Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

4.10.14

Im rechtsfreien Raum

Die Süddeutsche Zeitung berichtet in ihrer Wochenendausgabe ausführlich über eine enge Zusammenarbeit zwischen BND und NSA auf deutschem Boden, die u.a. zum Gegenstand hatte, TK-Rohdaten an den US-Dienst zu übermitteln, die der BND zuvor massenhaft am Internetknotenpunkt in Frankfurt ausgeleitet hatte. Der BND hat, bevor die Weiterleitung an die NSA erfolgte, mit einem allerdings unzureichenden Technik versucht, die Kommunikation deutscher Staatsbürger auszufiltern. Die Zusammenarbeit von BND und NSA hat laut Informationen der SZ in dieser Form von 2004 bis 2008 gedauert. Die Süddeutsche beruft sich auf streng geheime Unterlagen zu dem Projekt „Eikonal“, die die Bundesregierung dem NSA-Untersuchungsausschuss vorgelegt hat und die offenbar auch dem Rechercheteam aus SZ, NDR und WDR vorliegen. Die Zusammenarbeit und auch die Weiterleitung von Rohdaten an die NSA ist nach Angaben der SZ vom damaligen Kanzleramtsminister Steinmeier genehmigt worden. Die Operation sei dann 2008 eingestellt worden, als man beim BND bemerkt habe, dass die USA auch versucht haben, Konzerne wie EADS und französische Behörden auf diesem Weg auszuspionieren.

In der Berichterstattung der SZ und nicht nur dort wird es als besonders bedenklich bezeichnet, dass auch Daten von Bundesbürgern an die NSA weitergeleitet worden sind.

Aber schon diese juristische Bewertung ist zweifelhaft.

Der BND darf nach dem § 5 G10-Gesetz nur internationale Telekommunikation überwachen. Das bedeutet, dass sich mindestens ein Kommunikationsteilnehmer im Ausland aufhalten muss. Reine Inlandskommunikation darf der BND nach dem Gesetz erst gar nicht erfassen. Es kommt also überhaupt nicht darauf an, ob ein Kommunikationsteilnehmer deutscher Staatsbürger ist.

Darüber hinaus gilt es zu berücksichtigen, dass Art. 10 GG kein Deutschengrundrecht darstellt, sondern grundsätzlich auch ausländische Telekommunikationsteilnehmer schützt.

Vor diesem rechtlichen Hintergrund ist bereits die Überwachung eines inländischen Internetknotenpunkts durch den BND von vornherein unzulässig, weil davon ausgegangen werden muss, dass an solchen Knotenpunkten überwiegend oder in jedenfalls beträchtlichem Umfang keine internationale, sondern rein inländische Kommunikation durchgeleitet wird. Wenn bereits die Überwachung inländischer Knotenpunkte durch den BND rechtswidrig ist, hätten folglich auch die Genehmigung dieser Maßnahme durch das Bundeskanzleramt und die Billigung durch das parlamentarische Kontrollgremium nie ergehen dürfen. Dass der BND inländische Internetknotenpunkte überwacht, ist allerdings keine neue Erkenntnis und konnte bereits aus dem Antwortverhalten der Bundesregierung auf parlamentarische Anfragen geschlossen werden.

Unabhängig davon stellt sich in rechtlicher Hinsicht zusätzlich die Frage, ob und in welchem Umfang Daten, die der BND aus der sog. strategischen Fernmeldekontrolle erlangt hat, an ausländische Dienste wie die NSA übermittelt werden dürfen.

Die Übermittlung von TK-Daten durch den BND an ausländische Stellen, ist im G10-Gesetz ausdrücklich geregelt. Dort heißt es in § 7a:

Der Bundesnachrichtendienst darf durch Beschränkungen nach § 5 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2, 3 und 7 erhobene personenbezogene Daten an die mit nachrichtendienstlichen Aufgaben betrauten ausländischen öffentlichen Stellen übermitteln, soweit

1. die Übermittlung zur Wahrung außen- oder sicherheitspolitischer Belange der Bundesrepublik Deutschland oder erheblicher Sicherheitsinteressen des ausländischen Staates erforderlich ist,
2. überwiegende schutzwürdige Interessen des Betroffenen nicht entgegenstehen, insbesondere in dem ausländischen Staat ein angemessenes Datenschutzniveau gewährleistet ist sowie davon auszugehen ist, dass die Verwendung der Daten durch den Empfänger in Einklang mit grundlegenden rechtsstaatlichen Prinzipien erfolgt, und
3. das Prinzip der Gegenseitigkeit gewahrt ist.
Die Übermittlung bedarf der Zustimmung des Bundeskanzleramtes.

