Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

10.11.15

Die Vorschläge von de Maizière und Seehofer in der Flüchtlingsdebatte sind unvernünftig

Mehrere Verwaltungsgerichte und Oberverwaltungsgerichte haben in den letzten beiden Jahren entschieden, dass Flüchtlingen  aus Syrien generell bzw. regelmäßig der Flüchtlingsstatus nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 Alternative 1, § 3 AsylVerfG und damit nach der Genfer Flüchtlingskonvention zuzuerkennen ist. Das OVG Mecklenburg-Vorpommern führt dazu in einem Beschluss vom 24.04.2014 beispielsweise aus:

Als syrischer Asylbewerber ist der Kläger, unabhängig von einer Vorverfolgung, wegen seiner illegalen Ausreise aus Syrien, der Asylantragstellung und dem längeren Aufenthalt in Deutschland bedroht. Sein Verhalten wird vom syrischen Staat derzeit als Ausdruck regimefeindlicher Gesinnung aufgefasst, und er hat bei einer Rückkehr nach Syrien mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit in Anknüpfung an seine tatsächliche oder jedenfalls vermutete politische Überzeugung mit Verfolgungsmaßnahmen zu rechnen.

Das heißt, Syrer, die sich einmal zur Flucht nach Europa entschlossen haben, müssen nach Ansicht der Verwaltungsgerichte im Falle einer Rückkehr mit Verfolgungsmaßnahmen rechnen, weil man ihnen eine gegenüber dem syrischen Staat feindliche politische Gesinnung unterstellen wird.

Diese Rechtsprechung hat dazu geführt, dass man beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge dazu übergegangen ist, syrischen Flüchtlingen ganz generell Flüchtlingsstatus zu gewähren und nicht mehr eine aufwändige Einzelfallprüfung durchzuführen.

Diese Praxis möchte Innenminister Thomas de Maizière ändern und die Asylanträge von Syrern wieder im Einzelfall prüfen lassen. Das Vorhaben wird von der CSU und Teilen der CDU unterstützt.

Das ist nicht nur ein Bruch mit der oben zitierten verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung, sondern auch mit Blick auf den entstehenden Verwaltungsaufwand kontraproduktiv. Es ist derzeit schon so, dass ca. 280.000 Asylanträge wegen Personalmangels unbearbeitet sind. Der Vorstoß des Innenministers wird also zunächst vor allem dazu führen, dass die Zahl der unbearbeiteten Asylanträge noch erheblich zunehmen wird. Insbesondere Flüchtlinge aus Syrien werden am Ende aber auch weiterhin regelmäßig politisches Asyl oder Flüchtlingsstatus nach der Genfer Konvention erhalten.

Die Vorschläge von de Maizière, Seehofer und Co. sind also in hohem Maße unvernünftig. Vielleicht steckt dahinter aber auch ein perfides Eskalationskonzept?

posted by Stadler at 17:32  

4.11.15

Domain, die aus dem Namen einer Anlagegesellschaft und dem Zusatz „-schaden“ gebildet ist, verletzt keine Rechte

Das OLG Frankfurt hat mit Urteil vom 24.09.2015 (Az.: 6 U 181/14) entschieden, dass ein im Anlagerecht tätiger Rechtsanwalt der einen Domainnamen benutzt, der sich aus dem Namen einer Anlagegesellschaft sowie dem Zusatz „-schaden“ zusammensetzt, um etwaigen Geschädigten seine Leistungen bei der Geltendmachung von Ansprüchen gegen die Anlagegesellschaft anzubieten, damit keine Rechte des Unternehmens verletzt und sich mangels eines konkretes Wettbewerbsverhältnisses auch nicht wettbewerbswidrig verhält.

Das Gericht geht zunächst davon aus, dass eine Verletzung des Unternehmenskennzeichens der Geselllschaft ausscheidet, weil keine Verwechslungsgefahr im Sinne des § 15 Abs. 2 MarkenG zwischen dem Unternehmensschlagwort „x“ und dem Domainnamen „x-schaden“ besteht. Der jeweilige Tätigkeitsbereich der Parteien liege so weit auseinander, dass es am Merkmal der Branchennähe fehle.

Zu der Frage, ob mit Benutzung der Domain die Namensrechte der Gesellschaft verletzt werden, führt das Oberlandesgericht folgendes aus:

An der originären namensmäßigen Unterscheidungskraft der Bezeichnung „x“ bestehen keine Zweifel und werden von der Beklagten auch nicht geltend gemacht.

c) Das Verwenden des Domain-Namens „x-schaden“ für den aus der Anlage LHR 5 ersichtlichen Internetauftritt ist jedoch nicht als Gebrauch des Namens i.S. des § 12 Satz 1 BGB anzusehen. Zwar kann in der Registrierung eines Namens durch einen Nichtberechtigten als Domain-Name ein unbefugter Namensgebrauch liegen. Wie das Landgericht zu Recht angenommen hat, ist jedoch weder eine namensmäßigen Identitäts- und Zuordnungsverwirrung noch sonst ein unbefugter Gebrauch des Namens gegeben.

