Die Vorschläge von de Maizière und Seehofer in der Flüchtlingsdebatte sind unvernünftig
Mehrere Verwaltungsgerichte und Oberverwaltungsgerichte haben in den letzten beiden Jahren entschieden, dass Flüchtlingen aus Syrien generell bzw. regelmäßig der Flüchtlingsstatus nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 Alternative 1, § 3 AsylVerfG und damit nach der Genfer Flüchtlingskonvention zuzuerkennen ist. Das OVG Mecklenburg-Vorpommern führt dazu in einem Beschluss vom 24.04.2014 beispielsweise aus:
Als syrischer Asylbewerber ist der Kläger, unabhängig von einer Vorverfolgung, wegen seiner illegalen Ausreise aus Syrien, der Asylantragstellung und dem längeren Aufenthalt in Deutschland bedroht. Sein Verhalten wird vom syrischen Staat derzeit als Ausdruck regimefeindlicher Gesinnung aufgefasst, und er hat bei einer Rückkehr nach Syrien mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit in Anknüpfung an seine tatsächliche oder jedenfalls vermutete politische Überzeugung mit Verfolgungsmaßnahmen zu rechnen.
Das heißt, Syrer, die sich einmal zur Flucht nach Europa entschlossen haben, müssen nach Ansicht der Verwaltungsgerichte im Falle einer Rückkehr mit Verfolgungsmaßnahmen rechnen, weil man ihnen eine gegenüber dem syrischen Staat feindliche politische Gesinnung unterstellen wird.
Diese Rechtsprechung hat dazu geführt, dass man beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge dazu übergegangen ist, syrischen Flüchtlingen ganz generell Flüchtlingsstatus zu gewähren und nicht mehr eine aufwändige Einzelfallprüfung durchzuführen.
Diese Praxis möchte Innenminister Thomas de Maizière ändern und die Asylanträge von Syrern wieder im Einzelfall prüfen lassen. Das Vorhaben wird von der CSU und Teilen der CDU unterstützt.
Das ist nicht nur ein Bruch mit der oben zitierten verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung, sondern auch mit Blick auf den entstehenden Verwaltungsaufwand kontraproduktiv. Es ist derzeit schon so, dass ca. 280.000 Asylanträge wegen Personalmangels unbearbeitet sind. Der Vorstoß des Innenministers wird also zunächst vor allem dazu führen, dass die Zahl der unbearbeiteten Asylanträge noch erheblich zunehmen wird. Insbesondere Flüchtlinge aus Syrien werden am Ende aber auch weiterhin regelmäßig politisches Asyl oder Flüchtlingsstatus nach der Genfer Konvention erhalten.
Die Vorschläge von de Maizière, Seehofer und Co. sind also in hohem Maße unvernünftig. Vielleicht steckt dahinter aber auch ein perfides Eskalationskonzept?
Ich wuerde letzteres annehmen. Schliesslich will man die Menschen als Problem loswerden, da braucht man moeglichst sichtbare Probleme…
Comment by h s — 10.11, 2015 @ 18:13
http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Laenderinformationen/00-SiHi/AfghanistanSicherheit.html
Der oberste Polizeibürokrat des Landes hat vor Kurzem auch vorgeschlagen, Afghanen sollten doch in Afghanistan bleiben. Hier und dort wird die These vertreten, Afghanistan sei ein sicheres Herkunftsland. Dies würde also Asyl-Ansprüche oder ähnlich geartete Ansprüche ausschließen. In einem bizarren Kontrast dazu steht die Reisewarnung des Auswärtigen Amtes , wonach dringend, jawohl dringend , vor Reisen nach Afghanistan gewarnt wird. Besonders prekär ist natürlich die Rückkehr derer, die den deutschen Streitkräften behilflich waren. Die Chance, dass sie jemals wieder zu Hause ankommen, ist äußerst gering.
Wenn man jetzt der Auffassung de M.s folgt, und nach Afghanistan fliegt, um dort ein wenig Erholungsurlaub zu machen, dann wird man einige sehr böse Überraschungen erleben.
Ist die Flüchtlingskrise eine Inszenierung? Die Warnung vor einer neuen Flüchtlingswelle aus Syrien und den angrenzenden Staaten gehen deutlich über sechs Monate zurück. Dennoch konnten abertausende Flüchtlinge einfach einreisen und weiterreisen, ohne dass die Bundesbehörden, die eigentlich für die Kontrolle dieses Reisevorgangs zuständig wären, in der Lage waren, die Landesbehörden davon zu unterrichten. Im Ergebnis läuft jetzt eine unklare Zahl von Leuten durch die Gegend, die nirgendwo registriert worden sind. Wieso hat etwa Serbien eine so große Zahl von Flüchtlingen einfach durchreisen lassen?
