Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

27.1.10

EuGH: Slogan "Vorsprung durch Technik" als Marke schutzfähig

Der Europäische Gerichtshof erachtet den Werbeslogan „Vorsprung durch Technik“ des deutschen Autobauers Audi für ausreichend unterscheidungskräftig und damit als Marke eintragungsfähig (Urteil des EuGH vom 21.01.2010, Az.: C?398/08 P).

Der EuGH führt u.a. aus, dass die Tatsache allein, dass eine Marke als Werbeslogan wahrgenommen wird, nicht ausreicht, um den Schluss zu ziehen, dass dieser Marke die Unterscheidungskraft fehlt. Eine solche Marke kann nach Ansicht des EuGH von den angesprochenen Verkehrskreisen vielmehr gleichzeitig als Werbeslogan und als Hinweis auf die betriebliche Herkunft der fraglichen Waren oder Dienstleistungen wahrgenommen werden.

Diese Entscheidung wird jetzt möglicherweise zu einer verstärkten Anmeldung von Slogans als Marke führen.

posted by Stadler at 14:30  

14.1.10

EuGH: § 4 Nr. 6 UWG verstößt gegen EU-Recht

Der Europäische Gerichtshof hat mit Urteil vom heutigen 14.01.2010 (C – 304/08) entschieden, dass § 4 Nr. 6 UWG nicht mit der Richtlinie über Unlautere Geschäftspraktiken (2005/29/EG) vereinbar ist. Der BGH hatte diese Frage vorgelegt.

§ 4 Nr. 6 UWG verbietet es, die Teilnahme von Verbrauchern an einem Preisausschreiben oder Gewinnspiel von dem Erwerb einer Ware oder der Inanspruchnahme einer Dienstleistung abhängig zu machen. In dem Vorlageverfahren hatte der deutsche Discounter Plus eine Werbekampagne „Ihre Millionenchance“ veranstaltet, in der dazu aufgefordert wurde, in den Läden von Plus Waren zu erwerben, um Punkte zu sammeln. Mit der Ansammlung von 20 Punkten wurde die Möglichkeit erworben, kostenlos an den Ziehungen des Deutschen Lottoblocks teilzunehmen.

Dieses Verhalten verstieß nach Ansicht der Instanzgerichte gegen § 4 Nr. 6 UWG. Dieser Ansicht war zwar auch der BGH, er hatte allerdings Zweifel, ob die Regelung richtlinienkonform ist und hat an den EuGH vorgelegt.

Der EuGH hat nunmehr festgestellt, dass die Regelung des § 4 Nr. 6 UWG, die derartige Praktiken grundsätzlich verbietet, nicht den Anforderungen der Richtlinie 2005/29/EG entspricht.

Der Gerichtshof führt zunächst aus, dass § 4 Nr. 6 UWG ein allgemeines Verbot darstellt, ohne dass anhand des Einzelfalls geprüft werden müsste, ob die fragliche geschäftliche Handlung im Licht der Richtlinie unlauter ist. Das ist nicht richtlinienkonform, weil die Praktiken, die allein ohne eine Einzelfallprüfung verboten werden dürfen, in der Richtlinie abschließend aufgezählt sind.

Zum anderen widerspricht die deutsche Regelung nach Ansicht des EuGH auch dem Inhalt von Art. 4 der Richtlinie 2005/29, der es den Mitgliedstaaten ausdrücklich untersagt, strengere nationale Maßnahmen beizubehalten oder zu erlassen als in der Richtline vorgesehen.

posted by Stadler at 13:45  

4.12.09

Vorlagebeschluss des BGH zu Persönlichkeitsrechtsverletzungen im Internet

Der Vorlagebeschluss vom 10.11.2009 (Az.: VI ZR 217/08) des BGH zur Internationalen Zuständigkeit und zum anzuwendenden Recht bei Persönlichkeitsrechtsverletzungen durch Veröffentlichungen im Internet, ist nunmehr im Volltext online.

Der Kläger, der wegen Mordes am Schauspieler Walter Sedlmayer verurteilt worden ist, verlangt von einem in Österreich ansässigen Medienunternehmer es zu unterlassen, über ihn im Zusammenhang mit der Tat unter voller Namensnennung zu berichten.

Der BGH hält die Frage seiner Zuständigkeit und die Frage, ob nach dem Herkunftslandprinzip österreichisches Recht anzuwenden ist, für klärungsbedürftig und hat an den Europäischen Gerichtshof vorgelegt.

Die Vorlagefragen lauten:

1. Ist die Wendung „Ort, an dem das schädigende Ereignis einzutreten droht“ in Art. 5 Nr. 3 der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (nachfolgend: EuGVVO) bei (drohenden) Persönlichkeitsrechtsverletzungen durch Inhalte auf einer Internet-Website dahingehend auszulegen, dass der Betroffene eine Unterlassungsklage gegen den Betreiber der Website unabhängig davon, in welchem Mitgliedstaat der Betreiber niedergelassen ist, auch bei den Gerichten jedes Mitgliedstaats erheben kann, in dem die Website abgerufen werden kann, oder setzt die Zuständigkeit der Gerichte eines Mitgliedstaats, in dem der Betreiber der Website nicht niedergelassen ist, voraus, dass ein über die technisch mögliche Abrufbarkeit hinausgehender besonderer Bezug der angegriffenen Inhalte oder der Website zum Gerichtsstaat (Inlandsbezug) besteht?

