Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

19.11.09

Filesharing-Abmahner im Zwielicht: DigiProtect und Kornmeier

Dass sich die Abmahnung im Bereich des Filesharing mittlerweile tatsächlich zu einem lukrativen Geschäftsmodell entwickelt hat, wird zunehmend deutlicher.

Die DigiProtect Gesellschaft zum Schutz digitaler Medien mbH hat heute mit einer Pressemitteilung darauf reagiert, dass seit einigen Tagen ein Schreiben von Rechtsanwalt Udo Kornmeier im Netz kursiert, das belegt, dass DigiProtect keine Anwaltsgebühren an die Kanzlei bezahlt, von den Kosten der Rechtsverfolgung freigestellt wird und die Kanzlei Kornmeier dafür einen prozentualen Anteil der erzielten Einnahmen erhält. In dieser Pressemitteilung bestreitet DigiProtect die Echtheit des Faxes von Rechtsanwalt Kornmeier erst gar nicht („ein […] Fax […], das dem Anschein nach von der von uns mandatierten Anwaltskanzlei Kornmeier & Partner stammt„). Auch inhaltlich wird nicht in Abrede gestellt, dass das Geschäftsmodell so ausgestaltet ist, wie Kornmeier es in seinem Fax skizziert. Man verteidigt sich stattdessen mit Allgemeinplätzen.

Meine rechtlichen Schlussfolgerungen – und auch die anderer Kollegen – werden durch die Ausführungen von DigiProtect jedenfalls nicht entkräftet.

Die Kanzlei Kornmeier macht unterdessen noch mit Schreiben vom 18.11.2009 – das mir vorliegt – Anwaltskosten nach dem RVG aus einem Gegenstandswert von EUR 10.000,- geltend. Die Rechtsanwälte werden sich jetzt mit den neuen Argumenten auseinandersetzen müssen, dass ihr Abmahnungen bereits deshalb rechtsmissbräuchlich sind, weil sie den Auftraggeber (DigiProtect) von jeglichem Kostenrisiko freistellen und zudem vom Verletzer die Erstattung von Aufwendungen (Anwaltskosten) verlangen, die dem Auftraggeber gar nicht entstanden sind.

posted by Stadler at 16:10  

17.11.09

Filesharing-Abmahnungen: DigiProtect und Kornmeier – eine juristische Analyse

Was viele schon immer vermutet haben, wird langsam zur Gewissheit. Unter dem Deckmantel der (legitimen) Verfolgung urheberrechtlicher Interessen etabliert sich ein neuer Wirtschaftszweig, der die urheberrechtliche Abmahnung zu einem lukrativen Geschäftsmodell umgestaltet hat. Und hierbei wird offenbar gegen geltendes Recht verstoßen.

Wikileaks hat vor einigen Tagen ein sehr brisantes Telefax des deutschen Rechtsanwalts Udo Kornmeier vom 19.03.2008 an einen britischen Kollegen der Kanzlei Davenport Lyons veröffentlicht, das dem News-Portal Gulli zugespielt worden war. Kormmeier ist im Bereich der Filesharing-Abmahnungen einer der bekannten Player in Deutschland. Er vertritt u.a. die DigiProtect Gesellschaft zum Schutz digitaler Medien mbH, die wiederum mit Rechteinhabern Vereinbarungen abschließt, die DigiProtect zur Rechtswahrnehmung berechtigt, insbesondere dazu, Rechtsverletzungen in P2P-Netzwerken zu verfolgen.

