Bayerns Justizminsterin Beate Merk – die deutsche Antwort auf Sarah Palin – hat einen peinlichen Beitrag für die FAZ verfasst, in dem sie für eine klarere gesetzliche Regelung des sog. Cybergrooming plädiert. Dabei liegt die letzte Gesetzesänderung in diesem Bereich, die natürlich auch mit den Stimmen der CSU-Abgeordneten beschlossen worden ist, gerade erst zwei Jahre zurück. Diese Regelung hält Frau Merk nun entgegen der Einschätzung der Fachwelt, aber in Übereinstimmung mit Stephanie zu Guttenberg, plötzlich für unzureichend.
Warum Strafrechtler bereits das geltende Recht für zu weitgehend erachten, kann man bei Jens Ferner, der hierzu die zwei bekanntesten Kommentare zum StGB zitiert, und bei Heise nachlesen. In der Tat ist schwer nachvollziehbar, dass das sog. Cybergrooming in § 176 Abs. 4 Nr. 3 StGB strafbar ist, während dasselbe Realverhalten in Form eines unmittelbaren Ansprechens eines Kindes nicht unter Strafe steht. Das ist bereits deshalb unverständlich, weil der Haupttatort in diesen Fällen nicht das Internet ist, sondern das unmittelbare soziale Umfeld der Kinder. Diesen Wertungswiderspruch möchte Frau Merk offenbar weiter verschärfen.
Man muss schließlich auch berücksichtigen, dass bereits mit dem geltenden § 176 Abs. 4 Nr. 3 StGB bloße Vorbereitungshandlungen unter Strafe gestellt werden. Wenn man nun zusätzlich auf das Merkmal des Einwirkens verzichtet, wie Frau Merk es fordert, dann würde es an jeglichen greifbaren objektiven Tatumständen fehlen, so dass eine Abgrenzung so sozialadäquatem Verhalten nicht mehr sachgerecht vorgenommen werden könnte.
posted by Stadler at 12:48
Die DPA meldet heute, dass der niedersächsische Innenminister Uwe Schünemann (CDU) eine Änderung des Grundgesetzes fordert, damit man bei einer Terrorbedrohung notfalls auch ein Flugzeug abschießen kann.
Nun hat das Luftsicherheitsgesetz genau dies vor einigen Jahren vorgesehen, bis das Bundesverfassungsgericht die Rechtsvorschrift wegen Verstoß gegen die Menschenwürde und das Recht auf Leben für mit dem Grundgesetz unvereinbar erklärt hat. Was soll in der Verfassung also geändert werden, um dieses Urteil auszuhebeln? Sollen etwa das Recht auf Leben und die Menschenwürde eingeschränkt werden? Hierzu empfehle ich Herrn Schünemann wärmstens die Lektüre von Art. 79 Abs. 3 GG.
Wenn wir eine solche gesetzliche Regelung hätten, wäre selbstverständlich niemals eine Paketbombe ins Kanzleramt gelangt und selbstredend auch kein Sprengstoff an Bord eines Frachtflugzeugs.
Der Sicherheit dieses Landes täte es vermutlich gut, wenn man gelegentlich nicht Flugzeuge, sondern Demagogen wie Schünemann abschießen könnte.
posted by Stadler at 21:35
Die zuständigen Ausschüssen des Bundesrats fordern in zahlreichen Punkten eine Nachbesserung des neuen Entwurfs der Bundesregierung für ein Gesetz zur Regelung des Beschäftigtendatenschutzes.
Der Bundesrat bedauert zunächst, dass die Regelung nicht im Rahmen eines eigenständigen Gesetzes erfolgt, sondern in das Bundesdatenschutzgesetz integriert werden soll. Nachdem der Datenschutz bei uns auch ansonsten einem sektorspezifischen Konzept folgt und es gerade kein umfassendes Datenschutzgesetz gibt, entbehrt dieser Einwand nicht einer gewissen Berechtigung.
Inhaltlich kritisieren die Ausschüsse eine ganze Reihe der geplanten Einzelregelungen. Der Bundesrat fordert u.a., dass die in § 32f BDSG-E enthaltenen Regelungen über die Videoüberwachung zum Zweck der Sicherung bzw. Qualitätskontrolle eingeschränkt und um das ausdrückliche Verbot ergänzt wird, die erhobenen Daten zur Verhaltens- oder Leistungskontrolle zu nutzen.
