Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

28.11.09

Die Abmahnbranche wird nervös

Der Kanzlei Wilde & Berger sowie Rechtsanwalt Solmecke ist es per einstweiliger Verfügung des Landgerichts Köln verboten worden, bestimmte Passagen aus einem Blogeintrag, der sich mit dem Massenphänomen Filesharing-Abmahnung befasst, weiter zu publizieren. Beantragt hatte die Verfügung die in diesem Bereich nicht unbekannte Kanzlei Nümann & Lang. Es scheint Nervosität aufzukommen unter denjenigen Anwälten, die das Abmahnwesen gegen Filesharer zum Geschäftsmodell ausgebaut haben. Und dafür gibt es möglicherweise allen Grund, auch wenn sich das Augenmerk aus aktuellem Anlass vorerst auf die Fa. DigiProtect und eine der sie vertretenden Kanzleien, nämlich Kornmeier & Partner beschränkt.

Dass das Landgericht Köln den von der Meinungsfreiheit gedeckten Text des Kollegen Solmecke beanstandet hat und die Beschlussverfügung interessanter Weise mit einem Verstoß gegen anwaltliches Werberecht (§ 43b BRAO) begründet, ist zumindest im Ergebnis nicht überraschend. Es war nämlich vor allen Dingen das Landgericht Köln, das mit fragwürdigen Auskunftsbeschlüssen nach § 101 Abs. 9 UrhG die Grundlage dafür geschaffen hat, dass mittels eines einzigen Verfahrens z.T. tausende IP-Adressen den zugehörigen Anschlussinhabern zugeordnet wurden. Diese gerichtliche Praxis hat der Abmahnbranche nach der Änderung des Urheberrechtsgesetzes im September 2008 zusätzlichen Aufschwung beschert. Was rechtlich von der Praxis, gerade des Landgerichts Köln, zu halten ist, habe ich in einem aktuellen Fachaufsatz für das AnwaltszertifikatOnline dargelegt.

Die Gerichte werden sich in Zukunft verstärkt der Frage zuwenden müssen, ob das Geschäftsmodell der massenhaften Abmahnung von Filesharern wirtschaftlich überhaupt denkbar ist, wenn hierbei auf Basis des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes abgerechnet wird und was es andererseits bedeutet, wenn dies nicht der Fall ist, aber von den Abgemahnten dennoch die Erstattung von RVG-Gebühren gefordert wird. Ob hier überhaupt Spielraum für ein nach deutschem Recht zulässiges Geschäftsmodell besteht oder aber der Rechtsmissbrauch zwangsläufig ist, wird zu hinterfragen sein. Mit Reflexen der betroffenen Abmahnanwälte ist dann natürlich zu rechnen.

posted by Stadler at 08:35  

27.11.09

Update: Kornmeier mahnt Blogbeitrag von mir ab

Nach meinem gestrigen Blogpost „Rechtsanwalt Kornmeier lässt Blogbeitrag abmahnen“ kam es zu einer beeindruckenden Welle der Unterstützung, die mich überrascht hat. Danke für den Zuspruch und die Aufmunterung!

Ich bin immer wieder gefragt worden, ob ein Spendenkonto eingerichten wird und ob man mich durch eine Spende unterstützen kann. Daran hatte ich eigentlich überhaupt nicht gedacht und plane auch weiterhin keinen Spendenaufruf. Vielleicht sollte die Gegenseite aber realisieren, dass das Vorhaben, mich mit einem hohen Kostenrisiko einzuschüchtern, dank Ihrer und Eurer Unterstützung endgültig gescheitert ist.

Mittlerweile habe ich von Anwaltskollegen und Betroffenen zahlreiche Rückmeldungen und weitere hilfreiche Informationen und Dokumente erhalten.

Ein bei DigiProtect selbst abrufbares aktuelles Urteil des AG Frankfurt vom 16.10.09, in dem es ausdrücklich heißt, die Klägerin macht die Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten geltend, bestätigt meine bisherige Einschätzung und steht in Widerspruch zu den Ausführungen in der gegen mich gerichteten Abmahnung. Es stellt sich aber hier auch die Frage, wie man ernsthaft behaupten kann, dass man keine Anwaltskosten nach dem RVG geltend macht, wenn man diese angeblich nicht geforderten Gebühren dann sogar gerichtlich durchsetzt. Insoweit werden sicherlich noch weitere Fragen zu stellen sein.

