Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

24.8.11

Bundesregierung beschließt Button-Lösung

Die Bundesregierung hat heute die Einführung der sog. Button-Lösung für Vertragsabschlüsse im Internet beschlossen und erhofft sich hiervon einen besseren Schutz der Verbraucher.

Warum sich diese Hoffnung voraussichtlich nicht erfüllen wird, habe ich bereits vor einiger Zeit erläutert. Dem Gesetzesentwurf des BMJ, den das Bundeskabinett jetzt beschlossen hat und der nun noch das Gesetzgebungsverfahren durchlaufen muss, ist ein Polit-Theater vorausgegangen, das ich als Lehrstück für die Mechanismen unserer Parteiendemokratie betrachte.

Erwähnenswert ist auch der Hinweis der Bundesregierung, dass damit eine geplante EU-Richtlinie quais vorab umgesetzt wird. In anderen Bereichen wird ansonsten eine sinnvolle und notwendige Gesetzgebung – zu der man die Button-Lösung nicht zählen kann – gerne mit dem Argument verzögert, dass man zunächst die europarechtliche Vorgabe abwarten möchte. Diesmal ist es erstaunlicherweise genau anders herum.

posted by Stadler at 11:51  

27.7.11

Unwirksamer Gewährleistungsausschluss bei eBay

Aus Berlin kommt eine aktuelle Entscheidung, die für eBay-Händler und eBay-Verkäufer – speziell wenn gebrauchte Ware veräußert wird – von großer Bedeutung ist.

Das Kammergericht hat mit Urteil vom 17.06.2011 (Az.: 7 U 179/10) entschieden, dass sich ein eBay-Verkäufer nicht auf einen Gewährleistungsausschluss berufen kann, wenn er im Rahmen der Artikelbeschreibung auf eine bestimmte Beschaffenheit der Kaufsache hingewiesen hat. Denn diese Beschaffenheitsangabe wird nach Ansicht des Gerichts Grundlage des Vertrags und stellt damit eine Beschaffenheitsvereinbarung im Sinne von § 434 Abs. 1 S. 1 BGB dar.

Die Artikelbeschreibung stellt also, wenn sie die Beschaffenheit des Kaufgegenstandes beschreibt, keine bloße unverbindliche Werbeaussage dar, sondern vielmehr eine rechtsverbindliche Erklärung, an die der Verkäufer gebunden ist.

Im konkreten Fall hat das KG bei einem Fahrzeug sowohl die Aussage „scheckheftgepflegt“ als auch die Bezeichnung einer Änderung der Motorisierung als „professionell“ sowie die Behauptung des Einbaus einer „qualitativ hochwertigen Autogasanlage“ als Beschaffenheitszusage bewertet.

Der Käufer war deshalb berechtigt, wegen Fehlens einer vertraglich vereinbarten Beschaffenheit des Kaufgegenstandes vom Vertrag zurückzutreten.

posted by Stadler at 12:01  

12.7.11

EuGH verschärft Haftung von Online-Marktplätzen

In einer Entscheidung vom heutigen Tag (Az.: C-324/09) stellt, der Europäische Gerichtshof (EuGH) fest, dass sich eBay nicht auf das Haftungsprivileg des Art. 14 der E-Commerce-Richtlinie – entspricht § 10 TMG – berufen kann, wenn das Unternehmen Hilfestellungen geleistet hat, die u. a. darin bestehen, die Präsentation von Verkaufsangeboten zu optimieren oder diese Angebote zu bewerben. Ob eBay derartige Hilfestellung leistet, muss laut EuGH allerdings wiederum das nationale Gericht klären.

Der EuGH geht zunächst davon aus, dass sich ein Online-Marktplatz grundsätzlich auf die Haftungsprivilegierung für das Hosting (Art. 14 ECRL) berufen kann, wenn er sich darauf beschränkt, seinen Dienst mittels rein technischer und automatischer Verarbeitung der von seinen Kunden eingegebenen Daten neutral zu erbringen. Sobald er eine aktive Rolle spielt, die ihm eine Kenntnis dieser Daten oder eine Kontrolle über sie verschaffen konnte, soll er allerdings uneingeschränkt haften.

