Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

28.3.10

EU-Kommission will Netzsperren fordern

Die Kommission möchte offenbar Anfang kommender Woche einen Vorschlag für eine Richtlinie zur Bekämpfung des Missbrauchs von Kindern vorstellen. Dieser Vorschlag beinhaltet eine Verpflichtung der Mitgliedsstaaten, Kinderpornografie durch die Blockade von Websites zu bekämpfen, ähnlich des in Deutschland als „Zensursula“ bekannten Vorhabens einer „Zugangserschwerung“. Dass unlängst auch ein Papier des Rates aufgetaucht ist, in dem ein derartiges Vorhaben ebenfalls thematisiert worden ist, dürfte daher kaum Zufall sein.

Man hört außerdem, dass diesbezüglich bereits ein Briefwechsel zwischen dem deutschen Justizministerium und der EU-Kommissarin Malmström stattfindet, in dem das Vorhaben mit deutlichen Worten kritisiert wird.

Es wird sich sehr schnell zeigen, ob „Censilia“ Malmström als europäisches Pendant zu „Zensursula“ taugt. In diesem Fall werden die Bürgerrechtsorganisationen europaweit aber von Anfang an hellwach sein. Darauf sollte sich die Kommission, die sonst gerne Hinterzimmerpolitik macht, besser einstellen.

posted by Stadler at 08:40  

26.3.10

Die Schimäre vom Diebstahl des geistigen Eigentums

In der heutigen Ausgabe der Süddeutschen (S. 12), kritisiert Michael Hutter in einem äußerst lesenswerten Beitrag die Rede vom Diebstahl geistigen Eigentums.

In der Tat haben sich Ausdrücke wie „Raubkopie“ und „Diebstahl geistigen Eigentums“ etabliert, wenn man von einer urheberrechtswidrigen Vervielfältigung von Werken spricht. Dieses Bild könnte unrichtiger freilich gar nicht sein, denn beim Diebstahl und beim Raub wird vom Täter eine Sache weggenommen, während in dem anderen Fall ein Geisteswerk kopiert und damit vermehrt wird. Es ist also anschließend nichts weg, sondern in Wahrheit ist noch mehr davon da als vorher. Wenn man einen halbwegs passenden Vergleich zu herkömmlichen Straftaten ziehen will, dann eher zu den Fällen der Erschleichung einer Leistung, die vergütungspflichtig ist.

Unpassende Begriffe wie der der Raubkopie sind eine unmittelbare Folge der Fiktion vom geistigen Eigentum, das nicht zuletzt durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts dem tatsächlichen Eigentum gleichgesetzt und dem Eigentumsschutz des Art. 14 GG unterstellt worden ist.

Die Verlage sowie die Musik- und Filmindustrie klammern sich vehement an diese Vorstellung vom geistigen Eigentum, was den Blick auf das verstellt, was notwendig wäre, um dieser Industrie das Überleben zu sichern.

Denn die Unterhaltungsindustrie hat in Wahrheit noch nie Geisteswerke verkauft, sondern – wie Hutter es in seinem Beitrag für die SZ nennt – immer nur Behälter. Diese Behälter heißen Bücher, Schallplatten, CD’s, DVD’s. Und seit man diese Behälter nicht mehr zwingend benötigt, hat sich gezeigt, dass Geisteswerke nicht wie Sachen festgehalten werden können und es neuer Mechanismen bedarf, wenn man weiterhin an ihrer wirtschaftlichen Verwertung partizipieren will.

Diesen neuen Mechanismen hat sich speziell die Musikindustrie immer strikt verweigert und sie tut das heute noch. Die Major-Labels hätten Ende der 90’er Jahre damit beginnen können, eine große Plattform für den kostenpflichtigen Download von Musik aufzubauen. Stattdessen hat man Tauschbörsen und P2P-Netzwerke und deren User mit juristischen Mitteln verfolgt und sich gleichzeitig Einnahmen in Milliardenhöhe entgehen lassen. Als dann ca. fünf Jahre später Apple der Musikindustrie demonstriert hat, wie man im Netz mit dem Vertrieb von Musik Geld verdienen kann, war man keineswegs begeistert, sondern hat auch diese Entwicklung nur zögerlich angenommen. Der Zug ist in der Zwischenzeit allerdings weiter gefahren. Derzeit ist dennoch deutlich zu erkennen, dass die stark steigende Zahl kostenpflichtiger Downloads die Umsätze der Musikindustrie wieder stabilisiert hat. Das hätte die Industrie vor 10 Jahren auch schon haben können, freilich auf damals noch deutlich höherem Niveau.

