Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

19.1.09

Rechtsirrtümer-Quiz bei SPON

Spiegel Online stellt die Frage „Sind Sie haftbar“? Es geht um Haftungsfragen im Web und gestellt werden sieben Fragen mit je drei Antwortmöglichkeiten.

Einige der als richtig angegebenen Antworten sind durchaus fragwürdig. Was würden Sie auf die Frage „Um frühzeitig Geld zu sparen, wählen Sie sich in das Funknetz (W-Lan) Ihres Nachbarn ein. Ist Schwarzsurfen eigentlich strafbar?“ antworten? SPON meint die richtige Antwort sei: „Ja, ein Staatsanwalt könnte ermitteln“.

Was heißt denn ein Staatsanwalt könnte ermitteln? Staatsanwaltschaften ermitteln bekanntlich viel und oft.

SPON bezieht sich auf ein Urteil des Amtsgerichts Wuppertal (wow!), das in der juristischen Literatur zu Recht einhellig auf Ablehnung gestoßen ist. Ist der Autor des Rechtsirrtümer-Quiz einem Rechtsirrtum aufgesessen?

posted by Stadler at 10:53  

19.1.09

Was gegen Netzsperren zur Bekämpfung der Kinderpornografie spricht

Familienministerin von der Leyen hat sich nach Pressberichten (u.a. SZ vom 16.01.09, S. 5) mit den Innen- und Wirtschaftsministern, den 7 größten Providern, drei Verbänden und dem BKA darauf verständigt, dass die Internetprovider sog. elektronische Zugangssperren zur Bekämpfung von Kinderpornografie im Internet einrichten sollen.

Grund genug, einen Überblick zu geben, der die tatsächlichen Hintergründe und Probleme dieses Vorhabens verdeutlicht.

1. Handelt es sich tatsächlich um eine Sperrung von kinderpornografischen Inhalten?

Nein, der Begriff der Sperrung ist irreführend. Es werden nämlich keine Inhalte aus dem Internet verbannt. Die deutschen Zugangsprovider haben keinerlei Zugriff auf fremde Inhalte und können demzufolge diese Inhalte auch nicht sperren. Die Zugangsprovider versuchen deshalb zu verhindern, dass ihre eigenen Kunden auf diese Inhalte zugreifen, indem man durch technische Manipulationen die Inhalte vor den Nutzern verbirgt. Diese Inhalte bleiben aber im Netz und sind auch weiterhin weltweit erreichbar.

2. Können die geplanten „Sperren“ die große Masse der kinderpornografischen Inhalte erfassen?

Nein. Nur ein geringer Bruchteil des kinderpornografischen Materials das über das Internet verbreitetet wird, ist über Webseiten abrufbar. Hauptumschlagsplatz für solche Inhalte sind vielmehr sog. Peer-To-Peer Netzwerke und Chat-Plattformen. Diese werden von den geplanten Maßnahmen überhaupt nicht erfasst.

3. Wie funktionieren diese Netzsperren technisch?

Praktiziert wird derzeit primär die Methode der sog. DNS-Sperrung. Das sog. Domain Name System (DNS) basiert darauf, dass die vom Nutzer eingegebene Klartext-URL (www.xyz.de) an einem sog. Domain-Name-Server in eine numerische Adresse (sog. IP-Adresse) umgewandelt wird. Durch diese IP-Adresse wird der Server, auf dem die zu sperrenden Inhalte liegen adressiert. Der Zugangsprovider, der den Domain-Name-Server betreibt, kann den dortigen Eintrag nunmehr so ändern, dass sein Kunde nicht mehr zu dem eigentlichen Server weitergeleitet wird, sondern woanders hin oder aber eine Fehlermeldung erhält.

4. Ist eine sog. DNS-Sperre leicht zu umgehen?

Ja. Im Netz finden sich haufenweise Anleitungen zur Umgehung solcher DNS-Sperren, die auch für wenig versierte Nutzer einfach zu realisieren ist. Man muss lediglich im Browser einen anderen DNS-Server eintragen, als den des eigenen Providers. Der Chaos Computer Club (CCC) hat dies anschaulich erläutert.

5. Wird durch diese Sperrung tatsächlich der Zugang für die große Masse der durchschnittlich versierten Internetnutzer blockiert, wie die Bundesregierung behauptet?

