Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

5.3.10

BVerfG: Neue Entscheidung zur Meinungsfreiheit

Das Bundesverfassungsgericht musste sich wieder einmal mit dem Spannungsverhältnis von Meinungsfreiheit und dem Straftatbestand der Volksverhetzung auseinandersetzen (Beschluss vom 02.02.2010, Az.: 1 BvR 369/04, 1 BvR 370/04, 1 BvR 371/04).

Das Gericht hat hierbei Veurteilungen wegen Volksverhetzung aufgehoben, weil die Strafgerichte die Reichweite der Meinungsfreiheit verkannt hatten. Die Entscheidung hat bereits zu kritischen Reaktionen geführt.

Der Kritik kann ich mich nicht anschließen. Es geht nicht darum, die Meinungsfreiheit von Ausländerfeinden zu stärken, sondern darum einen einheitlichen und freiheitlichen Maßstab anzulegen. Denn im Grundsatz sind auch ausländerfeindliche Aussagen oder solche, die sich gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung richten, von der Meinungsfreiheit gedeckt. Eine Relativierung dieses Maßstabs ist nicht deshalb gerechtfertigt, weil man die Gesinnung des Äußernden für verwerflich hält. Denn damit begibt man sich in ein äußerst gefährliches Fahrwasser. Die Rechtsprechnung der Instanzgerichte nimmt oft genug – aus unterschiedlichen Gründen – eine bedenkliche Einschränkung der Meinungsfreiheit vor. Dass das Bundesverfassungsgericht und auch der BGH insoweit oft eine deutlich liberalere Haltung an den Tag legen, ist deshalb umso wichtiger. Dies gilt selbst dann, wenn es um die Meinungsfreiheit für rechtsnationales oder rechtsradikales Gedankengut geht.

posted by Stadler at 18:28  

5.3.10

Welche Rechte erwirbt der Käufer eines eBooks?

Ilja Braun geht auf iRights.info der interessanten Frage nach, was man eigentlich erwirbt, wenn man ein eBook kauft. Erwirbt man „Eigentum“ an einer Datei oder nur urheberrechtliche Nutzungsrechte? Darf man das eBook kopieren und weiterverkaufen?

In den AGB der Anbieter von eBooks wird zumeist sehr restriktiv geregelt, dass nur ein einfaches und nicht übertragbares Nutzungsrecht eingeräumt wird. Das würde bedeuten, dass man eine Datei, die man runtergeladen hat, lesen darf, mehr aber auch nicht. Ob derartige AGB allerdings wirksam sind, ist offen. Für den parallelen Fall des Erwerbs von Musikdateien bei iTunes hat das Landgericht Berlin entschieden, dass eine Klausel, die den Weitervertrieb, die Weitergabe und Übertragung der Nutzungsrechte verbietet, wirksam ist. Das letzte Wort dürfte das in dieser Frage aber kaum gewesen sein.

posted by Stadler at 11:30  

5.3.10

Adressen für Werbebrief können Geschäftsgeheimnis sein

MIR berichtet über ein interessantes neues Urteil des OLG Köln vom 05.02.2010 (Az. 6 U 136/09). Danach kann eine mehrere hundert Adressen umfassende Sammlung von Daten von Personen und Einrichtungen, die zumindest einen Werbebrief eines Unternehmens erhalten haben, ein Geschäftsgeheimnis nach § 17 Abs. 2 Nr. 2 UWG darstellen.

posted by Stadler at 08:00  

4.3.10

Bundestag setzt Enquete-Kommission „Internet und digitale Gesellschaft“ ein

Auf Grundlage eines interfraktionellen Antrags von CDU/CSU, SPD, FDP und Bündnis 90/Die Grünen wird der Bundestag heute eine Internet-Enquete-Kommission einsetzen.

Ziel der Kommission soll es nach der Pressemitteilung des Bundestages sein, politische Handlungsempfehlungen zu erarbeiten, die der weiteren Verbesserung der Rahmenbedingungen der Informationsgesellschaft in Deutschland dienen. Die Enquete-Kommission soll auf Basis ihrer Untersuchungsergebnisse den staatlichen Handlungsbedarf benennen.

Zusammensetzen soll sich das Gremium aus 17 Mitglieder des Bundestages und 17 Sachverständigen. Was den politischen Teil angeht, stehen die Mitglieder offenbar bereits fest. Wer die Sachverständigen sind, dürfte vermutlich die sogar spannendere Frage sein.

