Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

17.2.12

Content Allianz fordert rasche Umsetzung von ACTA

Die Deutsche Content Mafia Allianz hat die Bundesregierung aufgefordert, das umstrittene völkerrechtliche Abkommen ACTA  ohne weitere Verzögerung umzusetzen. Dieser Allianz gehören u.a. der Bundesverband der Musikindustrie, die Spitzenorganisation der Filmwirtschaft (SPIO), die GEMA, ARD und ZDF, der Börsenverein des Deutschen Buchhandels sowie der Verband Privater Rundfunk und Telemedien (VPRT) an.

Bei der Lektüre dieser lobbyistischen Pressemitteilung muss ich einmal mehr feststellen, dass die Vorstellungen darüber, wie eine zukunftsorientierte Reform des Urheberrechts aussehen muss, gar nicht weiter auseinandergehen könnten. Man hat unweigerlich den Eindruck, dass die Content-Industrie die bestehende Legitimationskrise des Urheberrechts schlicht ignoriert. Es ist genau diese Geisteshaltung, die die immer wieder beklagten Krisen der Musikindustrie und der Verlage maßgeblich mitverursacht hat. Die mangelnde Kreativität einer Branche, die davon lebt, mit der Leistung Kreativer Geld zu verdienen, ist vielleicht ihr größtes Problem.

Und mit Blick auf die gebührenfinanzierten öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten ARD und ZDF, die ebenfalls meinen, in das Horn der Urheberrechtslobbyisten blasen zu müssen, hat mich vorher gerade ein Tweet des Kulturschaffenden Alexander Lehmann zum Nachdenken angeregt.

Wieso setzen sich eigentlich genau die für ein gestriges Urheberrecht ein, die von einer Art „Kulturflatrate“ leben? #ARD #ZDF #GEZ

Eine berechtigte Frage, über die Frau Piel und Herr Schächter vielleicht auch einmal nachdenken sollten.

posted by Stadler at 16:46  

8 Comments

  1. Die Antwort auf die Frage ist relativ einfach: Die Teilnahme von ARD und ZDF an der Deutschen Content Allianz und den damit verbundenen Farcen ist eine Art Nichtangriffspakt zwischen ÖR und Privaten.

    Comment by Marcel Weiß — 17.02, 2012 @ 16:55

  2. „Die mangelnde Kreativität einer Branche, die davon lebt, mit der Leistung Kreativer Geld zu verdienen, ist vielleicht ihr größtes Problem.“

    Ein sehr schöner Satz, der die gesamte Tragödie auf den Punkt bringt. Ich würde sogar so weit gehen und das „vielleicht“ weglassen.

    Comment by Arnulf — 17.02, 2012 @ 17:39

  3. ARD und ZDF kaufen Filme ein von der internationalen Content Industrie, und dabei ist die Verhandlungsbasis sicher nicht so wie wir uns das bei Kunde und Verkäufer vorstellen. Wer Filme kaufen will, ist eher Bittsteller („Du nimmst das ganze Paket oder kriegst gar nichts!“).

    Außerdem, die Content-Industrie ist kurz vor dem Ziel und sieht, dass die Felle davon schwimmen, also müssen sie zur Eile drängen, weil sie wissen, dass aufgeklärte Abgeordnete anders handeln könnten als ihnen lieb ist.

    Hinter ACTA steckt mehr als der Text und weismachen will. Vielleicht ist doch ein wenig der ACTA-Hysterie berechtigt?

    Comment by Frank — 17.02, 2012 @ 18:18

  4. @3: ARD und ZDF müssten sich doch eher dafür einsetzen, dass der Content Industrie die Zähne gezogen werden, damit sie in Zukunft die schlechten amerikanischen Filme kostenlos bei Pirate Bay runterladen können, statt dafür gute Gebührengelder verschwenden zu müssen. Und ob sich jemand an den Eigenproduktionen wie Tatort oder tagesschau eine goldene Nase verdient, kann den Sendeanstalten doch eigentlich egal sein.