Auch in anderen Abmahnschreiben der Kanzlei Kornmeier finden sich übrigens Formulierungen wie „erstattungspflichtige Kosten“ und „Anspruch auf Erstattung von Anwaltskosten“. Aber selbst daraus kann man, nach Ansicht der Kanzlei Kornmeier, wohl nicht schließen, dass die Erstattung solcher Kosten tatsächlich auch verlangt wird.

Diese und andere Widersprüchlichkeiten hat Udo Vetter übrigens pointiert hervorgehoben.

posted by Stadler at 11:40  

26.11.09

Rechtsanwalt Kornmeier lässt Blogbeitrag abmahnen

Bloggen in Deutschland ist gefährlich, vor allem dann, wenn man Missstände beleuchtet. Das habe ich jetzt am eigenen Leib erfahren müssen, denn vor zwei Tagen flatterte mir eine Abmahnung einer Frankfurter Anwaltskanzlei ins Haus. Ihr Auftraggeber: Rechtsanwalt Dr. Udo Kornmeier und die Kanzlei Kornmeier & Partner. Stein des Anstoßes ist mein Blogeintrag „Filesharing-Abmahnungen: DigiProtect und Kornmeier – eine juristische Analyse“ sowie ein Interview, das ich dem Sender Radio Fritz am 21.11.09 gegeben habe.

Die Anwaltskanzlei die Kornmeier in dieser Sache vertritt, fährt schwere Geschütze auf, denn sie beziffert den Gegenstandswert auf EUR 250.000,- und fordert eine Vertragsstrafe von EUR 15.000,- für den Fall des Verstoßes. Ich soll es unterlassen zu behaupten, mir läge in einer Abmahnangelegenheit der Fa. DigiProtect ein Schreiben der Kanzlei Kornmeier vor, in welchem Anwaltskosten nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz geltend gemacht würden. Außerdem soll ich nicht weiter behaupten, dass sich die Kanzlei Kornmeier ausdrücklich darauf beruft, dass die ihrer Mandantin nach dem RVG entstandenen Kosten zu erstatten seien und man dieses Verhalten zivilrechtlich als unerlaubte Handlung und strafrechtlich als Betrug oder Betrugsversuch qualifizieren könne. Und widerrufen soll ich das Ganze auch noch, nämlich öffentlich in diesem Blog sowie schriftlich gegenüber Radio Fritz (RBB).

Nun hoffe ich, dass alle da draußen die Botschaft verstanden haben. Rechtsanwalt Kornmeier fordert überhaupt keine Anwaltsgebühren nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz und natürlich ist auch kein Abgemahnter verpflichtet, diese Kosten zu erstatten. In den eigenen Schreiben der Kanzlei Kornmeier liest sich das freilich geringfügig anders, nämlich im Wortlaut u.a. so:

Wir werden daher unserer Mandantschaft die gerichtliche Geltendmachung ihrer Forderungen empfehlen (…)
Der zu erstattende Betrag errechnet sich in diesem Fall wie folgt:
Streitwert: EUR 10.000,00
1,3 Geschäftsgebühr (gem. §§ 2, 13, 14 RVG i.V.m. Nr. 2300 VVRVG): EUR 631,80
Auslagenpauschale (gemäß Nr. 7002 VV RVG): EUR 20,00
Gesamtsumme: EUR 651,80

Die jetzt in dem Abmahnschreiben aufgestellte Behauptung, die Kanzlei Kornmeier würde gar keine Erstattung von Anwaltskosten nach dem RVG geltend machen, kann ich deshalb – freundlich formuliert – nur als Chuzpe betrachten. Welchen Erklärungsinhalt hat dieser Wortlaut wohl?

Ich würde daher auch gerne Informationen über andere Fälle sammeln, in denen die Kanzlei Kornmeier schriftlich ganz ausdrücklich Anwaltskosten nach dem RVG berechnet und Erstattung verlangt hat und auch Informationen zu den Fällen, in denen Abgemahnte diese Kosten daraufhin vollständig oder teilweise an die Kanzlei bezahlt haben. Liebe Kollegen und Betroffene, schickt mir bitte Scans solcher Schreiben an ts@cplus.de. Das wird mir helfen, das System Kornmeier/DigiProtect besser darstellen zu können.

