Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

26.10.12

Auskunftspflicht von Providern über Bestandsdaten der Kunden soll neu geregelt werden

Die Bundesregierung hat einen Gesetzesentwurf zur Änderung des TKG und zur Neuregelung der Bestandsdatenauskunft beschlossen, wie u.a. Heise berichtet.

Es geht hierbei insbesondere um die Auskunftserteilung durch Provider und TK-Unternehmen gegenüber Strafverfolgungs- und Sicherheitsbehörden. Betroffen hiervon sind die sog. Bestandsdaten. Das sind die Grunddaten des Vertragsverhältnisses, also u.a. Name, Anschrift, Geburtsdatum, Telefonnummer und E-Mail-Adresse, aber auch Kenn- und Passwörter. Umfasst sind prinzipiell alle statischen Daten, die providerseitig gespeichert werden. Die Gesetzesbegründung nennt insoweit beispielhaft auch PIN und PUK.

Die Neuregelung ist deshalb erforderlich, weil das BVerfG Anfang des Jahres die entsprechenden Regelungen des TKG nicht als Eingriffsnormen zugunsten der Behörden gewertet hat, weshalb die langjährige Praxis speziell der Strafverfolgungsbehörden Auskünfte bei Providern einzuholen ohne ausreichende Rechtsgrundlage erfolgte und damit letztlich rechtswidrig war.

An dieser Stelle muss auch der Aussage der Bundesregierung, die Regelung würde keine neuen Befugnisse für Strafverfolgungs- oder Sicherheitsbehörden schaffen, entschieden widersprochen werden. Mit § 100j StPO wird sehr wohl eine gänzlich neue Eingriffsgrundlage geschaffen, die es bislang nicht gab. Dass die Praxis diese Eingriffe bereits in der Vergangenheit ohne Rechtsgrundlage und damit rechtswidrig praktiziert hat, ändert hieran nichts. Die Neuregelung dient letztlich also der Legalisierung einer bereits gängigen, aber bislang rechtswidrigen Behördenpraxis.

Diese Regelung schafft in der Strafprozessordnung erstmals auch die Möglichkeit, für Zwecke der Strafverfolgung aufgrund einer ermittelten dynamischen IP-Adresse vom Provider Auskunft darüber zu verlangen, welcher seiner Kunden die IP-Adresse(n) zu bestimmten Zeitpunkten genutzt hat. Weil dies nach Ansicht des BVerfG einen Eingriff in das Fernmeldegeheimnis beinhaltet, hat der Gesetzgeber klargestellt, dass hierzu auch Verkehrsdaten ausgewertet werden dürfen.

Als besonderer Aufreger hat sich der Vorschlag eines neuen § 113 Abs. 5 S. 2 TKG erwiesen, durch den größere Provider verpflichtet werden sollen, eine elektronische Schnittstelle zur Bestandsdatenabfrage zu schaffen. Man sollte hierzu allerdings berücksichtigen, dass eine vollautomatisierte Abfrage nicht vorgesehen ist. Denn jedes Auskunftsverlangen ist vom Provider durch eine verantwortliche Fachkraft darauf zu prüfen, ob die Anfrage von einer zuständigen Stelle unter Berufung auf eine einschlägige gesetzliche Befugnisnorm erfolgt. Unter diesen Voraussetzungen sehe ich die Eingriffsintensität aber auch nicht höher, als bei der gängigen Praxis der manuellen Auskunft, bei der Staatsanwaltschaften oder Polizeibehörden oftmals per Fax ein Auskunftsersuchen stellen und anschließend die Auskunft auf demselben Weg erhalten. Wenn man die m.E. fragwürdige Begründung des BVerfG zur Verfassungsgemäßheit des § 112 TKG gelesen hat, besteht kein Grund zur Annahme, das BVerfG könnte die geplante Neuregelung des § 113 Abs. 5 TKG für verfassungswidrig halten.