Der Kommission gehören allerdings auch Abgeordnete wie Ansgar Heveling (CDU) und Martin Dörmann (SPD) an, bei denen, wenn man sich ihre Äußerungen zu Netzthemen ansieht, selbt noch erheblicher Nachholbedarf in Sachen Medienkompetenz besteht. Handelt es sich am Ende gar um ein Schulungsprogramm für Abgeordnete?

posted by Stadler at 13:48  

4.3.10

Bundestag setzt Enquete-Kommission "Internet und digitale Gesellschaft" ein

Auf Grundlage eines interfraktionellen Antrags von CDU/CSU, SPD, FDP und Bündnis 90/Die Grünen wird der Bundestag heute eine Internet-Enquete-Kommission einsetzen.

Ziel der Kommission soll es nach der Pressemitteilung des Bundestages sein, politische Handlungsempfehlungen zu erarbeiten, die der weiteren Verbesserung der Rahmenbedingungen der Informationsgesellschaft in Deutschland dienen. Die Enquete-Kommission soll auf Basis ihrer Untersuchungsergebnisse den staatlichen Handlungsbedarf benennen.

Zusammensetzen soll sich das Gremium aus 17 Mitglieder des Bundestages und 17 Sachverständigen. Was den politischen Teil angeht, stehen die Mitglieder offenbar bereits fest. Wer die Sachverständigen sind, dürfte vermutlich die sogar spannendere Frage sein.

Der Kommission gehören allerdings auch Abgeordnete wie Ansgar Heveling (CDU) und Martin Dörmann (SPD) an, bei denen, wenn man sich ihre Äußerungen zu Netzthemen ansieht, selbt noch erheblicher Nachholbedarf in Sachen Medienkompetenz besteht. Handelt es sich am Ende gar um ein Schulungsprogramm für Abgeordnete?

posted by Stadler at 13:48  

3.3.10

BGH verhandelt über die Frage der Haftung für offenes W-Lan

Der Bundesgerichtshof verhandelt am 18.03.2010 (Az.: I ZR 121/08) ein Verfahren, das insbesondere für die Fälle des Filesharing von größter Bedeutung ist. Es geht nämlich um die Frage, ob und inwieweit der Inhaber eines Internetanschlusses dafür haftet, dass sein (offenes) W-Lan von einem Dritten missbräuchlich für Urheberrechtsverletzungen genutzt worden ist. Das OLG Frankfurt hatte in der Berufungsinstanz eine solche Haftung, auch unter dem Aspekt der Störerhaftung, verneint.

Quelle: Pressemitteilung des BGH vom 03.03.2010

posted by Stadler at 17:40  

3.3.10

Vorratsdatenspeicherung: Auch ELENA vor dem Aus?

Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Vorratsdatenspeicherung hat nach Ansicht des Deutschen Steuerberaterverbandes e.V. (DStV) auch Auswirkungen auf das zu Jahresbeginn eingeführte Verfahren zum elektronischen Entgeltnachweis (ELENA) und verstärkt nach Ansicht des Verbands die verfassungsrechtlichen Zweifel an diesem Vorhaben.

Das ELENA-Verfahren verpflichtet Arbeitgeber dazu, monatlich umfangreiche Daten zu ihren Arbeitnehmern an eine zentrale Speicherstelle zu übermitteln. ELENA stellt im Grunde ebenfalls eine Form der Vorratsdatenspeicherung dar, allerdings von weit größerem Ausmaß als die Speicherung von TK-Daten.

Die rechtsstaatlichen Anforderungen die das BVerfG für die Vorratsdatenspeicherung in seinem Urteil vom 02.03.2010 skizziert hat, müssen daher, auch wenn es nicht um Telekommunikationsdaten geht, im Grundsatz auch bei ELENA Berücksichtigung finden. Insoweit stellt sich die Frage, ob diese Form der Vorratsdatenspeicherung überhaupt legitim ist. Problematisch ist bei ELENA aber auch die fehlende exakte Zweckbestimmung im ELENA-Verfahrensgesetz und die fehlenden Regelungen zu den konkreten Voraussetzungen des Datenabrufs.

posted by Stadler at 15:10  

3.3.10

Wie geht es weiter mit der Vorratsdatenspeicherung?

Seit dem gestrigen Urteil des Bundesverfassungsgerichts, durch das die bisherige gesetzliche Reglung für mit dem Grundgesetz unvereinbar und nichtig erklärt wurde, verstößt Deutschland gegen den EU-Vertrag, denn es existiert keine Umsetzung der Richtlinie 2006/24/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. März 2006 über die Vorratsspeicherung von Daten mehr.

Bereits dieser Umstand wird der Politik als Argument dafür dienen, zügig eine gesetzliche Neureglung zu verabschieden, die sich im Hinblick auf den Umfang der zu speichernden Daten nicht von der alten Reglung unterscheiden muss.