Und wie werde ich mich jetzt verhalten und auf die Abmahnung reagieren? Ich habe dem von Dr. Kornmeier beauftragten Rechtsanwalt mittlerweile geschrieben, dass es nicht einer gewissen Ironie entbehrt, wenn sein Mandant jetzt versucht, sein eigenes unlauteres Geschäftsmodell mit Hilfe des UWG (Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb) zu verteidigen und ihn zudem wissen lassen, dass ich mich gegen die Unterlassungs- und Widerrufsforderung zur Wehr setzen werde, notfalls auch unter Ausschöpfung des Rechtswegs.

Dass man versucht, mich mit dem Risiko von Prozesskosten, die schnell den fünfstelligen Bereich erreicht haben, einzuschüchtern und mundtot zu machen, ist klar, angesichts dessen, dass das Scheitern eines lukrativen aber unlauteren Geschäftsmodells droht.

Update vom 27.11.09:
Im Laufe des Tages sind hier eine ganze Menge an Informationen und Unterlagen eingetroffen, die die bisherige Einschätzung bestätigen und erhärten. Die Kanzlei Kornmeier hat ihre Textbausteine im Laufe des Jahres 2009 leicht abgeschwächt. Im Februar 2009 wurden Anwaltskosten nach dem RVG noch deutlicher gefordert und zwar mit folgender Formulierung:

„Ihr Mandantschaft ist daher verpflichtet, die unserer Mandantschaft entstandenen Anwaltskosten nach den einschlägigen Bestimmungen des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG) auf Basis eines angemessenen Streitwertes für den Unterlassungsanspruch in Höhe von EUR 10.000,00 zu übernehmen. (…) Falls dieser Betrag nicht bis zum (…) auf das folgende Konto unserer Mandantschaft (…) bezahlt wird, werden wir unserer Mandantschaft empfehlen, ihre Zahlungsansprüche vor der zuständigen Frankfurter Gerichtsbarkeit geltend zu machen“

In der gegen mich gerichteten Abmahnung heißt es demgegenüber:

“ (…) behaupten Sie (…) Ihnen liege ein Schreiben der Kanzlei Kornmeier (…) vor, in welchem Anwalstkosten nach dem RVG geltend gemacht würden, die Kanzlei Kornmeier berufe sich dabei ausdrücklich darauf, dass die ihrer Mandantschaft DigiProtect GmbH nach dem RVG entstandenen Kosten zu tragen seien (…)Diese Aussagen sind unwahr!!“

Vermutlich waren die zwei Ausrufezeichen auch dringend notwendig, um das zu unterstreichen.

posted by Stadler at 14:10  

19.11.09

Filesharing-Abmahner im Zwielicht: DigiProtect und Kornmeier

Dass sich die Abmahnung im Bereich des Filesharing mittlerweile tatsächlich zu einem lukrativen Geschäftsmodell entwickelt hat, wird zunehmend deutlicher.

Die DigiProtect Gesellschaft zum Schutz digitaler Medien mbH hat heute mit einer Pressemitteilung darauf reagiert, dass seit einigen Tagen ein Schreiben von Rechtsanwalt Udo Kornmeier im Netz kursiert, das belegt, dass DigiProtect keine Anwaltsgebühren an die Kanzlei bezahlt, von den Kosten der Rechtsverfolgung freigestellt wird und die Kanzlei Kornmeier dafür einen prozentualen Anteil der erzielten Einnahmen erhält. In dieser Pressemitteilung bestreitet DigiProtect die Echtheit des Faxes von Rechtsanwalt Kornmeier erst gar nicht („ein […] Fax […], das dem Anschein nach von der von uns mandatierten Anwaltskanzlei Kornmeier & Partner stammt„). Auch inhaltlich wird nicht in Abrede gestellt, dass das Geschäftsmodell so ausgestaltet ist, wie Kornmeier es in seinem Fax skizziert. Man verteidigt sich stattdessen mit Allgemeinplätzen.

Meine rechtlichen Schlussfolgerungen – und auch die anderer Kollegen – werden durch die Ausführungen von DigiProtect jedenfalls nicht entkräftet.

