Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

1.2.10

Der gute und der schlechte Rechtsbruch

Die Bundesregierung soll und wird eine CD ankaufen, die (angeblich) Daten von 1500 deutschen Steuersündern enthält. Die vertraulichen Daten sollen von der schweizerischen Bank HSBC stammen. Politiker quer durch alle Parteien und die Presse von Bild bis Süddeutsche fordern den Ankauf in seltener Einmut.

Und Heribert Prantl, der ansonsten so vehement für Rechtsstaatlichkeit eintritt, wirft in einem Kommentar in der Süddeutschen seine gesamten Grundwerte über Bord, wenn er behauptet, dem Ankauf der Daten stünden keine entscheidenden rechtlichen Bedenken entgegen. Plötzlich heiligt auch bei Prantl der Zweck die Mittel.

Dabei ist schwerlich vorstellbar, dass der Anbieter sich die Daten legal beschafft hat. Die Daten stammen, auch gemessen an den Vorgaben des deutschen Rechts, aus einer Straftat. Niemand kann außerdem nur anhand einer solchen CD die Echtheit der Daten zuverlässig beurteilen. Dass Juristen dennoch kein Beweisverwertungsverbot annehmen – was man mit guten Gründen auch anders sehen kann – ändert nichts daran, dass der deutsche Staat einen Straftäter bezahlt und damit auch für die Zukunft das illegale Ausspähen von Daten, die für die Behörden aus unterschiedlichsten Gründen interessant sein könnten, fördert.

Es wird ein Unterschied gemacht zwischen gutem und schlechtem Rechtsbruch, wodurch das Recht relativiert wird. Wer nicht will, dass aus hehren Motiven gefoltert wird, der kann auch nicht ernsthaft den Ankauf dieser Daten befürworten. Dass es ein erheblicher Teil der Politiker, Journalisten und Bürger dennoch tut, zeigt letztlich nur wie heuchlerisch diese Gesellschaft in Wirklichkeit ist.

Für den Einzelnen mag es moralisch vertretbar sein, sich aus Gewissensgründen über staatliche Gesetze hinwegzusetzen. Für den Staat selbst muss das tabu bleiben. Er muss sich formalistisch und ausnahmslos rechtstreu verhalten. Und weil dieser Staat dies häufig nicht mehr tut, fällt es ihm auch zunehmend schwerer von seinen Bürgern Rechtstreue einzufordern. Und damit schließt sich in gewisser Weise auch der Kreis hin zu den Steuerhinterziehern.

Update vom 03.02.10

posted by Stadler at 22:53  

85 Comments

  1. Ist hier eigentlich keinem bewußt, dass es nicht nur um den Ankauf gestohlener Daten geht? Wir bewegen uns in unserer Gesellschaft immer weiter in Richtung totalen Überwachungsstaat. Der Staat hat bald(beziehungsweise eigentlich schon aktuell) den Zugriff auf alle unsere persönlichen Daten. Wir werden uns in Zukunft in keinster Weise mehr frei in diesem Land bewegen können ohne dass Vater Staat dies überwacht. Frau Merkel führt das weiter, was die Stasi idealisierte. An dieser Stelle nur mal einige wenige Beispiele: Die Einführung biometrischer Daten auf unseren Ausweisen, Körperscanner am Flughafen, Onlineuntersuchungen, Videoüberwachung auf öffentlichen Plätzen,persönliche Identifikationsnummer im Steuerwesen (welche irgendwann dazu führen wird, das wir diese beim Kauf jedes höherwertigen Gutes angeben müssen – siehe Vorreiter Brasilien). All diese Fakten sind Realität und führen in der Gesamtheit betrachtet, zur totalen Überwachung des Bürgers. Auch weitere Faktoren wie Tollcollect beispielsweise, werden in Zukunft für die lückenlose Überwachung des Bürgers beitragen. Die Diskussion um die Steuer-CD sollte somit nicht einzeln betrachtet werden, sondern als weiten Schritt hin zum totalen Überwachungsstaat. Und hier sollte sich jeder Bundesbürger die Frage stellen, ob er dies will.

    Comment by Anonymous — 4.02, 2010 @ 08:17

  2. ich kann gar nicht so viel essen …
    Für Heribert Prantl kann sich jeder anständigen Juristen und Journalisten nur fremdschämen!

    Comment by kno — 4.02, 2010 @ 17:17

  3. An ALOA&Co;:
    Wenn Sie das nächste mal eine Leiche entsorgen müssen, verpacken Sie die Leichenteile in Klarsichtbeutel, verpacken Sie die Beutel in Kartons, und schicken Sie diese dann zusammen mit einem Anschreiben, die Beutel bitte für die nächsten 70 Jahre in Schließfächer einzulagern, an Ihre Hausbank! :D
    Vergessen Sie nicht, den Bankmitarbeitern eine Rechtsbelehrung wg. Datenschutz und so mit ins Paket zu legen, sonst rufen die noch aus Unwissenheit die Polizei!