Eine Datenübermittlung ist also gesetzlich nur in engen Grenzen vorgesehen. Die Einhaltung der gesetzlichen Voraussetzungen ist nur dann möglich, wenn zuvor eine Einzelfallprüfung durchgeführt worden ist. Eine Übermittlung von Rohdaten in großem Stil ist daher gesetzlich ausgeschlossen und mithin rechtswidrig. In der Anhörung im NSA-Untersuchungsausschuss hat der Verfassungsrechtler Matthias Bäcker sogar die Auffassung vertreten, dass der BND überhaupt keine Rohdaten an ausländische Dienste übermitteln darf. Die im Bericht der SZ geschilderte Übermittlung von Rohdaten an die NSA ist also schon vom G10-Gesetz nicht gedeckt.

Das bedeutet nichts anderes, als dass sowohl die Erhebung von TK-Rohdaten an inländischen Knotenpunkten durch den BND, als auch erst recht die Übermittlung an die NSA bereits nach dem einfachen Recht klar rechtswidrig ist. Dass das G10-Gesetz von führenden Verfassungsrechtlern als teilweise verfassungswidrig angesehen wird, kommt da nur noch erschwerend hinzu.

Die Berichterstattung der SZ belegt also, dass beim BND ein organisierter und systematischer Rechtsbruch stattfindet und dies mit Genehmigung der Bundesregierung und teilweiser Billigung des Parlaments. Der BND bewegt sich faktisch im rechtsfreien Raum und schreckt auch vor einem offensichtlichen Rechts- und Verfassungsbruch nicht zurück. Dieser Umstand muss dann allerdings in die Schlussfolgerung münden, dass wir es hier mit einer veritablen Verfassungskrise zu tun haben und das Grundrecht aus Art. 10 GG das Papier nicht mehr wert ist, auf dem das Grundgesetz einmal gedruckt worden ist. Heribert Prantl kommentiert das völlig zutreffend als den „Totalverlust eines Grundrechts“.

Man darf vielleicht bereits die Frage stellen, ob dieser eklatante und offensichtliche Rechtsbruch angesichts des Umstands, dass eine massenhafte Übermittlung von Rohdaten an US-Dienste stattgefunden hat, gegen Mitarbeiter des BND und Mitglieder der damaligen Bundesregierung nicht bereits den Anfangsverdacht einer geheimdienstlichen Agententätigkeit zum Nachteil der Bundesrepublik und zugunsten der USA begründet. Es steht dennoch kaum zu erwarten, dass der Generalbundesanwalt hierzu Ermittlungen aufnehmen wird. Man wird vermutlich höchstens nach der undichten Stelle suchen, die die Dokumente an die SZ weitergegeben hat. Bei dem Eid, den ein Frank-Walter Steinmeier als Minister in unterschiedlichen Bundesregierungen auf die deutsche Verfassung geschworen hat, scheint es sich jedenfalls um einen Meineid zu handeln.

Update:
§ 7 a G10-Gesetz ist erst im Jahre 2009 in Kraft getreten – was ich beim Verfassen des Blogbeitrags übersehen hatte – konnte also für den Zeitraum 2004 – 2008 noch gar keine Anwendung finden. Es gab folglich im maßgeblichen Zeitraum noch nicht einmal eine formelle rechtliche Grundlage für die Übermittlung von Rohdaten an die NSA.

posted by Stadler at 22:25  

26 Comments

  1. Für die Weitergabe der erfassten Daten aus dem Zeitraum 2004 bis 2008 sollte § 7a G10 keine Rolle spielen, weil der da noch nicht existierte (http://www.buzer.de/gesetz/4705/al19976-0.htm). Also waren wohl sowohl die Erfassung und die Weitergabe ohne Rechtsgrundlage.

