Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

17.9.09

FDP will Zugangserschwerungsgesetz stoppen

Die FDP kündigt für den Fall einer Regierungsbeteiligung an, zügig das Zugangserschwerungsgesetz zu stoppen. Das sagte die FDP-Politikerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger der RP.

Da ich Frau Leutheusser-Schnarrenberger für eine der letzten wirklichen Liberalen in der FDP halte, möchte ich ihr keine Lüge unterstellen. Man darf aber daran erinnern, dass es auch ihr seinerzeit nicht gelungen ist, das Gesetz über den großen Lauschangriff – das später vom Verfassungsgericht weitgehend wieder kassiert wurde – zu verhindern und sie deshalb aus Protest vom Amt der Justizministerin zurückgetreten ist. Vielleicht sollte sich Sabine Leutheusser-Schnarrenberger deshalb schon mal mental auf den nächsten Rücktritt vorbereiten.

posted by Stadler at 09:25  

16.9.09

Die falschen Propheten der Mediendemokratie

Gestern gegen 23 Uhr habe ich dann noch mal kurz den Fernseher eingeschaltet, das ZDF-Wahlforum lief schon drei Stunden. Und dann kam noch das Thema Netzsperren auf. Es wurden ruckelige Videos von Internetusern eingespielt, die Fragen stellten. Das Thema ist von der Co-Moderatorin schlecht eingeleitet worden und so bekam Ursula von der Leyen sogleich ihre Plattform. Wie immer bei diesem Thema setzte sie auf die emotionale Komponente, denn Fakten gibt es keine, die ihre Haltung untermauern könnten. Frau von der Leyen erklärt, dass Kinder vor laufenden Kameras vergewaltigt würden und diese Filme im Netz frei verfügbar seien und sie genau hiergegen vorgehen würde. Dem Einwand, diese Inhalte doch besser gleich vor Ort löschen zu lassen, begegnete sie einmal mehr mit der – längst widerlegten – Behauptung, dass es eine Reihe von Ländern gäbe, in denen Kinderpornografie nicht geächtet sei und man deshalb vor Ort nichts machen könne. Sigmar Gabriel hatte nichts Besseres zu tun, als ihr ausdrücklich zuzustimmen.

Wer wissen will, warum diese Form der Mediendemokratie nicht funktionieren kann, dem hat eine Sendung wie das Wahlforum die Antwort gegeben. Viele Themen und Probleme sind zu komplex für derartige Veranstaltungen, weil man Hintergründe und Zusammenhänge erklären müsste und keiner der Gäste dafür die Zeit bekommt. Und deshalb schlägt dort immer wieder die Stunde der wahlkämpfenden Heuchler und Demagogen. Für Frau von der Leyen ist problemlos möglich, mit einem Thema wie Netzsperren, für die es bei Lichte betrachtet nicht ein vernünftiges Sachargument gibt, zu punkten und Applaus zu bekommen. Wer sich tatsächlich informieren will, braucht derartige Sendungen erst gar nicht einzuschalten.

Ich habe mich gefragt, wie man Frau von der Leyen in solch einer Situation hätte widersprechen müssen. Cem Özdemir hat es kurz versucht, aber er kam nicht richtig zum Zug. Ich denke, man hätte die Ministerin auffordern müssen, konkret drei Staaten zu benennen, in den Kinderpornografie nicht strafbar ist und die in der Vergangenheit tatsächlich bereits damit aufgefallen sind, dass bei ihnen solche Inhalte gehostet werden. Frau von der Leyen hätte solche Staaten nämlich nicht benennen können, weil es sie nicht gibt. Früher hatte sie insoweit gerne Indien genannt, bis man ihr nachgewiesen hat, dass diese Aussage falsch war und sie sich sogar bei der indischen Botschaft entschuldigen musste.

In so einer Runde wäre es vermutlich auch sinnvoll gewesen, nochmals deutlich zu machen, dass dieses Vorhaben ungeeignet ist auch nur ein einziges Kind zu schützen, sondern, dass der Staat ganz im Gegenteil Wegweiser für Pädophile aufstellt, die ihnen das Auffinden solcher Inhalte noch erleichtert. Aber niemand hat Frau von der Leyen wirklich widersprochen, die Moderatoren wollten das offenbar auch gar nicht zulassen.

