Google hat doch auch bisher schon gelöscht
Google hat doch auch bislang schon persönlichkeitsrechtsverletzende Treffergebnisse und/oder unwahre Tatsachenbehauptungen gelöscht und auch Ergänzungsvorschläge im Rahmen der Autocomplete-Funktion. Argumente dieser Art höre ich immer wieder von Kollegen, mit denen ich über die Entscheidung des EuGH zu Löschpflichten von Google spreche. Der Kollege Lampmann betont dies beispielsweise in seinem Blog und sieht keine weitreichenden Auswirkungen des EuGH-Urteils.
Ja, Google hat auch bisher schon gelöscht. Ich habe in den letzten Monaten mehrfach für Mandanten eine Löschung von Suchergebnissen erreicht. Diesen Fällen lag aber immer ein Sachverhalt zugrunde, der eine aus meiner Sicht klare und schwerwiegende Persönlichkeitsrechtsverletzung bzw. unwahre Tatsachenbehauptung enthielt.
Das Urteil des EuGH verschiebt aber nunmehr den Maßstab und zwar ganz erheblich. Nach dem Urteil des EuGH muss Google u.U. auch solche Suchergebnisse löschen, die auf wahre Tatsachenbehauptungen verweisen, die zudem aus amtlichen Mitteilungen stammen. Denn der EuGH fordert keine (schwerwiegende) Rechtsverletzung als Voraussetzung dafür, dass Google löscht. Grundsätzlich führt nach der Logik des EuGH jede beliebige Nennung einer Person oder sogar nur die Ermittelbarkeit einer Person auf einer Website dazu, dass Google personenbezogene Daten verarbeitet, sobald es eine solche Website indiziert. Und diese Verarbeitung personenbezogener Daten verstößt nach der Entscheidung des EuGH im Regelfall gegen die Rechte der betroffenen Person. Nur in Ausnahmefällen ist diese Datenverarbeitung durch Google also erlaubt. Das geht weit über die bisherige Löschpraxis von Google hinaus.
Wenn Google diesen Blogbeitrag indiziert, dann verarbeitet es u.a. personenbezogene Daten des Kollegen Lampmann, dessen Namen ich genannnt habe. Und das ist im Regelfall bereits unzulässig. Nur in besonders gelagerten Fällen – so der EuGH ausdrücklich – kann eine solche Datenverarbeitung zulässig sein. Im konkreten Fall wird man das Interesse an einer öffentlichen Diskussion, an der der Kollege Lampmann selbst teilgenommen hat, als überwiegend betrachten. In den meisten Fällen wird man es aber bei der vom EuGH aufgestellten Regel belassen müssen, sonst wäre es keine Regel mehr. Das bedeutet dann aber auch, dass Google im Regelfall keine Websites mehr indizieren darf, die personenbezogene Daten enthalten. Und das dürfte die ganz überwiegende Mehrzahl der Sites sein. Es mag sein, dass der EuGH das so nicht postulieren wollte. Es bleibt dennoch die einzig konsequente Schlussfolgerung aus der Entscheidung des EuGH.
Das ist ja cool; ich kommentiere mit meinem vollen Namen unter Artikeln, die ich nicht mag und fordere dann Google auf, diese zu löschen?
So könnte ich ja geschickt das SEO vom Wettbewerb torpedieren. Nice one!
Comment by Uwe — 20.05, 2014 @ 09:54
Kann man das tatsächlich so von dem EUgH Urteil herauslesen?
Falls ja, wäre es natürlich eine Katastrophe.
Comment by Frank — 20.05, 2014 @ 10:56
Es ist endlich!! ein Urteil, mit dem der Ausrede „wir sind nur eine Suchmaschine und tragen keinerlei Verantwortung für die Ergebnisse“ Grenzen gesetzt werden. Denn Google ist schon lange keine Suchmaschine mehr, sondern eine Plattform, ein Netzwerk mit Suchfunktion.
Ob das Urteil nun glücklich formuliert ist, das sei dahingestellt und das wird die Zeit zeigen.
Jedenfalls ist die Wahrscheinlichkeit, dass persönliche Daten auf Verlangen gelöscht werden, ohne dass man einem Rechtsanwalt bezahlen muss, deutlich größer geworden. Dass bestimmte Begriffe nicht mehr mit der Autocomplete-Funktion verknüpft werden, hat ja auch einen Aufschrei der „Freiheitskämpfer“ des Internets ausgelöst. Vermisst diese Wortekombinationen in der Suche jemand? Vermutlich außer den Rechtsanwälten, die daraus Mandanten generierten, niemand.
