Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

14.1.09

Änderung des TMG geplant

Die Bundesregierung beabsichtigt eine Änderung des Telemediengesetzes (TMG). Durch das Gesetz zur Stärkung der Sicherheit in der Informationstechnik des Bundes, soll das TMG mit dem neuen § 15 Abs. 9 um eine Vorschrift erweitert werden, die der Regelung des § 100 Abs. 1 TKG entspricht.

Anbietern von Telemediendiensten soll es damit ermöglicht werden, Nutzungsdaten auch zum Erkennen, Eingrenzen oder Beseitigen von Störungen ihrer technischen Einrichtungen erheben und verwenden zu dürfen.

Die Bundesregierung sieht insoweit eine Gesetzeslücke im Bereich der Erlaubnistatbestände des Telemediengesetzes, denn auch die Telemedienanbieter bräuchten eine Ermächtigung, um Angriffe (Denial of Service, Schadprogramme, Veränderung ihrer Webangebote von außerhalb) abwehren zu können. Zur Erkennung und Abwehr bestimmter Angriffe gegen Webseiten und andere Telemedien ist nach Ansicht der Bundesregierung die Erhebung und kurzfristige Speicherung und Auswertung der Nutzungsdaten erforderlich.

Dazu soll dem § 15 des TMG folgender Absatz 9 angefügt werden:
„(9) Soweit erforderlich, darf der Diensteanbieter Nutzungsdaten zum Erkennen, Eingrenzen oder Beseitigen von Störungen seiner für Zwecke seines Dienstes genutzten technischen Einrichtungen erheben und verwenden. Absatz 8 Satz 2 und Satz 3 gilt entsprechend“
Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Sicherheit in der Informationstechnik des Bundes (doc)
Mitteilung der Bundesregierung an die Kommission

posted by Stadler at 10:43  

14.1.09

Big Apple Is Watching You

Auch wenn sich Apple vom DRM verabschiedet und die Musikdateien in iTunes künftig keinen Kopierschutz mehr aufweisen werden, setzt Apple eine Marke, die für die Musikindustrie von Interesse sein könnte. Wie in einem Bericht bei CNet zu lesen ist, hinterlässt Apple in den via iTunes heruntergeladenen Sound-Files weiterhin die E-Mail-Adresse des registrierten Nutzers.

Wer solche Musikdateien anschließend zum Filesharing freigibt, könnte eine böse Überraschung erleben und muss möglicherweise mit Post von einer Anwaltskanzlei aus Hamburg rechnen.

posted by Stadler at 10:21  

13.1.09

Amtsgerichte prüfen kein EU-Recht

Im Termin sagt die Amtsrichterin zu mir: „Waren Sie das, der im letzten Termin gesagt hat, dass das alles Rechtsfragen sind und ich die Rechtsfragen selbst klären muss?“. Nachdem ich das bejaht habe, setzt sie erneut an und verkündet: „Aber keine EU-Richtlinien, ich habe in meiner ganzen Laufbahn hier noch kein EU-Recht geprüft, das soll der (technische) Sachverständige klären“.

Manchmal bleibt einem da wirklich die Spucke weg.

posted by Stadler at 16:36  

13.1.09

Klimakiller Google

Klimakiller Google titelt die Süddeutsche heute. Und was erfährt man im anschließenden Text? Eigentlich nicht mehr, als dass Computer und Rechenzentren Energie verbrauchen. Bahnbrechende Erkenntnisse auf der Titelseite einer großen deutschen Tageszeitung, wow.

Meine Forderung zum Thema Green-IT deshalb: Fahrt endlich die Rechner runter.

posted by Stadler at 10:23  

12.1.09

Bundesregierung fordert von Zugangsprovidern Sperrung von kinderpornografischen Inhalten

Nach einem Bericht von Heise hat das BMI Vertreter der großen Internet-Service-Provider zu einem Gespräch geladen, um die Umsetzung von Access-Sperren zu erörtern.

