BGH entscheidet demnächst wieder Filesharing-Sachverhalte und den Streit um die Tagesschau-App
Am 30.04.2015 verhandelt der BGH den Streit um die Tagesschau-App (Az.:I ZR 13/14), mit dem ich mich in diesem Blog u.a. hier und hier ausführlich beschäftigt habe.
Außerdem sind zwei weitere Filesharing-Fälle beim BGH gelandet, über die der I. Zivilsenat am 11.06.2015 (Az.: I ZR 7/14 und I ZR 19/14) verhandeln wird. Eine grundlegende Klärung ist wohl auch in diesen Verfahren nicht zu erwarten.
Im ersten Fall steht fest, dass die 16-Jährige Tochter der Anschlussinhaberin die Rechtsverletzung begangen hat. Der Streit dreht sich offenbar primär noch um die Frage, ob die Mutter die 16-jährige dahingehend belehren musste, dass sie den Anschluss nicht für Urheberrechtsverletzung benutzen darf. Eine entsprechende Belehrungspflicht hatte der BGH bei einem 13-jährigen Kind angenommen und eine Haftung unter dem Aspekt der Aufsichtspflichtverletzung angenommen.
Die Belehrungspflichten die der BGH annimmt, haben mit der Lebenswirklichkeit ohnehin wenig zu tun. In vielen Fällen ist es nämlich so, dass die als Anschlussinhaber in Anspruch genommenen Eltern von dem Phänomen „Filesharing“ zum ersten Mal mit dem Erhalt der Abmahnung überhaupt erfahren haben. Wer hier eine Belehrungspflicht annimmt, erwartet von einem Durchschnittsbürger erhebliche (technische) Kenntnisse, über die viele Menschen schlicht nicht verfügen.
In dem anderen Fall leben neben dem Beklagten (Anschlussinhaber) noch dessen Ehefrau und sein 17-jähriger Sohn im Haushalt, wobei beide nach den Feststellungen der Instanzgerichte nicht als Verletzter in Betracht kommen. In diesem Fall stellt sich die Frage, ob man von einer Täterschaft des Anschlussinhabers ausgehen kann, oder ob die Vermutung der Täterschaft des Anschlussinhabers, die der BGH in einer früheren, meines Erachtens ebenfalls kritikwürdigen Entscheidung, postuliert hat, allein dadurch erschüttert ist, dass mehrere Personen den Anschluss nutzen.
Quelle: PM des BGH vom 28.01.2015
„Eine grundlegende Klärung ist wohl auch in diesen Verfahren nicht zu erwarten.“
Die PM des BGH zu dem Fall I ZR 7/14 ist doch etwas sehr oberflächlich. Zunächst geht es aber wirklich um spezielle Fragen, wie eben ob die Aussage: „Ich kann mich (2013) nicht erinnern, ob ich (2007/2008) belehrt wurde.“ zu Lasten der Beklagten gewertet werden kann. Dies ist nur ein Detail und ja — schon klar über was der BGH befinden kann/nicht. Ich war uA bei der Beweisaufnahme dabei – und es ist müßig das alles vor dem Juni-Termin aufzurollen.
Jedoch wendet sich die Revision, wie Ziffer III des OLG-Urteils zeigt (http://2.bp.blogspot.com/-qm4cCy0PYtI/Uq_rKcg40rI/AAAAAAAABJI/PD-mIZ8rvu0/s1600/11.JPG), auch ganz anderen Inhalten zu. Und die sind als „höchst spannend“ einzustufen.
Ich persönlich gehe davon aus, dass der Fall nicht erfolgreich für die Beklagte endet. Daher bekommt der BGH die Gelegenheit -anders als bei BGH-„Morpheus“ und BGH-„Bearshare“- zu sehr wichtigen Fragen Antworten zu geben. Bislang wurden die verschiedenen Vorträge der „Musikindustrie“ und die Einwendungen der „Gegenseiten“ zu diesen Themen nicht höchstrichterlich bewertet.
Dies sollte sich ändern – es sei denn der BGH entscheidet für die Beklagte und spart sich schon wieder die allerdings wirklich sehr komplizierten Antworten….
Comment by Shual — 29.01, 2015 @ 15:22
Es kommt vielleicht der Tag, an dem diese Asos vor Gericht einfach sagen: Ja, ich habe eine Straftat begangen, ich habe mich schuldig gemacht, ich nehme meine Strafe an.
Nur mal so als Vorschlag.
Das würde auch die Richterschaft zur Milde verleiten.
Comment by Conny — 30.01, 2015 @ 18:59