Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

5.12.11

Freie Bahn für das Hamburger Landrecht

Das Landgericht Hamburg gilt als meinungsfeindlich. Diesen Ruf hat es primär seiner 24. Zivilkammer (Pressekammer) zu verdanken, die für die Verletzung des Persönlichkeitsrechts durch Veröffentlichungen in Presse, Film, Rundfunk, Fernsehen oder anderen Massenmedien zuständig ist, wie es im Geschäftsverteilungsplan heißt. Für die Neigung der Hamburger Pressekammer den Persönlichkeitsschutz über die Meinungs- und Pressefreiheit zu stellen, hat der kritische Gerichtsreporter Rolf Schälike in Anlehnung an den Vorsitzenden Richter Buske den Begriff „Buskeismus“ geprägt.

Genau dieser Andreas Buske wird nun zum Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht befördert und wird dann genau den Senat leiten, der ihn in letzter Zeit des öfteren aufgehoben hat. Damit steht dann aber auch zu befürchten, dass sich das meinungsfeindliche Hamburger Landrecht ungebremst ausbreiten kann.

 

 

posted by Stadler at 21:22  

2.12.11

Anspruch nach IFG gilt auch für Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags

Der Anspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen nach dem Informationsfreiheitsgesetz (IFG) gilt auch für Ausarbeitungen des Wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestages. Das hat das Verwaltungsgericht Berlin gestern entschieden (Az.: VG 2 K 91.11).

Die maßgebliche Frage ist, ob die Arbeit des Wissenschaftlichen Dienstes der Mandatsausübung der Abgeordneten zuzurechnen ist, wie der Bundestg meint und daher als Wahrnehmung parlamentarischer Angelegenheiten vom Informationszugang ausgenommen ist oder ob diese Vermittlung von Information und Wissen nur die Grundlage für die parlamentarische Arbeit der Abgeordneten bildet, aber nicht selbst Teil der parlamentarischen Arbeit ist.

Das Verwaltungsgericht hat die Berufung zum OVG zugelassen.

 

posted by Stadler at 18:31  

1.12.11

Zugangserschwerungsgesetz aufgehoben

Was die Bundesregierung bereits vor einiger Zeit beschlossen hatte, wurde heute Abend vom Bundestag endlich umgesetzt. Das unsägliche Zugangserschwerungsgesetz ist aufgehoben worden. Das löst bei mir Zufriedenheit aus, denn zu diesem Thema hatte ich mir fast die Finger wund gebloggt.

Dieses Ergebnis ist zunächst ein beispielloser Erfolg der digitalen Bürgerrechtsbewegung, insbesondere des AK Zensur. Es ist jetzt aber auch der richtige Zeitpunkt, um die FDP-Fraktion einmal zu loben. Oder wie Daniel Schultz es sehr treffend auf Twitter formuliert hat:

Es gibt viel an der FDP zu kritisieren, ihr entschossener Kampf gegen Zensursula gehört nicht dazu!

posted by Stadler at 21:11  

1.12.11

Deutscher Polizeigewahrsam verstößt gegen Menschenrechtskonvention

Mit Urteil vom 01.12.2011 (Az.: 8080/08 und 8577/08) hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) die Festnahme mehrerer Personen im Zusammenhang mit dem G8-Gipfel in Heiligendamm zum Zwecke des sog. Polizeigewahrsams als Verstoß gegen die Menschenrechtskonvention beanstandet.

Der Polizeigewahrsam ist eine präventive Maßnahme nach den Polizeigesetzen der Länder. Im konkreten Fall wurden mehrere Personen auf Grundlage von § 55 des Sicherheits- und Ordnungsgesetzes von Mecklenburg-Vorpommern (SOG M-V) in Gewahrsam genommen, vermeintlich um zu verhindern, dass diese Personen an gewalttätigen Demonstrationen teilnehmen und Straftaten begehen. Im konkreten Fall bestand der einzige Grund für die Festnahme wohl darin, dass man bei den Betroffenen in einem Fahrzeug Transparente mit den Aufschriften „freedom for all prisoners” and “free all now“ – laut dem englischsprachigen Urteilstext – gefunden hatte.

Der EGMR hat in der Festnahme und Freiheitsentziehung einen Verstoß gegen Art. 5 § 1 (Freiheit der Person) und Art. 11 (Versammlungsfreiheit) der Menschenrechtskonvention gesehen. Der Gerichtshof war der Ansicht, dass keine ausreichenden Hinweise dafür vorlagen, dass die Betroffenen gewaltsame Auseinandersetzungen unterstützen wollten. Die Transparente sah der EGMR als legitime Meinungsäußerung im Rahmen einer von der MRK geschützten Versammlung an.

Die Frage, ob bereits das deutsche Polizeirecht gegen die Menschenrechtskonvention verstößt, hat der EGMR ausdrücklich offen gelassen.