Comment by Dirk — 20.05, 2014 @ 11:12
OMG, Google müsste sich an geltendes Recht halten!
Es hilft ein bisschen, sich folgendes vor Augen zu halten:
Google besteht aus zwei Teilen: Der Indizierung (der sog. Suchmaschine) und einer Datenbank an die man Anfragen stellen kann. Nochmal: Wenn man bei google.de eine Anfrage stellt, wird nicht das Internet durchsucht, sondern eine Datenbank die bei Google bereits lagert.
Und dafür gilt ganz klassisch das Recht auf informationelle Selbstbestimmung.
Übrigens schon immer.
Comment by Philip Engstrand — 20.05, 2014 @ 11:32
Es wird doch oft gesagt, dass auf jeder deutschen Website ein Impressum vorhanden sein muss.
In diesem stehen zwangsläufig personenbezogene Daten des Anbieters, schließlich muss sein Name, seine Anschrift und eine Email Adresse dort hinterlegt sein.
Nach dieser Logik ist doch dann jede Indizierung einer deutschen Website unzulässig, oder sehe ich das falsch?
Und das gilt natürlich genauso für Bing, Yahoo, Wolfram Alpha, T-Online, web.de, streng genommen vermutlich für jede Suchfunktion in einem Forum oder Blog, auf Facebook, bei Twitter usw.
Und was ist mit Bibliotheken, Archiven, der Schufa…
Comment by Tak — 20.05, 2014 @ 11:40
Kann es nicht so sein, dass Google die Seiten indizieren darf, aber das Auffinden über Namen Google verboten wurde?
Ich habe getestet. In einigen Fällen ist das jetzt schon so. Die Seiten sind indiziert und auffindbar, aber nicht über bestimmte Namen auffindbar, was früher möglich war.
Comment by Rolf Schälike — 20.05, 2014 @ 16:45
Sicher kommen bald Super-Injunctions, dass man nicht berichten darf, dass ein Promi versucht hat, Suchergebnisse verschwinden zu lassen. Und einschlägige Gerichtsurteile könnten unter Verschluss bleiben, was nicht gerade dazu beitragen würde, die bestehende Rechtsunsischerheit zu beheben.
Comment by Christian T. — 20.05, 2014 @ 18:15
Man muss das mal klar sehen, nach diesem Urteil kann Google oder irgend eine Suchmaschine eigentlich nicht mehr sinnvoll arbeiten.
Dabei ist ganz egal, ob Google evil ist.
Verweise auf eine Tatsachenbehauptung Dritter im Internet dürfen nicht verboten werden. Denn sonst kann niemand mehr etwas belegen oder sich einfach von etwas überzeugen. Niemand käme auf die Idee, ein Zitat einer legalen Quelle oder einen Verweis darauf zu verbieten.
Das ist besonders kritisch, wenn Gerichtsurteile vergessen werden sollen. Und das wird kritisch, wenn Politiker sich nun eine weiße Weste verschaffen können, indem sie sich auf Persönlichkeitsrechte berufen.
Warum stört sich niemand an der Diskrepanz zwischen dem spanischen und dem EU-Urteil? Warum ignoriert man das Verursacherprinzip? Es bestand überhaupt keine Notwendigkeit hier einen Widerspruch zu generieren. Das Urteil löst das Problem nicht, denn die Quelle existiert weiter und ist definitiv zu finden. Der Streisand-Effekt führt dazu, dass die (vorgebliche) Absicht des Spaniers in das Gegenteil verkehrt wurde.
Was geschieht darüber hinaus, wenn Google nun seine Suchmaschine über alle Nutzer verteilen würde. Also wenn sie weder jemandem gehören würde, noch einfach manipuliert werden könnte? Verteilte Suchmaschinen existieren durchaus. Verbieten wir das, so wie die pösen Hacker-Tools? Wissen lässt sich nicht verbieten.
Das Urteil widerspricht also jeder Wirklichkeit und hat keinerlei positiven Effekt, schon gar nicht für das Recht auf Vergessen oder zur Stärkung der Persönlichkeitsrechte. Denn Google muss die Daten speichern, um zu wissen, was sie nicht anzeigen dürfen. Diese Daten werden sie nutzen. Das Urteil birgt dagegen Gefahren, ist sogar geeignet die Geschichte zu fälschen.