Rechtsanwalt Kornmeier erläutert seinem Kollegen aus London in diesem Telefax die finanzielle Seite der Vereinbarung mit DigiProtect. Interessant hieran ist zunächst die Aussage Kornmeiers, dass die britische Kanzlei Davenport Lyons als in England beauftragte Kanzlei 37,5 % der im Rahmen der Rechtsverfolgung erzielten Einnahmen erhält. Außerdem weist Kornmeier darauf hin, dass dem ursprünglichen Rechteinhaber keinerlei Kosten entstehen und es für DigiProtect deshalb nicht möglich ist, Zahlungen zu garantieren. Das ganze Projekt sei, so Kornmeier, aus der Sicht von DigiProtect eine Art „Joint Venture“ aus dem die Anwaltskanzlei 37,5 % der Einnahmen erhält, wobei darin aber die Kosten/Gebühren für die Rechtsverfolgung enthalten sind, mithin also explizit auch die Anwaltskosten. Rechtsanwalt Kornmeier stellt in seinem Faxschreiben klar, dass dies in Deutschland so gehandhabt wird.

Das bedeutet nichts anderes, als dass die Kanzlei Kornmeier der Fa. Digiprotect keine Gebühren nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz berechnet, sondern vielmehr ein reines Erfolgshonorar vereinbart worden ist.

Einer solchen Vereinbarung sind nach deutschem Recht allerdings sehr enge Grenzen gesetzt. § 4a des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes besagt, dass ein Erfolgshonorar nur für den Einzelfall und nur dann vereinbart werden darf, wenn der Auftraggeber aufgrund seiner wirtschaftlichen Verhältnisse bei verständiger Betrachtung ansonsten von der Rechtsverfolgung abgehalten würde.

Diese Voraussetzungen sind hier ersichtlich nicht erfüllt. Es fehlt bereits an einer Vereinbarung für den Einzelfall, weil vorliegend Rahmenverträge geschlossen werden, die die Verfolgung einer (unbestimmten) Vielzahl von Einzelfällen abdeckt. Außerdem wäre schwerlich zu begründen, dass ein Unternehmen wie DigiProtect aufgrund ihrer wirtschaftlichen Verhältnisse ansonsten die Rechtsverfolgung nicht stemmen könnte.

Wesentlich interessanter ist allerdings die Frage, wie sich dies für den Abgemahnten auswirkt. Die Kanzlei Kornmeier verlangt in ihren Abmahnungen zunächst meistens einen Pauschalbetrag (450 EUR) zur Abgeltung von Schadensersatzansprüchen und Anwaltskosten. Bestreitet der Abgemahnte die Berechtigung dieser Kosten, dann macht die Kanzlei Kornmeier in einem Folgeschreiben – ein derartiges Schreiben liegt mir ganz aktuell mit Datum vom 03.11.09 vor – ganz ausdrücklich Anwaltskosten nach dem RVG geltend. Die Kanzlei Kornmeier beruft sich dabei ausdrücklich darauf, dass die ihrer Mandantschaft (DigiProtect) nach dem RVG entstandenen Anwaltskosten, zu tragen sind.

Hierzu muss man zunächst feststellen, dass der DigiProtect keine Anwaltskosten nach dem RVG entstanden sind, weil zwischen ihr und der Kanzlei ja gerade eine abweichende Erfolgshonorarvereinbarung besteht. Nach dem Gesetz (§ 683 BGB) kann bei der sog. Geschäftsführung ohne Auftrag, auf die sich der Erstattungsanspruch stützt, aber nur der Ersatz von Aufwendungen verlangt werden. Und Aufwendungen müssen nach der Rechtsprechung des BGH nachweisbar entstanden sein.

Da der DigiProtect aber keine Aufwendungen entstanden sind – sie schuldet der Kanzlei Kornmeier vereinbarungsgemäß keine Anwaltskosten – kann sie vom Verletzer auch keine Erstattung von Anwaltskosten verlangen.

Man muss sogar noch einen Schritt weiter gehen. Die Kanzlei Kornmeier fordert Anwaltskosten, von denen sie weiß, dass sie nicht entstanden sind. Dieses Verhalten wird man zivilrechtlich als unerlaubte Handlung qualifizieren können und strafrechtlich als (versuchten) Betrug.