Die Kanzlei Kornmeier macht unterdessen noch mit Schreiben vom 18.11.2009 – das mir vorliegt – Anwaltskosten nach dem RVG aus einem Gegenstandswert von EUR 10.000,- geltend. Die Rechtsanwälte werden sich jetzt mit den neuen Argumenten auseinandersetzen müssen, dass ihr Abmahnungen bereits deshalb rechtsmissbräuchlich sind, weil sie den Auftraggeber (DigiProtect) von jeglichem Kostenrisiko freistellen und zudem vom Verletzer die Erstattung von Aufwendungen (Anwaltskosten) verlangen, die dem Auftraggeber gar nicht entstanden sind.

posted by Stadler at 16:10  

17.11.09

Filesharing-Abmahnungen: DigiProtect und Kornmeier – eine juristische Analyse

Was viele schon immer vermutet haben, wird langsam zur Gewissheit. Unter dem Deckmantel der (legitimen) Verfolgung urheberrechtlicher Interessen etabliert sich ein neuer Wirtschaftszweig, der die urheberrechtliche Abmahnung zu einem lukrativen Geschäftsmodell umgestaltet hat. Und hierbei wird offenbar gegen geltendes Recht verstoßen.

Wikileaks hat vor einigen Tagen ein sehr brisantes Telefax des deutschen Rechtsanwalts Udo Kornmeier vom 19.03.2008 an einen britischen Kollegen der Kanzlei Davenport Lyons veröffentlicht, das dem News-Portal Gulli zugespielt worden war. Kormmeier ist im Bereich der Filesharing-Abmahnungen einer der bekannten Player in Deutschland. Er vertritt u.a. die DigiProtect Gesellschaft zum Schutz digitaler Medien mbH, die wiederum mit Rechteinhabern Vereinbarungen abschließt, die DigiProtect zur Rechtswahrnehmung berechtigt, insbesondere dazu, Rechtsverletzungen in P2P-Netzwerken zu verfolgen.

Rechtsanwalt Kornmeier erläutert seinem Kollegen aus London in diesem Telefax die finanzielle Seite der Vereinbarung mit DigiProtect. Interessant hieran ist zunächst die Aussage Kornmeiers, dass die britische Kanzlei Davenport Lyons als in England beauftragte Kanzlei 37,5 % der im Rahmen der Rechtsverfolgung erzielten Einnahmen erhält. Außerdem weist Kornmeier darauf hin, dass dem ursprünglichen Rechteinhaber keinerlei Kosten entstehen und es für DigiProtect deshalb nicht möglich ist, Zahlungen zu garantieren. Das ganze Projekt sei, so Kornmeier, aus der Sicht von DigiProtect eine Art „Joint Venture“ aus dem die Anwaltskanzlei 37,5 % der Einnahmen erhält, wobei darin aber die Kosten/Gebühren für die Rechtsverfolgung enthalten sind, mithin also explizit auch die Anwaltskosten. Rechtsanwalt Kornmeier stellt in seinem Faxschreiben klar, dass dies in Deutschland so gehandhabt wird.

Das bedeutet nichts anderes, als dass die Kanzlei Kornmeier der Fa. Digiprotect keine Gebühren nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz berechnet, sondern vielmehr ein reines Erfolgshonorar vereinbart worden ist.

Einer solchen Vereinbarung sind nach deutschem Recht allerdings sehr enge Grenzen gesetzt. § 4a des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes besagt, dass ein Erfolgshonorar nur für den Einzelfall und nur dann vereinbart werden darf, wenn der Auftraggeber aufgrund seiner wirtschaftlichen Verhältnisse bei verständiger Betrachtung ansonsten von der Rechtsverfolgung abgehalten würde.

Diese Voraussetzungen sind hier ersichtlich nicht erfüllt. Es fehlt bereits an einer Vereinbarung für den Einzelfall, weil vorliegend Rahmenverträge geschlossen werden, die die Verfolgung einer (unbestimmten) Vielzahl von Einzelfällen abdeckt. Außerdem wäre schwerlich zu begründen, dass ein Unternehmen wie DigiProtect aufgrund ihrer wirtschaftlichen Verhältnisse ansonsten die Rechtsverfolgung nicht stemmen könnte.

