Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

10.12.13

Warum die Streaming-Abmahnungen der Rechtsanwälte U&C unwirksam sind

In den juristischen Blogs und nicht nur dort, wird angeregt über die neue Abmahnwelle der Rechtsanwälte U&C berichtet und diskutiert, durch die erstmals das Streaming von Filmen durch Nutzer urheberrechtlich beanstandet wird.

Im Zentrum der Kritik stand gestern das Landgericht Köln, das in den Auskunftsbeschlüssen, soweit von Kollegen bereits Akteneinsichten genommen werden konnten, von einem öffentlichen Zugänglichmachen (§ 19a UrhG) und von Tauschbörsen spricht. Das zeugt in der Tat von grobem Unverständnis, denn anders als beim Filesharing machen beim Streaming nicht die Nutzer etwas öffenttlich zugänglich, sondern ausschließlich der Portalbetreiber. Leider findet beim Landgericht Köln in derartigen Fällen keine wirkliche Einzelfallprüfung mehr statt. Die Beauskunftungsbeschlüsse werden seit Jahren nur textbausteinartig durchgewunken. Das wird einem spätestens dann klar, wenn man einmal in mehreren solcher Verfahren Akteneinsicht genommen hat. Das Landgericht Köln hat sich also nicht geirrt, es hat sich offenbar überhaupt keine Gedanken gemacht. Ansonsten hätte man den Antrag, der ja keineswegs verschweigt, dass der Verstoß in einem Streaming besteht, als unschlüssig beanstanden müssen. (Nachtrag: Im Antrag ist allerdings mehrfach von Downloads und Downloadportalen die Rede, was zwar deutlich macht, dass es sich nicht um Filesharing handelt, aber den Sachverhalt dennoch nicht zutreffend wiedergibt).

In technischer Hinsicht ist nicht nachvollziehbar, dass man mittels einer externen Trackingsoftware die Zugriffe auf einen fremden Webserver protkollieren kann. Auch die Annahme einer offensichtlichen Rechtsverletzung ist angesichts der juristischen Unklarheiten eher gewagt.

Die Abmahnungen der Kollegen von U&C leiden aber, ungeachtet der generellen juristischen Bedenken und der berechtigten Frage nach der Herkunft der IP-Adressen der abgemahnten Nutzer, an ganz schnöden handwerklichen Mängeln. Die Abmahnung beachtet nämlich die Vorgabe von § 97a Abs. 2 S. 1 Nr. 4 UrhG nicht ausreichend. Denn es wird in der Abmahnung nicht angegeben, dass die von U&C vorgeschlagene Unterlassungsverpflichtung über die abgemahnte Rechtsverletzung hinausgeht. Die Abmahnung ist alleine deshalb nach § 97 a Abs. 2 S. 2 UrhG unwirksam.

Betroffene könnten nach der Neuregelung des § 97a Abs. 4 UrhG jetzt ihre Anwaltskosten für die Abwehr dieser unwirksamen Abmahnung grundsätzlich bei der Fa. Archive AG geltend machen. Eine Klage in der Schweiz wegen eines derart niedrigen Forderungsbetrags ist allerdings wirtschaftlich nicht sinnvoll.

posted by Stadler at 09:39  

173 Comments

  1. Eine andere Internetseite ( http://www.eigene-ip.de/ ) bestimmt zwar die richtige Stadt und PLZ, aber noch den falschen Ort. Jetzt sitze ich nur noch mindestens 6 km vom Bestimmungsort meiner IP-Adresse. Das ist noch zu ungenau.

    Uwe

    Comment by Uwe — 13.12, 2013 @ 16:45

  2. Hab auch mal gerade http://www.eigene-ip.de ausprobiert. Ergebnis: keine PLZ gefunden, Ort: völlig falsch und weit entfernt aber Germany stimmt zumindest. Damit läßt sich gar nix anfangen.

    Comment by Justin — 13.12, 2013 @ 17:12

  3. Wenn ich mir einen Film aus der Videothek ausleihe, wird der ja auch zwischegespeichert. Und ne Sicherheitskopie darf man da ja nicht machen.CD’s werden auch im CD Player zwischengespeichert.

    Comment by e2-e4 — 13.12, 2013 @ 18:01

  4. Jetzt wird’s interessant !

    http://www.heise.de/newsticker/meldung/Porno-Abmahnungen-Indizienkette-zur-IP-Adressen-Ermittlung-verdichtet-sich-2065879.html

    Comment by Justin — 13.12, 2013 @ 21:24

  5. Ein fiktives Beispiel…( ganz simpel ausgedrückt) angenommen auf Grund dieser dieser unbegründeten Abmahnung geht zum Beispiel eine Beziehung zu Bruch ( ware wohl eh eine schlechte Beziehung aber soll ja nur ein Beispiel sein). Infolge dessenwird der gemeinsame Hausstand aufgelöst… Neue Wohnung = Kosten. Könnte man Schadensersatz fordern?