Update:
Was netzpolitik.org und auch Udo Vetter zur elektronischen Schnittstelle schreiben, klingt zwar spektakulär, entspricht aber nicht den Fakten. Eine vollautomatische Abfrage ist gerade nicht vorgesehen. Es ist vielmehr so, wie von mir oben beschrieben.

posted by Stadler at 18:17  

9 Comments

  1. Das Bundesverfassungsgericht ist oftmals auch kein Segen mit deren schwammigen Vorgaben. Man kann bezüglich des obigen Themas trotzdem wieder mal eine Klage vorbereiten und einreichen. Dieses wird natürlich auf jeden Fall erfolgen.

    Abgesehen von den EU-Erpressungen kann man nur hoffen, daß sich in 2013 ein Regierungswechsel ergibt, wobei man weiß, daß die SPD hinter allen miesen Gesetzesvorhaben von damals bis heute steckt, diese zum Teil verursacht hat. Auch letzte Tage war klar, daß von der SPD keine grundsätzliche Änderung bezüglich der Gesetzeslage/der Gesetzesvorhaben zu erwarten ist.

    Bleiben die Grünen und die Linken (Piraten schließe ich aufgrund von Totalversagen aus).

    Man sollte daher wissen, wen man 2013 wählt.

    Ansonsten Anons nutzen, selber programmieren, der Gemeinde diese Mittel zur Verfügung stellen. Tor und Co. mit Geld unterstützen. Schade, daß es in diesem Land soweit gekommen ist, daß sich kaum noch einer mit seiner IP-Nummer ins Netz traut.

    Umso mehr ist denen zu danken, die einen Schutz bieten und selber Kopf und Kragen hinhalten für die Meinungsfreiheit, Sicherheit der User und das, was das Web einmal war: Ein angstfreier Raum.

    Schönes Wochenende.

    Comment by Tim — 26.10, 2012 @ 19:32

  2. „Bleiben die Grünen und die Linken (Piraten schließe ich aufgrund von Totalversagen aus).“

    … und wählen lieber eine Partei, die vor 25 Jahren noch „Republikflüchtlinge“ erschießen ließ und sich gefreut hätte, wenn sie Methoden wie die oben beschriebene zur Verfügung gehabt hätte? Der neulich eingebrachte Gesetzesentwurf kann die Vergangenheit nicht rückgängig machen.

    Und ich kann nicht begreifen, mit welcher Abscheu den Piraten gegenübergetreten wird. Dass sie sich intern durch typische Nerdverhaltensnebeneffekte mancher Mitglieder blockieren, kann man nicht bestreiten, aber:
    * Sie haben dem Land gezeigt, dass es vorgesehen und möglich ist, im Fall von Unzufriedenheit im wahrsten Sinne des Wortes selbst Partei zu ergreifen.
    * Sie haben den anderen Parteien gezeigt, dass man nicht blind geradeaus regieren kann und auf andere Stimmen hören muss.
    * Sie haben andere Parteien darauf hingewiesen, dass dieses sogenannte Internet existiert und Bürger tatsächlich an ihrer Freiheit interessiert sind.

    Selbst wenn sie scheitern sollten, sollten wir ihnen *sehr* dankbar sein, anstatt nur auf ihr Äußeres zu schauen wie ein mies gelaunter RTL-Redakteur. Und die Piratenpartei Deutschland sind nur unsere Piraten – es gibt noch weitere in Europa und sie machen ebenfalls EU-Politik – zum Glück!

    Da ich nicht vermute, dass die Grünen in nächster Zeit auf 50% kommen, sollte man lieber überlegen, wie man einer realistischen Koalition ihren Job wieder erklären kann – nämlich das Volk *nicht* zu überwachen, nur weil notorische Antiterrorgutmenschen und Abmahnlobbyisten aber unbedingt ihr Eis wollen.

