Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

19.1.10

BGH: Aida/AIDU

Nach einer heute im Volltext veröffentlichten Entscheidung des BGH (Urteil vom 29. Juli 2009, Az.: I ZR 102/07) sind die Kennzeichen Aida und AIDU trotz eines hohen Maßes der Ähnlichkeit der sich gegenüberstehenden Dienstleistungen (Reisedienstleistungen) markenrechtlich nicht verwechslungsfähig. Begründet wird dies damit, dass der Verkehr das Zeichen Aida mit der Oper von Verdi assoziere. Damit kommt nach Ansicht des BGH der Grundsatz zum Tragen, dass eine nach dem Bild und/oder nach dem Klang zu bejahende Verwechslungsgefahr der sich gegenüberstehenden Zeichen zu verneinen sein kann, wenn einem Zeichen ein klar erkennbarer eindeutiger Sinngehalt zukommt.

Der Bundesgerichtshof hat außerdem erneut bestätigt, dass ein Anspruch auf Verzicht auf die Registrierung einer Domain (hier: „aidu.de“) überhaupt nur dann begründet sein kann, wenn jedwede Verwendung des Domain-Namens eine Verletzung von Marken- oder Kennzeichenrechten darstellt und zwar gerade auch im Bereich anderer Branchen.

posted by Stadler at 13:00  

5.1.10

Rocher-Kugel als 3D-Marke schutzfähig

Der Bundesgerichtshof hat in einem heute veröffentlichten Beschluss vom 09.07.2009 (Az.: I ZB 88/07) entschieden, dass die ROCHER-Kugel für die Ware „Pralinen“ als dreidimensionale Marke schutzfähig ist und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Bundespatentgericht zurückzuverwiesen.

Nach Ansicht des BGH ist zwar das Schutzhindernis mangelnder Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG) gegegeben, das Bundespatentgericht hat aber zu Unrecht eine Verkehrsdurchsetzung (§ 8 Abs. 3 MarkenG) verneint.

Der Markeninhaber hatte ein Marktforschungsgutachten vorgelegt, das ihm im Ergebnis ein Durchsetzungsgrad von mindestens 62% bescheinigte, d.h. jedenfalls 62 % der Befragten haben die spezielle Praline einem bestimmten Unternehmen zugeordnet. Dieser Wert ist nach Ansicht des BGH im konkreten Fall ausreichend für die Annahme einer Verkehrsdurchsetzung, während das Patentgericht eine noch höhere Bekanntheit gefordert hatte.

posted by Stadler at 11:00  

7.12.09

Neue Meta-Suchmaschine für die Markenrecherche

TMView ist eine Art Meta-Suchmaschine für die Markenrecherche, die in Zukunft Daten aller teilnehmenden Markenämter abfragt und eine einheitliche europaweite Markenrecherche ermöglichen soll und zwar nach Gemeinsschaftsmarken, IR-Marken und den nationalen Marken aller EU-Staaten. Im derzeitigen Beta-Stadium sind bereits die Daten des Harmonierungsamts (HABM) und der WIPO sowie von einigen nationalen Registern recherchierbar. TMView wird vom Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (HABM) betrieben.

posted by Stadler at 16:50  

20.11.09

EuG: Kein Markenschutz für "Cannabis"

Das Gericht erster Instanz – und nicht wie von mir zunächst behauptet, der EuGH – hält das Zeichen „Cannabis“ für Getränke und Lebensmittel für beschreibend und hat deshalb die Eintragung einer entsprechenden Marke u.a. für die Waren Biere, Weine, Spirituosen, Liköre und Sekt abgelehnt.

Das EuG führt aus:

„Aus alledem folgt, dass sich das Zeichen CANNABIS auf die aus den Medien allgemein bekannte Hanfpflanze bezieht, die bei der Herstellung bestimmter Lebensmittel und Getränke verwendet wird. Der Durchschnittsverbraucher wird daher sofort und ohne weiteres Nachdenken einen Zusammenhang zwischen dem fraglichen Zeichen und den Merkmalen der Produkte herstellen, für die die Marke eingetragen wurde. Dadurch wird dieses Zeichen zu einem beschreibenden Zeichen.“

Diese Einschätzung des EuG zur Verbrauchererwartung halte ich für fragwürdig. Der Verkehr mag zwar den Begriff Cannabis mit der Hanfpflanze assoziieren, allerdings primär in Richtung eines Betäubungsmittels. Ob er daneben auch annimmt, dass es sich um einen gebräuchlichen Inhaltsstoff bei der Herstellung von Lebensmitteln und Getränken handelt, dürfte demgegenüber eher fraglich sein.