    Comment by Gast — 4.10, 2014 @ 22:39

  2. Handschellen für Steinmeier? Wäre doch angemessen, oder?

    Comment by Bürger — 4.10, 2014 @ 23:54

  3. Wetten, dass das keine Sau interessiert!? Es ist doch viel wichtiger mit 30 Staatsanwälten aufzuklären, ob ein Ex-Bundespräsident vor gefühlten 10 Jahren tatsächlich ein Hotelzimmer eines Freundes bar bezahlt hat …

    Comment by Marcus Dury — 5.10, 2014 @ 00:09

  4. Eine Straftat nach http://dejure.org/gesetze/StGB/97a.html dürfte jedenfalls in der Form des strafbaren Versuches vorliegen – begangen nicht nur von Steinmeier, sondern auch von August Hanning und seinen Mitarbeitern. Frage: Steinmeier war bis 2005 Koordinator der Nachrichtendienste – liegt hier ein fortgesetztes Delikt vor, das innerhalb der 10jährigen Verjährungsfrist noch verfolgbar ist?

    Comment by Regierungs4tel — 5.10, 2014 @ 01:00

  5. Der Mensch ist heute schon so gut wie, es geht nicht mehr, gläsern, mit und ohne Geheimdienste.

    Die heute schon fast absolute Transparenz gesetzlich regeln zu wollen und damit noch geheimer zu machen als jetzt schon, ändert so gut wie nichts. Sinnvoller wäre es, zu diskutieren, wie mit der unvermeintlichen Transparenz umgegangen werden soll, ohne nachhaltigern Schaden persönlich zu erlangen.

    Die Schwerpunkte der Gesetze, der Rechtsprechung bedürfen einer grundsätzliche Reformation.

    Jeder Versuch, die Intim-, Privat- und Sozialsphäre, so berechtigt das auch zu scheinen mag, über Zensur zu schützen, dient der Zementierung einer Diktatur.

    Die Zensurdiktatur ist untrennbarer Betsandteil und Voraussetzung zur einer die Menschen physisch vernichtender Diktatur.

    Comment by Rolf Schälike — 5.10, 2014 @ 09:15

  6. Ich plädiere für einen citizen’s arrest von Steinmeier und weiteren Verantwortlichen. Eine Initiative nach „Arrest Blair“ wäre angebracht.
    http://www.arrestblair.org/

    Comment by Pos — 5.10, 2014 @ 11:48

  7. „Der BND bewegt sich faktisch im rechtsfreien Raum und schreckt auch vor einem offensichtlichen Rechts- und Verfassungsbruch nicht zurück.“

    NEIN!! DOCH!! OH!! No shit Sherlock! Captain Obvious lässt grüßen.

    „Anfangsverdacht einer geheimdienstlichen Agententätigkeit zum Nachteil der Bundesrepublik“

    Sowas könnte man auch Landesverrat nennen! Wir werden von Landesverrätern regiert!

    „Man wird vermutlich höchstens nach der undichten Stelle suchen“

    Die BND-Abteilung Eigensicherung macht gerade Überstunden und jagt die letzten aufrechten Beamten im Dienst.

    Comment by BDN against the people — 5.10, 2014 @ 15:21

  8. Wie groß ist die Aussicht auf eine erfolgreiche Verfassungsbeschwerde?
    Ich sehe da doch einige Schwierigkeiten.
    Wenn ich das richtig verstehe steht das nur demjenigen zu, der „selbst, gegenwärtig und unmittelbar von einer Rechtsverletzung betroffen ist.“
    Wie sollte man das nachweisen? Es ist ja sogar wohl schon verjährt.

    Comment by Mark — 5.10, 2014 @ 20:10

  9. Es gibt eine anhängige Verfassungsbeschwerde, in der die Frage der Beschwerdebefugnis, also der eigenen, gegenwärtigen und unmittelbaren Betroffenheit geklärt werden wird.

    Comment by Stadler — 5.10, 2014 @ 20:22

  10. Steinmeiner kann es sich auf die Fahne schreiben, den Verraeter-Spruch woertlich ins neue Jahrtausend getragen zu haben. Aber er hat das Wahlziel 2013 (Vizekanzler und Aussenminister unter Merkel) voll erreicht.

    Ein Aussenminister und Vizekanzler mit Verjaehrungsbedarf ist natuerlich eine perfekte Besetzung. Wieviele Leichen dieser Art er und anderen Mitglieder der Bundesregierung wohl noch im Keller haben? Erwartet noch jemand ernstlich Widerstand gegen CETA oder TTIP seitens der SPD?

