Urheberrecht für das 21. Jahrhundert
iRights.info und netzpolitik.org haben gerade einen Text des Kollegen Till Kreutzer mit dem Titel „Auf dem Weg zu einem Urheberrecht für das 21. Jahrhundert“ veröffentlicht, der mir aus der Seele spricht. Kreutzer sieht den Grund für die aktuellen und zunehmenden Auseinandersetzungen darin, dass das Urheberrecht einen Bedeutungswandel durchgemacht hat, dem bislang allerdings in keiner Weise durch gesetzliche Änderungen Rechnung getragen worden ist. Man möchte an dieser Stelle ergänzen, dass sich der Gesetzgeber sogar förmlich gegen diesen Bedeutungswandel stemmt, indem er das Urheberrecht fortlaufend – getrieben durch einen massiven Lobbyismus – zugunsten der gewerblichen Rechteinhaber verschärft.
Nachdem das Urheberrecht, anders als noch vor 20 Jahren, mittlerweile für weite Teile unserer Bevölkerung von Bedeutung ist, hätte damit die Erkenntnis verbunden sein müssen, dass die gestiegene soziale Bedeutung des Urheberrechts auch eine weitaus größere Sozialbindung nach sich ziehen muss. Denn gerade das, was viele – auch das Bundesverfassungsgericht – so gerne als geistiges Eigentum bezeichnen, unterliegt nach dem Grundgesetz einer expliziten Sozialbindung. Konsequenterweise hätte man deshalb die Schrankenbestimmungen zugunsten der Allgemeinheit ausweiten und nicht wie geschehen einschränken müssen. Der Gesetzgeber ist an dieser Stelle deutlich aus dem Tritt geraten und hat sich einseitig und zu Lasten der Allgemeinheit von Urheberrechtslobbyisten leiten lassen. Diese Fehlentwicklung wird er früher oder später korrigieren müssen.
Kreutzer skizziert drei kurzfristige Lösungsansätze, die ich in diesem Blog auch immer wieder thematisiert habe. Nämlich die Verbesserung des Urhebervertragsrechts, mehr Nutzerfreiheiten für den Bildungs- und Wissenschaftsbereich und die Eindämmung der Filesharing-Abmahnungen.
Vage wird Kreutzer allerdings, wenn es um die langfristige Perspektive geht. Seine Idee von der Entkoppelung der Urheber- und Verwertungsrechte klingt gut, dürfte aber schwer gestaltbar sein. Man wird in Zukunft aber die soziale Komponente des Urheberrechts (wieder) stärker in den Vordergrund rücken müssen und stets um einen fairen und offenen Interessenausgleich zu ringen haben.
Da wird man sich in Zukunft noch oft hin und her winden können. Zum bitteren Ende hin gedacht bleibt es IMHO ganz sicher so, dass das Urheberrecht eine Fortschrittsbremse bleibt. Bei Milliarden Menschen auf der Welt solch eine Arroganz zu behaupten „Urheber“ zu sein und originär geistiges Eigentum zu besitzen … lächerlich.
Das kann ja nur mit Unterdrückung funktionieren.
Mit copyleft Grüßen,
yt
Comment by yt — 15.11, 2012 @ 08:10
Ich denke, dass es tatsächlich eines neuen Urheberrechts bedarf, dass sich mehr an den Schöpfern selbst orientiert, als an den Verwertern. Einfach weil heutzutage sehr viele Menschen ein Blog haben, kreative Videos auf Youtube veröffentlichen oder Kurzgeschichten und ganze Bücher selbst veröffentlichen.
Ich behaupte nicht, dass man in Zukunft auf große Verlage verzichten kann aber sie sind nicht mehr ganz so bedeutend, wie sie es in der Vergangenheit waren, einfach weil jeder prinzipiell selbst veröffentlichen KANN.
Verlage und co haben dafür natürlich professionelle Lektoren, Marketingabteilungen und können auch die Rechte besser durchsetzen, als dies Einzelpersonen könnten.
Es fehlt – meiner Meinung nach – also ein guter Ausgleich.
Comment by Trollfresser — 15.11, 2012 @ 15:01