Möglicherweise, allerdings nur für Inhalte des WWW. Die meisten kinderpornografischen Inhalte werden aber wie gesagt ohnehin aus anderen Quellen bezogen. Die Frage ist allerdings auch, ob sich Menschen mit pädophilen Neigungen, die sich im Web gezielt auf die Suche nach solchen Inhalten begeben, wie normale, durchschnittliche Internetnutzer verhalten. Wer bestimmte Inhalte unbedingt haben will, der ist auch darüber informiert, wie er triviale Blockaden umgehen kann. M.E. sind diese Maßnahmen dehsalb nicht geeignet, die Verbreitung von kinderpornografischen Inhalten nennenswert einzudämmen.

6. Ist es richtig, dass in anderen Staaten (Norwegen, Schweden, England) beträchtliche Erfolge mit solchen Maßnahmen erzielt werden?

Dies wird zumindest behauptet. Sieht man sich aber beispielsweise die schwedische Sperrliste an, so soll es sich bei nur ca. 1 % der Webseiten die auf dieser Sperrliste stehen, tatsächlich um kinderpornografische Inhalte handeln.

Es ist außerdem wohl unklar, wie oft diese „Sperren“ anschließend umgangen werden. Die politik hat auch kein Interesse daran, dies zu erforschen.

7. Besteht die Gefahr, dass durch solche Sperrungen legale Inhalte in Mitleidenschaft gezogen werden und quasi mitgesperrt werden?

Ja, diese Gefahr besteht entgegen der Behauptungen der Bundesregierung. Ein aktuelles prominentes Beispiel ist die Sperrung der kompletten Wayback Machine (archive.org) in England. Derartige „Sperrungen“ beinträchtigen also immer wieder den freien Zugang zu Informationen und damit das Grundrecht der Bürger auf Informationsfreiheit.

8. Warum fordert die Bundesregierung gerade jetzt solche Sperren?

Das ist in der Tat eine interessante Frage, nachdem das Thema seit vielen Jahren bekannt ist.

Man kann nur mutmaßen, dass ein Zusammenhang mit dem „Superwahljahr 2009“ besteht.

In jedem Fall möchte die Politik dem Bürger vorgaukeln, dass sie handelt und entschlossen gegen Kinderpornografie vorgeht. Dabei schreckt man leider auch nicht vor der gezielten Irreführung und Desinformation des Bürgers zurück.

posted by Stadler at 08:45  

16.1.09

Meinungsfreiheit und Persönlichkeitsrechte im Internet

In einem Aufsatz für die aktuelle Ausgabe der Zeitschrift Computer und Recht (CR) setzt sich Niko Härting mit dem Spannungsverhältnis von Meinungsfreiheit und Persönlichkeitsrechten bei Veröffentlichungen im Internet auseinander.

Härting beschäftigt sich in seinem Beitrag „Prangerwirkung und Zeitfaktor“ (CR 2009, 21) vor allem mit der Frage, inwieweit Menschen im Netz namentlich benannt werden dürfen und ihre Person bzw. ihr Verhalten geschildert, bewertet und kritisiert werden darf. Diese Fragen wurden in jüngster Zeit vor allem im Zusammenhang mit Bewertungsportalen wie „spickmich.de“ und „mein-prof.de“ diskutiert und waren auch schon Gegenstand von Rechtsstreitigkeiten. Das OLG Köln hat in seiner Entscheidung „spickmich.de“ der Meinungsfreiheit den Vorzug vor den Persönlichkeitsrechten der bewerteten Lehrer gegeben. Gegen diese Entscheidung ist Revision zum BGH eingelegt worden.

Härting formuliert in der Zusammenfassung seines Aufsatz dann 14 Thesen zu Meinungsfreiheit, Persönlichkeitsrechten und Datenschutz im Netz. Interessant ist hierbei aus meiner Sicht vor allem seine Ansicht, dass Meinungsäußerungen zu Personen schon keine personenbezogenen Daten i.S.v. § 3 Abs. 1 BDSG darstellen, soweit die Äußerung nur Werturteile enthält. Im übrigen meint Härting, müsse sich datenschutzrechtlich ein legitimes Informationsinteresse in der nach § 28 Abs. 1 BDSG durchzuführenden Interessenabwägung regelmäßig durchsetzen.

