Name taucht im Zusammenhang mit seiner anwaltlichen Tätigkeit eigentlich sehr häufig in unterschiedlichen Medien auf. Und Gegenstand der mehr oder minder geschmackvollen „Berichterstattung“ der Bild ist ja keineswegs die Privatperson Eisenberg, sondern der Rechtsanwalt. Lesenswert ist zu diesem Thema auch ein Beitrag des Kollegen Kompa, der sich über den „Man Without A Face“ seine Gedanken macht.

posted by Stadler at 08:00  

15.11.09

„Hello Pussy“ nicht als Marke schutzfähig

Der angemeldeten Marke „Hello Pussy“ steht nach Ansicht des Bundespatentgerichts (25 W (pat) 66/07) hinsichtlich der Waren

„Seifen; Parfümeriewaren; ätherische Öle, Mittel zur Körper- und Schönheitspflege; Pharmazeutische Erzeugnisse sowie Präparate für die Gesundheitspflege; diätetische Erzeugnisse für medizinische Zwecke; Pflaster, Verbandmaterial; Desinfektionsmittel, Hygienische Gummiwaren, Kondome, mechanische Kontrazeptiva, sexuelle Reaktion fördernde Artikel zur unmittelbaren Anwendung am Körper (soweit in Klasse 10 enthalten), insbesondere Massagegeräte, Vibratoren, Liebeskugeln, Penisringe, funktionsgerechte Nachbildungen von menschlichen Körperteilen“

das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft entgegen und kann deshalb nicht eingetragen werden.

Das Gericht führt zur Begründung u.a. aus:

Das Wort „Pussy“ hat mehrere Bedeutungen. So ist es eine Bezeichnung der Vagina, einer intimen Freundin oder ein Katzenname (Küpper, Wörterbuch der Umgangssprache, Stuttgart, München, Düsseldorf, Leipzig 1997, S. 638 Stichwörter Pussy und Pussi). Im englischsprachigen Slang bedeutet „pussy“ darüber hinaus u. a. auch „women in general, with an implication of their being sexually available“ (vgl. Cassell’s Dictionary of Slang, 200, S. 961). Wie der Ausdruck verstanden wird hängt dabei von den jeweiligen Umständen ab. Bei Waren, die im Intimbereich Verwendung finden oder in besonderem Maße dazu dienen können, das Intimleben zu beeinflussen, wird die Bezeichnung „Hello Pussy“, selbst wenn sie nicht als vulgäre Anrede, sondern mehr neutral im Sinne von „intime Freundin“ verstanden würde, als bloße Werbeanpreisung dahingehend verstanden, dass die Waren für den Intimbereich bestimmt sind bzw. darauf einwirken sollen.

Ganz schön auf der Höhe der Zeit die Bundesrichter. ;-)
(via RA Dennis Breuer)

posted by Stadler at 13:43  

15.11.09

"Hello Pussy" nicht als Marke schutzfähig

Der angemeldeten Marke „Hello Pussy“ steht nach Ansicht des Bundespatentgerichts (25 W (pat) 66/07) hinsichtlich der Waren

„Seifen; Parfümeriewaren; ätherische Öle, Mittel zur Körper- und Schönheitspflege; Pharmazeutische Erzeugnisse sowie Präparate für die Gesundheitspflege; diätetische Erzeugnisse für medizinische Zwecke; Pflaster, Verbandmaterial; Desinfektionsmittel, Hygienische Gummiwaren, Kondome, mechanische Kontrazeptiva, sexuelle Reaktion fördernde Artikel zur unmittelbaren Anwendung am Körper (soweit in Klasse 10 enthalten), insbesondere Massagegeräte, Vibratoren, Liebeskugeln, Penisringe, funktionsgerechte Nachbildungen von menschlichen Körperteilen“

das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft entgegen und kann deshalb nicht eingetragen werden.

Das Gericht führt zur Begründung u.a. aus:

Das Wort „Pussy“ hat mehrere Bedeutungen. So ist es eine Bezeichnung der Vagina, einer intimen Freundin oder ein Katzenname (Küpper, Wörterbuch der Umgangssprache, Stuttgart, München, Düsseldorf, Leipzig 1997, S. 638 Stichwörter Pussy und Pussi). Im englischsprachigen Slang bedeutet „pussy“ darüber hinaus u. a. auch „women in general, with an implication of their being sexually available“ (vgl. Cassell’s Dictionary of Slang, 200, S. 961). Wie der Ausdruck verstanden wird hängt dabei von den jeweiligen Umständen ab. Bei Waren, die im Intimbereich Verwendung finden oder in besonderem Maße dazu dienen können, das Intimleben zu beeinflussen, wird die Bezeichnung „Hello Pussy“, selbst wenn sie nicht als vulgäre Anrede, sondern mehr neutral im Sinne von „intime Freundin“ verstanden würde, als bloße Werbeanpreisung dahingehend verstanden, dass die Waren für den Intimbereich bestimmt sind bzw. darauf einwirken sollen.

Ganz schön auf der Höhe der Zeit die Bundesrichter. ;-)
(via RA Dennis Breuer)

posted by Stadler at 13:43  

15.11.09

Viele Köche verderben den Brei

Der BGH hat mit einem am 12.11.2009 verkündeten Urteil (marions-kochbuch.de) entschieden, dass der Betreiber einer Plattform für Kochrezepte (chefkoch.de) dafür haften kann, dass Internetnutzer widerrechtlich Fotos von Kochrezepten auf seine Site hochladen. Dies gilt aber nur dann, wenn der Anbieter nicht bloß einen elektronischen Marktplatz für fremde Angebote betreibt, sondern nach außen sichtbar die inhaltliche Verantwortung für die auf seiner Internetseite veröffentlichten Inhalte übernimmt und diese Inhalte auch kontrolliert. Der BGH hat hierin ein Zueigenmachen dieser fremden Inhalte gesehen, mit der Konsequenz einer Haftung wie für eigene Inhalte.