Hat der Betreiber des Online-Marktplatzes keine solche aktive Rolle gespielt und fällt die Erbringung seines Dienstes folglich in den Anwendungsbereich von Art. 14 Abs. 1 der Richtlinie 2000/31, kann er sich hinsichtlich von Schadensersatzansprüchen, gleichwohl nicht auf die Ausnahme von der Verantwortlichkeit berufen, wenn er sich Tatsachen oder Umständen bewusst war, auf deren Grundlage ein sorgfältiger Wirtschaftsteilnehmer die Rechtswidrigkeit der fraglichen Verkaufsangebote hätte feststellen müssen und er anschließend nicht unverzüglich tätig geworden ist.

Außerdem hat der EuGH noch ausgesprochen, dass es zum effektiven Schutz des geistigen Eigentums notwendig ist, dass die nationalen Gerichte dem Anbieter eines Onlinedienstes Maßnahmen aufgeben können, die nicht nur zur Beendigung der konkreten Verletzung führen, sondern auch wirksam zur Vorbeugung gegen erneute Verletzungen beitragen.

Dies schränkt der EuGH sogleich allerdings wieder ein. Solche vorbeugenden Maßnahmen dürfen nämlich nicht darin bestehen, den Diensteanbieter zu verpflichten, aktiv alle Angaben seiner Kunden zu überwachen, um jeder künftigen Verletzung von Rechten des geistigen Eigentums vorzubeugen. Eine solche allgemeine Überwachungspflicht wäre nach Ansicht des EuGH auch nicht mit Art. 3 der Richtlinie 2004/48 zu vereinbaren, wonach die Maßnahmen im Sinne dieser Richtlinie gerecht und verhältnismäßig sein müssen und nicht übermäßig kostspielig sein dürfen.

Als zumutbare Maßnahmen sieht es der EuGH insbesondere an, den Rechtsverletzter von der Benutzung der Plattform asuzuschließen, um eine erneute Verletzung derselben Marken durch denselben Händler zu verhindern. Außerdem hält es der EuGH für zumutbar, dem Betreiber eines Online-Marktplatzes aufzugeben, Maßnahmen zu ergreifen, die die Identifizierung seiner als Verkäufer auftretenden Kunden erleichtern.

Die Entscheidung erscheint auf den ersten Blick spektakulärer als sie ist. Für das Geschäftsmodell von eBay könnte dies allerdings dennoch bedeuten, dass eBay nicht wie ein (passiver) Hoster privilegiert ist, sondern als aktiver Marktteilnehmer unbeschränkt haftet.

posted by Stadler at 14:05  

11.7.11

Cookies oder Pop-Up-Gewitter?

Über das mögliche Ende der Cookies durch eine neue Vorschrift im TMG, die im Zuge der Umsetzung der Datenschutzrichtlinie für elektronische Kommunikation geschaffen werden soll, hatte ich kürzlich berichtet.

Wie das mit dem Pop-Up-Gewitter in der praktischen Umsetzung aussehen würde, zeigt das Blog von David Naylor sehr anschaulich. Vielleicht kann man es sich ja so besser vorstellen.

posted by Stadler at 10:10  

7.7.11

Verbraucherschutzrecht weiter im Umbruch

Die Tinte auf der aktuellen Änderung der fernabsatzrechtlichen Vorschriften ist noch nicht trocken, da rollt aus Brüssel schon die nächste Welle in Form einer neuen Verbraucherrichtlinie an.

Diese sieht u.a. eine eigene Musterwiderrufsbelehrung vor, so dass die deutsche gesetzliche Musterwiderrufsbelehrung, die gerade zum wiederholten Mal geändert wurde, erneut angepasst werden muss.

Außerdem soll der Verbraucher jetzt einheitlich die Kosten der Rücksendung – nach Ausübung des Widerrufs – der Ware tragen.

Der Gewerbetreibende hat alle Zahlungen, die er vom Verbraucher erhalten hat, gegebenenfalls einschließlich der Lieferkosten, spätestens binnen 14 Tagen ab Kenntnis vom Widerruf zu erstatten.

Das Verbraucherschutzrecht mutet mittlerweile wie ein Stück aus dem Tollhaus an. Die permanenten Änderungen bewirken das exakte Gegenteil dessen, was nach allen Gesetzesbegründungen und Erwägungsgründen das Ziel sein soll, nämlich Rechtssicherheit beim Verbraucher zu schaffen.

Die Regelung muss aber zunächst in deutsches Recht umgesetzt werden, womit voraussichtlich erst in zwei Jahren zu rechnen ist.

posted by Stadler at 09:24  

7.6.11

BGH zum Missbrauch eines eBay-Kontos

Der mit Spannung erwartete Volltext der Entscheidung des BGH (Urteil vom 11.05.2011, Az.: VIII ZR 289/09) zur Frage einer vertraglichen Verpflichtung im Falle einer missbräuchlichen Nutzung eines eBay-Kontos liegt nun vor. Über das Urteil hatte ich bereits berichtet.