Diese Fragen sind noch weitgehend ungeklärt, aber von erheblicher praktischer Relevanz. Denn das Datenschutzrecht wird häufig dann ins Feld geführt, wenn der Betroffene in Wahrheit eine unliebsame Meinungsäußerung verhindern will. Für die klassische Presse wurde deshalb im Datenschutzrecht ein Medienprivileg geschaffen, das sich im Internetzeitalter als zu eng erweist. Hier besteht durchaus gesetzgeberischer Handlungsbedarf, weil es nicht Sinn und Zweck des Datenschutzrechts ist und war, offene und kritische Kommunikation zu unterbinden. Das geltende Datenschutzrecht eröffnet aber leider die Möglichkeit, gerade das zu tun. Bislang ist die Zulässigkeit der Datenverarbeitung und Datenübermittlung, gerade auf Bewertungsplattformen, an § 28 Abs. 1 und an § 29 Abs. 1 BDSG zu messen.

Art. 9 der Datenschutzrichtlinie (95/46/EG) verlangt für die Datenverarbeitung zu journalistischen, künstlerischen und literarischen Zwecken Ausnahmen vorzusehen, um das Recht auf Privatsphäre mit der Meinungsfreiheit in Einklang zu bringen. Ob der deutsche Gesetzegeber diese Vorgabe ausreichend umgesetzt hat, kann man ohnehin bezweifeln. Man wird unter die journalistische Datenverarbeitung auch den nichtprofessionellen Onlinejournalismus fassen müssen, wie wir ihn beispielsweise in Blogs finden, so dass bei richtlinienkonformer Auslegeung des deutschen Rechts insoweit ein Medienprivileg bestehen dürfte. Da man aber Bewertungsportale schwerlich noch als journalistisch einstufen kann, liegt insoweit eine Regelungslücke vor, die im Interesse der Meinungsfreiheit zu schließen ist.

Vielleicht sollte man aber tatsächlich, wie Härting es tut, die Frage stellen, ob bloße Meinungsäußerungen über Personen, Einzelangaben über sachliche oder persönliche Verhältnisse einer natürlichen Person darstellen. Dieser Weg wird dennoch in vielen Fällen keine Lösung bieten, da häufig auch Tatsachenbehauptungen über die fraglichen Personen hinzukommen, die in jedem Fall als personenbezogen zu qualifizieren sind.

posted by Stadler at 13:43  

15.1.09

Schweiz: Kein Internetzugang für Nutzer von Tauschbörsen

Auch in der Schweiz gibt es Bestrebungen, denjenigen, die illegal urheberrechtlich geschützte Werke up- und downloaden, den Internetzugang zu sperren, wie 20 Minuten Online berichtet. Ein Fahrverbot für die Datenautobahn sozusagen.
Wie sich die Vorstellungen doch längerübergreifend ähneln.

posted by Stadler at 23:24  

15.1.09

Bundesdatenschutzbeauftragter kritisiert Entwurf des BSI-Gesetzes

Der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar hat den Gesetzentwurf zur Stärkung der Sicherheit in der Informationstechnik des Bundes kritisiert.

Es klingt grotesk, aber Schaar befürchtet u.a. eine Überwachung seiner eigenen Behörde durch das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik, nachdem das BSI die gesetzliche Befugnis erhalten soll, die Kommunikation aller Bundesbehörden abzuhören und auszuwerten.
Pressemitteilung des Bundesbeauftragten für den Datenschutz vom 15.01.2009

posted by Stadler at 18:22  

15.1.09

archive.org (Wayback Machine) in England auf Kinderporno-Sperrliste

Die britische Internet Watch Foundation (IWF) hat Archive.org offenbar komplett auf ihre Sperrliste für kinderpornografische Inhalte gesetzt, wie die ORF-Futurezone meldet. Die Sperrliste wird von zahlreichen britischen Internet Service Providern automatisch für sog. Access-Sperren übernommen, weshalb viele britische Nutzer derzeit nicht mehr ohne weiteres auf die Wayback Machine zugreifen können.

Dieser Vorfall belegt eindrucksvoll, wie solche Access-Sperren, die die Bundesregierung derzeit auch für Deutschland fordert, legale Inhaltsangebote in Mitleidenschaft ziehen und die Informationsfreiheit der Bürger beeinträchtigen.

Offenbar sind auch in Deutschland nunmehr einige Provider bereit, sich vor den Wahlkampfkarren von Familienministerin von der Leyen spannen zu lassen und wollen deren populistischen Forderungen nachgeben (siehe Heise-Newsticker).

posted by Stadler at 16:38  

15.1.09

Durchsuchung wegen OEM-Software

Der Kollege Vetter berichtet in seinem Law Blog über einen haarsträubenden Durchsuchungsbeschluss, der sich auf den Vorwurf stützt, der Beschuldigte habe eine OEM Version einer Software bei eBay verkauft, obwohl dies nach den Lizenzbestimmungen des Softwareherstellers nur in Verbindung mit der Hardware zulässig sei.