Außerdem hält der Bundesrat die Regelung des Beschwerderechts in § 32l Absatz 4 BDSG-E für europrechtswidrig. Den Beschäftigten müsse das Recht eingeräumt werden, sich unmittelbar an die für die Datenschutzkontrolle zuständige Behörde wenden zu können.
Schließlich hält es die Länderkammer auch für sinnvoll, weitere Regelungen über die Zulässigkeit und den Umfang der privaten Nutzung von TK-Diensten zu normieren. Dem Arbeitgeber sollte nach Ansicht des Bundesrats die gesetzliche Verpflichtung auferlegt werden, in seinem Betrieb verbindliche Regelungen über Zulässigkeit und Umfang der privaten Nutzung zu treffen, um Streitigkeiten in diesem Bereich von vornherein zu vermeiden.
posted by Stadler at 15:16
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Die Kanzlei Waldorf Frommer, einer der deutschen Big Player im Massengeschäft der Filesharing-Abmahnungen, antwortet neuerdings in Rekordzeit. Meine Schreiben vom 28.10.2010 wurden postwendend mit Schreiben vom 29.10.2010 beantwortet. Haben die Kollegen Waldorf etwa personell aufgerüstet? Vielleicht. Wobei andererseits 18 Seiten Textbaustein, ohne auch nur ein einziges Mal auf das Ausgangsschreiben einzugehen, gegen eine solche Annahme sprechen. Papier ist (leider) immer noch geduldig.
Update: Der Kollege Schultz befasst sich ebenfalls mit der Personalaufstockung bei Waldorf und stellt die Frage, ob die Filesharing-Abmahnungen am Ende konjunkturfördernd sind. Gute Frage. ;-)
posted by Stadler at 14:02
Es gibt eine Reihe ehemals bekannter Bands die sich von der Musikindustrie losgesagt haben und ihre Musik ohne Unterstützung der klassichen Labels finanzieren und vertreiben. Der Unmut über eine Branche, die über keinen Weitblick verfügt und die ständig nur nach dem Staat ruft, ist auch bei Künstlern weit verbreitet. Zudem ermöglicht das Internet Vieles, was noch vor einigen Jahren undenkbar war.
Ein alternatives Finanzierungsmodell für Künstler bietet zum Beispiel die Online-Plattform „SELLABAND“ an. Die Bands und Musiker die Mitglied dieser Plattform werden, versuchen sich ihre Musik durch Fans, die SELLABAND Believers nennt, vorfinanzieren zu lassen. Das jüngste, erfolgreiche Beispiel für dieses Konzept liefern die Hip Hop Pioniere Public Enemy, die über SELLABAND 51.000 Pfund eingesammelt haben, um ihr neues Album aufzunehmen.
SELLABAND stellt sicherlich ein interessantes Alternativkonzept dar, wobei das Modell des „Fan Funding“ wohl nur für Bands in Frage kommt, die über eine solch treue Fanbasis verfügen wie Public Enemy. Dieses Konzept taugt daher kaum als Role Model für den gesamten Musikmarkt.
posted by Stadler at 11:41
Gulli berichtet darüber, dass der Prozessfinanzierer metaclaims nunmehr eine „Sammelklage“ gegen das Anti-Piracy-Unternehmen DigiProtect erheben möchte. Metaclaims hat sich von sieben abgemahnten Filesharern, die Schadensersatz an DigiProtect bezahlt haben, deren vermeintliche Rückforderungsansprüche abtreten lassen.
Worauf diese Klagen genau gestützt werden sollen, erfährt man in dem Artikel leider nicht. Denn metaclaims muss darlegen und unter Beweis stellen, dass die Zahlung ohne rechtlichen Grund erfolgt ist und DigiProtect damit ungerechtfertigt bereichert ist. Das bei Gulli angedeutete Argument, DigiProtect könne eventuell als Lizenznehmer gar nicht abmahnen, kann ich auf den ersten Blick nicht nachvollziehen. In den Abtretungserklärungen von DigiProtect, die mir bekannt sind, wurden vom Rechteinhaber immer ausschließliche Nutzungsrechte eingeräumt, beschränkt auf die Nutzung in P2P-Netzwerken. Darüber hinaus wird sich die Frage auch kaum in nur einer Instanz klären lassen.
posted by Stadler at 20:39