Wesentlich interessanter ist allerdings die Frage, wie sich dies für den Abgemahnten auswirkt. Die Kanzlei Kornmeier verlangt in ihren Abmahnungen zunächst meistens einen Pauschalbetrag (450 EUR) zur Abgeltung von Schadensersatzansprüchen und Anwaltskosten. Bestreitet der Abgemahnte die Berechtigung dieser Kosten, dann macht die Kanzlei Kornmeier in einem Folgeschreiben – ein derartiges Schreiben liegt mir ganz aktuell mit Datum vom 03.11.09 vor – ganz ausdrücklich Anwaltskosten nach dem RVG geltend. Die Kanzlei Kornmeier beruft sich dabei ausdrücklich darauf, dass die ihrer Mandantschaft (DigiProtect) nach dem RVG entstandenen Anwaltskosten, zu tragen sind.

Hierzu muss man zunächst feststellen, dass der DigiProtect keine Anwaltskosten nach dem RVG entstanden sind, weil zwischen ihr und der Kanzlei ja gerade eine abweichende Erfolgshonorarvereinbarung besteht. Nach dem Gesetz (§ 683 BGB) kann bei der sog. Geschäftsführung ohne Auftrag, auf die sich der Erstattungsanspruch stützt, aber nur der Ersatz von Aufwendungen verlangt werden. Und Aufwendungen müssen nach der Rechtsprechung des BGH nachweisbar entstanden sein.

Da der DigiProtect aber keine Aufwendungen entstanden sind – sie schuldet der Kanzlei Kornmeier vereinbarungsgemäß keine Anwaltskosten – kann sie vom Verletzer auch keine Erstattung von Anwaltskosten verlangen.

Man muss sogar noch einen Schritt weiter gehen. Die Kanzlei Kornmeier fordert Anwaltskosten, von denen sie weiß, dass sie nicht entstanden sind. Dieses Verhalten wird man zivilrechtlich als unerlaubte Handlung qualifizieren können und strafrechtlich als (versuchten) Betrug.

Abschließend noch ein Schwenk vom Konkreten zum Allgemeinen. Derartige „Geschäftsmodelle“ wie sie von Digiprotect und der Kanzlei Kornmeier praktiziert werden, sind nur deshalb möglich, weil der Gesetzgeber durch eine Neuregelung des Urheberrechts einen fragwürdigen Auskunftsanspruch (§ 101 Abs. 9, Abs. 2 UrhG) geschaffen hat, dem einige Gerichte, insbesondere das Landgericht Köln, im Wege automatisierter Massenverfahren nachkommen.

Das Update vom 19.11.09

posted by Stadler at 13:08  

9.11.09

Filesharing: Das lukrative Abmahngeschäft

An dieser Stelle hatte ich bereits des öfteren darauf hingewiesen, dass sich die urheberrechtliche Abmahnung mehr und mehr zu einem Geschäftsmodell entwickelt.

Passend hierzu hat der Kollege Dosch kürzlich einen interessanten Blogeintrag verfasst, in dem er über eine Einsicht des Kollegen Boecker in zwei Akten des Landgerichts Köln berichtet. Allein diese beiden Akten enthalten Auskünfte über die Inhaber von Internetanschlüssen zu 11.000 bzw. 1.700 IP-Adressen. Die Musikindustrie und die Rechteinhaber sind nämlich dazu übergegangen, ihre Auskunftsanträge zu einem Massenverfahren umzufunktionieren, was vor allem dank des Landgerichts Köln auch prächtig funktioniert.

Dem gerichtlichen Auskunftsverfahren gehen Recherchen eines Unternehmens – das oft ein Tochterunternehmen eines Rechteverwerters oder gar einer Anwaltskanzlei ist – voraus, durch die IP-Adressen in P2P-Netzwerken ermittelt werden. Mit diesen IP-Adressen marschiert man dann zum Gericht, das auf Grundlage von § 101 Abs. 9 UrhG beschließt, dass der Provider den zu der IP gehörenden Anschlussinhaber benennen muss.