Interessant an der Entscheidung ist, dass der BGH im Falle einer einmaligen missbräuchlichen Nutzung durch einen Ehegatten auch dann noch keine vertragliche Verpflichtung des Account-Iinhabers annimmt, wenn die Zugangsdaten nicht vor Zugriff geschützt verwahrt worden sind. Begründet wird dies primär mit der Erwägung, dass eine sog. Anscheinsvollmacht nur dann in Betracht kommt, wenn das Verhalten des Handelnden von einer gewissen Dauer und Häufigkeit ist.

Für den Bereich des Urheber- und Markenrechts hat der BGH, allerdings der I. Senat, dies anders entschieden und eine deliktische Haftung sowohl des Inhabers eines eBay-Accounts, als auch des Betreibers eines W-LAN-Routers bejaht. An dieser Stelle vermeidet der VIII. Senat es allerdings dem I. Senat zu widersprechen, sondern verweist darauf, dass im Deliktsrecht der Schutz absoluter Rechte Vorrang vor den Interessen des Schädigers genießen würde. Das bedeutet andererseits allerdings, dass man, sofern ein gewisser Rechtsschein gesetzt wird, deutlich schneller einer deliktische Haftung ausgesetzt ist als einer vertraglichen.

Interessant – wenngleich nicht unbedingt für Juristen – ist auch die Aussage des BGH, dass die von eBay gestellte und von jedem registrierten Nutzer akzeptierte Formularklausel, wonach Mitglieder grundsätzlich für sämtliche Aktivitäten haften, die unter Verwendung ihres Mitgliedskontos vorgenommen werden, keine Haftung des Kontoinhabers gegenüber den Auktionsteilnehmern begründet.

posted by Stadler at 22:22  

4.1.11

Ist YouTube Fernsehen?

Nach Medienberichten will man in Italien Videoportale wie YouTube dem Rundfunk gleichsetzen. Hierfür ist in der „Videocracy“Italien offenbar noch nicht einmal ein Gesetz erforderlich, es genügt vielmehr eine Verfügung der dortigen Regulierungsbehörde.

Allerdings gilt auch in Italien die E-Commerce-Richtlinie, die zugunsten von Anbietern von Diensten der Informationsgesellschaft Haftungsprivilegierungen schafft. Der EuGH hatte erst kürzlich entschieden, dass Google bzw- der Dienst Google AdWords als ein Dienst der Informationsgesellschaft zu qualifizieren ist, weshalb wenig Zweifel daran bestehen kann, dass auch YouTube der Vorschrift des Art. 14 ECRL für das Hosting unterliegt und sich zudem auch darauf berufen kann, dass Diensten der Informationsgesellschaft keine allgemeinen Kontroll- und Überwachungspflichten auferlegt werden dürfen (Art. 15 Abs. 1 ECRL).

Online-Dienste dürfen also gerade nicht wie Rundfunk reguliert werden. Die italienische Gleichsetzung von eigenem, journalistisch-redaktionellen Inhalten und User-Generated-Content, der von einem Plattformbetreiber nur gehostet wird, verstößt gegen europäisches Recht.

Es geht auch in Italien, ähnlich wie in Ungarn, um eine verstärkte staatliche Medienkontrolle, die sich zensurähnlicher Instrumente bedient.

Es würde mich nicht wundern, wenn Google YouTube Italien jetzt schließt. Allein, das wäre das falsche Signal gegenüber einem rechtswidrigen staatlichen Handeln.

posted by Stadler at 16:42  

29.10.10

Polittheater um die Button-Lösung

Polittheater der Extraklasse bieten Bundesregierung und Bundestag derzeit bei der Frage der sog. Button-Lösung. Die SPD hatte im Sommer einen Gesetzesentwurf eingebracht, den der Rechtsausschuss des Bundestags am 27.10.2010 mit den Stimmen der Regierungskoalition abgelehnt hat. Heute, also nur zwei Tage später, stellt das BMJ einen eigenen Gesetzesentwurf vor, mit dem ebenfalls die sog. Button-Lösung eingeführt werden soll. Beide Gesetzesvorschläge sehen eine Ergänzung von § 312e BGB vor und unterscheiden sich zwar im Wortlaut aber nicht inhaltlich.  Denn beide Entwürfe sehen vor, dass im Falle der Nichterteilung eines ausdrücklichen Hinweises auf Entgeltlichkeit und Gesamtkosten der Vertrag unwirksam bzw. nichtig ist.