    Comment by Doc — 14.12, 2013 @ 01:28

  6. http://m.heise.de/newsticker/meldung/Porno-Abmahnungen-Indizienkette-zur-IP-Adressen-Ermittlung-verdichtet-sich-2065879.html?from-classic=1

    Comment by Doc — 14.12, 2013 @ 01:37

  7. Die Auskunftsbeschluesse online bei (http://www.abmahnhelfer.de/redtube-abmahnungen-abmahnhelfer-stellt-auskuenftsbeschluesse-online)
    Das Landgericht Köln ist jetzt in der Beweispflicht, daß es vom Antragsteller getäuscht wurde.

    Comment by klaro — 14.12, 2013 @ 14:35

  8. @Nr. 148: Sie haben offenbar nicht verstanden, daß es hier nicht um das Ihrer Ansicht nach unmoralische Verhalten von „Wichsern“ geht, sondern mal wieder um den Mißbrauch des unseligen Abmahnwesens. Und das Besondere und Erfreuliche an den hier diskutierten Abmahnungen ist, daß es dieses Mal für die Abmahner nach hinten losgehen könnte!

    PS: Vergessen Sie nicht, Ihre Tastatur zu reinigen!

    Comment by Roland — 14.12, 2013 @ 17:29

  9. @148 zu Nummer 148

    Selbstgespräche?

    Comment by Gemeinde — 14.12, 2013 @ 20:36

  10. @149: Ich führe keine Selbstsgespräche,sondern habe zu einem Beitrag eines gewissen Michael Stellung genommen, der offenbar erkannt hat, daß er gerade Unsinn verbreitet hatte. Und plötzlich ist dieser Beitrag wieder gelöscht worden. Na sowas! Grins!

    Comment by Roland — 14.12, 2013 @ 21:53

  11. Früher gab es ein Begriff für das jetzige Tun von Urmann und Complizen: Wegelagerei.

    Hier wurde höchstwahrscheinlich mit Zwangsumleitungen gearbeitet, nur so kann ich das Mauern der beteiligten Abmahner in Sache Herkunft der IP-Adressen verstehen. Das LG Köln braucht unbedingt Schulungen für das Thema.

    Die Cache-Kopie beim Streaming ist eine technische Abfolge ohne Einfluss des Nutzers. Daher kann eine Vervielfältigung in dem Sinne nicht einmal im Ansatz vorgetragen werden. Hinzu kommt die Möglichkeit einer Privatkopie und die Portale waren und sind legal, Ebenfalls sind die Portale keine Download-Portale, wie selbst einer der Abmahner Daniel Sebastian behauptet.

    Warum werden nicht die entsprechenden Portale abgemahnt, wenn sie illegale Filme zeigen?

    Comment by Uwe — 15.12, 2013 @ 22:42

  12. Dumme Laienfrage: Was ist mit Dienstaufsichtsbeschwerden gegen die Richter im LG Köln? Keine Einzelfallprüfung, falsche Bewertung der technischen Voraussetzungen ….

    Können Nichtbetroffene in so einem Fall das machen, da ja wegen der grundsätzlichen Folgen ein erhebliches öffentliches Interesse besteht?

    Comment by HPR — 16.12, 2013 @ 13:39

  13. Ach was nützen alle die schönen schmutzigen Einzelheiten, wenn sie doch nicht verwertet werden. Wie sagte RA Solmecke so schön sinngemäß: Solange keiner Geld in die Hand nimmt wird sich an der rechtlichen Situation nichts ändern und U+C wird Deutschland weiterhin mit Abmahnungen überziehen. Man müsste also per Kickstarter Projekt Geld sammeln (bei -zig tausend Abgemahnten kämen schon allein bei 2,- pro Nase eine hübsches Sümmchen zusammen) und dann klagen bis dem Herrn Urmann und Konsorten schwarz vor Augen wird.

    Comment by Brause — 16.12, 2013 @ 14:05

  14. Wer einem schon fast leid tun kann (aber nur fast) ist dieser Andreas Roschu. Der hat doch echt eine *eidesstattliche* Versicherung abgegeben! Wenn die Abmahnwelle rechtlich den Bach runtergeht – und so siehts ja wohl aus – ist der einfach nur Opfer: RA Sebsatian und U+C werden sich denke ich sofort aus der Sache rausreden und *alles* auf ihn schieben. Denn Andreas R. hat bestätigt, dass die „Ermittlung“ rechtmässig sei – niemand sonst. Ich geb mal einen Tipp ab: entweder der gibt möglichst schnell bei der Staatsanwaltschaft alles zu und hofft auf Gnade oder er wird flüchtig. Ich tippe mal auf zweiteres. „Die Revolution frisst ihre Kinder“ (Vergniaud)

    Comment by Peter Okupniak — 16.12, 2013 @ 16:38

  15. Der Paragraph 44 UrhG regelt das doch ganz klar:
    § 44a
    Vorübergehende Vervielfältigungshandlungen
    .

    Zulässig sind vorübergehende Vervielfältigungshandlungen, die flüchtig oder begleitend sind und einen integralen und wesentlichen Teil eines technischen Verfahrens darstellen und deren alleiniger Zweck es ist,

    1. eine Übertragung in einem Netz zwischen Dritten durch einen Vermittler oder
    2. eine rechtmäßige Nutzung

    eines Werkes oder sonstigen Schutzgegenstands zu ermöglichen, und die keine eigenständige wirtschaftliche Bedeutung haben.