Urteil des Gericht erster Instanz vom 19. November 2009 (Az.: T‑234/06)

posted by Stadler at 11:13  

15.11.09

"Hello Pussy" nicht als Marke schutzfähig

Der angemeldeten Marke „Hello Pussy“ steht nach Ansicht des Bundespatentgerichts (25 W (pat) 66/07) hinsichtlich der Waren

„Seifen; Parfümeriewaren; ätherische Öle, Mittel zur Körper- und Schönheitspflege; Pharmazeutische Erzeugnisse sowie Präparate für die Gesundheitspflege; diätetische Erzeugnisse für medizinische Zwecke; Pflaster, Verbandmaterial; Desinfektionsmittel, Hygienische Gummiwaren, Kondome, mechanische Kontrazeptiva, sexuelle Reaktion fördernde Artikel zur unmittelbaren Anwendung am Körper (soweit in Klasse 10 enthalten), insbesondere Massagegeräte, Vibratoren, Liebeskugeln, Penisringe, funktionsgerechte Nachbildungen von menschlichen Körperteilen“

das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft entgegen und kann deshalb nicht eingetragen werden.

Das Gericht führt zur Begründung u.a. aus:

Das Wort „Pussy“ hat mehrere Bedeutungen. So ist es eine Bezeichnung der Vagina, einer intimen Freundin oder ein Katzenname (Küpper, Wörterbuch der Umgangssprache, Stuttgart, München, Düsseldorf, Leipzig 1997, S. 638 Stichwörter Pussy und Pussi). Im englischsprachigen Slang bedeutet „pussy“ darüber hinaus u. a. auch „women in general, with an implication of their being sexually available“ (vgl. Cassell’s Dictionary of Slang, 200, S. 961). Wie der Ausdruck verstanden wird hängt dabei von den jeweiligen Umständen ab. Bei Waren, die im Intimbereich Verwendung finden oder in besonderem Maße dazu dienen können, das Intimleben zu beeinflussen, wird die Bezeichnung „Hello Pussy“, selbst wenn sie nicht als vulgäre Anrede, sondern mehr neutral im Sinne von „intime Freundin“ verstanden würde, als bloße Werbeanpreisung dahingehend verstanden, dass die Waren für den Intimbereich bestimmt sind bzw. darauf einwirken sollen.

Ganz schön auf der Höhe der Zeit die Bundesrichter. ;-)
(via RA Dennis Breuer)

posted by Stadler at 13:43  

28.10.09

BGH: Haftung des Merchants beim Affiliate-Marketing

Der Volltext der Entscheidung des BGH zur Haftung des Merchants für Markenrechtsverletzungen auf der Website des Affiliates ist nunmehr im Volltext online. Der BGH geht davon aus, dass der Werbepartner(Affiliate) zumindest unter bestimmten Umständen als Beauftragter des werbenden Unternehmens (Merchant) im Sinne von § 14 Abs. 7 MarkenG anzusehen ist, womit ihm dann die Markenrerchtsverletzung auf der Site des Affiliates zuzurechnen wäre.

Dies gilt nach Ansicht des BGH zumindest dann, wenn nach dem Inhalt des Werbepartnerprogramms für jeden Besucher, der über den Werbelink zu dem Unternehmen gelangt und mit diesem einen Geschäftsabschluss tätigt, eine Provision gezahlt wird und der betreffende Werbepartner (Affiliate) erst nach einer Überprüfung durch den Unternehmer (Merchant) selbst in das Partnerprogramm aufgenommen wird.
Urteil des Bundesgerichtshofs vom 07.10.2009, Az.: I ZR 109/06

posted by Stadler at 15:12  

20.10.09

Jack Wolfskin: Abmahnungen erhitzen die Gemüter

Der Hersteller von Outdoor-Bekleidung Jack Wolfskin ist Inhaber von Bildmarken, die den Abdruck einer Tierpfote zeigen und die für verschiedenste Waren Schutz genießen, u.a. für Bekleidungsstücke. Jack Wolfskin hat jetzt mehrere Verkäufer und Hersteller von Bekleidung – bei denen es sich sich z.T. offenbar um Kleingewerbetreibende handelt – abgemahnt, weil – man ahnt es schon – diese auf Bekleidungsstücken eine Tierpfote angebracht hatten, die eine zumindest entfernte Ähnlichkeit zur Gestaltung des Markeninhabers aufweist. Und das führt nach Ansicht von Jack Wolfskin zu einer Verwechslungsgefahr mit den eingetragenen Marken.

