Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

19.8.14

Überwacht der BND gar nicht anlasslos?

In einem denkwürdigen Artikel für ZEIT-Online verteidigt Lenz Jacobsen die Spionage des BND mit Zielrichtung Türkei. Der Text enthält allerdings erhebliche sachliche Fehler, die mich gerade bei solchen Medien immer wieder ärgern.

Noch nicht sonderlich gravierend ist die unzutreffende Aussage, der BND würde laut einem Urteil des BVerwG 196 Staaten ausspionieren. In dem Urteil ist nämlich nur von 150 Staaten und zusätzlich 46 Regionen die Rede.

Bedenklicher ist allerdings die im Text aufgestellte Behauptung, es gäbe keine Anhaltspunkte für eine anlasslose Überwachung durch den BND. Man muss gar nicht auf die Snowden-Files zurückgreifen um festzustellen, dass diese Aussage falsch ist. Es hätte vielmehr genügt, das vom Autor zitierte Urteil des BVerwG zu lesen, in dem die anlasslose strategische Fernmeldekontrolle des BND dargestellt wird, oder auch nur einen beliebigen Bericht des parlamentarischen Kontrollgremiums der letzten Jahre. Denn die Existenz des sog. elektronische Staubsaugers ist schließlich seit Jahrzehnten bekannt. Dass der BND die Telekommunikation – und gerade die mit dem Ausland – anlasslos überwacht und nach allgemeinen Suchbegriffen scannt, ist eine seit langem allgemein bekannte Tatsache.

Update vom 20.08.2014:
Der Beitrag von ZEIT-Online wurde nach meinem Beitrag dahingehend ergänzt, es würde keine Anhaltspunkte dafür geben, dass der BND den türkischen Internet- und Telefonverkehr anlasslos überwacht. In der ursprünglichen Fassung hatte es, wie von mir berichtet, geheißen, es gäbe keine Anhaltspunkte für eine anlasslose TK-Überwachung durch den BND. Diese nachträgliche erhebliche Änderung ist in dem Beitrag nicht kenntlich gemacht worden. Sauberer und seriöser Journalismus geht wohl anders.

posted by Stadler at 16:13  

8 Comments

  1. Ach Herr Stadler, gönnen Sie Herrn Jacobsen doch sein Zubrot als Assistent der Propaganda-Abteilung des BND. Heutzutage haben es Journalisten schwer, ein auskömmliches Einkommen zu erzielen. Da wird man sich doch hier und da ein kleines Zubrot als informeller PR-Mitarbeiter verdienen dürfen. Fakten stören da doch nur. Der normale Leser hat sowieso keine Ahnung und sagt eh zu allem, das von Regierung und Presse behauptet wird, ja und Amen. Seien Sie nachsichtiger in Ihrem Urteil, Herr Stadler. Vielleicht werden auch Sie bald ein Angebot erhalten, das Sie nicht ablehnen können. Jeder hat Schwächen…

    Comment by PR — 19.08, 2014 @ 17:27

  2. Die „bedenkliche“ Feststellung, dass der BND keine anlasslose Speicherung durchführe, ergibt sich aus dem Zeit-Beitrag nicht. Es geht lediglich um die Konstallation BND-Türkei und der Autor gibt in weiten Teilen nur seine Meinung wieder, wo sind die belegbar falsch wiedergegebenen Fakten, ab von der 196?

    Comment by Türkei — 19.08, 2014 @ 21:25

  3. @Turkei: Zitat aus dem Artikel: „Auch gibt es keine Hinweise, dass der BND den türkischen Internet- und Telefonverkehr nach amerikanischer, beziehungsweise britischer Manier systematisch und anlasslos überwacht.“

    ICh weiß nicht wie sie auf ihre Behauptung kommen, aber allein dieses Zitat sollte zeigen, dass es durchaus vom Artikelschreiber gewollt ist, die Behauptung aufzustellen, dass der BND nicht anlasslos schnüffelt (ob speichert oder sucht, bleibt sich hier gleich). Aber es gibt, wie von Herr Stadler zitiert, klare gerichtsfeste Aussagen, dass er das doch tut und zwar immer.

    Comment by Anonymous — 20.08, 2014 @ 11:36

  4. @Anon

    Herr Stadler vermengt aber den Bericht über die Spionage in der Türkei von Jacobsen mit den Informationen aus den Snowden-Dokumenten und macht dem Autor damit einen Vorwurf, der konstruiert ist. Aber egal, meine Behauptung/Meinung war augenscheinlich so schlimm, dass er gelöscht wurde. Selbst wenn ich den Beitrag komplett missverstanden habe, ist diese Reaktion arg.

    Comment by Türkei — 20.08, 2014 @ 21:58

  5. @Türkei: Der ZEIT-Beitrag wurde nachträglich umgeschrieben. Der ursprüngliche Text war so wie von mir dargestellt.

    Comment by Stadler — 20.08, 2014 @ 22:20

  6. @Türkei: Ihr Beitrag wurde nicht gelöscht.

    Comment by Stadler — 20.08, 2014 @ 22:22

  7. Danke für Aufklärung und Update. Gestern, vor Verfassen meiner Löschbeschwerde, fehlte definitiv der Beitrag 2. Da Beitrag 3 deutlich später verfasst wurde, schloss ich cache o.Ä. aus.

    Comment by Türkei — 21.08, 2014 @ 10:30

  8. 1988 ging ein V-Mann des Verfassungsschutzes in der Redaktion der Zeit hoch, was zu presserechtlich grenzwertigen medialen Reaktionen führte. Im West-Berliner „Agentensumpf stinke“ ( Zitat!) es, so hieß es in der Zeit, Diepgen solle zur „Mistgabel“ greifen und Ordnung schaffen. Konkretes Ergebnis des Skandals der Rücktritt eines Innenministers, der vorher in einer norddeutschen Mittelstadt als Professor Karriere gemacht hatte.

    Heute geht es um die Frage, ob denn der BND in 196 oder 150 Staaten alles und jeden abhört oder vielleicht nur ein bisschen….und warum das alles so richtig ist.

    Paradigmenwechsel… heute wird -wohl- der gesamte Kommunikationsablauf des Blatts abgefischt. Daher wollen sie jetzt alle lieb sein.

    Comment by Arne Rathjen, RA — 21.08, 2014 @ 19:29

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