Dass es sich hierbei mittlerweile um ein richtig dickes Geschäft handelt, an dem auch die Rechteinhaber besser verdienen als am regulären Vertrieb ihrer Werke, ist ein offenes Geheimnis.

posted by Stadler at 15:40  

29.10.09

Seltsame Verflechtungen bei den Filesharing-Abmahnanwälten

Die Fa. DigiProtect gehört bekanntlich zu den sehr eifrigen Filesharing Abmahnern, die zumeist einzelne Interpreten – sehr beliebt ist nach wie vor Milow – oder Komponisten vertritt und die sich ihrerseits durch verschiedene Anwaltskanzleien vertreten lässt.

Bei einer dieser Kanzleien – von Kenne & Partner – habe ich gestern angerufen, nachdem ein Kollege dieser Kanzlei hier angerufen und um Rückruf gebeten hatte. Ich wurde dann zu einem anderen Kollegen verbunden, der nicht auf dem Briefkopf der Kanzlei von Kenne, wohl aber auf dem Briefkopf der Kanzlei Denecke, von Haxthausen & Partner geführt wird. Zwei Rechtsanwälte werden übrigens auf beiden Briefköpfen geführt. Die Kanzlei Denecke, von Haxthausen ist nach meiner Einschätzung als anwaltlicher Vertreter von DigiProtect relativ neu.

Beide Kanzleien habe interessanterweise eine identische Anschrift und Telefonnummer. Außerdem wird bei Eingabe von „www.vonkenne.com“ mittlerweile auf die Kanzlei Denecke umgeleitet. Es könnte also sein, dass es sich um eine Nachfolge handelt. Man sollte dann allerdings nicht noch am 22.10.09 bei Kollegen anrufen und sich als Kanzlei von Kenne melden.

Der Song Ayo Technology von Milow wurde – nach den mir vorliegenden Abmahnungen – jedenfalls noch am 18.09.09 für DigiProtect durch von Kenne abgemahnt, während dasselbe Werk dann am 18.10.09 durch die Kanzlei Denecke abgemahnt worden ist.

Sonderlich seriös und vertrauenserweckend wirken diese Umstände jedenfalls nicht. Sie verstärken vielmehr den Eindruck, dass sich das Abmahnwesen in diesem Bereich mehr und mehr zum bloßen Geschäftsmodell entwickelt.

Ach ja, und die Kanzlei Nümann und Lang evakuiert derweil immer noch den Dancefloor. Die aktuellste Abmahnung die mir hierzu vorliegt, stammt vom 22.10.09.

posted by Stadler at 12:52  

15.10.09

Geschäftsmodell Filesharing-Abmahmungen

Dass sich die massenhafte Abmahnung von Filesharern für alle Beteiligten rechnet und ein großes Geschäft darstellt, wurde schon immer gemutmaßt.

In einer Präsentation von DigiRights Solution – einer „Gesellschaft zum Schutz von Urheberrechtsverletzungen in P2P-Netzwerken“ – wird eine Beispielsrechnung aufgemacht, die diese Vermutung nun belegt. Diese Präsentation war nach einem kritischen Beitrag auf Gulli von der Firmenwebsite verschwunden, Wikileaks bringt sie jetzt wieder ans Tageslicht. In dieser Präsentation wird den Rechteinhabern vorgerechnet, dass sie mit der Abmahnung illegaler Downloads wesentlich besser verdienen können, als mit dem Angebot legaler Downloads.

DigiRights Solution stellt in einem Vergleich die Erträge von legalen und illegalen Downloads gegenüber und erläutert den Rechteinhabern, dass ihr Ertrag bei erfassten und bezahlten illegalen Downloads das 150-fache desjenigen beträgt, was sie mit legalen Downloadangeboten verdienen.

Spätestens aber dann, wenn das Abmahnwesen zum Geschäftsmodell wird, ist die Grenze zum Rechtsmissbrauch überschritten.

Man muss sich darüber im Klaren sein, dass dieses Geschäftsmodell nur deshalb funktioniert, weil über die Geltendmachung des Auskunftsanspruchs durch richterliche Anordnung (§ 101 Abs. 9 UrhG) relativ schnell und preisgünstig an die Daten der Filesharer zu kommen ist.

Das stellt vor dem Hintergrund wie ihn DigiRights Solution skizziert, allerdings auch einen Missbrauch prozessualer Rechte dar. Hallo Landgericht Köln, aufwachen bitte.