Auch wenn ich die Sachverhalte nicht im Detail kenne, hält sich bei mir, als Anwalt der sich seit Jahren mit Markenrecht beschäftigt, die Überraschung über diesen Fall in Grenzen. Dafür kocht aber die Blogger-Seele umso stärker über. Die einen berichten einseitig und polemisch oder wie das ehemalige Nachrichtenmagazin verzerrt, die anderen berufen sich gar auf Kant und Brecht, um die ganze skandalöse Tragweite dieser Abmahnungen herauszuarbeiten.

Was würde die Blogosphäre wohl sagen, wenn sie wüsste, dass das nur Business As Usual ist, dass derartige Abmahnungen jede Woche hundertfach ausgesprochen werden und es purer Zufall ist, dass gerade diese Sache jetzt hochgekocht wird? Dann wäre alles vermutlich noch viel schlimmer.

Frei nach Ludwig Thoma beginne ich, also Jurist der nur mit mäßigem Verstand ausgestattet ist, einfach mit der Gegenthese, zumal ich sie in den letzten Tagen nirgendwo lesen konnte. Der alte Kampf von David gegen Goliath wird seinen Charme zwar nie verlieren, aber taugt er hier tatsächlich als tragendes Argument? Nein. Denn die Gesetze müssen für alle gleichermaßen gelten, für Konzerne ebenso wie für Kleingewerbetreibende. Und wer sich in das Geschäftsleben begibt und Waren zum Verkauf anbietet, der muss sich über bestimmte Dinge informieren und gewisse Spielregeln beachten. Tut er das nicht, darf er sich über Ärger nicht beschweren. Man wird ihm allerdings zugute halten müssen, dass sich sein Risiko deutlich erhöht hat, seit es eBay gibt.

Kommen wir zurück zu Kant und zum kategorischen Imperativ. Denn eigentlich sollte das Gesetz in einem Rechtsstaat die Kantsche Vorstellung umsetzen. Das Gesetz ist generell abstrakt und sein Bestreben soll es sein, die überwiegende Mehrzahl der Einzelfälle fair und gerecht zu lösen.

Wenn man hier also unterstellt, dass das Verhalten von Jack Wolfskin vom geltenden Markenrecht gedeckt ist – wofür einiges spricht – man es gleichwohl aber für falsch, ja sogar unmoralisch hält, dann kann die Schlussfolgerung nur lauten, dass das Gesetz falsch ist, weil es die hier diskutierten Einzelfälle nicht vernünftig regelt. Der Aufschrei im Netz richtet sich aber nicht gegen das Markengesetz sondern gegen das Unternehmen Jack Wolfskin. Damit ziehen die Blogger aber möglicherweise die falsche Schlussfolgerung.

Die Frage muss, wenn man an diesem Punkt angelangt ist, nämlich lauten, ob das Internet nicht – ähnlich wie beim Urheberrecht – auch den gewerblichen Schutzrechten ihre Grenzen aufzeigt und wir uns von einem weitreichenden markenrechtlichen Schutz in seiner jetzigen Form verabschieden müssen. Zumindest ist das die Frage, die es zu diskutieren gilt.

posted by Stadler at 21:32  

13.10.09

BGH zur markenmäßigen Benutzung (DAX)

Ob die Bezugnahme auf den deutschen Aktienindiex DAX in von der Beklagten herausgegebenen Wertpapieren eine markenmäßige Benutzung des Kennzeichens DAX der Deutschen Börse AG darstellt, lässt der BGH, anders als das Berufungsgericht, in seinem Urteil vom 30.04.09 ausdrücklich offen. Selbst wenn dies nämlich der Fall sein sollte, kann die Deutsche Börse AG die Bezugnahme auf den DAX in den Wertpapieren der Beklagten jedenfalls wegen § 23 Nr. 2 MarkenG nicht verbieten.