Es fehlt der Branche aber weiterhin die Einsicht, dass man zwingend neue Vertriebsformen benötigt, weil man im Laufe der Zeit immer weniger körperliche Werkexemplare verkaufen wird. Diese Entwicklung ist zwangsläufig, kein Gesetzgeber dieser Welt wird sie aufhalten.

Eines dieser Modelle auf das die Industrie setzen könnte, mag es auch noch unausgegoren und mit Blick auf internationale, völkerrechtliche Verträge nicht ohne Schwierigkeiten umsetzbar sein, ist die Idee von der Kulturflatrate.

Die Industrie und offenbar auch die Bundesregierung sind aber noch nicht einmal bereit, über dieses Modell zu diskutieren.

Am Ende wird die Frage nicht sein, ob der juristische Kampf gegen Filesharer legitim ist oder nicht, sondern allein ob er wirtschaftlich sinnvoll ist. Und das ist er nicht. Denn die Eindämmung des Filesharing in den letzten 5 Jahren, auf die sich die Musikindustrie so gerne beruft, hat der Industrie keine steigenden Umsatzzahlen beschert. Die Zusammmenhänge sind also möglicherweise doch anders als die Musikindustrie glaubt. Man kann die Branche nicht zu wirtschaftlich sinnvollem Verhalten zwingen, aber zumindest der Gesetzgeber sollte endlich damit aufhören, das Urheberrecht ständig weiter wider die Interessen der Allgemeinheit zu verschärfen.

Die Einführung eines Auskunftsanspruchs gegen Provider in § 101 UrhG hat bisher nur zur Entstehung eines neuen Abmahnunwesens geführt. Die Zahl der jährlichen Filesharing-Abmahnungen bewegt sich nur im Musikbereich deutlich im sechsstelligen Rahmen, wovon wiederum bestimmt 90 % auf sog. One-Song-Abmahnungen entfallen. Das ist zwar für einen dadurch neu entstandenen Geschäftszweig um Unternehmen wie DigiProtect lukraktiv, nützt aber der Musikindustrie wenig. Ganz im Gegenteil verschlechtert man sein Ansehen damit nur weiter. Solange Politik und Industrie aber in ihrer reflexhaften und rückwärtsgewandten Haltung übereinstimmen, dürfte sich wenig ändern.

posted by Stadler at 11:30  

25.3.10

Ministerpräsidenten winken Entwurf des JMStV durch

Wie nicht anders zu erwarten war, haben die Ministerpräsidenten der Ländern den umstrittenen Entwurf zur Änderung des Jugendmedienstaatsvertrags verabschiedet, weshalb die noch notwendige Zustimmung aller Landesparlamente nur noch Formsache sein dürfte.

Weshalb das Konzept des deutschen Jugendmedienschutzes eigentlich einer generellen Korrektur bedürfte, habe ich mehrfach dargestellt.

Ob und wie sich die Neuregelung praktisch auswirkt, wird vor allen Dingen davon abhängen, ob die Anwendung des JMStV jetzt tatsächlich in der Breite durch- und umgesetzt wird, was bislang nicht wirklich der Fall war. Dann allerdings steht zu befürchten, dass auch die negativen Streueffekte deutlich zunehmen werden. Letztlich wäre dies aber sogar zu begrüßen, weil erst dadurch die Praxisuntauglichkeit des Konzeptes offen zu Tage treten würde.

posted by Stadler at 16:27  

25.3.10

Haftung von YouTube nach sog. „Flagging“

Das Landgericht Hamburg hat Google, als Betreiber der Plattform YouTube zur Unterlassung der Verbreitung eines persönlichkeitsrechtsverletzenden Videos veurteilt (Urteil vom 02.03.2010, Az.: 324 O 565/08).