Dass Amtsrichter oft keine Ahnung vom Urheberrecht und der einschlägigen höchstrichterlichen Rechtsprechung haben und dennoch entscheiden (müssen), ist nicht neu. Leider ist man mit Durchsuchungsbeschlüssen dennoch meist sehr schnell zur Hand, was den Richtervorbehalt in der Praxis stark entwertet.

Für den Staatsanwalt, der die Durchsuchung beantragt hat, sollte man weniger Verständnis aufbringen, weil er einer Abteilung entstammt, die u.a. für Urheberrechtsverletzungen zuständig ist.

Und was ich mich schon seit Jahren frage ist, warum Microsoft und Co. nach wie vor ihrer Software Lizenzbestimmungen (EULA) beilegen, die offensichtlich nicht in Einklang mit dem deutschen Recht stehen. Vielleicht sollten die Wettbewerbs- und Verbraucherverbände hier endlich mal tätig werden. Denn die Verwendung von unrichtigen und bewusst rechtswidrigen AGB verstößt gegen das Wettbewerbsrecht.

posted by Stadler at 12:14  

15.1.09

Google AdWords vor dem BGH

Der Bundesgerichtshof verkündet am 22.01.2009 in drei Sachen (I ZR 125/07, I ZR 125/07 und I ZR 125/07 )seine mit Spannung erwartete Entscheidungen zur Frage der Verwendung fremder Marken durch Wettbewerber als Keywords in der Werbung bei Google (AdWords). Zwei Berufungsgerichte (OLG Stuttgart und OLG Braunschweig) hatten eine Markenverletzung bejaht, das OLG Düsseldorf hatte sie verneint.
Quelle: Pressemitteilung des BGH 10/09 vom 15.01.2009

posted by Stadler at 11:57  

15.1.09

BGH: Eintragungsfähigkeit einer Buchstabenkombination ins Handelsregister

Der BGH hatte in einem heute im Volltext veröffentlichten Beschluss über die Eintragungsfähigkeit einer Buchstabenkombination (HM & A) als Firmenname ins Handelsregister zu entscheiden.

Es gab bis zuletzt Gerichte, die der Ansicht waren, nicht als Wort aussprechbare Buchstabenkombinationen seien nicht namensfähig und deshalb als Firma nicht eintragbar. Der BGH hat nunmehr entschieden, dass der Firmenname nicht etwa als Wort aussprechbar sein müsse, sondern vielmehr eine Artikulierbarkeit genügt.

Der Leitsatz des Gerichts:
„Der Aneinanderreihung einer Buchstabenkombination kommt gemäß § 18 Abs. 1 HGB neben der Unterscheidungskraft auch die erforderliche Kennzeichnungseignung – und damit zugleich Namensfunktion (§ 17 Abs. 1 HGB) im Geschäftsverkehr – für die Firma von Einzelkaufleuten, Personen- und Kapitalgesellschaften zu, wenn sie im Rechts- und Wirtschaftsverkehr zur Identifikation der dahinter stehenden Gesellschaft ohne Schwierigkeiten akzeptiert werden kann. Hierfür reicht als notwendige, aber zugleich hinreichende Bedingung die Aussprechbarkeit der Firma im Sinne der Artikulierbarkeit (hier: „HM & A“ bei einer GmbH & Co. KG) aus.“
BGH, Beschluss vom 8. Dezember 2008 – II ZB 46/07 – OLG Hamm LG Essen

posted by Stadler at 10:01  

14.1.09

China verschärft Internetzensur wieder

Die anlässlich der Olympischen Spiele vom chinesischen Regime gegebenen Versprechungen hatten erwartungsgemäß keine lange Halbwertszeit.

Nach einem Bericht von Reporter ohne Grenzen verschärft China die Internetzensur gerade wieder massiv. Unter dem Deckmäntelchen der Bekämpfung von Pornographie werden wie gehabt politische Blogs und Plattformen geblockt bzw. geschlossen.

Gerade Google kooperiert bereitwillig mit der chinesichen Regierung und wirkt damit aktiv an der Zensur und der Unterdrückung der Meinungs- und Pressefreiheit mit.
Bericht von Reporter ohne Grenzen
Bullog Shut Down (China Digital Times)

posted by Stadler at 15:20  
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