Die amtlichen Leitsätze:

a) Veröffentlicht der Markeninhaber (hier: Deutsche Börse AG) einen mit der Marke bezeichneten Aktienindex (hier: DAX), kann er einem Dritten aufgrund des Markenrechts nicht verbieten, in den von dem Dritten emittierten Finanzprodukten als Bezugsgröße auf den Aktienindex zu verweisen, wenn dies sachlich und informativ geschieht und der Eindruck vermieden wird, es bestünden Handelsbeziehungen zwischen den Beteiligten.

b) Ein Verstoß gegen die guten Sitten i.S. des § 23 Nr. 2 MarkenG liegt vor, wenn ein Dritter den mit einer Marke übereinstimmenden Aktienindex (hier: DivDAX) im Rahmen der Produktkennzeichnung seiner Wertpapiere (hier: Unlimited DivDAX® Indexzertifikat) verwendet.

c) Verweist ein Bankinstitut auf einen Aktienindex als Bezugsgröße für die Wertentwicklung seiner Finanzprodukte, liegt darin keine wettbewerbswidrige Nachahmung der in der Ermittlung und Herausgabe des Aktienindex bestehenden Leistung.

d) Ist ein Lizenznehmer zur Zahlung von Einzellizenzgebühren für die Verwendung der Marke bei der Ausgabe von Wertpapieren verpflichtet, kann allein deren vermehrte Ausgabe kein Anpassungsverlangen nach § 313 BGB begründen.

BGH, Urteil vom 30. April 2009 (Az.: I ZR 42/07)

posted by Stadler at 10:08  

7.10.09

BGH hebt offenbar Urteil zum Affiliate-Marketing auf

Wie Telemedicus berichtet, hat der Bundesgerichtshof heute ein Urteil des OLG Köln zum Affiliate-Marketing aufgehoben und zurückverwiesen. Eine Pressemitteilung des BGH soll es nicht geben, weshalb wohl der Volltext abzuwarten bleibt.

Diese Fälle sind dadurch gekennzeichnet, dass der Webseitenbetreiber (Affiliate) die Werbung eines Dritten (Merchant) einblendet. Der Merchant soll nun, nach Ansicht des OLG Köln, dafür haften, dass der Affiliate fremde Markenrechte verletzt. Im konkreten Fall wurde der Markenname vom Affiliate als Meta-Tag verwendet.

Darüber, wie der BGH seine abweichende Ansicht begründet, kann nur spekuliert werden. Ein Ansatz besteht darin, den Merchant weder als Störer, Teilnehmer noch Beauftragten des Affiliate zu betrachten, wofür meines Erachtens einiges spricht. Möglicherweise hat der BGH im konkreten Fall auch eine markenmäßige Benutzung verneint.

posted by Stadler at 15:24  

5.10.09

BGH zum Beginn des Titelschutzes von Domains und zur markenmäßigen Benutzung bei Domainumleitung

Gerade wurde eine neue Entscheidung des BGH (Urteil vom 14. Mai 2009, Az.: I ZR 231/06) im Volltext veröffentlicht, die sich mit dem Beginn des Schutzes einer Domain als Werktitel sowie mit der Frage der markenmäßigen Benutzung im Falle einer Domainumleitung befasst.

Die Leitsätze des BGH lauten:
a) Der Schutz eines Domainnamens als Werktitel nach § 5 Abs. 1 und 3 MarkenG kann grundsätzlich erst einsetzen, wenn das über den Domainnamen erreichbare titelschutzfähige Werk weitgehend fertiggestellt ist.
b) Für die Vorverlagerung des Schutzes eines Werktitels durch eine Titelschutzanzeige reicht die bloße Titelankündigung auf der eigenen Internetseite der Werktitelschutz beanspruchenden Partei nicht aus.
c) Eine markenmäßige Benutzung eines Domainnamens kommt auch dann in Betracht, wenn bei Aufruf des Domainnamens eine automatische Weiterleitung zu einer unter einem anderen Domainnamen abrufbaren Internetseite erfolgt.

posted by Stadler at 10:00  
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