Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

28.11.12

Google, das Leistungsschutzrecht und die Heuchelei der Presse

Google hat gestern die Kampagne „Verteidige Dein Netz“ gestartet, was zu einem heftigen und höchst einseitigen Rauschen im Blätterwald geführt hat. Selten waren sich FAZ, SZ, SPON und andere so einig wie mit ihrer Kritik an dieser Kampagne Googles.

Die Reaktion der traditionellen Presse offenbart ein hohes Maß an Heuchelei und stell ein deutliches Indiz dafür dar, dass es mit der redaktionellen Unabhängigkeit nicht mehr weit her ist.

Google verfolgt mit seinem öffentlichen Aufruf zweifellos eigene wirtschaftliche Interessen und nutzt dafür die Popularität seiner Suchmaschine. Zu einer ausgewogenen Berichterstattung hätte es allerdings dann gehört, deutlich darauf hinzuweisen, dass die Verlage seit mehr als drei Jahren ganz massives Lobbying betreiben und unter Ausnutzung ihrer Macht und ihres Einflusses, die Regierungsparteien dazu gebracht haben, dass das Leistungsschutzrecht im Bundeskabinett beschlossen und anschließend als Gesetzesentwurf in den Bundestag eingebracht wird. In einem älteren, ebenso einseitigen Kommentar in der FAZ wird zumindest dieser zentrale Aspekt nicht verschwiegen:

Natürlich haben die Verlage in eigener Sache gekämpft – das sollte jeder tun, dessen Grundrechte gefährdet sind.

Aber trifft das auf Google etwa nicht zu? Ist der Hinterzimmer-Lobbyismus der alten Schule, den die Verlage natürlich bestens beherrschen, etwa besser und korrekter als eine offene Kampagne von Google? Liebe Qualitätspresse, mehr Heuchelei war selten.

Was die Verlage hier praktizieren, ist die Durchsetzung ihrer eigenen wirtschaftlicher Zwecke mit Hilfe der Gesetzgebung. Darauf hatte ich schon ganz zu Beginn der Debatte hingewiesen. Google hält – natürlich ebenfalls aus Eigennutz – erwartungsgemäß dagegen.

Man muss sich als Bürger schon deshalb auf die Seite Googles stellen, weil die Grundaussage des Suchmaschinenriesen richtig ist. Das Leistungsschutzrecht gefährdet die Informationsfreiheit und ist nicht im Sinne der Allgemeinheit. Das sage nicht nur ich, sondern das ist praktisch die einhellige Ansicht der Rechtswissenschaft. Die Option sich rauszuhalten, besteht deshalb für mich nicht. Die Position von Google ist im Kern richtig und die der Verlage ist falsch.

Dass die Verlage es gerade schaffen, ihre Reihen zu schließen und auch die großen Redaktionen hinter ihrer Forderung zu versammeln, verheißt im Hinblick auf die Unabhängigkeit der Presse allerdings nichts Gutes.

posted by Stadler at 18:10  

31 Comments

  1. Besonders perfide hierbei ist ja die Terminfestlegung für die 1. Lesung zu jenem Gesetz – irgendwann mitten in der Nacht.
    Undemokratischer ging’s wohl nicht; die Bundesregierung versucht mit aller Macht ein Gesetz für eine Lobby durchzupeitschen, dessen Bestreben weder Sinn noch Verstand hat.
    Ein Paradebeispiel dafür, wie korrupt manche Parteien in Deutschland sind:
    Die Verleger sagen „Spring!“ und die Bundesregierung sagt „Wie hoch?“ .
    Das ist bestürzend und muss bekämpft werden.

    Comment by Slash — 28.11, 2012 @ 18:23

  2. Eine Regel lautet: Eine Lösung ist besser als keine.
    Und genau nach diesem Grundsatz handelt die Regierung, indem eben solche Abstimmungen, die bei Tage nie zu einem Ergebnis kämen, bis spät in die Nacht gehen, weil übermüdete Menschen irgendwann jedem Scheiß zustimmen, nur um endlich ins Bett gehen zu können.

    Ob die Regel aber oben immer stimmt, mag ich bezweifeln.

    Comment by Frank — 28.11, 2012 @ 18:41

  3. Naja…Google könnte ja bei verabschiedung dieses unsäglichen gesetzes, einfach sämtliche Verlagswebseiten und sämtliche Verlagserzeugnisse und -Artikel einfach aus seinen Suchergebnissen rausfiltern und einfach nicht mehr anzeigen…Ich denke das so eine Aktion die verlage schon deutlich merken, wenn keiner mehr Ihre News angezeigt bekommt, oder die dazugehörige Webseite findet und so weiter…

    Comment by Stefan — 28.11, 2012 @ 19:49

  4. Bei so einer verlogenen Berichterstattung hilft nur eins: Kündigen und zu einem Anbieter wechseln, der objektiver ist.