Was gegen Sperrungen bzw. Sperrungsanordnungen auf der Ebene der Access-Provider in juristischer und technischer Hinsicht spricht, habe ich vor Jahren u.a. in einem Aufsatz für die MMR dargestellt.

Es ist so ermüdend zu sehen, wie informationsresistent die deutsche Politik ist und wie populistisch sie agiert.

Die Wahrheit ist, dass es technisch betrachtet keine Sperrung auf Access-Ebene gibt, sondern allenfalls den untauglichen Versuch der Provider, rechtswidrige Inhalte vor ihren Kunden zu verbergen.Bereits die Verwendung des Begriffs der Sperrung ist daher irreführend.

Dass die Provider nicht erpicht darauf sind, an diesem politischen Täuschungsmanöver mitzuwirken, ist verständlich. Gleichwohl ist ihre Position in der Öffentlichkeit oft schwer vermittelbar, weil das Blendwerk der Politik seine Wirkung nicht verfehlt.

Gerade mit Blick auf kinderpornografische Inhalte sind derartige Forderungen zudem mehr als unverständlich, nachdem Kinderpornografie in allen zivilisierten Ländern der Welt unter Strafe steht und damit die eigentlich wirkungsvolle Möglichkeit gegeben ist, diese Inhalte an ihrer Quelle zu bekämpfen. Diese Chance wird vertan, wenn man stattdessen auf praktisch wirkungslose Maßnahmen durch die Zugangsprovider setzt.

Das Thema eignet sich bestens für politische Stimmungsmache und genau darum geht es offenbar wieder einmal.

posted by Stadler at 23:20  

12.1.09

BGH: Whistling for a train

Die Entscheidung „Whistling for a train“ des Bundesgerichtshofs zur Schadensberechnung nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie, stellt dar, unter welchen Voraussetzungen eine frühere Vereinbarung der Parteien als Maßstab der Schadensbezifferung herangezogen werden kann. Der Leitsatz des Gerichts den ich etwas ergänzt habe, lautet:

Bei der Berechnung des Schadens, der dem Berechtigten aufgrund einer Verletzung des Urheberrechts entstanden ist, kann im Rahmen der Lizenzanalogie zur Ermittlung der angemessenen Lizenzgebühr auf eine frühere Vereinbarung zwischen den Parteien über die Einräumung eines entsprechenden Nutzungsrechts zurückgegriffen werden. Dies setzt indessen voraus, dass die damals vereinbarte Lizenzgebühr dem objektiven Wert der Nutzungsberechtigung entsprochen hat.

Ist die frühere Vereinbarung allerdings zu Konditionen geschlossen worden, die als objektiv unangemessen zu bewerten sind, so kann im Wege der Lizenzanalogie der höhere objektive Wert der Vergütung als Schaden geltend gemacht werden.

BGH, Urt. v. 2. Oktober 2008 – I ZR 6/06

posted by Stadler at 13:29  

12.1.09

Kopierschutz am Ende

Dass iTunes künftig auf Kopierschutz verzichtet, konnte man in den letzten Tagen an jeder Ecke des Web lesen.

Die Süddeutsche hat das Thema aufgegriffen und einen kulturpessimistischen Begleittext veröffentlicht, der Apple als falschen Revolutionär geißelt und das Aufkommen eines kulturellen Prekariats beschwört.

Der Artikel von Andrian Kreye „Falsche Revolutionäre“ klingt, als hätte Dieter Gorny ihn in Auftrag gegeben und verdeutlicht einmal mehr, wie ideologisch aufgeladen die Debatte ist.

Der Versuch, das Kopieren von Musikdateien durch einen technischen Kopierschutz zu verhindern, ist wirkungslos und verärgert nur diejenigen, die für Musik bei iTunes ja bezahlt haben.