2. Wenn ein solcher besonderer Inlandsbezug erforderlich ist:
Nach welchen Kriterien bestimmt sich dieser Bezug? Kommt es darauf an, ob sich die angegriffene Website gemäß der Bestimmung des Betreibers zielgerichtet (auch) an die Internetnutzer im Gerichtsstaat richtet oder genügt es, dass die auf der Website abrufbaren Informationen objektiv einen Bezug zum Gerichtsstaat in dem Sinne aufweisen, dass eine Kollision der widerstreitenden Interessen – Interesse des Klägers an der Achtung seines Persönlichkeitsrechts und Interesse des Betreibers an der Gestaltung seiner Website und an der Berichterstattung – nach den Umständen des konkreten Falls, insbesondere aufgrund des Inhalts der beanstandeten Website, im Gerichtsstaat tatsächlich eingetreten sein kann oder eintreten kann? Kommt es für die Feststellung des besonderen Inlandsbezugs maßgeblich auf die Anzahl der Abrufe der beanstandeten Website vom Gerichtsstaat aus an?

3. Wenn es für die Bejahung der Zuständigkeit keines besonderen Inlandsbezugs bedarf oder wenn es für die Annahme eines solchen genügt, dass die beanstandeten Informationen objektiv einen Bezug zum Gerichtsstaat in dem Sinne aufweisen, dass eine Kollision der widerstreitenden Interessen im Gerichtsstaat nach den Umständen des konkreten Falls, insbesondere aufgrund des Inhalts der beanstandeten Website, tatsächlich eingetreten sein kann oder eintreten kann, und die Annahme eines besonderen Inlandsbezugs nicht die Feststellung einer Mindestanzahl von Abrufen der beanstandeten Website vom Gerichtsstaat aus voraussetzt:
Ist Art. 3 Abs. 1 und 2 der Richtlinie 2000/31/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2000 über bestimmte rechtliche Aspekte der Dienste der Informationsgesellschaft, insbesondere des elektronischen Geschäftsverkehrs, im Binnenmarkt (nachfolgend: e-commerce-Richtlinie) dahingehend auszulegen, dass diesen Bestimmungen ein kollisionsrechtlicher Charakter in dem Sinne beizumessen ist, dass sie auch für den Bereich des Zivilrechts unter Verdrängung der nationalen Kollisionsnormen die alleinige Anwendung des im Herkunftsland geltenden Rechts anordnen, oder handelt es sich bei diesen Vorschriften um ein Korrektiv auf materiell-rechtlicher Ebene, durch das das sachlich-rechtliche Ergebnis des nach den nationalen Kollisionsnormen für anwendbar erklärten Rechts inhaltlich modifiziert und auf die Anforderungen des Herkunftslandes reduziert wird?
Für den Fall, dass Art. 3 Abs. 1 und 2 e-commerce-Richtlinie kollisionsrechtlichen Charakter hat:
Ordnen die genannten Bestimmungen lediglich die alleinige Anwendung des im Herkunftsland geltenden Sachrechts oder auch die Anwendung der dort geltenden Kollisionsnormen an mit der Folge, dass ein ren-voi des Rechts des Herkunftslands auf das Recht des Bestimmungslands möglich bleibt?

posted by Stadler at 10:10  

20.11.09

EuG: Kein Markenschutz für "Cannabis"

Das Gericht erster Instanz – und nicht wie von mir zunächst behauptet, der EuGH – hält das Zeichen „Cannabis“ für Getränke und Lebensmittel für beschreibend und hat deshalb die Eintragung einer entsprechenden Marke u.a. für die Waren Biere, Weine, Spirituosen, Liköre und Sekt abgelehnt.

Das EuG führt aus:

„Aus alledem folgt, dass sich das Zeichen CANNABIS auf die aus den Medien allgemein bekannte Hanfpflanze bezieht, die bei der Herstellung bestimmter Lebensmittel und Getränke verwendet wird. Der Durchschnittsverbraucher wird daher sofort und ohne weiteres Nachdenken einen Zusammenhang zwischen dem fraglichen Zeichen und den Merkmalen der Produkte herstellen, für die die Marke eingetragen wurde. Dadurch wird dieses Zeichen zu einem beschreibenden Zeichen.“

Diese Einschätzung des EuG zur Verbrauchererwartung halte ich für fragwürdig. Der Verkehr mag zwar den Begriff Cannabis mit der Hanfpflanze assoziieren, allerdings primär in Richtung eines Betäubungsmittels. Ob er daneben auch annimmt, dass es sich um einen gebräuchlichen Inhaltsstoff bei der Herstellung von Lebensmitteln und Getränken handelt, dürfte demgegenüber eher fraglich sein.

Urteil des Gericht erster Instanz vom 19. November 2009 (Az.: T‑234/06)

posted by Stadler at 11:13  

4.10.09

Einheitliches Schutzniveau für alle urheberrechtlichen Werke?