    Comment by h s — 5.10, 2014 @ 21:14

  11. Es ist doch zum verzweifeln. Man muss erst klagen, um sich überhaupt offiziell darüber beschweren zu dürfen, dass das Grundgesetz verletzt wird? Weil man nicht nachweisen kann, das man betroffen ist. Aber eben dieses ist ja auch ein Teil der Grundrechtsverletzung… Wieviel ist ein solches Gesetz in Bezug auf die demokratische Grundordnung denn dann noch wert? Und warum gibt es eigentlich noch keine unabhängige Instanz, die die Einhaltung des Grundgesetzes überwacht und bei einem Bruch dagegen vor geht?

    Comment by Mark — 5.10, 2014 @ 22:13

  12. PS: Ja, ich weiss, dass Gabriel Vizekanzler ist…

    Comment by h s — 5.10, 2014 @ 22:19

  13. Ob der SZ die „Streng Geheimen“ Papiere tatsächlich vorliegen, wage ich schon auf Grund der Sicherheitsvorkehrungen für solche Papiere zu bezweifeln. Da sich die SZ nicht (wie sonst) ausdrücklich darauf beruft, dass ihr die Papiere vorliegen (sondern nur auf deren Existenz in der Geheimschutzstelle des Bundestages), ist es gut möglich, dass hier vom Hörensagen berichtet wird. Was also den zuständigen Parlamentsgremien tatsächlich berichtet worden ist bzw. wird, wird abzuwarten sein.

    2004 existierte jedenfalls die eindeutige Vorgabe von Kanzleramtschef Steinmeier, dass Inlands-Inlands-Kommunikation deutscher Grundrechtsträger vom BND keinesfalls erfasst oder gar an die NSA weiter geleitet werden dürfen. Hat der BND hier so offen gegen diese Vorgabe verstoßen? Oder hat, was ja auch nicht auszuschließen ist, die massenhafte Weiterleitung von Rohdaten an die NSA gar nicht stattgefunden?

    Im Grunde hat der BND jedenfalls auch keine Ermächtigungsgrundlage für das Erfassen von Auslands-Auslands-Verbindungen, wie die ehemaligen BVerfG-Richter vor dem NSA-Untersuchungsausschuss im Sommer dargelegt haben. Hierbei müsste der BND aufgrund von Art. 1 Abs. 3 GG zumindest den objektiven Gehalt von Art. 10 GG beachten. Damit wird die Hürde kleiner als für die Überwachung von Inlands-Auslands-Kommunikation – aber eine anlasslose, flächendeckende Massenüberwachung von Internetverbindungen wäre auch in diesem Falle nicht zu rechtfertigen.

    Comment by Anonymous — 6.10, 2014 @ 10:23

  14. Das Bundesverfassungsgericht hat bereits vor vielen Jahren eine Entscheidung zum G-10 Gesetz und seinen verfassungsseitigen Grenzen getroffen:

    http://www.servat.unibe.ch/dfr/bv067157.html

    Auf Basis der Vorgaben in dieser BVerfG-Entscheidung, insbesondere Leitsatz Nr.3 dieser Entscheidung sind Teile des aktuellen G-10-Gesetzes verfassungswidrig:

    3. Mit Art. 10 GG ist es nicht vereinbar, Überwachungsmaßnahmen nach § 3 G 10 zur Gefahrenabwehr für die innere Sicherheit einzusetzen.

    Comment by martinr — 6.10, 2014 @ 15:47

  15. Mehr denn je bin ich davon überzeugt, dass die Abhörprotokolle über das Kanzlerinnen-Handy die Stempel des BND trugen, als sie an die NSA weiter gegeben wurden.
    Das ist der eine Grund für das Wohlverhalten Merkels gegenüber den USA, ein weiterer Grund wird in den Inhalten der Protokolle zu finden sein.

    Comment by Joachim Bode — 6.10, 2014 @ 16:57

  16. Soweit die Fakten.

    Und nun?

    Comment by Tim — 6.10, 2014 @ 17:41

  17. § 7a G10: könnte eine nachträgliche Legalisierung sein.
    Oft wird in Gesetzesform nur das wiedergegeben, was vorher schon längst Verwaltungspraxis war.