Abschließend noch ein Schwenk vom Konkreten zum Allgemeinen. Derartige „Geschäftsmodelle“ wie sie von Digiprotect und der Kanzlei Kornmeier praktiziert werden, sind nur deshalb möglich, weil der Gesetzgeber durch eine Neuregelung des Urheberrechts einen fragwürdigen Auskunftsanspruch (§ 101 Abs. 9, Abs. 2 UrhG) geschaffen hat, dem einige Gerichte, insbesondere das Landgericht Köln, im Wege automatisierter Massenverfahren nachkommen.

Das Update vom 19.11.09

posted by Stadler at 13:08  

11.11.09

Rechtsanwältin Katja G. mahnt Blogger ab

Eine fragwürdige Pressemitteilung der Verbaucherzentrale Schleswig-Holstein, die in der Tat den Eindruck erweckt, als sei die Münchener Abmahnanwältin Katja G. wegen Betrugs verurteilt worden, hat nun Bloggern, die diese Meldung übernommen haben, Ärger eingebracht.

Die Rechtsanwältin die mit fragwürdigen Abmahnungen zu zweifelhaftem Ruhm gekommen ist, sieht ihr Persönlichkeitsrecht verletzt und nimmt Blogger, mithilfe eines Kollegen, auf Unterlassung in Anspruch. Dafür sollen natürlich auch Anwaltskosten aus einem Gegenstandswert von EUR 10.000,- bezahlt werden. Schön ist auch, dass diese Kosten einschließlich Umsatzsteuer gefordert werden, obwohl nun mittlerweile wirklich jeder Kollege bemerkt haben sollte, dass der Verletzer in diesen Fällen nicht zur Zahlung von Umsatzsteuer verpflichtet ist.

Ob Frau G. die Verbraucherzentrale wohl auch abgemahnt hat? Diese Frage blieb offen.

posted by Stadler at 13:00  

9.11.09

Filesharing: Das lukrative Abmahngeschäft

An dieser Stelle hatte ich bereits des öfteren darauf hingewiesen, dass sich die urheberrechtliche Abmahnung mehr und mehr zu einem Geschäftsmodell entwickelt.

Passend hierzu hat der Kollege Dosch kürzlich einen interessanten Blogeintrag verfasst, in dem er über eine Einsicht des Kollegen Boecker in zwei Akten des Landgerichts Köln berichtet. Allein diese beiden Akten enthalten Auskünfte über die Inhaber von Internetanschlüssen zu 11.000 bzw. 1.700 IP-Adressen. Die Musikindustrie und die Rechteinhaber sind nämlich dazu übergegangen, ihre Auskunftsanträge zu einem Massenverfahren umzufunktionieren, was vor allem dank des Landgerichts Köln auch prächtig funktioniert.

Dem gerichtlichen Auskunftsverfahren gehen Recherchen eines Unternehmens – das oft ein Tochterunternehmen eines Rechteverwerters oder gar einer Anwaltskanzlei ist – voraus, durch die IP-Adressen in P2P-Netzwerken ermittelt werden. Mit diesen IP-Adressen marschiert man dann zum Gericht, das auf Grundlage von § 101 Abs. 9 UrhG beschließt, dass der Provider den zu der IP gehörenden Anschlussinhaber benennen muss.

Dass es sich hierbei mittlerweile um ein richtig dickes Geschäft handelt, an dem auch die Rechteinhaber besser verdienen als am regulären Vertrieb ihrer Werke, ist ein offenes Geheimnis.

posted by Stadler at 15:40  

6.11.09

Geschäftsmodell urheberrechtliche Abmahnung

Meine These von der urheberrechtlichen Abmahnung als Geschäftsmodell erhärtet sich gerade aufgrund der Redseligkeit einer Abmahnerin. Die Journalistin Eva Schweitzer, die unlängst einen Blogger wegen eines Zitats aus einem ihrer Artikel abgemahnt hat, hat dem SZ-Journalisten Johannes Boie nun erzählt, dass sie gar nichts bezahlen muss, also weder an die von ihr beauftragte Fa. Textguard noch an den für Sie tätigen Rechtsanwalt.