Allerdings ist nunmehr endlich eine breite öffentliche Diskussion, die es im Vorfeld der Richtlinie und des Gesetzes nicht gegeben hat, entbrannt. Und es bleibt zu hoffen, dass sich diese Diskussion auf ganz Europa ausweitet, denn dort gehört sie hin. Es geht auch darum, ein Bewusstsein dafür zu schaffen, dass die Vorratsdatenspeicherung kein unverzichtbares Instrumentarium der Verbrechens- und Terrorbekämpfung darstellt. Vielmehr gibt es bereits nach geltender Rechtslage weitreichende Möglichkeiten der TK-Überwachung, die freilich immer – und das sollte in einem Rechtsstaat auch nicht ungewöhnlich sein – an eine konkrete Gefahr oder einen konkreten Verdacht anknüpfen.

Der Deutsche Anwaltverein hat nunmehr vorgeschlagen, sogleich die EU-Richtlinie zu ändern. Denn es sei fraglich, so der DAV, ob die Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung mit Inkrafttreten der verbindlichen EU-Grundrechtecharta im Dezember 2009 überhaupt noch Bestand haben kann.

posted by Stadler at 13:25  

2.3.10

Zuständigkeit deutscher Gerichte für Online-Veröffentlichung der New York Times

Mit seiner Entscheidung vom 02.03.2010 (Az.: VI ZR 23/09) dürfte der Bundesgerichtshof für zusätzlichen Andrang an den Pressekammern deutscher Landgerichte sorgen.

Denn nach dieser Entscheidung sind die deutschen Gerichte auch für Klagen wegen Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts durch einen im Internet abrufbaren Artikel einer amerikanischen Zeitung international zuständig, wenn der Artikel deutliche Bezüge nach Deutschland aufweist. Diesen deutlichen Inlandsbezug sieht der BGH schon darin, dass der in Deutschland wohnhafte Kläger namentlich genannt ist und behauptet wird, seine Firma sei in Deutschland Teil eines Netzwerkes des internationalen organisierten Verbrechens und dem Kläger sei die Einreise in die USA untersagt.

Dass sich die New York Times allerdings tatsächlich an solche Urteile deutscher Gerichte halten wird, darf man bezweifeln. Und wie man derartige Urteile in den USA – auch unter Berücksichtigung der amerikanischen Vorstellung von Pressefreiheit – vollstrecken will, wird auch noch zu diskutieren sein.

Der Kollege Udo Vetter weist aber zu Recht darauf hin, dass diese Entscheidung des BGH speziell bei den Pressekammern in Hamburg und Berlin, für zusätzlichen Andrang sorgen könnte, zunmal sich diese Rechtsprechung auch wunderbar auf Blogbeiträge übertragen lässt.

posted by Stadler at 18:46  

2.3.10

Vorratsdatenspeicherung: Kein Sieg für die Bürgerrechte

Das mit Spannung erwartete Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Vorratsdatenspeicherung ist im Ergebnis nicht wirklich überraschend. Die Verfassungsbeschwerden waren erfolgreich, weil die angegriffenen Regelungen des TKG und der StPO über die Vorratsdatenspeicherung mit Art. 10 Abs. 1 GG nicht vereinbar sind.

Das Gericht betont aber ausdrücklich, dass eine Speicherungspflicht in dem vorgesehenen Umfang nicht schlechthin verfassungswidrig ist, sondern nur die derzeitige Ausgestaltung dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz nicht genügt.

Das bedeutet freilich nichts anderes, als dass sich der Gesetzgeber nunmehr – vermutlich zügig – an eine Neuregelung machen wird, die erneut eine Speicherpflicht in dem bisher vorgesehenen Umfang normieren wird.

Das ist kein großartiger Sieg für die Bürgerrechte, auch wenn die Verfassungsbeschwerden formal erfolgreich waren.

Quelle:
Presemitteilung des Bundesverfassungsgerichts vom 2. März 2010 (11/2010)
Urteil im Volltext

Update:
Die Musikindustrie begrüßt das Urteil, was auch nicht überraschend ist. Denn sobald das neue Gesetz da ist, werden auch IP-Adressen bei allen Providern sechs Monate lang gespeichert werden und stehen damit, wie das Urteil erkennen lässt, auch für Auskunftsersuchen nach dem UrhG zur Verfügung.

2. Update:
Nach der anfänglichen Euphorie gibt es mittlerweile doch einige kritische Stimmen, die sich eher auf meiner Linie bewegen:
Prantl in der SZ
Steinbeis im Verfassungsblog
Jens Ferner

posted by Stadler at 11:26  
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