Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

31.5.11

Die Medienschelte des Kachelmann-Vorsitzenden

Der Vorsitzende in dem Strafverfahren gegen Moderator Jörg Kachelmann hat die Urteilsverkündung für eine Generalabrechnung mit den Medien und der Öffentlichkeit genutzt, was in der Pressemitteilung des Landgerichts Mannheim breiteren Raum einnimmt, als das Urteil selbst.

In der Pressemitteilung liest man dazu den einleitenden Satz:

Der Vorsitzende hat vor allem auch die Rolle des Internets und der Medien kritisch beleuchtet

Vielleicht ist das bereits ein deutliches Indiz für die insgesamt ungeschickte Öffentlichkeitsarbeit des Gerichts.

Von Selbstkritik und Kritik an der Arbeit der Staatsanwaltschaft fehlt in der Pressemitteilung jede Spur. Stattdessen sieht sich das Gericht zusammen mit der Staatsanwaltschaft Angriffen ausgesetzt.

Die Erkenntnis, dass sowohl Gericht als auch Staatsanwaltschaft durch eine z.T. fragwürdige, aber zumindest ungeschickte Verfahrensführung Angriffsfläche geboten haben, scheint beim Vorsitzenden nicht angekommen zu sein.

Henning Ernst Müller hat im Beck-Blog einige sachliche Kritikpunkte nochmals zusammengefasst. Dass das Gericht im Verlauf des Prozesses einen dpa-Journalisten – zu Unrecht – kurzfristig festnehmen ließ, kann in diesem Zusammenhang auch nicht unerwähnt bleiben. Auffällig war außerdem, dass die Presse fortlaufend und sehr schnell immer wieder mit Details aus der Strafakte versorgt worden ist und sich insoweit die Frage stellt, wer der Informationsgeber war.

Eine souveräne und sachliche Prozessführung stellt man sich irgendwie doch anders vor. Dem Gericht hätte es deshalb gut zu Gesicht gestanden, auf die Medien- und Öffentlichkeitsschelte zu verzichten und das eigene Verhalten zu reflektieren. Gerade die Justiz hat in diesem Verfahren kein gutes Bild abgegeben.

posted by Stadler at 20:22  

23.12.09

"Sie brauchen gar nicht so blöd zu lachen"

Das sagte heute der Geschäftsführer der Gegenseite bei einem Termin beim Landgericht-Nürnberg-Fürth zu mir. Er war vermutlich etwas angefressen, weil das Gericht ihm die Rücknahme der Klage empfohlen hatte. Und dabei habe ich gar nicht gelacht, sondern konnte mir nur ein Grinsen nicht verkneifen. Der Vorsitzende ist mir auch gleich zur Seite gesprungen und hat dem Geschäftsführer der Klägerin erklärt, dass Anwälte nie blöd lachen. Na ja, ob das mal so stimmt. ;-)

posted by Stadler at 12:54  

22.12.09

Staatsanwaltschaft stellt im Fall Eisenberg das Ermittlungsverfahren gegen Polizeibeamte ein

Der Student Tennessee Eisenberg wurde in Regensburg in Gegenwart von acht Polizeibeamten mittels 16 Schüssen von der Polizei getötet. Das Ermittlungsverfahren gegen die Beamten hat die Staatsanwaltschaft nunmehr eingestellt, wie die SZ berichtet, weil man von einer Nothilfesituation ausgeht. Und das obwohl die Eltern des getöteten Studenten ein rechtsmedizinischen Gutachten der Universität Münster eingeholt hatten, das zu dem Ergebnis gelangte, dass im Zeitpunkt der letzten tödlichen Schüsse eine Notwehr- oder Nothilfesituation nicht (mehr) gegeben war.

Die ganze Geschichte klingt für mich in etwa so plausibel wie der Fall eines Asylbewerbers, der sich in einer Gefängniszelle, an Händen und Füßen angekettet, selbst in Brand gesetzt haben soll.

Und Holzhaider kommentiert die Entscheidung der Staatsanwaltschaft Regensburg in der SZ vom 22.12.2009 sehr trefflich:

„Die Frage bleibt offen, ob acht Polizeibeamte gegen einen einzelnen, mit einem Messer bewaffneten Mann wirklich keine andere Verteidigungsmöglichkeit haben, als ihn zu erschießen. Und ganz sicher wäre das Verfahren nicht eingestellt worden, wenn der Tote ein Polizist und die Schützen Studenten gewesen wären.“

Die Umstände und insbesondere die Schlussfolgerungen des Gegengutachtens bieten genügend Anlass zur Erhebung einer Anklage. Wären die Beschuldigten keine Polizeibeamten gewesen, hätte jede bayerische Staatsanwaltschaft auch angeklagt.

posted by Stadler at 11:30  

2.10.09

Britischer High Court stellt richterliche Verfügung via Twitter zu

Dieser Vorgang wird vermutlich Aufsehen erregen. Die Klage richtet sich gegen einen anoymen Twiterer, der unter falschem Namen twittert. Die einzige Möglichkeit ihn zu erreichen, ist sein Twitter-Account und hierüber stellt das Gericht zu. In jedem Falle innovativ.
Quelle: Reuters

posted by Stadler at 11:00  

14.9.09

Ist das Live-Twittern aus dem Gerichtssaal erlaubt?

Auf Twitter – woch auch sonst – gab es gerade die Diskussion, ob das Twittern direkt aus dem Gerichtssaal gegen § 169 S. 2 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) verstößt. Die Vorschrift verbietet Ton-, Film- und Rundfunkaufnahmen von öffentlichen Gerichtsverhandlungen.

Andererseits dürfen öffentliche Gerichtsverhandlungen von Journalisten und interessierten Bürgern besucht werden, die sich sich dort Notizen machen und anschließend über die Verhandlung berichten dürfen. Das ist in jedem Fall unstreitig. In dieser traditionellen Variante findet freilich keine Liveberichterstattung statt.

Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts war gerade in den letzten Jahren von der Tendenz geprägt, das Verbot des § 169. S 2 GVG eher eng zu interpretieren und das öffentliche Informationsinteresse stärker zu gewichten. Rechtsdogmatisch betrachtet ist auch der Grundsatz zu beachten, dass Ausnahmevorschriften – und eine solche ist § 169 S. 2 GVG – eng auszulegen sind. Eine Textberichterstattung direkt aus dem Gerichtssaal z.B. via Twitter stellt keine Ton- oder Filmaufnahme dar, Twitter ist kein Rundfunkmedium.

Aus diesem Grund bin ich der Ansicht, dass eine Live-Berichterstattung via Twitter nicht gegen § 169 S. 2 GVG verstößt. Die Frage ist freilich bisher nicht diskutiert worden und damit letztlich noch offen.

posted by Stadler at 10:30  
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