Dieses Urteil kann nur als weiterer Angriff auf das Netz verstanden werden.
Comment by Joachim — 20.05, 2014 @ 18:44
Die Rechtssprechung wird zeigen, ob das Urteil lediglich das Suchen über Google erschweren wird oder – was noch schlimmer wäre – die Bedeutung des Datenschutzes soweit hebt, dass keine Namen mehr im Internet verbleiben dürfen.
In den vielen Verfahren, die ich persönlich über mich habe ergehen lassen müssen oder auch nur beobachtet habe, gab es genug Richter, die sagten, Namen haben im Zusammenhang mit negativen Informationen Internet nichts zu suchen.
Die Richter meinen natürlich nicht die Namen von Feinden im Ausland und Inland.
Habe ich schon alles erlebt im DDR-Fernsehen, im „Neues Deutschland“, „Sächsische Zeitung“ etc.
In Dresdner Knast durfte ich 1984/85 das „Neue Deutschland“ und die „Sächsiche Zeitung“ lesen. Null Informationen über Westdeutschland. Wurde im Westen gestreikt, dass hieß es nur die Metallarbeiter streiken. Der Name der Stadt oder des Betriebes wurde nicht genannt. Die Sportnachrichten waren ähnlich. Mann konnte nicht erkennen, welche Mannschaft im Westen wo gewann.
Nun gab es das Westfernsehen, in Dresden, im Tal der Ahnungslosen, konnte man aber Westfernsehen nicht bzw. sehr schwer empfangen.
Das Leben hat trotzdem irgendwie funktioniert.
Comment by Rolf Schälike — 20.05, 2014 @ 19:05
ich bin froh über das urteil. wirft man die Bürger- und Freiheitrechte des einzelnen gegen den nutzen des netzes in die waagschale, so wiegt das Bürgerrecht sehr viel schwerer.
Man wird auch so im netz letzlich alles finden, wenn man es drauf anlegt, und auch das netz wird angebote für vorhandene nachfragen immer schaffen.
ein abgeschafftes grundrecht kann sich der mensch aber nicht wieder herstellen, und es sah grade so aus, als würden diese überhaupt nicht mehr geschützt.
die „freies Netz“-Utopie war schön, aber heute haben sich die voraussetzungen verändert. Freiheit und informationelle Selbstbestimmung für alle sind mit wichtiger als ein paar vorteile bei der Recherche. Ging ja früher auch.
Comment by andreas — 21.05, 2014 @ 07:24
@10 andreas.
Vorteile bei der Recherche ist die eine Seite der Medaille. Das Verschwinden wichtiger Informationen ist die andere Seite der Medaille.
Tatsächlich wird es immer eine Gruppe von Menschen geben, welche keine Nachteile bei der Recherche besitzen und für die keine Informationen verschwinden.
Es geht darum, wie groß ist dieser Kreis an Menschen, wessen Interessen vertreten diese Menschen, möchte man von diesen engen Kreis an Menschen vertreten werden.
Es geht aber auch darum, ob dieser kleine Kreis an Menschen erweitert werden soll und nach welchen Regeln.
Google hat den Anschein, jeden, jede Information leicht ins Haus zu liefern.
Gestritten wird welche Kreise, welche Informationen nach welchen Regeln erhalten dürfen.
Da hat das EuGH-Urteil offenbar mehr Unklarheit und Willkür geschaffen als Klarheit und Rechtssicherheit.
Comment by Rolf Schälike — 21.05, 2014 @ 09:24
Google ist in den USA als Werbe-Händler und Datenverkäufer registriert. Als Nebenerwerbsquelle wurde dort eine Suchmaschine angemeldet.
Wer das nicht kapiert, ist einfach dumm und fertig. Wenn mir einer später kommt und mir die Ohren volljault, kriegt obendrein noch ein paar Ohrfeigen. Verdienterweise.
ixquick.com
Comment by Fred — 23.05, 2014 @ 16:11
-> Dieses Urteil kann nur als weiterer Angriff auf das Netz verstanden werden.
Comment by Joachim — 20.05, 2014 @ 18:44
Falsch. Google-Nutzer sind ein Angriff auf das Netz!
Comment by Fredi — 23.05, 2014 @ 16:44