Das bedeutet freilich, dass auch die mit der Abmahnung geltend gemachte Erstattung von Anwaltskosten nicht verlangt werden kann. Hierauf hat der Kollege Vetter in seinem Blog hingewiesen. Denn letztlich reicht der Rechtsinhaber nur die ihm entstandenen Anwaltsgebühren an den Verletzer weiter. Er macht eine Erstattung der ihm entstanden Kosten geltend.

Der in diesem Fall tätige Anwalt wird sich jetzt die Frage gefallen lassen müssen, weshalb er bei der Gegenseite eine Forderung geltend macht, von der er weiß, dass sie nicht besteht. Darüber hinaus stellt sich aber auch die Frage, ob wir es hier nicht insgesamt mit einem Vergütungsmodell zu tun haben, das mit anwaltlichem Berufsrecht nicht vereinbar ist.

posted by Stadler at 17:54  

30.10.09

Die urheberrechtliche Abmahnung: Ein neues Geschäftsmodell

Was bei den Filesharing Sachverhalten bereits prächtigt funktioniert, scheint jetzt auch im Bereich journalistischer Texte Einzug zu halten. Nicht mehr nur die großen Plattenfirmen oder Verlage mahnen ab, sondern zunehmend auch der einzelne Urheber selbt.

Dagegen ist im Grunde überhaupt nichts zu sagen, solange berechtigte Ansprüche verfolgt werden. Leider ist dies aber nicht immer der Fall, wie die Abmahnung eines Bloggers durch eine taz-Journalistin zeigt. Vielmehr scheint sich hier ein neues Geschäftsmodell zu etablieren, mit dem sich offenbar mehr Geld verdienen lässt, als mit der Verwertung des Werks selbst.

Die Autorin Eva Schweitzer erhält, nach eigenen Angaben, für Zeitungs- bzw. Onlineartikel z.T. nur 80 EUR erhalten und fordert nunmehr von einem Blogger, der lediglich aus einem ihrer Texte zitiert hat, 1200 EUR an Schadensersatz. Da reibt sich auch der mit dem Urheberrecht vertraute Jurist verwundert die Augen. Diese kreative Art der Schadensberechnung lässt aufhorchen, hätte man doch beispielsweise nach den Grundsätzen der sog. Lizenzanalogie nur das marktübliche Engelt, also z.B. die besagten 80 EUR als Schaden geltend machen können. Ein Zuschlag dürfte nicht in Betracht kommen, da das Zitat mit dem Link auf Zeit-Online eine Quellenangabe enthält. Und hierbei ist die Frage, ob überhaupt eine Rechtsverletzung vorliegt oder die Vervielfältigung nicht vielmehr von § 51 oder auch § 49 UrhG gedeckt ist, wohlgemerkt noch gar nicht erörtert worden.

Die Journalistin meint zu allem Überfluss, ihre fragwürdige Abmahnung im Blog der taz jetzt auch noch mit einem einigermaßen herablassenden Beitrag rechtfertigen zu müssen. Ist es legitim, dass jemand, der Johnny Haeusler nicht kennt, sich heutzutage immer noch Journalist nennt und derartigen Hochmut zur Schau trägt? Aber sicher doch, denn „wir reden ja von Deutschen“.

posted by Stadler at 11:45  

29.10.09

Seltsame Verflechtungen bei den Filesharing-Abmahnanwälten

Die Fa. DigiProtect gehört bekanntlich zu den sehr eifrigen Filesharing Abmahnern, die zumeist einzelne Interpreten – sehr beliebt ist nach wie vor Milow – oder Komponisten vertritt und die sich ihrerseits durch verschiedene Anwaltskanzleien vertreten lässt.