aa) Schon die bloße Registrierung verletzt schutzwürdige Belange der Namensinhaberin, wenn diese dadurch selbst von der Benutzung der Domain ausgeschlossen wird. Dies setzt einen (objektiven) Benutzungswillen voraus (BGH GRUR 2004, 619 Rn. 23 – kurt-biedenkopf.de). Die Klägerin hat nicht dargelegt, dass sie selbst einen Internetauftritt unter der angegriffenen Domain plant. Dies erscheint auch fernliegend. Schon gar nicht ist die Beklagte auf den angegriffenen Domainnamen angewiesen (vgl. BGH GRUR 2014, 393 Rn. 22 – wetteronline.de).

bb) Eine durch die Verwendung der Domain erzeugte Zuordnungsverwirrung liegt vor, wenn ein Dritter einen fremden Namen namensmäßig im Rahmen einer Internetadresse benutzt. Der Verkehr sieht in der Verwendung eines unterscheidungskräftigen, nicht sogleich als Gattungsbegriff verstandenen Zeichens als Internetadresse im Allgemeinen einen Hinweis auf den Namen des Betreibers des jeweiligen Internetauftritts (BGH GRUR 2014, 506 Rn. 21 – sr.de). An einer namensmäßigen Verwendung in diesem Sinne fehlt es jedoch im Streitfall. Die Beklagte hat das mit dem Unternehmensschlagwort der Klägerin übereinstimmende Zeichen „x“ mit dem Begriff „Schaden“ kombiniert. Zwar bleibt die Bedeutung des Gesamtbegriffs diffus und hat keinen vergleichbar eindeutigen Inhalt wie die Angabe „…-Aussteiger“ in dem vom Landgericht herangezogenen Fall des OLG Hamburg (MMR 2004, 415 ). Jedenfalls verbindet der Verkehr aber mit der Domain „x-schaden“ kein Angebot der Klägerin oder eines verbundenen Unternehmens, sondern erkennt die kritische Bezugnahme auf die Klägerin. Er wird annehmen, dass sich unter dem Domain-Namen Dritte mit dem Unternehmen der Klägerin oder ihren Produkten kritisch auseinandersetzen. Die Behauptung der Klägerin, der Verkehr könnte annehmen, die Domain gehöre zu ihrem eigenen Domain-Portfolio oder sie habe dem Domain-Inhaber die Verwendung ihres Namens gestattet, erscheint demgegenüber fernliegend und kann ausgeschlossen werden.

cc) Für die Gefahr einer Zuordnungsverwirrung kommt es außerdem auf die konkrete Art der Verwendung an (BGH GRUR 2004, 619 Rn. 23 – kurt-biedenkopf.de; GRUR 2001, 1061 – Mitwohnzentrale.de). Dazu kann auch der unmittelbar nach dem Öffnen der Webseite ersichtliche Inhalt gehören. Etwas anderes gilt nur dann, wenn die das Namensrecht beeinträchtigende Wirkung schon unabhängig von der Verwendung des Domainnamens durch die in der Registrierung liegenden Ausschlusswirkung eintritt (vgl. BGH GRUR 2014, 506 Rn. 25 – sr.de). Dann wird eine Zuordnungsverwirrung durch das Öffnen der Webseite auch nicht nachträglich relativiert. Mangels Benutzungswillens ist vorliegend von einer bereits in der Registrierung liegenden Rechtsverletzung nicht auszugehen (vgl. oben aa). Öffnet man die unter der Domain abrufbare Internetseite erscheinen sofort das Logo „B“ und die Überschrift „Fall X“. Selbst bei oberflächlicher Betrachtung wird klar, dass es um eine kritische Auseinandersetzung mit den Produkten der Klägerin von dritter Seite geht.

posted by Stadler at 14:02  

2.11.15

Bundesmeldegesetz in Kraft getreten

Das neue Bundemeldegesetz (BMG) ist gestern in Kraft getreten. Es bringt einige Neuerungen im Meldewesen und zum Teil in datenschutzrechtlicher Hinsicht auch Verbesserungen.

Bei Melderegisterauskünften zu gewerblichen Zwecken, muss jetzt der Zweck der Anfrage angegeben werden (§ 44 Abs. 1 S. 2 BMG) und die Auskunft darf dann ausschließlich zu diesem Zweck zu verwenden (§ 47 Abs. 1 BMG).

Melderegisterauskünfte für Zwecke der Werbung und des Adresshandels sind nur noch mit Einwilligung der betroffenen Person möglich. Der Anfragende muss erklären, dass er die Daten nicht für Zwecke der Werbung oder des Adresshandels verwenden wird (§ 45 Abs. 3 Nr. 2 BMG).

Polizeiehörden, Geheimdienste, Staatsanwaltschaften und Gerichte können Meldedaten ohne weitere Voraussetzungen abrufen und erhalten länderübergreifend einen Onlinezugriff auf die Meldedaten.

Neu eingeführt wurde eine Mitwirkungspflicht des Wohnungsgebers (i.d.R. der Vermieter), der der meldepflichtigen Person den Einzug oder den Auszug schriftlich oder elektronisch zu bestätigen hat (§ 19 BMG).

posted by Stadler at 14:27  
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