    Comment by Unverständnis — 26.10, 2012 @ 20:19

  3. Hallo Herr Stadler,

    ein wenig off-topic aber was ist denn aus dem Gutachten geworden?
    http://www.internet-law.de/2012/07/zulassung-einer-sachkundigen-person-zum-ortstermin-des-gerichtlichen-sachverstandigen.html

    Da warten halb-netzwelt/abmahnwahn&ca.100000-Betroffene. WIrd das 2012 noch was? Oder ist der auch schon wegvergliechen?

    Ciao&Danke

    Comment by Gillian — 26.10, 2012 @ 21:05

  4. M A N I F E S T

    Das Fass ist übergelaufen.
    Der Geduldsfaden ist gerissen.

    Jahrelang mussten wir ohnmächtig zuschauen, wie Du unsere Freiheit und unsere Demokratie schrittweise zerstörst.
    Jahrelang mussten wir machtlos zuschauen, wie Du Dir unseren Staat zur Beute machst.
    Jahrelang mussten wir resigniert zuschauen, wie Du unsere Selbstbestimmung Stück für Stück zerstörst.
    Doch jetzt ist das Ende von Ohnmacht und Resignation gekommen.

    Wir haben entschieden, Dich zu bekämpfen.
    Wir werden Dich bekämpfen, mit allen Mitteln des zivilen, gewaltlosen Widerstandes.
    Wir werden keine körperliche Gewalt anwenden. Den Gefallen werden wir Dir und Deinen Propagandisten nicht tun. Wir bleiben friedlich. Denn nur Du bist gewalttätig.

    Wir werden Dich, Deine Handlanger und Volksverräter bekämpfen.
    Wir werden Dich und all Deine Sicherheitsideologen und Überwachungsfanatiker bekämpfen.
    Wir werden nicht eher ruhen, bis wir die alte Ordnung des freiheitlich demokratischen Rechtsstaats wiederhergestellt haben.
    Denn Du hast kein Recht, unbescholtene Bürger zu überwachen.
    Du hast kein Recht, die Privatsphäre unbescholtener Bürger zu verletzen.

    Wir bekämpfen Dich, den autoritären Überwachungs- und Unterdrückungsstaat.

    Denn wir sind die Verteidiger des freiheitlich demokratischen Rechtsstaats. Wir sind das letzte Aufgebot. Doch wir sind schlagkräftig. Juristisch bewandert. Technisch versiert. Rhetorisch gewandt. Wir haben Zulauf.

    Du kannst Propaganda. Du kannst Manipulation. Du kannst Desinformation. Du kannst Machtmissbrauch. Du kannst lügen. Du kannst korrumpieren.
    Du kannst überwachen und kontrollieren. Du kannst ausschnüffeln und bespitzeln. Du kannst schikanieren und drangsalieren. Du kannst einschüchtern und unterdrücken. Du begehst staatliche Verbrechen. Du hast Deine Legitimität verloren.
    Du gefährdest unsere Sicherheit.

    Du hast die Menschen zu ahnungslosen und naiven Schafen, zu autoritäts- und gutgläubigen Lemmingen, zu obrigkeitshörigen Untertanen gemacht. Du willst Indoktrination der Menschen. Du willst Gleichgültigkeit der Menschen. Du willst Denunziantentum. Du bist weit gekommen.
    Du willst, dass das so bleibt.
    Du hast kein Interesse an gebildeten, aufgeklärten und informierten Bürgern.
    Kritische Bürger sind Dir lästig. Sie stören Deine Herrschaftsmacht.

    Wir sind Dir moralisch überlegen. Denn Du bist gewissenlos.
    Wir werden das Werk verteidigen, das unsere Ahnen, die Väter und Mütter unseres Grundgesetzes, begonnen haben.
    Wir werden die Idee des freiheitlich demokratischen Rechtsstaats verteidigen. Nie wieder Nazi-Diktatur, nie wieder Weltkrieg, nie wieder Holocaust, nie wieder Stasi-DDR. Diese Verbrechen werden nicht in Vergessenheit geraten.
    Deshalb werden wir als Patrioten und Freiheitsfreunde niemals kampflos zulassen, dass Du mit Deinen Überwachungsextremisten und Verfassungsfeinden das Werk der Väter und Mütter unseres Grundgesetzes vollständig zerstörst.