Bei einer dieser Kanzleien – von Kenne & Partner – habe ich gestern angerufen, nachdem ein Kollege dieser Kanzlei hier angerufen und um Rückruf gebeten hatte. Ich wurde dann zu einem anderen Kollegen verbunden, der nicht auf dem Briefkopf der Kanzlei von Kenne, wohl aber auf dem Briefkopf der Kanzlei Denecke, von Haxthausen & Partner geführt wird. Zwei Rechtsanwälte werden übrigens auf beiden Briefköpfen geführt. Die Kanzlei Denecke, von Haxthausen ist nach meiner Einschätzung als anwaltlicher Vertreter von DigiProtect relativ neu.

Beide Kanzleien habe interessanterweise eine identische Anschrift und Telefonnummer. Außerdem wird bei Eingabe von „www.vonkenne.com“ mittlerweile auf die Kanzlei Denecke umgeleitet. Es könnte also sein, dass es sich um eine Nachfolge handelt. Man sollte dann allerdings nicht noch am 22.10.09 bei Kollegen anrufen und sich als Kanzlei von Kenne melden.

Der Song Ayo Technology von Milow wurde – nach den mir vorliegenden Abmahnungen – jedenfalls noch am 18.09.09 für DigiProtect durch von Kenne abgemahnt, während dasselbe Werk dann am 18.10.09 durch die Kanzlei Denecke abgemahnt worden ist.

Sonderlich seriös und vertrauenserweckend wirken diese Umstände jedenfalls nicht. Sie verstärken vielmehr den Eindruck, dass sich das Abmahnwesen in diesem Bereich mehr und mehr zum bloßen Geschäftsmodell entwickelt.

Ach ja, und die Kanzlei Nümann und Lang evakuiert derweil immer noch den Dancefloor. Die aktuellste Abmahnung die mir hierzu vorliegt, stammt vom 22.10.09.

posted by Stadler at 12:52  

20.10.09

Jack Wolfskin: Abmahnungen erhitzen die Gemüter

Der Hersteller von Outdoor-Bekleidung Jack Wolfskin ist Inhaber von Bildmarken, die den Abdruck einer Tierpfote zeigen und die für verschiedenste Waren Schutz genießen, u.a. für Bekleidungsstücke. Jack Wolfskin hat jetzt mehrere Verkäufer und Hersteller von Bekleidung – bei denen es sich sich z.T. offenbar um Kleingewerbetreibende handelt – abgemahnt, weil – man ahnt es schon – diese auf Bekleidungsstücken eine Tierpfote angebracht hatten, die eine zumindest entfernte Ähnlichkeit zur Gestaltung des Markeninhabers aufweist. Und das führt nach Ansicht von Jack Wolfskin zu einer Verwechslungsgefahr mit den eingetragenen Marken.

Auch wenn ich die Sachverhalte nicht im Detail kenne, hält sich bei mir, als Anwalt der sich seit Jahren mit Markenrecht beschäftigt, die Überraschung über diesen Fall in Grenzen. Dafür kocht aber die Blogger-Seele umso stärker über. Die einen berichten einseitig und polemisch oder wie das ehemalige Nachrichtenmagazin verzerrt, die anderen berufen sich gar auf Kant und Brecht, um die ganze skandalöse Tragweite dieser Abmahnungen herauszuarbeiten.

Was würde die Blogosphäre wohl sagen, wenn sie wüsste, dass das nur Business As Usual ist, dass derartige Abmahnungen jede Woche hundertfach ausgesprochen werden und es purer Zufall ist, dass gerade diese Sache jetzt hochgekocht wird? Dann wäre alles vermutlich noch viel schlimmer.

Frei nach Ludwig Thoma beginne ich, also Jurist der nur mit mäßigem Verstand ausgestattet ist, einfach mit der Gegenthese, zumal ich sie in den letzten Tagen nirgendwo lesen konnte. Der alte Kampf von David gegen Goliath wird seinen Charme zwar nie verlieren, aber taugt er hier tatsächlich als tragendes Argument? Nein. Denn die Gesetze müssen für alle gleichermaßen gelten, für Konzerne ebenso wie für Kleingewerbetreibende. Und wer sich in das Geschäftsleben begibt und Waren zum Verkauf anbietet, der muss sich über bestimmte Dinge informieren und gewisse Spielregeln beachten. Tut er das nicht, darf er sich über Ärger nicht beschweren. Man wird ihm allerdings zugute halten müssen, dass sich sein Risiko deutlich erhöht hat, seit es eBay gibt.

