Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

24.11.09

Zensursula Is Back

Ursula von der Leyen fordert neue Wege in der Diskussion um Internet-Sperren, heißt es bei Heise. Neue Wege, die die alte und neue Familienministerin in der heißen Phase des Wahlkampfs freilich selbst überhaupt nicht beschreiten wollte. Vielleicht sollte Frau von der Leyen in einem ersten Schritt die Fachdiskussion zur Kenntnis nehmen und sich mit der Vielzahl ernstzunehmender Einwände auseinandersetzen. Nachdem dieses Thema aber eigentlich eh nicht in ihr Ressort fällt, wird es für die Netzgemeinde im Zweifel sinnvoller sein, mit den zuständigen Ministerien für Justiz und Wirtschaft über dieses Thema sprechen.

posted by Stadler at 07:52  

23.11.09

Details zur geplanten Umsetzung der Netzsperren

Sollte das Zugangserschwerungsgesetz doch noch in Kraft gesetzt werden, dann stehen die Provider offenbar Gewehr bei Fuß, um sofort loszulegen. Der Arbeitskreis gegen Internet-Sperren und Zensur schildert eine ganze Reihe von Details und Hintergründen der geplanten Umsetzung, die sich aus einem Protokoll einer mündlichen Verhandlung des Verwaltunsgerichts Wiesbaden ergeben, das bei Wikileaks aufgetaucht ist. Im Termin waren Vertreter des BKA und des beigeladenen Providers Vodafone anwesend.

posted by Stadler at 18:09  

7.11.09

Rammstein und der Jugendschutz

Das aktuelle Album der Band Rammstein ist von der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien auf den Index gesetzt worden. Grund ist offenbar der Text des Songs „Ich tu Dir weh“, der SM-Praktiken beschreibt, sowie das Lied „Pussy“, das nach Ansicht der Jugendschützer zu ungeschütztem Geschlechtsverkehr animiert.

Nachdem diese Songtexte im Netz heute noch problemlos abrufbar waren, könnte diese Indizierung natürlich auch Anlass für neue Forderungen nach Netzsperren bieten, zumal Ursula von der Leyen ihre Finger auch wieder im Spiel hat.

Darüber, dass Rammstein keine qualitativ hochwertigen Texte liefert, braucht man nicht weiter zu diskutieren. Wäre dies allerdings ein relevantes Kriterium, dann gehörte das Programm von RTL und SAT 1 nahezu komplett auf den Index.

Diese medienträchtige Entscheidung der Bundesprüfstelle könnte und sollte eine öffentliche Diskussion darüber auslösen, was man heutzutage tatsächlich als jugendgefährdend qualifizieren muss. Denn es geht hier um Wert- und Moralvorstellungen einer Gesellschaft und dies unter dem Deckmantel des Jugendschutzes. Texte wie „Pussy“ von spätpubertierenden Rockmusikern taugen kaum mehr als Provokation und sind noch weniger geeignet, die Entwicklung eines Jugendlichen, der in einer medialen Welt aufwächst, negativ zu beeinflussen. Zumindest nicht mehr als das, was andere Qualitätsmedien – unbeanstandet von den Jugendschützern – tagtäglich anbieten.

posted by Stadler at 15:30  

27.10.09

Kommen die Netzsperren über den Umweg Brüssel?

Nach dem Koalitionsvertrag soll das Zugangserschwerungsgesetz für die Dauer eines Jahres nicht angewendet werden. Die FDP hat versucht, dieses Verhandlungsergebnis als großen Erfolg zu verbuchen.

In diesem Zusammenhang sollte man allerdings bedenken, dass auf EU-Ebene bereits seit dem Frühjahr ein Vorschlag der Kommission für einen Rahmenbeschluss des Rates zur Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs von Kindern sowie der Kinderpornografie existiert. Dieser Vorschlag liegt derzeit dem EU-Parlament zur Entscheidung vor.

Der Vorschlag führt zum Thema Netzsperren u.a. folgendes aus:

„Durch die zunehmende Erschwerung des Zugangs zu öffentlichen Webseiten soll die Verbreitung von Kinderpornografie eingeschränkt werden. Allerdings ist diese Maßnahme kein Ersatz für die Entfernung der Inhalte an der Quelle oder für die Verfolgung der Straftäter“.