    Wir haben das Vertrauen und den Respekt Dir gegenüber verloren.
    Wir lassen uns nicht länger kriminalisieren.
    Wir lassen uns nicht länger wie Verbrecher und Terroristen behandeln.
    Unsere Grundrechte, unsere Freiheitsrechte sind nicht verhandelbar.

    Wir sind unbescholtene Bürger.
    Wir sind freie Bürger.
    Wir sind die Empörten.
    Wir sind das Volk.
    Wir sind der freiheitlich demokratische Rechtsstaat.

    Du bist unser Gegner, lieber Überwachungs- und Unterdrückungsstaat.
    Wir werden Dich genau beobachten und entsprechend handeln.
    Unterschätze niemals den Freiheitsdrang der Menschen.
    Unterschätze niemals die sich entfaltende Kraft, wenn der Zorn der Vernunft dienstbar zur Hand geht.
    Die Freiheit wird siegen.

    We are Legion.
    We do not forgive.
    We do not forget.
    Expect us.

    Comment by Anonymous — 26.10, 2012 @ 21:26

  5. „Eine vollautomatische Abfrage ist gerade nicht vorgesehen.“

    Ich möchte ergänzen: Noch nicht. Die Abstimmung wird ggf. während eines Sportgroßereignisses ab 20:30 Uhr stattfinden und der Wortlaut 5 Minuten zuvor nochmals entsprechend angepasst werden.

    Wetten werden angenommen.

    Comment by Andreas — 27.10, 2012 @ 07:14

  6. @5: Ist das der Grund, warum die Innenminister auch häufig für den Sport zuständig sind? ;-)

    Comment by Ein Mensch — 28.10, 2012 @ 21:20

  7. @Unverständnis

    Heul nicht. Ich habe die PP schon gewählt, es mangelt den PPlern jedoch leider an guten Leuten. Trete in die Partei ein und belehre sie eines Besseren. Kannst Du es? Schön! Dann mache es.

    @Anonymous

    Wenn die Gemeinde Euch Windelträgern den Auftrag erteilt, dann könnt Ihr zuschlagen. Macht aber niemand. Ihr habt keinen Auftrag. Also verpisst Euch in Eure Kinderzimmer, und haltet gefälligst den Grünschnabel. Ihr seid weder hilfreich, noch beauftragt, noch fähig, noch mündig, noch irgendwas. Husch, ins Bett, Mutti ruft!

    Und hübsch den Nuckel ins Maul stecken!

    Comment by Tim — 30.10, 2012 @ 18:38

  8. Kopie:

    „Update:
    Was netzpolitik.org und auch Udo Vetter zur elektronischen Schnittstelle schreiben, klingt zwar spektakulär, entspricht aber nicht den Fakten. Eine vollautomatische Abfrage ist gerade nicht vorgesehen. Es ist vielmehr so, wie von mir oben beschrieben.“

    Man sieht, wie Kreischtüten ihre Blogs vollmüllen. Werber wollen es so. Man dankt Herrn Stadler für Sachlichkeit.

    Werbung, Kreischen, Aufzeigen bei jenen, die Kohle brauchen. Man kennt diese Blogs. Erst hupen, überholen, dann in den Graben fahren. Ein Jammertal.

    Bis dato.

    Comment by Tim — 30.10, 2012 @ 20:03

  9. mal so als technische nachfrage: wenn PIN / PUK geliefert werden soll:
    normalerweise speichert der gute provider ja keine passwörter, sondern hashs. muss der provider nun zukünftig passwörter im klartext speichern?

    Comment by leser2 — 20.03, 2013 @ 21:16

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