Kommen wir zurück zu Kant und zum kategorischen Imperativ. Denn eigentlich sollte das Gesetz in einem Rechtsstaat die Kantsche Vorstellung umsetzen. Das Gesetz ist generell abstrakt und sein Bestreben soll es sein, die überwiegende Mehrzahl der Einzelfälle fair und gerecht zu lösen.

Wenn man hier also unterstellt, dass das Verhalten von Jack Wolfskin vom geltenden Markenrecht gedeckt ist – wofür einiges spricht – man es gleichwohl aber für falsch, ja sogar unmoralisch hält, dann kann die Schlussfolgerung nur lauten, dass das Gesetz falsch ist, weil es die hier diskutierten Einzelfälle nicht vernünftig regelt. Der Aufschrei im Netz richtet sich aber nicht gegen das Markengesetz sondern gegen das Unternehmen Jack Wolfskin. Damit ziehen die Blogger aber möglicherweise die falsche Schlussfolgerung.

Die Frage muss, wenn man an diesem Punkt angelangt ist, nämlich lauten, ob das Internet nicht – ähnlich wie beim Urheberrecht – auch den gewerblichen Schutzrechten ihre Grenzen aufzeigt und wir uns von einem weitreichenden markenrechtlichen Schutz in seiner jetzigen Form verabschieden müssen. Zumindest ist das die Frage, die es zu diskutieren gilt.

posted by Stadler at 21:32  

6.10.09

Abmahnanwältin Katja G. wegen Beihilfe zum Betrug verurteilt. Wirklich?

Die Verbaucherzentrale Schleswig-Holstein gibt eine fragwürdige und reißerische Pressemitteilung heraus, in der es heißt, Deutschlands unbeliebteste Anwältin sei zu Schadensersatz wegen Beihilfe zum Betrug verurteilt worden und andere machen daraus ungeprüft gleich eine schöne Meldung, nach der die Anwältin dann tatsächlich wegen Beihilfe zum Betrug verurteilt worden sein soll.

Was mich allerdings sofort stutzig gemacht hatte, war der Umstand dass es sich um ein Aktenzeichen des Amtsgerichts Karlsruhe zu einem Zivilverfahren handelt. Und siehe da, das Urteil findet sich tatsächlich bei openJur. Um es kurz zu machen, die Abmahnanwältin ist lediglich zur Zahlung von EUR 46,41 verurteilt worden und keineswegs strafrechtlich wegen Betrugs.

posted by Stadler at 14:00  

23.9.09

Neue Filesharing-Abmahnungen von Sony Music

Habe wieder mal zwei Abmahnungen einer Münchener Kanzlei auf dem Tisch, die im Auftrag von Sony Music diesmal u.a. das Angebot von Werken der Künstlerin Annett Louisan über Filesharing-Netzwerke abmahnt.

Es wird wie immer behauptet, dass der Anschlussinhaber als Störer haftet, obwohl dies mittlerweile auch in der Rechtsprechung höchst umstritten ist und sogar so getan, als würde diese Haftung auch für Schadensersatzansprüche gelten.

In Deutschland haben im Laufe der Jahre vor allem zwei Anwaltskanzleien bestens mit diesen Abmahnungen verdient, während sich die großen Labels wie hier Sony Music sukzessive ihren Ruf ruinierten, ohne, dass dieses juristische Vorgehen erkennbare Effekte erzielt hätte. Ob die Musikindustrie eigentlich irgendwann zur Vernunft kommt? Es sieht irgendwie nicht danach aus.

posted by Stadler at 17:13  
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