    Das Handelsblatt z.B. hat einen Kommentar mit dem Titel „Warum die Google-Steuer schädlich ist“ abgedruckt.

    Comment by Thorsten — 28.11, 2012 @ 19:57

  5. Gott bewahre, das Handelsblatt!

    Comment by nk — 28.11, 2012 @ 22:03

  6. Der elektronische Reporter hat meiner Meinung nach einen guten Beitrag bezüglich dem Leistungsschutzrecht gemacht:

    https://www.youtube.com/watch?v=ph3XfZvpIZo&noredirect=1

    Comment by SJ — 28.11, 2012 @ 22:14

  7. das leistungsschutzrecht is totaler müll. aber lasst die doch mal machen! ich freu mich schon total drauf, dass das umgesetzt wird. dann werden diese ganzen müll-nachrichtenseiten nicht nur von google news, sondern auch aus dem normalen such-index gesperrt und es wird wenige wochen oder gar tage dauern, bis die ersten angekrochen kommen und bei google betteln, wieder in die suche aufgenommen zu werden.

    dann kann google natürlich fein den spieß umdrehen und sagen „haja gut, wer wieder bei uns in der suche auftauchen will, der unterschreibt halt ne verzichtserklärung auf ansprüche durch das leistungsschutzrecht und zahlt halt monatlich nen gewissen betrag“.

    Comment by dude — 29.11, 2012 @ 00:21

  8. @7

    Fein….und was ist mit Blogs, Seitenbetreibern die Kommentare zulassen usw.?

    Müssen die dann auch von allen Verlagen eine Verzichtserklärung bekommen um auf der sicheren Seite zu sein?

    bombjack

    Comment by bombjack — 29.11, 2012 @ 08:17

  9. Das LSR ist die virtuelle Datenstraßen-Mautgebühr, die von Google gleich eingehoben wird, pauschal für alle Schiffe und Piraten, die über den Seeweg äh Datenweg von Google zu den Verlagen hin navigieren.
    Die Verlage könnten zwar auch Werbebanner auf Leuchttürmen bei ihren Verlagshäfen befestigen, das die Schiffe und Piraten von weitem schon sehen, oder direkt vor ihren Verlagshäfen eine Hafengenbühr pro User verlangen! (kostenpflichtiger Service)
    Aber von Google können die all in one 1x abkassieren und haben nicht den Stress ein PayService sich implementieren zu lassen.

    Comment by Heinrich Elsigan — 29.11, 2012 @ 09:09

  10. und da Microsoft bing und yahoo inzwischen auch solche Dienste anbieten können die dann gleich 3x abkassieren!
    Super Geschäftsmodell eigentlich:
    Jede automatisierte Aggregator Suchmaschine muss mir dafür, dass sie mich findet, Geld zahlen, weil meine Überschriften und Schlagzeilen viel mehr wert sind, als die Leistung, dass ich gefunden werde.

    Comment by Heinrich Elsigan — 29.11, 2012 @ 09:15

  11. Glauben Sie Herr Stadler wäre auch das in Deutschland juristisch drinnen?
    „Ich Herr Dr. Stadler bin so ein wichtiger Anwalt, dass das öffentliche Telefonbuch und Internettelefonbuch mir Geld zahlen muss, sofern ich dort aufscheinen sollte,
    weil ich als bloggender bekannter Anwalt,
    so eine gratis gesellschaftsrelevante Leistung erbringe“
    Dann kommt die Piratenpartei und meint, sie erbringt als neue politische Kraft eine Erneuerungsleistung der deutschen Gesellschaft und muss auch bezahlt werden, wenn sie oder ihre Inhalte gefunden werden sollen.

    Comment by Heinrich Elsigan — 29.11, 2012 @ 09:22

  12. Jeder, der eine Seite ins Internet stellt,
    willigt ein, dass auf diese Seite verlinkt wird
    und sie unter gewissen Bedingungen, die nur zur besseren Verbreitung dieser Seite dienen sollten, auch automatisiert weiter verarbeitet wird.

    Comment by Heinrich Elsigan — 29.11, 2012 @ 09:26

  13. @8 bombjack
    Ich dachte seit der letzten Änderung sind die Blogs ohnedies außen vor und es wird eine reine lex Google.