    Comment by Ein Mensch — 17.02, 2012 @ 23:26

  5. Die Antworten klingen etwa so, als ob ARD und ZDF nichts dafür könnten, dass sie sich für ein gestriges Urheberrecht einsetzen. Sie müssen, um ihre privaten Content-Geschäftspartner bei Laune zu halten? Finde ich nicht. Notfalls können die ÖR die paar Jahre bis zur Urheberrechtsreform auch überstehen, indem sie nur Eigenproduktionen wiederholen.
    Sie müssen, weil sie sonst abgeschafft werden? Will ich sehen. Kleingespart vielleicht. Aber wenn’s hart auf hart kommt, dürfte die Abschaffung der ÖR etwa so schwierig sein wie die Abschaffung des Volkes. Demokratie mal vorausgesetzt. Denn die Politik braucht die ÖR mindestens ebenso wie die ÖR die Politik brauchen.
    Ich würde die ÖR-Spitzen eher für voll verantwortlich für diese Positionierung halten. Ursache? Weil sie auch zur Content-Industrie gehören und ebenso kreativ sind wie Stadler und #2 sagen.

    Comment by Erbloggtes — 18.02, 2012 @ 03:03

  6. Ich will es mal anders herum formulieren, auch in dem Licht, dass die Holländer offenbar auch ihr Urheberrecht lockern wollen.

    Nach der Umstellung der GEZ-Abgaben haben wir keine nutzungsabhängigen Gebühren mehr, sondern in der Haushaltsabgabe eine Steuer.

    Es ist daher nicht mehr einzusehen, dass die öffentlichen-rechtlichen Rundfunkanstalten als Körperschaften öffentliches Recht auf Eigenproduktionen Urheberrecht fordern. Vielmehr müssen aus Steuermitteln durch Anstalten öffentlichen Rechts erstellte Werke unter §5 UrhG (Amtliche Werke) gestellt werden und somit urheberrechtsfrei sein.

    Wir sollten stärker auf den Duktus unserer Gesetze achten und es nicht zulassen, dass sich Staat und Wirtschaft gegen den Bürger vereinigen, so wie es Ursula von der Leyen, CDU, in ihrem absurden Ansatz versuchte, als sie zur Durchsetzung des Strafrechtes einen privatrechtlichen Vertrag schließen wollte, mit dem Aufgaben der Judikative auf die Exekutive mit privatwirtschaftlicher Vermengung verlagert werden sollten und dem Bürger rechtliches Gehör verweigert werden sollte. Von der Leyen kommt wie Wulff aus aus der Gegend von Hannover und ihr mangelt es wie Wulff und ihrem Vater Ernst Albrecht an Rechtstreue und Respekt vor dem Rechtsstaat.

    Hier muss Kurt BEck tätig werden und das Entarten der öffentlich-rechtlichen verhindern, wenn er sich nicht der Mittäterschaft schuldig machen will und nach so vielen Jahren den Wulffschen Weg gegen will. Die Spinnereien um den um den Pseudojugendschutz als Arbeitsbeschaffungsmaßnahme für verdiente GenossInnen sind jetzt genug Possen gewesen. Jetzt muss sich um ernste Aufgaben gekümmert werden: Entweder bei ARD und ZDF Recht und Gesetz durchsetzen oder privatisieren und Finanzierung durch Steuern abschaffen.

    Comment by Wolfgang Ksoll — 18.02, 2012 @ 11:02

  7. Der Artikel hier passt auch ganz gut dazu: http://www.stefan-niggemeier.de/blog/konvergenz-konsistenz-inkontinenz-die-deutsche-content-allianz/

    Warum nur mischen ZDF und ARD da mit?
    Was steckt dahinter?

    Comment by Frank — 18.02, 2012 @ 14:59

  8. Es ist schon grotesk, dass die ÖR politisch nicht neutral sein müssen. Denn so finanziert per Gesetz als Gebührenzahler faktisch undemokratische Prozesse, da diese Lobbygruppen nicht den politischen Willen der Gebührenzahler widerspiegeln müssen, sondern damit ihren eigenen politischen Willen verstärken. Wie bei einer Marktverzerrung liegt hier eine Demokratieverzerrung vor.

    Comment by Jens — 19.02, 2012 @ 13:21

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