Dem Saalpublikum dürfte deshalb, wie vielen Menschen da draußen, auch nicht bewusst gewesen sein, dass sie mit Ursula von der Leyen einer falschen Prophetin Beifall gespendet haben.

posted by Stadler at 07:00  

14.9.09

Rette Deine Freiheit

Der Macher des vielbeachteten Videos „Du bist Terrorist“, Alexander Lehmann, hat mit „Rette Deine Freiheit“ ein neues Projekt vorgestellt, das sich im Schwerpunkt mit den Netzsperren beschäftigt.

Mit feiner Ironie legt sein Film die politische Heuchelei schonungslos offen. Bitte verlinkt dieses großartige Video weiter.

posted by Stadler at 09:45  

8.9.09

Kinderpornografie verlagert sich zunehmend in P2P-Netze

Kinderpornografische Inhalte verlagern sich immer stärker in P2P-Netzwerke, wie das Child Exploitation and Online Protection Centre (CEOP)in seinem jährlichen Bericht feststellt. Lesenswert ist in diesem Zusammenhang auch ein Artikel auf gulli zum Thema.

Unter völliger Missachtung dieser Realitäten hat man in Deutschland gerade das sog. Zugangserschwerungsgesetz beschlossen, das Access-Provider verpflichtet, kinderpornografische Inhalte im WWW zu blockieren. Das wird den vom CEOP beobachteten Effekt sicherlich nur verstärken. Sofern das Zugangsschwerungsgesetz überhaupt in Kraft tritt. Wie man hört, hat selbst Bundesjustizminsiterin Zypries gestern auf einer Veranstaltung in Köln Zweifel daran geäußert, dass das Gesetz tatsächlich kommt.

posted by Stadler at 17:54  

7.9.09

Wir lösen Probleme durch Wegschauen

So lautet der Wahlkampfslogan der CDU zu den Netzsperren und zum Zugangserschwerungsgesetz. Zumindest in der Remix-Version.

posted by Stadler at 14:47  

6.9.09

Editorial MMR: Kein erschwerter Zugang

Ein Hinweis in eigener Sache. Mein Editorial für die Septemberausgabe der Zeitschrift MultiMedia und Recht (MMR 2009, 581) „Kein erschwerter Zugang“ ist auch online erhältlich.

Es geht einmal mehr um das Zugangserschwerungsgesetz.

posted by Stadler at 12:41  

21.8.09

Wissen Abgeordnete noch worüber sie abstimmen?

Die Süddeutsche bietet seit Kurzem auch Blogs von einigen ihrer Journalisten an. Besonders interessant finde ich das Blog „Schaltzentrale“ in dem Johannnes Boie über die Schnittstellen von Medien und Politik schreibt.

Gestern hat er, am Beispiel des Zugangserschwerungsgesetzes, die Frage aufgeworfen, was Parlamentarier über die Gesetze, die sie beschließen, eigentlich wissen.

Warum haben die Abgeordneten eigentlich für die Netzsperren gestimmt? Und was verstehen die Parlamentarier eigentlich von und unter dem Begriff „Netzsperre“?

Diese Fragen hat Boie an mehrere Abgeordnete geschickt, die für die Sperren gestimmt haben. Die ersten Antworten liegen vor und bestätigen die Vermutung, dass die eigentlichen Problemfelder von den Abgeordneten überhaupt nicht erfasst und erkannt worden sind. Und genau das ist auch der Grund dafür, dass Lobbyisten und kleine, gut informierte politische Zirkel oftmals leichtes Spiel damit haben, fragwürdige Gesetze durchzudrücken. Die Partei- und Fraktionsdisziplin erledigt dann den Rest.

posted by Stadler at 16:35  

21.8.09

Netzsperren und Stolperfallen

Jan Spoenle, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Strafrecht, hat für das AnwaltZertifikat IT-Recht einen (kurzen) juristischen Fachaufsatz zum Zugangserschwerungsgesetz verfasst, der sich mit der Frage der Verfassungsmäßigkeit des Gestzes beschäftigt.