    Comment by frgzchn — 6.02, 2010 @ 06:12

  4. in diesem sinne mal bei Justiz und ihre Opfer reinschauen und was tun…

    Comment by michael — 8.02, 2010 @ 15:11

  5. Ob uns das Recht der Schweiz gefaellt oder nicht ist doch voellig egal, es ist kein deutsches Recht. Deshalb ist in dem Fall auch nicht gross Abzuwaegen, es gibt von vorneherein kein Problem.

    Interessanterweise gibt es eine Entscheidung des BGH, wo es auf den Willen des anderen Staates doch ankam. Das war aber ein ganz anderer Fall. In den Fussnoten jenes Liechtensteiner Lohnschreibers, siehe HRR, wenn auch an ganz unsystematischer Stelle.

    Comment by H. — 8.02, 2010 @ 19:21

  6. @pavement

    < <
    Fall des Ausspähens von Daten (202a StGB) aber zumindest um einen Verrat von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen. Derjenige, der die Daten anbietet, ist ein Straftäter, das hat nichts mit Bauchgefühl zu tun.
    >>

    § 3 StGB?

    Comment by H. — 8.02, 2010 @ 19:27

  7. Ich jedenfalls lebte lieber in einem Land, in dem man keine Verbrechen begehen will, als in einem, in dem man das nicht mehr kann.

    Und was zum Teufel ist hier eigentlich los? Der Hälfte der Leute ist egal, ob Schweizer Gesetze bei der Beschaffung dieser CDs gebrochen wurden, und sie empören sich gleichzeitig darüber, daß den Schweizer Bankern deutsche Gesetze egal sind – in denen es sinnigerweise sogar um die Versteuerung von Geldern geht, die sich nicht in Deutschland befinden. Im Endeffekt sogar ein Eingriff in die inneren Angelegenheiten der Schweiz.

    Und wie schon anderswo gesagt wurde: Wenn es nicht mehr um Schweizer Konten, sondern um in Deutschland bezahlte Schwarzarbeit geht, kippt die Akzeptanz für CD-Käufe ganz schnell…

    Comment by Andreas Krey — 8.02, 2010 @ 23:10

  8. > … fällt es ihm auch zunehmend schwerer von seinen Bürgern Rechtstreue einzufordern…

    Nur als kleines Beispiel, SIE (die Komune, also im Kleinen) fordert die Räumpflicht – bei uns in Herford werden nicht mal die wenigen Bergstrassen geräumt, die bestimmt wichtig wären, aber SIE fordern vom Bürger die Räumpflicht auf den Gehwegen. Ach ja, und WIR dürfen kein Salz auf den Gehwegen streuen, aber DIE dürfen es auf den Strassen – sehr seltsames Recht, ich glaube SIE nehmen das Recht so, wie es IHNEN beliebt.

    Comment by Raffo32 — 13.02, 2010 @ 17:24

  9. […] der gute und der schlechte Rechtsbruch […]

    Pingback by in dubio pro libertate! » Wer Hanf verbietet, verschwendet Steuern! — 12.04, 2010 @ 00:29

  10. Dieses Themengebiet interessiert mich sehr, kannst Du eventuell etwas detaillierter beschreiben, wie ich an mehr Informationen über das Thema gelangen kann?

    Comment by Wein aus Chile — 21.01, 2012 @ 15:53

  11. […] mindestens in eine kontroverse Situation gebracht hat ist wohl unstrittig. Schließlich wurden Gesetze beim Beschaffen der Daten gebrochen und die BRD zahlte dafür ein nettes […]

    Pingback by Warum ist die Schweiz denn jetzt böse? | Mainboarder — 2.04, 2012 @ 13:10

  12. […] Zum Thema auch lesenswert wie immer Thomas Stadler. This was written by Max Steinbeis. Posted on Monday, February 1, 2010, at 08:58. Filed under […]

    Pingback by Verfassungsblog › Steuersünder-CD: Wo Links-Etatisten hobeln, fallen ebenfalls Späne — 22.10, 2012 @ 18:48

  13. […] Zum Thema auch lesenswert wie immer Thomas Stadler. 10 Kommentare Regionen: Deutschland Tags: Datenschutz, Rechtsstaat, Steuerrecht, Strafrecht […]

    Pingback by Verfassungsblog - on matters constitutional - Steuersünder-CD: Wo Links-Etatisten hobeln, fallen ebenfalls Späne - Verfassungsblog — 7.11, 2012 @ 23:14

  14. Hallo,Sarah.Ich sehe,dass das sehr gut gebraten ist Bitte pbiroere einmal mit Okonomiyakisodfe zu essen.(Leider ist es sehr Teuer in Deutschland)Mit Negi(Frfcwiebeln)essen wir auch gerne.In einiges Kansai-Okonomiyaki Restaurant idft man Negiyaki,das ist Okonomiyaki sehr viele Negi darauf.

    Comment by Elisa — 27.11, 2012 @ 14:47

  15. […] heiligt definitiv nicht die Mittel. Es gibt keinen guten und schlechten Rechtsbruch, wie im Blog Internet-Law sehr gut dargestellt […]

    Pingback by Der Zweck heiligt NICHT die Mittel » CD, Daten, Hehlerware, Schweiz, Steuersünder » Informelles — 17.04, 2013 @ 21:36

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