Diese banale Erkenntnis hat sich mittlerweile sogar bei der Musikindustrie durchgesetzt, scheint aber bei manchen Journalisten immer noch nicht angekommen zu sein.

Stattdessen faselt Kreye etwas über Adorno, Rock’n’Roll und Gruppensex. Das ist peinlich und der SZ unwürdig.

posted by Stadler at 11:26  

12.1.09

Sind IP-Adressen personenbezogene Daten?

Seit Jahren wird die Frage, ob IP-Adressen personenbezogene Daten i.S.d. BDSG sind, kontrovers diskutiert.

Während die Datenschutzbehörden mittlerweile einheitlich annehmen, dass IP-Adressen als personenbezogene Daten zu qualifizieren sind, ist die Frage in der juristischen Literatur äußerst umstritten.

In der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift MultiMedia und Recht (MMR) findet sich ein Aufsatz von Per Meyerdierks (MMR 2009, S. 8 ) zu diesem Thema mit dem Titel „Sind IP-Adressen personenbezogene Daten?“. Meyerdierks ist Justitiar der Google Germany GmbH, weshalb seine Ansicht, IP-Adressen seien keine personenbezogene Daten, nicht überraschend kommt. Google hat gerade wegen solcher Dienste wie Google Analytics kein gesteigertes Interesse daran, IP-Adressen als personenbezogen einzustufen.

Meyerdierks stellt zunächst die Streitfrage dar, ob der erforderliche Personenbezug objektiv zu bestimmen ist oder subjektiv/relativ danach zu fragen ist, ob die konkret verarbeitende Stelle den Personenbezug selbst herstellen kann.

Sodann stellt er fest, dass der Wortlaut des § 3 Abs. 1 BDSG für keine der beiden Ansichten zwingende Argumente liefert.

Meyerdierks versucht anschließend aus einem Umkehrschluss aus § 3 Abs. 6 BDSG abzuleiten, dass IP-Adressen keine personenbezogene Daten sind. § 3 Abs. 6 BDSG enthält eine Legaldefinition der Anonymisierung von Daten. Danach sind anonymisierte Daten u.a. solche, die nur mit einem unverhältnismäßigen Aufwand einer bestimmten Person zugeordnet werden können. Da IP-Adressen nach Meinung des Autors allenfalls mit unverhältnismäßigem Aufwand personalisiert werden können, hält er eine Gleichseitzung von IP-Adressen und anonymisierten Daten für gerechtfertigt.

Insoweit bleibt aber die Frage offen, ob man bei IP-Adressen von einem unverhältnismäßigen Aufwand sprechen kann und v.a. aus wessen Sicht der Aufwand unverhältnismäßig sein muss.

Der Zugangsprovider kann, wenn er IP-Adressen geloggt hat, diese ohne nennenswerten Aufwand dem Anschlussinhaber zuordnen. Aus seiner Sicht ist der Aufwand also gering. Sogar derjenige, der sich in seinen Rechten verletzt fühlt, kann, über den Umweg des strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens und über Auskunftsansprüche nach §§ 101 Abs. 2 UrhG, 19 Abs. 2 MarkenG beim Provider die zur IP-Adresse gehörige natürliche Person ermitteln.

Der Aufsatz von Meyerdierks lässt außerdem eine Auseinandersetzung mit Art. 2a) der Datenschutz-Richtlinie vermissen. Anders als der Wortlaut des BDSG spricht der Wortlaut der Richtlinie nämlich sehr wohl dafür, IP-Adressen als personenbezogene Daten zu qualifizieren. Hiernach wird eine Person als bestimmbar angesehen, wenn sie indirekt identifiziert werden kann, insbesondere durch Zuordnung zu einer Kennnummer.

Gerade das passt auf IP-Adressen sehr gut. IP-Adressen sind eine Art Kennnummer, die über den Umweg des Providers und damit indirekt eine Identifizierung einer natürlichen Person ermöglichen.