Zum Verhängnis wurde YouTube hierbei das eigene Beschwerdesystem des „Flagging“, durch das YouTube die Möglichkeit eröffnet, dass Nutzer Content melden, den man für rechtswidrig oder beanstandungswürdig hält.

Das Landgericht Hamburg führt u.a. aus:

Wenn ein Diensteanbieter eine Struktur schafft, durch die Nutzer „unangemessene“ Inhalte mitteilen können, dann müssen die Mitteilungen, die den Diensteanbieter über diese von ihm selbst geschaffene Hinweisstruktur erreichen, von ihm auch ernst genommen und es muss solchen Hinweisen sorgfältig nachgegangen werden. Mithin sind Filme, die „geflagged“ wurden, vom Diensteanbieter einer Kontrolle zu unterziehen. (…) Die Antragsgegnerin kann für Beanstandungen ihrer Nutzer nicht einen konkreten „Rüge-Weg“ eröffnen und sich hinterher darauf zurückziehen, das Beschreiten dieses Weges sei folgenlos, da er völlig unverbindlich sei und eine formelle Beschwerde erforderlich gewesen wäre. Dies gilt um so mehr, als weder von der Antragsgegnerin vorgetragen noch sonstwie ersichtlich ist, dass die Antragsgegnerin auf ihren Internetseiten darauf hinweisen würde, dass es sich bei dem „Flagging“ der Nutzer um eine völlig unverbindliche Maßnahme handele und dass bei einer Beschwerde, die von ihr tatsächlich ernst genommen werden solle, ein ausführlicheres Schreiben per e-mail, Fax oder Brief übersandt werden müsse.

Die Quintessenz der Entscheidung lautet daher, dass derjenige, der ein System anbietet,über das Fälle des Missbrauchs des Dienstes gemeldet werden können, diese Meldungen anschließend auch sehr sorgfältig prüfen muss, auch mit Blick auf das einschlägige jeweilige nationale Recht. Das führt bei Plattformen wie YouTube im Ergebnis dazu, dass man für jedes Land, in dem der Dienst abrufbar ist, auch ein nationales Beschwerdeteam benötigt, das derartige Meldungen im Einzelfall kurzfristig und sorgfältig prüft. Anders lässt sich jedenfalls, wenn man der Hamburger Linie folgt, eine Haftung nicht vermeiden.

Letztlich geht es bei der Entscheidung um die Frage, welche Anforderungen an eine ausreichende Inkenntnissetzung des Anbieters zu stellen sind und in welchem Umfang sich Prüfpflichten an eine solche Benachrichtigung anschließen. Das Urteil des Landgerichts Hamburg klingt nur auf den ersten Blick plausibel, wenn man sich vergegenwärtigt, welcher Aufwand betrieben werden muss, um die Vorgaben des Gerichts zu erfüllen. Es könnte gleichwohl sein, dass der BGH, anknüpfend an seine nicht eben betreiberfreundlichen Rolex- bzw. eBay-Entscheidungen, die Sache ähnlich beurteilt wie das Landgericht Hamburg.

posted by Stadler at 14:30  

25.3.10

Haftung von YouTube nach sog. "Flagging"

Das Landgericht Hamburg hat Google, als Betreiber der Plattform YouTube zur Unterlassung der Verbreitung eines persönlichkeitsrechtsverletzenden Videos veurteilt (Urteil vom 02.03.2010, Az.: 324 O 565/08).

Zum Verhängnis wurde YouTube hierbei das eigene Beschwerdesystem des „Flagging“, durch das YouTube die Möglichkeit eröffnet, dass Nutzer Content melden, den man für rechtswidrig oder beanstandungswürdig hält.