Spoenle kommt zu dem Ergebnis, dass das Gesetz formell verfassungswidrig ist und auch erhebliche Zweifel an der materiellen Verfassungsmäßigkeit angebracht sind.

Das deckt sich mit meiner Einschätzung, die ich u.a. in einem Brief an Bundespräsident Horst Köhler näher begründet habe.

posted by Stadler at 12:38  

20.8.09

Der schändliche Wahlkampf der Frau von der Leyen

Dank YouTube und verschiedener Blogs werden die schmutzigen und widerwärtigen Seiten dieses Wahlkampfs, der auf diese Weise in den Mainstream-Medien gar nicht stattfindet, immer wieder ans Licht einer interessierten Öffentlichkeit gezerrt. Mitschnitte von kleinen Wahlkampfveranstaltungen in der Provinz sind dabei manchmal aufschlussreicher als das, was einem die Tagesschau serviert.

Ursula von der Leyen macht erneut Wahlkampf auf dem Rücken missbrauchter Kinder und instrumentalisiert das Thema Kinderpornografie im Internet einmal mehr. Sie setzt hierbei gezielt auf Emotionalisierung und schildert den Besuchern ihrer Wahlkampfveranstaltungen in drastischen Worten, welche schrecklichen Filme, die den Missbrauch von Kindern zeigen, im Internet kursieren. Hierbei verschweigt sie allerdings, dass solche Filme nicht über das WWW – und nur dort setzen ihre „Sperrmaßnahmen“ überhaupt an – verbreitet werden, sondern primär über Peer-To-Peer-Netzwerke.

Flankierend greift von der Leyen dabei auf Scheinargumente zurück, die, wie sie selbst weiß, längst widerlegt sind. Seit Monaten behauptet die Ministerin z.B. öffentlich, dass eine ganze Reihe von Staaten Kinderpornografie nicht ächten würde und man deshalb, vor Ort am Serverstandort nichts erreichen könne. Als Standardbeispiel hatte sie in der Vergangenheit mehrfach Indien genannt, bis man ihr nachgewiesen hat, dass diese Aussage schlicht falsch ist und Kinderpornografie in Indien sehr wohl strafbar ist. Frau von der Leyen musste sich sogar bei der indischen Botschaft für ihre Aussagen entschuldigen.

Das hält sie freilich nicht davon ab, dieselbe Unwahrheit in Wahlkampfveranstaltungen weiter zum Besten zu geben. Nur das Beispiel Indien benutzt sie jetzt nicht mehr. Die handvoll Staaten, die Kinderpornografie nicht unter Strafe stellen, haben in den meisten Fällen gar keine Internet-Infrastruktur. Dort stehen keine Server. 3/4 der Server, die man bisher auf ausländischen Sperrlisten wiederfindet, stehen ohnehin in Europa und Nordamerika. Und auch an den übrigen Serverstandorten ist Kinderpornografie strafbar.

Es ist erschreckend, wie Frau von der Leyen Emotionalisierung und falsche Tatsachenbehauptungen miteinander verknüpft. Das ist kein Populismus mehr, sondern Demagogie.

Diese Sorte von Wahlkampf hat zwei Opfer. Die Kinder und die Wahrheit.

Update
Weitere Artikel zum Thema:
Ursula von der Leyens Mayhill-Fowler-Moment von Meyer-Lucht
Bitte verlassen Sie den rechtsfreien Raum! von Ralf Schwartz
Demagogie und Journalismus von Stefan Niggemeier

posted by Stadler at 09:06  

17.8.09

Bayerischer Innenminister fordert Zugangsblockade von rechtsradikalen Websites

Das erstaunliche an dieser Meldung, ist eigentlich nur, dass es solange gedauert hat, bis die Populisten von der CSU auch nach Netzsperren schreien. Diesmal sind es – wieder einmal – rechtsradikale Sites, die Access-Provider ausblenden sollen.

Die inflationäre Zunahme der Forderung nach Ausweitung der Zugangserschwerung durch Unionspolitiker steht in einem eklatanten Widerspruch zu dem Lippenbekenntniss, dass das Zugangserschwerungsgesetz auch künftig auf kinderpornographische Inhalte beschränkt bleiben soll.

posted by Stadler at 20:22  
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