Die deutsche Rechtsprechung legt an die Schöpfungshöhe, die den Schutz als urheberrechtliches Werk begündet, mitunter sehr unterschiedliche Maßstäbe an und das selbst oftmals innerhalb derselben Werkkategorie. So werden z.T. längere Texte als nicht schutzfähig angesehen, während man andererseits kurzen Gebrauchtexten wie Zeitungsanzeigen oder Veranstaltungsankündigungen Werkscharakter zubilligt.

Das scheint offenabr auch dem EuGH ein Dorn im Auge zu sein, der etwas versteckt in der Infopaq-Entscheidung vom 16. Juli 2009 (Az.: C-5/08 – Infopaq) und dort in Ziff. 37-47 einen einheitlichen (niedrigen) Schutzstandard für urheberrechtliche Werke postuliert. Das könnte durchaus geeignet sein, der bisherigen deutschen Rechtsprechung ein Ende zu bereiten. Man sollte dieses Urteil also zitieren, wenn ein nationales Gericht dazu neigt, bei sog. Gebrauchswerken eine ausreichende Schöpfungshöhe zu verneinen.

posted by Stadler at 11:53  

22.9.09

Markenverletzung durch Google AdWords: Schlussanträge des Generalanwalts beim EuGH

Die Frage, ob die Verwendung von Markennamen als Keywords im Rahmen der Google AdWords Werbung zulässig ist oder gegen die Rechte des Markeninhabers verstößt, beschäftigt die Gerichte euroapweit. Der BGH hatte – wie Gerichte aus anderen Mitgliedsstaaten auch – diese Frage dem Europäischen Gerichtshof zur Entscheidung vorgelegt.

In drei anderen Vorlageverfahren des französischen Cour de Cassation, die zusammengefasst worden sind, hat der EuGH die Frage zu klären, ob Google (France) die Rechte der Markeninhaber als Anbieter der AdWords-Werbung verletzt. Hierzu liegen nunmehr die Schlussanträge des Generalanwalts vom 22.09.09 (Rechtssachen: C?236/08, C?237/08 und C?238/08) vor, der eine Markenrechtsverletzung durch Google (u.a. wegen fehlender Verwechslungsgefahr) und auch eine Mitwirkung an einer Markenverletzung Dritter (insbesondere des Werbenden) verneint.

Der EuGH ist bei seiner nun zu treffenden Entscheidung zwar nicht an die Schlussanträge gebunden, folgt ihnen dennoch in aller Regel.

posted by Stadler at 12:30  

6.9.09

EuGH: Kein Wertersatz bei Ausübung des Widerrufsrechts

Die mit Spannung erwartete Entscheidung des EuGH zur Frage des Wertersatzes im Fernabsatzrecht liegt jetzt vor.

Nach deutschem Recht konnte der Händler von einem Kunden, der von seinem Widerrufsrecht Gebrauch gemacht hatte, Wertersatz für die erfolgte Benutzung der Ware verlangen.

Das Amtsgericht Lahr war der Ansicht, dass die deutsche Regelung möglicherweise mit der Fernabsatzrichtlinie nicht vereinbar ist und hat die Frage dem EuGH zur Entscheidung vorgelegt.

Nach Ansicht des EuGH verstößt die deutsche Regelung gegen die Fernabsatzrichtlinie. Nur in Ausnahmefällen dürfe Wertersatz verlangt werden und zwar dann, wenn der Verbraucher die Ware auf eine mit den Grundsätzen des bürgerlichen Rechts wie denen von Treu und Glauben oder der ungerechtfertigten Bereicherung unvereinbaren Art und Weise benutzt hat.

Damit dürfte jedenfalls bei bestimmungsgemäßer Nutzung der Kaufsache ein Wertersatz ausgeschlossen sein. Unklar bleibt freilich, wann eine Benutzung entgegen Treu und Glauben vorliegen soll, nachdem der Käufer und Eigentümer einer Sache nach dem BGB ja grundsätzlich das Recht hat, mit seiner Sache nach Belieben zu verfahren.

URTEIL DES GERICHTSHOFS vom 3. September 2009 (Rechtssache C‑489/07)

posted by Stadler at 15:00  

6.9.09

§ 4 Nr. 6 UWG europarechtswidrig?

Die Generalanwältin beim EuGH vertritt in ihren Schlussanträgen im Verfahren über die „Millionenchance“ des Discounters PLUS die Ansicht, dass das grundsätzliches Verbot von Kopplungsangeboten im Zusammenhang mit Preisausschreiben bzw. Gewinnspielen (§ 4 Nr. 6 UWG) nicht richtlinienkonform ist.

Der BGH hatte diese Frage in einem bei ihm anhängigen Rechtsstreit zwischen der Wettbewerbszentrale und der Plus Warenhandelsgesellschaft mbH an den EuGH vorgelegt.

Die Schlussanträge sind zwar für den Gerichtshof nicht bindend, er folgt ihnen aber in aller Regel.


Schlussanträge vom 3. September (Rechtssache C?304/08)

posted by Stadler at 11:38  
« Vorherige Seite