Auch auf die beteiligten Anwaltskanzleien – DigiRights Solution nennt beispielhaft die Rechtsanwälte Kornmeier & Partner als Kooperationspartner – werfen diese Hintergründe ein entsprechendes Licht.

posted by Stadler at 09:40  

13.10.09

Filesharing: Einmaliger Dateiupload begründet nach Ansicht des LG Kiel kein gewerbliches Ausmaß

Endlich wieder einmal eine Stimme der Vernunft in der Diskussion um die Frage, wann beim Filesharing ein gewerbliches Ausmaß erreicht ist.

Das Landgericht Kiel vertritt – im Gegensatz zum Beispiel zum OLG Köln – in einem Beschluss vom 02.09.2009 (Az.: 2 O 221/09) die zutreffende Ansicht, dass ein einmaliges Herunter- und Hochladen von Dateien für sich allein unter dem Gesichtspunkt der Anzahl der Rechtsverletzungen nie ein gewerbliches Ausmaß begründen kann, und zwar auch dann nicht, wenn dies in einer Internettauschbörse geschieht.

Das Gericht führt weiter aus:
„Auch die Schwere der behaupteten Rechtsverletzungen reicht vorliegend nicht aus, um ein gewerbliches Ausmaß anzunehmen. In gewerblichem Ausmaß begangene Rechtsverletzungen zeichnen sich grundsätzlich dadurch aus, dass sie zwecks Erlangung eines unmittelbaren oder mittelbaren wirtschaftlichen oder kommerziellen Vorteils vorgenommen werden. Handlungen, die in gutem Glauben von Endverbrauchern vorgenommen werden, fallen in der Regel nicht unter diesen Begriff. Er ist deshalb einschränkend dahin auszulegen, dass eine Rechtsverletzung von erheblicher Qualität vorliegen muss. Durch diese Einschränkung ist zumindest klargestellt, dass bei illegalen Kopien und Verbreitungen im Internet über Tauschbörsen ein Umfang erreicht werden muss, der über das hinausgeht, was einer Nutzung zum privaten oder sonstigen eigenen Gebrauch entspräche“

Siehe hierzu auch meine Einschätzung zu einer abweichenden Entscheidung des OLG Karlsruhe.

posted by Stadler at 12:00  

29.9.09

Filesharing-Abmahnungen: Milow – Ayo Technology

Wieder einmal habe ich den halben Tag mit Filesharing-Fällen zugebracht. Einige der üblichen Verdächtigen sind in den letzten Wochen aktiv gewesen. Relativ neu dabei sind die Rechtsanwälte Von Kenne und Partner, die (neben anderen Kanzleien) die Fa. DigiProtect mbH vertreten. Vollmacht liegt keine bei und über die Behauptung, dass DigiProtect Inhaber der ausschließlichen Rechte an der Tonaufnahme „Milow“ sein soll, geht die Darlegung auch nicht hinaus. Häufig wird bei solchen Chart-Hits ja auf Sampler wie „The Dome“ oder „Bravo Hits“ Bezug genommen, hier soll es aber mal nur die Datei mit der Bezeichnung „Milow_Milow2009-CMG.rar“ gewesen sein. Neben der Unterlassungserklärung (Vertragsstrafe EUR 5.001,-) möchte man pauschal EUR 480,- zur pauschalen Abgeltung des Schadensersatzes wie auch der anteiligen Gerichts- und Anwaltskosten.

Anbei – natürlich auch – ein Beschluss des Landgerichts Köln vom 10.06.09 (Az.: 9 OH 696/09) nach § 101 Abs. 9 UrhG, der interessanterweise von der Kanzlei Kornmeier erwirkt wurde und in dem wieder einmal ausgeführt wird, dass auch bei einem einzigen Musikalbum ein gewerbliches Ausmaß vorliegt. Darüber, dass man diese Auskunftsanträge nunmehr massenhaft auf dem Tisch hat, sollte sich das Landgericht Köln nicht beschweren. Dem könnte nämlich durch eine zutreffenden Rechtsanwendung schnell ein Ende bereitet werden. Es ist kein Zufall, dass diese Anträge mittlerweile fast alle in Köln gestellt werden.

posted by Stadler at 15:36  
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