„Inhaltlich enthält der Vorschlag Elemente, die im Übereinkommen des Europarats nicht enthalten sind wie die Durchsetzung eines EU-weiten Verbots für Sexualstraftäter, Tätigkeiten im Kontakt mit Kindern auszuüben, die Sperrung des Zugangs zu Kinderpornografie im Internet …“

Das Thema der Access-Sperren steht in Brüssel also ganz konkret auf der Agenda. Das Kalkül der Union in den Koalitionsverhandlungen könnte deshalb schlicht folgendes gewesen sein: Man gönnt der FDP medial noch einen Verhandlungserfolg in der Erwartung, dass aus Brüssel ohnehin die verbindliche Vorgabe kommt, den Zugang zu kinderpornografischen Websites zu blockieren. Denn dann kann man anschließend einfach hergehen und das bereits bestehende Gesetz unter Verweis auf die europarechtlichen Vorgaben in Kraft setzen. Und das ist möglicherweise auch der Grund dafür, dass die Union das Gesetz nur auf Eis legen möchte.

Wenn die FDP Netzsperren also tatsächlich verhindern will, dann ist es nötig, dass sie jetzt auf EU-Ebene, insbesondere auch mithilfe ihrer Europaabgeordneten, aktiv wird. Gleiches gilt auch für die Bürgerrechtsorganisationen, die sich zu oft nur auf ihre nationalen Vorgänge konzentrieren.

Update:
Über den Stand beim EU-Parlament hat EDRi kürzlich berichtet. Nach allzu heftigem Widerstand des Parlaments sieht es offenbar bislang nicht aus.

posted by Stadler at 10:30  

25.10.09

AK Zensur: Abschaffen statt Aufschieben

Der Arbeitskreis gegen Internetsperren und Zensur hat zum Ergebnis der Koalitionsverhandlungen Stellung genommen und fordert mit Blick auf das Zugangserschwerungsgesetz: Abschaffen statt Aufschieben.

Die von der Koalition beschlossene Nichtanwendung des Sperrgesetzes bedarf in jedem Fall einer sauberen rechtsstaatlichen Lösung. Und die kann nur darin bestehen, ein Änderungsgesetz in den Bundestag einzubringen. Das bietet dann aber die Chance, das Gesetz insgesamt zu überdenken.

posted by Stadler at 10:49  

24.10.09

Das Internet darf kein merkbefreiter Raum sein

Der Teil der Koalitionsvereinbarung zur Informationsgesellschaft ist mittlerweile online und das ausgerechnet bei den Linken.

Der Text enthält einige Platitüden, die in dem Satz „das Internet darf kein urheberrechtsfreier Raum sein“ gipfeln (Zeile 2749). Anknüpfungspunkt ist die Ankündigung eines dritten Korbs zur Weiterentwicklung des Urheberrechts.

Die Einigung zu den Netzsperren besagt übrigens nur, dass man das Zugangserschwerungsgesetz für die Dauer eines Jahres nicht anwenden möchte. Ob dies mittels eines fragwürdigen Nichtanwendungserlasses geschehen soll – was ein Novum in der deutschen Rechtsgeschichte darstellen würde – oder den rechtsstaatlichen Weg eines Änderungsgesetzes beschreitet, wird sich zeigen.

posted by Stadler at 09:15  

19.10.09

Was nutzt der Koalitionskompromiss den Bürgerrechten?

Die Einigung in den Koalitionsverhandlungen im Bereich der inneren Sicherheit ist erwartungsgemäß sowohl unterschiedlich dargestellt, als auch bewertet worden.

Bei näherem Hinsehen zeigt sich, dass die FDP beim Thema Vorratsdatenspeicherung nichts erreicht hat aber mit Blick auf die Onlinedurchsuchung zumindest einen kleinen Achtungserfolg erzielen konnte.

Bleibt das Thema Netzsperren, bei dem der FDP scheinbar ein Durchbruch gelungen ist, was selbst bei Bürgerrechtlern und Netzaktivisten zu verhaltenem Jubel geführt hat.

Die erzielte Einigung ist freilich rechtsstaatlich fragwürdig. Unklar ist zudem, weshalb das Zugangserschwerungsgesetz sachlich gänzlich unangetastet bleibt. Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass dieser Kompromiss nur dem Zweck der Gesichtswahrung dient. Die spannende Frage bleibt hierbei nur, welche Seite ihr Gesicht wahren muss, obwohl sie in Wahrheit zurückstecken musste. Ist es die Union, die nicht so weit gehen will, das Gesetz zu beerdigen, noch bevor es in Kraft getreten ist oder doch die FDP, die zeigen muss, dass sie zumindest eines ihrer Wahlkampfversprechen in diesem Bereich halbwegs umsetzen konnte?