Entgegen der Ansicht des Verfassungsblogs glaube ic nicht unbedingt, dass der EGMR damit den deutschen Polizeigewahrsam generell in Frage stellt. Denn auch mit einer weniger großzügigen Auslegung von § 55 SOG M-V hätte man hier ohne weiteres zu einem anderen Ergebnis gelangen können. Dass das Mitführen von Transparenten in dem die Freilassung von Gefangenen gefordert wird, bereits den Aufruf zu einer Straftat beinhaltet, ist nämlich eine sicherlich diskutable These. Allerdings könnte das Urteil durchaus Anlass zu der Fragestellung geben, ob die Vorschriften in den Polizeigesetzen der Länder nicht enger gefasst werden müssen.

Das Urteil ist aber auch eine (erneute) Ohrfeige für das BVerfG, das Verfassungsbeschwerden der Betroffenen offenbar nicht zur Entscheidung angenommen hatte. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte sendet erneut ein starkes Signal zur Stärkung der Freiheitsrechte aus.

posted by Stadler at 17:19  

1.12.11

Neues Gutachten zur Facebook-Kampagne des ULD

Das Unabhängige Landeszentrum für Datenschutz Schleswig-Holstein (ULD) hat mit seiner Aufforderung an Webseitenbetreiber und Betreiber von Facebook-Fanpages viel Staub aufgewirbelt. Das ULD hält sowohl die Einbindung eines Facebook-Like-Buttons als auch den Betrieb einer Fanpage bei Facebook für datenschutzwidrig.

Dass ich die rechtliche Einschätzung des ULD für falsch halte, habe ich hier bereits erläutert. Auch in der juristischen Fachliteratur überwiegt bislang die Kritik. Für besonders lesenswert halte ich in diesem Zusammenhang den Beitrag des Kollegen Flemming Moos für die K&R.

Ein weiteres Gutachten des wissenschaftlichen Dienstes des Schleswig-Holsteinischen Landtags vom 24.10.2011 kommt ebenfalls zu diesem Ergebnis. Das Gutachten prüft zunächst schulmäßig die Frage, ob man bei IP-Adressen und Cookies überhaupt von personenbezogenen Daten sprechen kann und stellt insoweit den Streitstand ausführlich dar. An dieser Stelle ist die Haltung des ULD nach Ansicht des wissenschaftlichen Dienstes zwar nicht abwegig, andererseits könne angesichts der kontroversen juristischen Diskussion auch nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass die Ansicht des ULD gerichtlich bestätigt wird.

Die insoweit entscheidende Frage, ob der Betreiber einer Facebook-Fanpage bzw. einer Webseite die den Like-Button einbindet, tatsächlich als verantwortliche Stelle im Sinne des Datenschutzrechts zu betrachten ist, beurteilt der wissenschaftliche Dienst anders als das ULD. Zutreffend wird diesbezüglich in dem Gutachten ausgeführt, dass für die Annahme einer verantwortlichen Stelle stets ein gewisser Grad an Einflussmöglichkeit auf die tatsächlich erfolgenden Datenverarbeitungsprozesse erforderlich ist. Und genau diese Einflussmöglichkeit fehlt vollständig. Die Datenverarbeitungsprozesse werden einzig und allein von Facebook gesteuert, Betreiber von Fanpages und Websites haben hierauf keinerlei Einfluss.

Damit verfestigt sich der Trend, dass die überwiegende Mehrheit in der juristischen Fachwelt das Vorgehen des ULD für rechtswidrig hält.

Update vom 02.12.2011:
Von mir bislang übersehen, ist zu dieser Thematik ein weiterer Fachaufsatz von Carlo Piltz (CR 2011, 657) mit dem Titel „Der Like-Button von Facebook“ erschienen. Piltz prüft zunächst, ob Facebook selbst gegen deutsches Datenschutzrecht verstößt und bejaht dies. Das deckt sich mit meiner Ansicht, die ich unlängst ebenfalls noch in Aufsatzform für die Zeitschrift für Datenschutzrecht (ZD 2011, 57) dargestellt habe.

Piltz befasst sich dann auch noch mit der vom ULD aufgeworfenen Fragestellung und gelangt zu dem Ergebnis, dass der Webseitenbetreiber, der den Facebook-Like-Button bei sich einbindet, nicht verantwortliche Stelle im Sinne des BDSG und des TMG ist. Zur Begründung führt auch Piltz aus, dass die Webseitenbetreiber keinen direkten Einfluss auf die Funktionsweise des Plug-Ins haben und damit auch nicht auf die Datenübermittlung.  Wenn allerdings keinerlei Verfügungsgewalt über die erhobenen Daten besteht, erscheint es nicht angebracht, so Piltz, die Webseitenbetreiber als verantwortliche Stelle zu beurteilen.

 

posted by Stadler at 10:32  
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