Wieso hat man nicht möglichst zeitnah bereits Anfang des Jahres oder wenigstens im Mai oder Juni Vorkehrungen getroffen, um in Griechenland und der Türkei Aufnahmekapazitäten herzustellen ? Und warum sind die Lebensmittelrationen in den Flüchtlingslagern drastisch gekürzt worden?
In diesem Chaos tauchen nun zufälligerweise Forderungen auf, die wieder einmal verfassungswidrig sind. De facto wird jetzt gerade daran gearbeitet, das Asylgrundrecht abzuschaffen. Es war zwar sowieso schon auf fast Null reduziert, aber jetzt erfolgt das endgültige Ende. Die Thematik des Familiennachzugs lässt sich hervorragend dafür einsetzen, die familiären Privilegien weg zu schleifen. Dazu gesellen sich dann plötzlich Forderungen nach kompletter Abschaffung des Datenschutzes, totaler Vorratsdatenspeicherung, und nach Internierungslagern. Auch das Lieblingsprojekt des jetzigen Bundesfinanzministers, nämlich der Einsatz der Bundeswehr als Polizeitruppe , analog der Militärpolizei in Südamerika , lässt sich vor dem eskalierenden Hintergrund hervorragend weiter ausbauen. Nicht zu reden von der intensivierten Anwendung spezieller Verhörmethoden, die üblicherweise als Folter bezeichnet werden.
Ich würde tippen, dass es demnächst eine neue Propagandaoffensive gibt. Eine dunkle Mischung aus Hygienechaos, Seuchengefahren, Al Kaida, Al Nusra, Atom- Terror und Massenverelendung und Milliardenkosten. Das teuflische an der Flüchtlingsproblematik besteht nämlich darin, dass nicht nur ausgebombte Zivilisten fliehen, sondern auch die Widerstandskämpfer, die in ihren Wohnvierteln Unterschlupf gefunden hatten. Leute, die Taliban getötet haben, könnten von eben
diesen verfolgt und dann selbst getötet werden.
Dann kommen, folgerichtig, Kontrollstellen, Verhörzentren, Massenüberwachung, persönliche Identifizierungsmerkmale, eine Personenkennziffer für jeden in Deutschland aufhältlichen Bürger und Ausländer…
Logischerweise wäre der nächste Schritt, eine generelle Nachrichtensperre zu verhängen, die zum einen die Flüchtlingskrise betrifft, zum anderen aber, welch Zufall, die finanzielle Situation einiger Banken. Revolutionäre Kapitalverkehrskontrollen der EZB können erwartet werden. Wie schon in Griechenland.
Und, last not least, werden Forderungen laut werden, die NATO in Syrien und im Irak einzusetzen, um dort dauerhaft reguläre Truppen zu stationieren. Die Russen sind ja schon da.
Interessant zu verfolgen war auf die herausgehobene Behandlung der Enteignungsproblematik, im Zusammenhang mit der angespannten Wohnungssituation der vielen Flüchtlinge. Für Hobby – Verschwörungstheoretiker ist das natürlich ein gefundenes fressen. Nach dem Griff in die Wohnung erfolgt der Griff aufs Konto.
Wie erklären sich jetzt diese krassen
Bewertungskontraste?
Comment by Arne Rathjen RA — 10.11, 2015 @ 19:11
Das Witzige daran ist nur eines, dass nämlich ca. 300 000 oder X ohne jede Registrierung im Land sind. Faktisch sind Deutschlands Grenzen offen, jeder kann hier reindackeln. Die Kapitulation beginnt damit, dass ein Staat gar nicht mehr weiß, welche Hunderttausende das Land überlaufen haben. Was die Bundesregierung für ein Theater gemacht hat, welche Übersetzer aus Afghanistan, die für die Bundeswehr gearbeitet haben, ins Land kommen dürfen oder nicht. Da ging es um eine dreistellige (!!!) Zahl. 28 Leute hat man mit nach Deutschland genommen. Man fand das großzügig. Ich höre noch diese Diskussionen.
Aus heutiger Sicht ein echter Witz!! Landesgrenzen, innere Sicherheit? Nope! Nothing! Jedem ist Tür und Tor geöffnet.
Wenn es hier knallt, dann werden wir diese Herrschaften nochmal interviewen, die meinen, es gehe nur um ihren Streit in der GroKo und alles sei in Ordnung, wenn diese sich vertragen.
Gar nichts ist in Ordnung. Ganz im Gegenteil!!
Comment by Novak — 10.11, 2015 @ 20:29
Ps. Wie sagte Pofalla so nett zu Bosbach: „Ich kann Deine Fresse nicht mehr sehen“.
Und ich kann die Fressen von Allen nicht mehr sehen! Sie ruinieren unser Land!