    Comment by ThorstenV — 29.11, 2012 @ 09:27

  14. Jeder, der eine Aufmerksamkeit erregende Werbung ins Schaufenster stellt, willigt ein, dass Leute dieses Geschäft empfehlen und auch in einer Schülerzeitung oder im Internet diese Geschäft mit Mundpropaganda beworben wird!

    Comment by Heinrich Elsigan — 29.11, 2012 @ 09:30

  15. Ja die Debatte ist verlogen von Seiten der Verlage. Sie ist genauso verlogen wie die Debatte über Renten, EU oder Zuwanderung. Die Politik gibt vor, was zu schreiben ist und die Verlage tun das gerne in ihren Zeitungen. Nun ist es also Zeit sich die Gegenleistung abzuholen.

    Doch das wird grandios scheitern. Nicht an den Politikern, die das Gesetz durchwinken werden, sondern an Google.
    Schon nach zwei Tagen, wenn die Zeitungen aus dem Google Index geflogen sind und sich nur noch wenige Leute auf deren Seiten tummeln werden und somit die Werbung nix mehr bringt, werden die Verleger zu Kreuze kriechen.
    Wahrscheinlich muss dann ein neues Gesetz her, dass Google die wieder aufnimmt aber dann wird es eben einfach eine „Algorithmus Änderung“ geben im Index, die diese Verlagsseiten weit nach hinten schisst in den Ergebnisseiten.
    Ein Eigentor der Extraklasse bahnt sich an und wir können uns nur zurücklehnen und genießen.

    Comment by Native — 29.11, 2012 @ 10:00

  16. @6 ist das so wie der elektronische Reporter sagt? Jeder kann/ist Presseverleger?

    Comment by Troll — 29.11, 2012 @ 11:58

  17. Es wird nix nützen, es hat nix genützt:

    – FR pleite
    – FTD pleite (250 M€ in 10 Jahren verbrannt)
    – SWMH (Mutter u.a. der Süddeutschen Zeitung) bedient ihre Kredite nicht mehr
    – Spiegel muss sparen

    In 10 Jahren wird es vielleicht noch die FAZ geben, sonst nix mehr. Die Leute haben es satt, permanent belogen zu werden.

    Comment by Hardy — 29.11, 2012 @ 12:00

  18. Sehr guter Beitrag und trifft genau den Punkt – den jeder medial Gebildete mit einigermaßen rechtlichem Verständnis sofort versteht.
    Wie von vielen kommentiert, sehe ich das Ganze auch als das Klammern an den Strohhalm, da viele Verlage es verpasst haben, sich der neuen Umwelt anzupassen, bzw. keine Ahnung von Unternehmensführung haben.

    Comment by Jens — 29.11, 2012 @ 12:28

  19. Ich gehe davon aus, dass die Verlage, nachdem Google sie nicht mehr listet, dann dafür (weiter) kämpfen werden, dass Google sie auflisten muss.

    Klingt idiotisch und paradox, ist aber die logische Fortsetzung dieses Unfugs.

    Comment by maSu — 29.11, 2012 @ 12:43

  20. Aus meiner Sicht schadet das Leistungsschutzrecht und ich bin der Meinung, dass es die Recherchearbeit von Wissenschaftlern, Journalisten, Studenten und Schülern erschwert und die Meinungsvielfalt bedroht. Ich setze mich prinzipiell für eine vernetzte Wissens- und Informationsgesellschaft ein.

    Comment by Mathias Nowak — 29.11, 2012 @ 13:48

  21. Ich habe es gelernt, mich den Übergriffen von Google zu erwehren. Ungleich schwerer ist es den Übergriffen der Staatsräson und ihrer Presse mich entgegen zu stellen. Aber auch das werden wir noch schaffen. Bedauerlich nur für die nächste Legislatur, die dann diesen angerichteten Unfug der vergangenen 8-12 Jahre wieder rückgängig machen muss.

    Comment by Hinterwäldler — 29.11, 2012 @ 13:56

  22. @19
    Kann man Google kartellrechtlich zur Auflistung zwingen, wenn damit Kosten verursacht werden?

    Comment by Troll — 29.11, 2012 @ 16:35

  23. Der Monopolist Google lehnt sich aus dem Fenster. Geld soll verdient werden, nun macht Google den Punk. Die Piraten wollten der Suchmaschine beispringen (weil sie dumm sind) und eine Petition einbringen. War wohl nichts mit lächerlichen 17000 Unterschriften. Warum wohl? Weil jeder weiß, worum es Google geht. Um reine Kohle, nicht um Informationsfreiheit.