Die Bundesregierung lehnt also einen Gesetzesentwurf der Opposition ab, um der Öffentlichkeit zwei Tage später einen inhaltlich gleichen Gesetzesentwurf vorzustellen.

In der Sache halte ich die Button-Lösung für ein fragwürdiges Vorhaben, dessen praktischer Nutzen zweifelhaft ist. Die Überschrift „Internetabzocke wirksam bekämpfen„, könnte falsche Hoffnungen wecken. Denn die Abofallenbetreiber halten sich ja auch bislang nicht an die Gesetze und ich frage mich, weshalb die neue Regelung hieran etwas ändern sollte.

posted by Stadler at 14:49  

28.10.10

Über den Sinn der Button-Lösung

Seit einigen Monaten wird über eine sog. Button-Lösung im E-Commerce diskutiert. Es gibt hierzu bereits einen Gesetzesentwurf  der SPD, die Bundesregierung hat ebenfalls einen Gesetzesentwurf angekündigt. Justizminsterin Leutheusser-Schnarrenberger fordert zusätzlich eine europaweite Button-Lösung.

Die Vorstellung hinter dieser Button-Lösung ist die, dass ein Vertrag im Internet nur noch dann wirksam geschlossen werden kann, wenn der Verbraucher einen deutlichen Hinweis auf die Entgeltlichkeit und die Kosten erhält und dies durch Klick auf einen entsprechenden Button ausdrücklich bestätigt.

Es ist nun aber keineswegs so, dass das Gesetz nicht bereits jetzt verlangen würde, den Verbraucher auf die Kostenpflichtigkeit und den Preis der Leistung deutlich hinzuweisen. Entsprechende gesetzliche Pflichten ergeben sich z.B. aus § 312c Abs. 1  BGB i.V.m. Art. 246 § 1 Abs. 1 Nr. 7 EGBGB und aus § 1 PAngV.

Die einzige Neuerung besteht allenfalls darin, dass nunmehr die Wirksamkeit des Vertrages ausdrücklich daran geknüpft werden soll, dass ein solcher Button angeklickt wird.

Man muss ergänzend auch erwähnen, dass der Verbraucher zusätzlich über das bestehende Widerrufsrecht bei Fernabsatzverträgen geschützt ist, so dass er vermeintliche Vertragserklärungen anschließend auch vorsorglich widerrufen kann, was sich im Zweifel auch immer empfiehlt.

Letztlich wird es stets um die Frage gehen, ob ein deutlicher Hinweis auf die Entgeltlichkeit und das Widerrufsrecht erfolgt ist oder nicht. Diese Diskussion wird sich nunmehr nur auf die Frage verlagern, ob der Button vorhanden war oder eben nicht.

Fraglich bleibt aber auch wie andere Formen des Vertragsschlusses erfasst werden sollen, wie z.B. der per E-Mail.

Insgesamt haben wir es einmal mehr mit einem politischen Vorstoß zu tun, der die Verbraucher beruhigen soll, aber in der Sache wenig bringt.

posted by Stadler at 14:30  

2.9.10

ACTA auf der Zielgeraden

Die Verhandlungen über ACTA (Anti-Counterfeiting Trade Agreement) sollen kurz vor dem Abschluss stehen und die Haltung der Intransparenz dominiert nach wie vor, was nichts anderes bedeutet, als, dass die USA sich wieder einmal gegenüber der EU durchgesetzt haben.

Dieses internationale Handelsabkommen trifft Regelungen auf dem Gebiet des „geistigen Eigentums“ und sieht hierbei auch weitreichende Maßnahmen der Internetregulierung auf Ebene der Provider vor.

Dass diese Verhandlungen unter Ausschluss der Öffentlichkeit und ohne Beteiligung des EU-Parlements stattfinden, ist äußerst bedenklich, weil das Abkommen voraussichtlich Tatsachen schaffen wird, die unmittelbar auf das Gemeinschaftsrecht einwirken und sich vermutlich in Widerspruch zu geltendem EU-Recht, wie der E-Commerce-Richtlinie, setzen werden. Dieser Ablauf stellt damit nichts anderes als eine Parallelgesetzgebung dar, an den demokratisch legitimierten Parlamenten vorbei.

posted by Stadler at 22:44  
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