    Das Ganze erinnert irgendwie an den HAL9000-Computer in 2001-A Space Odyssey, der seine Schäfchen in Menschenform völlig fehlerlos durch ein Vakuum steuert, bis die Reise dann zu Ende ist. Nur: ähnlich genervt wie HAL reagiert das reale System, wenn es denn abgeschaltet werden soll.

    Comment by Arne Rathjen, RA — 6.10, 2014 @ 21:46

  18. Ultimo:

    Der moderne Staat und die Menschenrechte in einem
    Kurzfilm:

    https://www.youtube.com/watch?v=ARJ8cAGm6JE

    Comment by Arne Rathjen, RA — 7.10, 2014 @ 19:11

  19. Rechtsfreier Raum trifft es recht gut. Das Problem, das meine Vorposten und auch ich sehe, ist dass die ein verfassungsmäßiges Grundrecht verletzt wurde, allerdings einiges nicht nachweisbar ist:
    1. die „selbst“ Betroffenheit (nur als eine Wahrscheinlichkeit, wird so regelmäßig vom Verfassungsgericht nicht akzeptiert)
    2. die Gegenwärtigkeit (angeblich 2008 eingestellt), zu vermuten ist hier jedoch eine wie auch immer geartete Fortführung, leider geheim, daher nicht nachweisbar
    Hier erscheint mir ein erfolgreicher „Hack“ des Grundgesetzes durch den BND erfolgt zu sein: zwar wird ein Grundrecht verletzt, doch ergibt sich keine Möglichkeit der Klage dagegen (und wo kein Kläger da kein Richter).

    Somit bliebe als einzige Instanz hier nicht das BVerfG anzurufen, sondern den EGMR, wegen Verstoßes gegen Art. 8 der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten, hierzu ist jedoch die Erschöpfung des Rechtswegs nötig, oder mit anderen Worten eine Klage vor dem BVerwG, als erste und zugleich letzte Instanz. Leider herrscht hier Vertretungszwang, somit ergibt sich gleich einmal für Otto Normal ein ziemliches wirtschaftliches Risiko. Man könnte also vermuten, dass hier gezielt ein Grundrecht ausgehebelt wurde, und kein verhältnismäßiger Rechtsweg dagegen offensteht.

    Comment by LoKoMoTiVe — 7.10, 2014 @ 22:26

  20. Man wird sich heute kaum vorstellen können, dass Abhöraktionen vor 1968 überhaupt nicht ( ! ) legal waren, also weder durch den BND, den „Verfassungsschutz“ oder die Strafjustiz. Der aktuelle Zustand ist also in etwa die logische Umkehrung des damaligen Zustands.

    Die Rechtfertigung dafür ist – man kann es sich denken –
    gefälscht.

    Comment by Arne Rathjen, RA — 7.10, 2014 @ 23:19

  21. Die interessanteste juristische Frage ist für mich immer noch ungeklärt. Steinmeier berief sich ja auf die Anschläge 2001.

    Welche Rechtsfolgen hat eigentlich der bis heute aufrecht erhaltene NATO Bündnisfall?

    Leben wir unter Kriegsrecht und sie haben uns das bloß nicht deutlich genugt gesagt? Wenn ja, was bedeutet das für unsere Grundrechte?

    Comment by Grauhut — 8.10, 2014 @ 08:38

  22. Ich wundere mich über die Empörung. Das Trommelfeuer der Linkspresse ist unnötig. Die Faktenlage ist seit Jahrzehnten bekannt. Suchmaschinen richtig und effektiv zu nutzen ist nicht jedem gegeben.

    BND, NSA, CIA scheißen auf unser Grundgesetz. Sie tauschen alle Daten aus. Gibst du mir, gebe ich dir.

    Das war so, das ist so, das bleibt so.

    Comment by Eckhard — 8.10, 2014 @ 19:16

  23. Was Steinmeier betrifft, so ist er bei mir unten durch, denn er persönlich (!) ist verantwortlich für die jahrelange Folter eines Deutschen mit türkischem Pass in Gitmo. Es wird auch nicht vergessen, wie er die Foltertusse, Lügnerin, Mörderin und Kriegshetzerin Rice auf die Wangen küsste.