    Google, Du darfst Dich verpissen, nur Idioten werden Dich vermissen.

    Es gibt noch andere Suchmaschinen. Bessere! Und auch Anbieter, die keine Daten speichern. Google kennen meine Rechner nicht. Die Datenkrake haben meine Browser, Schutzsoftware, Sicherheitssysteme etc. gesperrt und getilgt.

    Google ist bei mir unerwünscht. In jeder Hinsicht. Die Tür ist zu.

    Comment by Kerstin — 29.11, 2012 @ 20:46

  24. Zitat: „Man muss sich als Bürger schon deshalb auf die Seite Googles stellen, weil die Grundaussage des Suchmaschinenriesen richtig ist. Das Leistungsschutzrecht gefährdet die Informationsfreiheit und ist nicht im Sinne der Allgemeinheit.“ Zitat Ende

    Ich habe selten sowas dämliches, unwissendes, unwahres in Blogs gelesen, wie das oben genannte.

    Schlimmer geht es nimmer.

    Comment by Kerstin — 29.11, 2012 @ 21:09

  25. @34/24/Kerstin
    Da magst du recht haben, aber du hast schon begriffen das es alle anderen Suchmaschinen auch betrifft?
    Um die geht es eigentlich, die werden nämlich dann von der Bildfläche verschwinden.
    Google juckt das gar nicht, da geht höchstens der Aktienkurs etwas runter, wenn überhaupt.

    Comment by Troll — 29.11, 2012 @ 22:00

  26. Die Österreichen und Schweizer Zeitungen, die auf Werbeeinnahmen setzen werden es den deutschen Lobbyisten danken, dass nur noch sie im Google-Index drinnen sind.
    Wie komme ich als österreichisches Printmedium mit Internetausgabe zu mehr Werbeeinnahmen durch mehr hits?
    Ganz einfach, „ich muss gar nichts tun!“
    Einfach nur warten bis Lobbyisten in Deutschland ein Gesetz durchboxen, welches dazu führt, dass Google sie einfach aus dem Index nimmt.

    Comment by Heinrich Elsigan — 29.11, 2012 @ 23:24

  27. Es gibt noch andere Suchmaschinen. Bessere!

    Und auch die müssen dann an die Verleger zahlen und werden sie daraufhin aus dem Index nehmen. Wie clever du doch bist, was?

    Ich habe selten sowas dämliches, unwissendes, unwahres in Blogs gelesen, wie das oben genannte.

    Dem muss ich zustimmen, das trifft voll und ganz auf deine Kommentare zu. Warum informierst du dich nicht besser vor dem Posten?

    Comment by Moon — 1.12, 2012 @ 11:49

  28. @Moon und Google-Fans, die hier teilweise als bezahlte Google-Supporter rumlatschen:

    Euer Google ist eine Datenkrake, Datenschleuder, miese Geldmaschine.

    Menschen mit Hirn meiden Google. Und sie wird abschmieren, denn die Gemeinde hat keine Lust mehr auf den Monopolisten, der selbst Regierungen nötigt.

    Google ist kein Freund der Freiheit, sondern ein Freund der Kohle. Und Google ist schneller weg vom Markt, als es aus den Augen googeln kann. Das gilt auch für Facebook, den noch mieseren Kanditaten. Das Vertrauen schmilzt wie Schnee in der Sonne.

    Weg mit Google!

    Comment by Kerstin — 1.12, 2012 @ 12:02

  29. Ps. Google ist ein Kandidat, der Angst hat, seine Macht zu verlieren. Wie schnell man weg vom Fenster ist, wissen sie nur zu genau. Je mehr Erpressung, je mehr Nötigung, je mehr Datenschutzprobleme, desto weniger User haben Lust auf diese Krake.

    Die Gemeinde der Datenschützer wächst, die blonden Nutzer nehmen ab. Irgendwann wird Google verschwinden. Ich hoffe es.

    Comment by Kerstin — 1.12, 2012 @ 12:09

  30. @Kerstin

    Menschen mit Hirn meiden Google.

    Sorry, aber sieht nun wirklich nicht so aus, als ob gerade du das beurteilen könntest. Viel Glück!

    Comment by Moon — 2.12, 2012 @ 18:47

  31. @Google juckt das gar nicht, da geht höchstens der Aktienkurs etwas runter, wenn überhaupt.

    Comment by Troll — 29.11, 2012 @ 22:00

    Sollte einen das nicht erst recht stutzig machen??? He? Kapiert Ihr nichts?

    Comment by Google-Hasser — 3.12, 2012 @ 19:01

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