Damit hat der europäische Gesetzgeber auch klargestellt, dass die Möglichkeit der indirekten Identifizierung ausreichend ist. Dadurch ist der Ansicht, es käme nur auf das Wissen der konkret verarbeitenden Stelle an und die Kenntnisse Dritter könnten nicht berücksichtigt werden, der Boden entzogen.

Die Diskussion wird wohl noch eine Weile andauern.

posted by Stadler at 09:25  

9.1.09

Internetsperre für Filesharer?

Die Franzosen machen es gerade vor und viele fürchten, dass Deutschland es nachmachen wird. „Olivennes-Modell“ oder „Three Strikes And You’re Out“ lauten die Schlagworte.

Wer drei mal beim urheberrechtswidrigen Filesharing erwischt wird, soll mit einer Internetsperre belegt werden.

Frankreich hat das gesetzlich geregelt und eine eigene Behörde geschaffen, die die Nutzer verwarnen und die Sperre dann verhängen soll. Wie sich die Franzosen das genau vorstellen, erläutert ein Bericht auf heute.de. Allerdings muss das Gesetz dort noch die Nationalversammlung passieren.

Diese nette Idee stammt natürlich von den Urheberrechtslobbyisten und wurde in Frankreich von einer Kommission unter Denis Olivennes, dem Chef der Handelskette FNAC, ausgearbeitet.

Zu Bestrebungen dieser Art muss man zunächst konstatieren, dass sie einen ganz massiven Eingriff in das Recht, sich aus allgemein zugänglichen Quellen zu informieren (Art. 5 Abs. 1 GG) darstellen. Das Grundrecht auf Informationsfreiheit ist keine kleine Münze in einem Staat, der sich Freiheit und Demokratie auf die Fahnen geschrieben hat. Ob ein derartiger Eingriff überhaupt durch die Interessen der Rechteinhaber gerechtfertigt sein kann, wird man mit Fug und Recht bezweifeln dürfen. In jedem Fall müsste diese Maßnahme durch einen Richter angeordnet werden, ggf. als eine Art Nebenfolge einer strafrechtlichen Verurteilung.

Nach einem Bericht von netzpolitik.org soll im BMJ am 27.01.09 ein „Spitzengespräch“ über die Verhinderung und Bekämpfung der Piraterie im digitalen Umfeld stattfinden, in dem auch über dieses Modell gesprochen werden soll, wobei in Deutschland angeblich zunächst eine „freiwillige“ Lösung in Kooperation mit den Providern angestrebt wird.

Derartige Privatlösungen kann der Staat allein schon deshalb nicht fördern oder dulden, weil dies mit seiner Schutzpflicht für die Grundrechte der Bürger kollidiert. Andererseits würde ein solches Vorhaben irgendwie schon ins Bild einer Politik passen, die in den letzten Jahren stets einseitig die Forderungen der Rechteinhaber bedient hat.

Darüber, wie effektiv solche Vorhaben umgesetzt werden können, möchte ich erst gar nicht nachdenken.

Wenn die Musikindustrie die innovativen Ideen doch endlich in ihrem Kerngeschäft entwickeln würde…

posted by Stadler at 16:03  

9.1.09

So kann man die Verfahrenskosten auch in die Höhe treiben

An manchen Tagen reibt man sich einfach verwundert die Augen.

Der Gegner wurde per einstweiliger Verfügung zur Unterlassung verdonnert. Auf mein anschließendes Abschlussschreiben hin weigert der anwaltlich vertretene Gegner sich allerdings die Verfügung als endgültig und rechtsverbindlich anzuerkennen.

Daraufhin erhebe ich also Hauptsacheklage und was passiert? Die Gegenseite erwidert nicht auf die Klage, sondern erkennt an. Mich würde jetzt nur interessieren, wie der gegnerische Kollege das seinem Mandanten erklärt hat.

posted by Stadler at 12:34  
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