    Die SPD mit dem Typen, das war damals schon allen klar, ist nicht mehr wählbar. Die Verluste sprachen für sich. Leider sitzen sie jetzt in der Groko, und Steinmeier kann weiter sein Unwesen treiben. Die nächste Wahl findet 2017 statt. Denkt daran.

    Comment by Eckhard — 8.10, 2014 @ 19:24

  24. „Leben wir unter Kriegsrecht und sie haben uns das bloß nicht deutlich genugt gesagt?“

    Genau. Man könnte den gigantesken bürokratischen Überwachungsapparat auch euphemistisch als „Kolonialverwaltung“ bezeichnen. Da er eine solche ist hat er an Grundrechten ein nur rudimentäres Interesse, weil diese die Ausbeutung der Kolonie behindern.

    Die Gesetzgebung ist an den Erfordernissen einer Besatzungsverwaltung orientiert, welche eine difffuse Masse vor sich hat, die mit einer faktischen Abgabenbelastung von 70% plus X belastet ist und potentiell revoltieren könnte. Alles und jeder muss überwacht werden, es existiert eine extrem niedrige Eingriffsschwelle ( Planung von Taten etwa, die wiederum nur Vorbereitungshandlungen sind, dabei generell unterhalb einer Verdachtsschwelle, analog Stalin oder HAL, s.o. ) und diffuse, nicht kalkulierbare Ergebnisse ( Abgabe der Daten an jeden, der etwas damit anfangen kann, ohne Controlling, so dass eine kreative Datensammlung bei dem LKA Hessen, quasi nebenan bei der US-Armee,
    in Brüssel bei der NATO, bei Liquidierungstrupps der CIA, und, da der BND von Anfang an unterwandert war,
    beim Bärenreiter Putin landen kann….).

    Man kann dann den BND als multinationale Informationsbörse bezeichnen, welche wie eine durchlöcherte Zentrifuge unkontrolliert Daten über Millionen Bürger, die dafür Steuern zahlen, liefert, wobei keiner weiß, was damit gemacht wird.

    Das damit korrespondierende Phänomen ist der erstaunliche Wegfall des Schutzgegenstands bei formaler Aufrechterhaltung einer Rechtsposition ( Art. 10 GG , wobei der Terminus „Geheimnis“ nur noch manipulativen Charakter hat).

    Was fehlt ist eine Form des Controllings: ist das Ganze bloß Geldverschwendung, welche Ergbenisse wurden durch den Wegfall des Schutzgegenstands und die Rückkehr in das Mittelalter erzielt ? Hat sich die Sicherheitslage verbessert ? Leider nicht, das ist das eigentliche Problem.

    Im Übrigen dürfte nun klar sein, warum man Snowden nicht in Deutschland haben will und warum über die Verwendung des gewaltigen Datenvolumens kaum etwas berichtet wird. Immerhin untersteht die NSA dem Pentagon, und der BND war unmittelbar an Kriegseinsätzen ( Irak 2003 ) beteiligt.

    Und die Kolonialverwaltung weiß selbst nicht mehr, wie viele Coups sie organisiert hat.

    Comment by Arne Rathjen, RA — 8.10, 2014 @ 21:25

  25. @Mark: Dieses Organ existiert und es heißt Verfassungsschutz… trocken lacht

    Comment by Frank Topel — 11.10, 2014 @ 10:09

  26. @Arne Rathjen: Der Wegfall des Schutzgegenstands bei formaler Aufrechterhaltung einer Rechtsposition ist nichts ungewöhnliches in totalitären Systemen, siehe Ernst Fraenkel, „Der Doppelstaat“.

    Ich habe das Gefühl das westliche System hat sich zu einer totalitären Demokratie entwickelt, wie sie Jakob Leib Talmon in seinem Werk „The Origins of Totalitarian Democracy“ beschreibt.

    Was wir derzeit erleben ist eine Form des politischen Messianismus, der sich sein Scheitern an den Klippen der Realität, in kognitiver Dissonanz verfangen, nicht eigestehen will und zu immer totalitäreren Mitteln greift und seine Träume doch noch zu verwirklichen. Man kann Rousseau halt nicht ohne Guillotine denken.

    Die Freiheit wird beseitigt um die Freiheit zu retten. Krieg ist Frieden und der Überwachungsstaat schützt natürlich das informationelle Selbstbestimmungsrecht seiner Bürger.

    Comment by Grauhut — 12.10, 2014 @ 10:49

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