Das Landgericht Hamburg führt u.a. aus:

Wenn ein Diensteanbieter eine Struktur schafft, durch die Nutzer „unangemessene“ Inhalte mitteilen können, dann müssen die Mitteilungen, die den Diensteanbieter über diese von ihm selbst geschaffene Hinweisstruktur erreichen, von ihm auch ernst genommen und es muss solchen Hinweisen sorgfältig nachgegangen werden. Mithin sind Filme, die „geflagged“ wurden, vom Diensteanbieter einer Kontrolle zu unterziehen. (…) Die Antragsgegnerin kann für Beanstandungen ihrer Nutzer nicht einen konkreten „Rüge-Weg“ eröffnen und sich hinterher darauf zurückziehen, das Beschreiten dieses Weges sei folgenlos, da er völlig unverbindlich sei und eine formelle Beschwerde erforderlich gewesen wäre. Dies gilt um so mehr, als weder von der Antragsgegnerin vorgetragen noch sonstwie ersichtlich ist, dass die Antragsgegnerin auf ihren Internetseiten darauf hinweisen würde, dass es sich bei dem „Flagging“ der Nutzer um eine völlig unverbindliche Maßnahme handele und dass bei einer Beschwerde, die von ihr tatsächlich ernst genommen werden solle, ein ausführlicheres Schreiben per e-mail, Fax oder Brief übersandt werden müsse.

Die Quintessenz der Entscheidung lautet daher, dass derjenige, der ein System anbietet,über das Fälle des Missbrauchs des Dienstes gemeldet werden können, diese Meldungen anschließend auch sehr sorgfältig prüfen muss, auch mit Blick auf das einschlägige jeweilige nationale Recht. Das führt bei Plattformen wie YouTube im Ergebnis dazu, dass man für jedes Land, in dem der Dienst abrufbar ist, auch ein nationales Beschwerdeteam benötigt, das derartige Meldungen im Einzelfall kurzfristig und sorgfältig prüft. Anders lässt sich jedenfalls, wenn man der Hamburger Linie folgt, eine Haftung nicht vermeiden.

Letztlich geht es bei der Entscheidung um die Frage, welche Anforderungen an eine ausreichende Inkenntnissetzung des Anbieters zu stellen sind und in welchem Umfang sich Prüfpflichten an eine solche Benachrichtigung anschließen. Das Urteil des Landgerichts Hamburg klingt nur auf den ersten Blick plausibel, wenn man sich vergegenwärtigt, welcher Aufwand betrieben werden muss, um die Vorgaben des Gerichts zu erfüllen. Es könnte gleichwohl sein, dass der BGH, anknüpfend an seine nicht eben betreiberfreundlichen Rolex- bzw. eBay-Entscheidungen, die Sache ähnlich beurteilt wie das Landgericht Hamburg.

posted by Stadler at 14:30  

25.3.10

Nachbetrachtung zum eco-Kongress „Internet – (k)ein rechtsfreier Raum?“

Während ich in Tegel auf meinen Rückflug nach München warte, ist noch ein bisschen Zeit für eine kurze Zusammenfassung des gestrigen Kongresses von eco und MMR der im Bundesministerium der Justiz stattfand.

Die Frage „Internet – (k)ein rechtsfreier Raum?“ stellt mittlerweile eigentlich eine Platitüde dar. Als erster Redner betonte Michael Rotert vom Providerverband eco dann auch zu Recht, dass das Internet noch nie ein rechtsfreier Raum gewesen ist.

Anschließend sprach Irene Pakuscher vom BMJ und positionierte sich deutlich gegen das Modell einer Kulturflatrate. Sie bezeichnete die Idee gar als Zwangskollektivierung. Während des Vortrags von Frau Pakuscher nahm dann Markus Beckedahl von netzpolitik.org neben mir Platz und tippte sogleich ersten Blogbeitrag zur laufenden Veranstaltung auf seinem MacBook.

Als nächster Referent beschäftigte sich Rechtsanwalt Dieter Frey mit dem Thema Leistungsschutzrechte für Verlage. Frey warf die Frage auf, ob die Verlage zunächst alle Nutzer als Rechtsverletzer qualifizieren lassen wollen, um diese Rechtsverletzung anschließend über eine Zahlung an eine neu zu gründende Verwertungsgesellschaft wieder zu beseitigen. Zu diesem Thema gibt es bereits Folien eines anderen Vortrags von Dr. Frey.