Möglicherweise ist die Stimmung in der Union auch einfach die, dass man es in einem Jahr ohnehin machen wird und man der FDP kurzfristig aber einen Teilerfolg gönnen musste. Nach alledem, was man in den letzten Monaten aus den verschiedensten Lagern gehört hat, scheint mir dies die naheliegendste Schlussfolgerung zu sein. Zumal auch auf EU-Ebene eine zunehmende Sympathie für Netzsperren festzustellen ist und die Lobbyisten unterschiedlichster Couleur Netzsperren weiterhin zum Schutz verschiedenster Rechtsgüter propagieren werden. Die Diskussion wird in jedem Fall weiter gehen und mit ihr auch der Versuch, Druck auf die Politik auszuüben.

Vielleicht ist die Einigung deshalb auch nur ein geschickter politischer Schachzug, um das Lager der Sperrgegner zu schwächen. Der teilweise wirklich beeindruckende Widerstand aus dem Netz heraus wird nämlich umso deutlicher abnehmen, je mehr man daran glaubt, bereits einen substantiellen Erfolg erzielt zu haben.

posted by Stadler at 12:40  

16.10.09

Nichtanwendungserlass für das Zugangserschwerungsgesetz

Der in den Koalitionsverhandlungen vereinbarte Kompromiss zu den Netzsperren, wonach für die Dauer von einem Jahr nur gelöscht und nicht gesperrt werden soll, soll offenbar über einen Anwendungserlass geregelt werden, der dem BKA aufgibt, keine Sperrlisten zu erstellen und solche Listen auch nicht weiterzuleiten.

Es handelt sich dabei um eine rechtsstaatlich äußerst fragwürdige Lösung, weil es nicht Sache der Exekutive ist, über die Anwendung eines Gesetzes zu entscheiden. Es gilt hier der Verfassungsgrundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung. Gerade derartige Lösungen sind der Grund dafür, dass die Position des Parlaments immer stärker geschwächt wird und die Gewaltenteilung zunehmend ins Wanken gerät. Das gibt Anlass zur Besorgnis, die weit über den konkreten Fall der Netzsperren hinausreicht.

Nachdem das BKA als Behörde an die Gesetze gebunden ist, ist es auch verpflichtet, mit Inkrafttreten des Zugangserschwerungsgesetzes nach dessen § 1 Sperrlisten zu erstellen. Ein Nichtanwendungserlass der dem BKA aufgibt, genau das nicht zu tun, ist deshalb rechtswidrig.

Auch wenn man das erzielte Ergebnis begrüßt, kann man nicht nicht darüber hinwegsehen, dass es nicht mit rechtsstaatlich einwandfreien Mitteln erreicht werden soll.

posted by Stadler at 06:50  

15.10.09

Netzsperren tatsächlich vom Tisch?

SPON wartet mit der Schlagzeile auf „FDP stoppt Internetsperren„, bei Heise heißt es hierzu „Internetsperren sind offenbar vorerst vom Koalitionstisch„.

Die Berichterstattung ist allerdings inhaltlich eher vage und wenig aussagekräftig. Schließlich hat der Bundestag das Zugangserschwerungsgesetz längst beschlossen und diesess Gesetz ist mittlerweile auch dem Bundespräsidenten zur Ausfertigung vorgelegt worden. Wenn das BKA also für die Dauer eines Jahres versuchen soll, nur Löschungen zu veranlassen, was passiert dann mit dem Gesetz? Soll es eine Anweisung geben, dieses nicht anzuwenden und keine Sperrlisten an die Provider zu übermitteln? Das ist wohl schwerlich denkbar. Solange nicht klar ist, auf welchem Weg das Gesetz auf Eis gelegt wird, muss man diese Pressemeldungen deshalb mit Skepsis betrachten. Es gilt abzuwarten, was konkret vereinbart worden ist.

Außerdem sollen Onlinedurchsuchungen nunmehr von einem Antrag des Generalbundesanwalts abhängen und die Nutzung von auf Vorrat gespeicherter Daten soll auf „schwere Gefahrensituationen beschränkt werden“, was auch immer das konkret bedeuten soll.

posted by Stadler at 20:40  

12.10.09

Zugangserschwerungsgesetz nun doch zum Bundespräsidenten?

Wie die FAZ berichtet, will die Bundesregierung das Zugangserschwerungsgesetz nunmehr scheinbar doch dem Bundespräsidenten zur Ausfertigung zuleiten, nachdem es seitens der EU offenbar keine Bedenken gibt.

Damit wird sich jetzt Horst Köhler im Rahmen seines Prüfungsrechts mit der Frage der (offensichtlichen) Verfassungswidrigkeit dieses Gesetzesvorhabens beschäftigen können. Parallel laufen allerdings weiterhin die Koalitionsverhandlungen, bei denen die FDP (angeblich auf die Rückgängigmachung des umstrittenen Gesetzes dringt.

posted by Stadler at 11:57  
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