Die Entscheidung sollte keinesfalls zu der Schlussfolgerung verleiten, dass z.B. der Betreiber eines Meinungsforums oder einer Community-Plattform nunmehr uneingeschränkt für die Kommentare und Inhalte von Usern haftet. Andererseits wird man in Zukunft jetzt noch öfter den Hinweis lesen, dass es sich um fremde Inhalte handelt, für die man keine (inhaltliche) Verantwortung übernehmen will. Das Konstrukt des „Zueigenmachens“ ist in der Rechtsprechung der letzten Jahre ein beliebtes Vehikel gewesen, um eine Haftung für eigentlich fremde Inhalte zu bejahen.

Eine ausführliche und kritische Anmerkung zum Urteil des BGH kann aber erst erfolgen, wenn der Volltext vorliegt.

posted by Stadler at 12:47  

13.11.09

Stoppt Leutheusser-Schnarrenberger die geplante Weitergabe von Bankdaten an die USA?

Bundesjustizministerin Leutheusser-Schnarrenberger sagte der Berliner Zeitung, es wäre unglücklich, wenn das sog. Swift-Abkommen, das den US-Behörden Zugriff auf die Daten europäischer Bankkunden ermöglichen soll, noch schnell nach den alten Regeln und damit ohne Mitbestimmung des EU-Parlaments umgesetztgesetzt würde.

Die Bundesregierung hat ihren EU-Botschafter deshalb angeblich angewiesen, dem Abkommen in der jetzigen Form nicht zuzustimmen.

Das wäre zumindest mal eine positive Nachricht und eine Haltung für die die neue Justizministerin Lob verdient hat.

Quelle: Deutschlandradio

posted by Stadler at 11:07  

12.11.09

ePetition zu Open-Access

Lars Fischer hat beim Deutschen Bundestag eine ePetition mit der Forderung nach „Open-Access“ eingereicht. Der Text der Petition lautet:

Der Deutsche Bundestag möge beschließen, dass wissenschaftliche Publikationen, die aus öffentlich geförderter Forschung hervorgehen, allen Bürgern kostenfrei zugänglich sein müssen. Institutionen, die staatliche Forschungsgelder autonom verwalten, soll der Bundestag auffordern, entsprechende Vorschriften zu erlassen und die technischen Voraussetzungen zu schaffen.

Es handelt sich um eine im Kern sinnvolle Forderung, die im allgemeinen Interesse ist. Eine Wissensgesellschaft ist darauf angewiesen, dass Wissen möglichst frei zugänglich ist und die wissenschaftliche Forschung nicht durch die wirtschaftlichen Interessen von Verlagen behindert wird, zumindest dann nicht, wenn die Wissenschaftler nur deshalb forschen und publizieren können, weil sie in ihrem Hauptberuf vom Staat und damit dem Steuerzahler bezahlt werden.

Die Petition kann noch bis zum 22.12.09 gezeichnet werden, was knapp 8.000 Bürger bereits getan haben.

posted by Stadler at 22:37  

12.11.09

Einigung über die Weitergabe von Bankdaten europäischer Bürger an die USA

Während sich das EU-Parlament datenschutzrechtlich primär mit Keksen beschäftigen darf, versucht der Rat der EU noch schnell eine Einigung über die Weitergabe von Bankdaten an die USA zu erreichen und zwar bevor der Vertrag von Lissabon in Kraft tritt. Denn ab diesem Zeitpunkt müsste das EU-Parlament zustimmen. Ein ausgearbeiteter Entwurf des Rats, der auf den 10.11.09 datiert, liegt bereits vor, netzpolitik.org hat ihn geleakt.

Mittlerweile zeigt sich auch immer mehr, dass die Obama-Administration vor allem beim Thema „Terrobekämpfung“ und Bürgerrechte nicht ansatzweise gewillt ist, von der von Bush eingeschlagenen Hardliner-Linie abzuweichen.

Die Bundesregierung, speziell die neue Justizministerin Leutheusser-Schnarrenberger, kann den Abschluss dieser Vereinbarung verhindern und exakt das muss von ihr auch verlangt werden.

posted by Stadler at 09:30  

11.11.09

Rechtsanwältin Katja G. mahnt Blogger ab

Eine fragwürdige Pressemitteilung der Verbaucherzentrale Schleswig-Holstein, die in der Tat den Eindruck erweckt, als sei die Münchener Abmahnanwältin Katja G. wegen Betrugs verurteilt worden, hat nun Bloggern, die diese Meldung übernommen haben, Ärger eingebracht.

Die Rechtsanwältin die mit fragwürdigen Abmahnungen zu zweifelhaftem Ruhm gekommen ist, sieht ihr Persönlichkeitsrecht verletzt und nimmt Blogger, mithilfe eines Kollegen, auf Unterlassung in Anspruch. Dafür sollen natürlich auch Anwaltskosten aus einem Gegenstandswert von EUR 10.000,- bezahlt werden. Schön ist auch, dass diese Kosten einschließlich Umsatzsteuer gefordert werden, obwohl nun mittlerweile wirklich jeder Kollege bemerkt haben sollte, dass der Verletzer in diesen Fällen nicht zur Zahlung von Umsatzsteuer verpflichtet ist.

Ob Frau G. die Verbraucherzentrale wohl auch abgemahnt hat? Diese Frage blieb offen.

posted by Stadler at 13:00  
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