Der Vortrag von Arnd Haller, Justitiar bei Google Deutschland, war pointiert und klang fast ein bisschen wütend. Haller sagte, dass Google nur die Wahl hätte zwischen Zensur und Gefängnis und spielte damit auf eine strafrechtliche Verurteilung von Google Managern in Italien wegen eines Videos auf YouTube an. Haller vertrat außerdem die Ansicht, die jetzigen Haftungsregelungen würden der Zensur Vorschub leisten. Seines Erachtens wird derzeit aus Angst vor Haftung insgesamt zu schnell gelöscht.

Haller sprach sich ferner für einen Vorrang der Inanspruchnahme des unmittelbaren Rechtsverletzers aus und damit für die Einführung einer Subsidiaritätsregelung im deutschen Recht.

Staatssekretär Max Stadler (FDP) betonte in seiner Rede, dass das BMJ Netzsperren ablehnt, aber für ein Leistungsschutzrecht zugunsten von Verlagen eintritt.

In der abschließenden Diskussion entspann sich ein interessantes Rededuell zwischen Gerhart Baum und dem früheren Verfassungsrichter Wolfgang Hoffmann-Riem. Baum warf dem Bundesverfassungsgericht vor, bei der Entscheidung zur Vorratsdatenspeicherung nicht den Mut gehabt zu haben, die Speicherung als solche in Zweifel zu ziehen und das Verfahren dem EuGH vorzulegen. Hoffmann-Riem antwortete mit der Frage, ob Baum denn ernsthaft glauben würde, der EuGH hätte die Richtlinie zur VDS dann tatsächlich gekippt. Ein sehr aufschlussreicher Wortwechsel wie ich finde.

posted by Stadler at 13:15  

25.3.10

Nachbetrachtung zum eco-Kongress "Internet – (k)ein rechtsfreier Raum?"

Während ich in Tegel auf meinen Rückflug nach München warte, ist noch ein bisschen Zeit für eine kurze Zusammenfassung des gestrigen Kongresses von eco und MMR der im Bundesministerium der Justiz stattfand.

Die Frage „Internet – (k)ein rechtsfreier Raum?“ stellt mittlerweile eigentlich eine Platitüde dar. Als erster Redner betonte Michael Rotert vom Providerverband eco dann auch zu Recht, dass das Internet noch nie ein rechtsfreier Raum gewesen ist.

Anschließend sprach Irene Pakuscher vom BMJ und positionierte sich deutlich gegen das Modell einer Kulturflatrate. Sie bezeichnete die Idee gar als Zwangskollektivierung. Während des Vortrags von Frau Pakuscher nahm dann Markus Beckedahl von netzpolitik.org neben mir Platz und tippte sogleich ersten Blogbeitrag zur laufenden Veranstaltung auf seinem MacBook.

Als nächster Referent beschäftigte sich Rechtsanwalt Dieter Frey mit dem Thema Leistungsschutzrechte für Verlage. Frey warf die Frage auf, ob die Verlage zunächst alle Nutzer als Rechtsverletzer qualifizieren lassen wollen, um diese Rechtsverletzung anschließend über eine Zahlung an eine neu zu gründende Verwertungsgesellschaft wieder zu beseitigen. Zu diesem Thema gibt es bereits Folien eines anderen Vortrags von Dr. Frey.

Der Vortrag von Arnd Haller, Justitiar bei Google Deutschland, war pointiert und klang fast ein bisschen wütend. Haller sagte, dass Google nur die Wahl hätte zwischen Zensur und Gefängnis und spielte damit auf eine strafrechtliche Verurteilung von Google Managern in Italien wegen eines Videos auf YouTube an. Haller vertrat außerdem die Ansicht, die jetzigen Haftungsregelungen würden der Zensur Vorschub leisten. Seines Erachtens wird derzeit aus Angst vor Haftung insgesamt zu schnell gelöscht.

Haller sprach sich ferner für einen Vorrang der Inanspruchnahme des unmittelbaren Rechtsverletzers aus und damit für die Einführung einer Subsidiaritätsregelung im deutschen Recht.

Staatssekretär Max Stadler (FDP) betonte in seiner Rede, dass das BMJ Netzsperren ablehnt, aber für ein Leistungsschutzrecht zugunsten von Verlagen eintritt.