Comment by Novak — 10.11, 2015 @ 20:31
Pps. Warum sind 80% der Syrer junge Männer, die flüchten mussten? Wo ist denn der Rest der Familie? Hatten die es nicht nötig?? Sie sind anscheinend doch nicht so bedroht! 94% von Syrien ist kein Kriegsgebiet. Da trinken die Leute Tee und die Touristen gammeln auf Kamelen herum. Man sollte sich als Syrer eher dort ein ruhiges Plätzchen besorgen, als die EU zu überfallen. Auch nicht nett von den Männern, die Frauen und Kinder im angeblichen Kriegsgebiet zurückzulassen! Von wegen Krieg! In Syrien werden Terroristen und Islamisten bombardiert. Und das ist gut so. Je mehr, desto besser! Immer feste drauf!
Comment by Novak — 10.11, 2015 @ 20:47
@Novak – warum 80% junge Männer –
siehe FAQ zu Flüchtlingen: https://goo.gl/j0P9aw
Comment by Wolf-Dieter — 10.11, 2015 @ 22:19
Es mag nach unseren eigenen Regeln und angemessener Auslegung korrekt sein: Ich finde es dennoch problematisch, wenn sich jemand allein durch die Durchführung der Flucht bereits das Bleiberecht sichert – ungeachtet der genannten Fluchtgründe.
Ausserdem beunruhigt mich durchaus die Geschwindigkeit und die Gesamtzahle der Menschen, die nach diesen Grundsätzen kommen könnten.
Längerfristig ist vieles möglich, kurzfristige Überforderung kann auch ein starkes System ins Wanken bringen. Das halte ich derzeit für ganz realistisch.
Comment by Christian — 11.11, 2015 @ 07:41
@Christian – „Flüchtlingsandrang problematisch“ – ohne Kritik an deiner Meinung, in einem funktionierenden Rechtssystem sind Menschenrechte nicht verhandelbar.
Comment by Wolf-Dieter — 11.11, 2015 @ 17:48
Zustimmung – Menschenrechte sind nicht verhandelbar.
Ob jemand sich das „Recht auf Asyl als politisch Verfolgter“ allein dadurch schaffen kann, dass er flieht, ist aber durchaus diskutierbar.
Oder gibt es ein Menschenrecht sich irgendwo auf der Welt niederzulassen, weil es da besser ist ?
Ein zugegeben schwieriges Abwägen, aber ich halte es für gerechtfertigt, den primären, dauerhaften Schutz auf den Personenkreis zu beschränken, der aus einem oroginären Grund aus seiner Heimat fliehen musste, zu begrenzen.
Comment by Christian — 11.11, 2015 @ 18:15
@Christian – „originärer Grund“ – ich erlaube mir eine Überlegung zur Plausibilität: kein Mensch haut freiwillig aus seiner Heimat ab. Also, ich würde es nicht tun, außer ich MÜSSTE, um am Leben zu bleiben.
Comment by Wolf-Dieter — 12.11, 2015 @ 09:17
„kein Mensch haut freiwillig aus seiner Heimat ab“
Das halte ich fuer eine sehr romantische kleinbuergerliche Vorstellung. Das machen Menschen auch freiwillig schon immer, ueberall. Nicht jeder hat eine haltende Beziehung zu seinem Herkunftsort, es hat nichtmal jeder eine klar definiert „Heimat“. Soziale Umfelder sind auch nicht (mehr) unbedingt ortsgebunden.
Comment by h s — 12.11, 2015 @ 11:25
@h s – und wieder was dazugelernt. Gruß, Kleinbürger
Comment by Wolf-Dieter — 12.11, 2015 @ 13:10
Ohne Abwertung gegen ander: Auch ich habe
a) kein messbares Heimatgefühl
b) dreimal ohne Zögern das Land gewechselt
c) eher zufällig mal wieder eine Stelle in DE
PS das sagt nichts über meine Bürgerlichkeit – klein oder gross, k.A.
Comment by christian — 12.11, 2015 @ 13:29
Seit heute ist amtlich, dass die Bundesregierung keinen Überblick über die aktuellen Flüchtlingszahlen mehr hat.
Dies ist umso bedauerlicher, als die meisten aus Kriegsgebieten kommen, in denen es sowohl ausgebombte Zivilisten als auch Kämpfer gibt, die vielleicht auch ganz gerne einmal abtauchen würden. Das ist sozusagen der perfekte Ausgangspunkt für eine langdauernde organisierte Panikmache. Dabei wird vermutlich weggelassen werden, dass man diesen Zustand selbst verursacht hat. Dann werden wir mit Forderung nach Steuererhöhungen genervt werden, zusätzlichen Kreditaufnahmen, weiteren Reduktionen der verfassungsrechtlichen Garantien bis auf fast Null, und völlig unbemerkt wird in diesem Kontext die haushaltspolitische Souveränität der Bundesrepublik kalt lächelnd abgeschafft werden. Es werden sich dann völlig mysteriöse Dinge abspielen, wie der Abfluss einiger Billionen Euro ins Nichts.
Das aktuelle Flüchtlingskrisenbeseitigungschaos dürfte durchaus auf strategischen Erwägungen beruhen.
Comment by Arne Rathjen RA — 12.11, 2015 @ 17:54