In der abschließenden Diskussion entspann sich ein interessantes Rededuell zwischen Gerhart Baum und dem früheren Verfassungsrichter Wolfgang Hoffmann-Riem. Baum warf dem Bundesverfassungsgericht vor, bei der Entscheidung zur Vorratsdatenspeicherung nicht den Mut gehabt zu haben, die Speicherung als solche in Zweifel zu ziehen und das Verfahren dem EuGH vorzulegen. Hoffmann-Riem antwortete mit der Frage, ob Baum denn ernsthaft glauben würde, der EuGH hätte die Richtlinie zur VDS dann tatsächlich gekippt. Ein sehr aufschlussreicher Wortwechsel wie ich finde.

posted by Stadler at 13:15  

25.3.10

Zensursula über die europäische Hintertür?

Der Arbeitskreis gegen Internetsperren und Zensur hat gestern ein Dokument des Rates der EU veröffentlicht, in dem die Fortsetzung des Projekts CIRCAMP ausdrücklich betont und gefordert wird. Wesentlicher Bestandteil von CIRCAMP ist die Implementierung von CSAADF (Child Sexual Abuse Anti Distribution Filter), einem Konzept das ähnlich dem Zugangserschwerungsgesetz auf Access-Blockaden setzt und durch Eingriffe am DNS den Zugriff auf Seiten mit kinderpornografischen Inhalten verhindern und auf spezielle Stopp-Seiten umleiten will. Sämtliche Bedenken, die gegen das deutsche Vorhaben sprechen, sind auch hier angebracht.

posted by Stadler at 07:30  

23.3.10

Bushido: Filesharing-Abmahner und Urheberrechtsverletzer

Der meines Erachtens wenig talentierte Rapper Bushido gehört zu denjenigen Künstlern, die das lukrative Geschäft mit dem Filesharing-Abmahungen selbst in die Hand genommen haben.

Dass er allerdings selbst in beträchtlichem Ausmaß das Urheberrecht Dritter verletzt, hat heute das Landgericht Hamburg entschieden (Urteil vom 23.03.2010, Az.: 308 O 175/08, 310 O 155/08). Bushido und sein Verlag wurden zur Unterlassung, Auskunft und Schadensersatz dem Grunde nach verurteilt und Bushido persönlich auch zu sog. Billigkeitsentschädigung. Auch die Klaganträge auf Rückruf der Tonträger und Vernichtung waren offenbar erfolgreich.

posted by Stadler at 18:24  

23.3.10

EuGH: Google verletzt mit AdWords keine Markenrechte

Der EuGH hat mit Urteil vom 23.03.2010 (Az.: C?236/08, C-237/08,  C-238/08) entschieden, dass Google mit seinem AdWords-Programm, indem es Marken als Keyword speichert und bei Eingabe dieses Schlüsselworts als Suchbegriff eine Werbeanzeige einblendet, nicht gegen die Rechte des Inhabers der Marke verstößt. Nach Ansicht des Europäischen Gerichtshofs liegt in dem Service von Google bereits keine markenmäßige Benutzung des geschützten Kennzeichens.

Der Werbende selbst kann nach Ansicht des EuGH allerdings gegen die Kennzeichenrechte des Markeninhabers verstoßen, sofern für einen Durchschnittsinternetnutzer nicht oder nur schwer zu erkennen ist, ob die in der Anzeige beworbenen Waren oder Dienstleistungen vom Markeninhaber stammen.

Interessant an der Entscheidung ist vor allen Dingen, dass der EuGH prüft, ob der Dienst Google AdWords nach Art. 14 der E-Commerce-Richtlinie (entspricht § 10 TMG) wie ein Host-Provider haftungspriviligiert ist. Der EuGH hält dies ausdrücklich für möglich, entscheidet die Frage aber nicht abschließend, sondern überlässt dies dem nationalen Gericht. Die Vorgabe des EuGH lautet allerdings, dass Google im Hinblick auf die Eingabe und Verwendung der Keywords keine aktive Rolle gespielt haben darf, die dem Unternehmen eine Kenntnis der gespeicherten Daten oder eine Kontrolle über sie verschaffen konnte.

posted by Stadler at 15:00  
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