    Comment by Justin — 16.12, 2013 @ 19:24

  16. frage wenn man nix macht welcher Richter gibt denn eine EV statt ? welche Begründung gibt man an ?

    Comment by primus — 17.12, 2013 @ 10:21

  17. Ich bin kein Jurist, aber so wie ich das sehe ist eine Eidesstattliche Versicherung eine Art „bekräftigte“ Aussage über einen bestimmten Sachverhalt. Die wird eben deshalb sehr ernst und für wahr genommen, da, wenn es sich herausstellt, das sie nicht stimmte, Geld- und Haftstrafen drohen.

    Comment by Peter Okupniak — 17.12, 2013 @ 13:39

  18. Zu 153

    Wo kann ich denn 2 € spenden?
    Bin selbst nicht betroffen, aber das finde ich ist eine gute Idee.

    Comment by MD — 17.12, 2013 @ 16:32

  19. Sollte man nicht neue Zugangsdaten beim ISP
    verlangen, schliesslich hat der Internetservice-
    provider ja auch die Benutzerkennung mit herausgegeben.

    Anschlussinhaber – ginge ja noch – wenn es rechtens gewesen wäre,
    aber die Benutzerkennung, das finde ich übereifrig.

    Die Benutzerkennung ist doch hoffentlich nicht
    abhanden gekommen – auf anderem Wege?

    Comment by MD — 17.12, 2013 @ 16:37

  20. Es bleibt ein spannender Krimi, in dem sich die Hauptakteure langsam voneinander distanzieren. Ich zitiere mal aus http://www.netzwelt.de:
    „Für ihn [Urmann] sei es völlig egal, ob die IP-Adressen illegal beschafft wurden oder nicht.“ [Zitat Ende] Und schon passierts: zu Andreas Roschu wird auf Abstand gegangen – kann ja sein, dass *der* illegal gearbeitet hat. Hat mit ihm – Urmann – ja nix zu tun. Schon wird zu den ersten Bauernopfern langsam Distanz aufgebaut…

    Comment by Peter Okupniak — 17.12, 2013 @ 17:38

  21. http://www.piratenpartei.de/2013/12/17/redtube-weitere-leaks-beziffern-einnahmen-aus-illegalen-abmahnungen/

    Comment by Justin — 17.12, 2013 @ 18:16

  22. Jetzt könnten doch mal die Anwälte, die Abmahnopfer vertreten und dabei ja auch nicht schlecht verdienen, tätig werden. Tut Euch doch mal zusammen und zeigt, ob Ihr das ernst meint mit dem internetweiten Anspruch, Abmahnopfern zu helfen, oder ob ihr nur auf dem Goldteich mitfischt. Es hat sich ja auch für Eure Kanzleien gelohnt. Nun könnt Ihr einiges zurückgeben, wenn auch Ihr Euch an Klagen gegen die Abmahner anhängt.

    Comment by Ulf — 17.12, 2013 @ 22:24

  23. http://www.chip.de/news/Redtube-Wurden-die-Opfer-in-die-Falle-gelockt_66033141.html

    insiderwissen… verzwickte Vetternwirtschaft. Betrug mit System.

    Comment by No Match — 17.12, 2013 @ 22:50

  24. Was mich an der ganzen Sache stoert, ist das Gutachten von Diehl&Partner. Nach meinem Wissen ist dies ein hoch serioeses Unternehmen, was also haben die begutachtet? Ich kann mir nicht vorstellen das sich solch ein Unternehmen auf ein Gefaelligkeitsgutachten einlaesst.

    Comment by Grummel — 18.12, 2013 @ 00:22

  25. …und der Krimi geht weiter; die Staatsanwaltschaft Köln denkt über ein Ermittlungsverfahren bzgl. der Eidesstattlichen Versicherung nach. Jetzt gehts dem „IT-Experten“ A.R. wohl langsam an den Kragen. Der wird, anstatt strafmildernd zu kooperieren, vermutlich beten, dass alles noch gut geht. Meine Vermutung: die beteiligten Rechtsanwälte werden sich herausreden. Von nichts illegalem gewusst haben. Was bleibt? Viele eingenommenes Geld von den bisherigen Zahlern und in eidesstattlicher „Experte“ im Knast.

    Comment by Peter Okupniak — 19.12, 2013 @ 02:16

  26. Die Forderungen gegen Archive AG sollte man schon machen. Laut Bilanz war 2012 das Geschäftsguthaben immer noch 100 000Sfr (wie bei der Gründung).
    Was ich mich frage ist, ob man das Landgericht Köln nicht mit einer Strafanzeige versehen könnte – anscheinend findet die Zustimmung für die Weitergabe der Adr-Daten ohne vorgeschriebene Prüfung statt.

    Comment by Michael — 19.12, 2013 @ 10:11

  27. … und die haben 2012 keine Steuern gezahlt (also gar keine Umsätze gehabt)?

    Comment by Peter Okupniak — 19.12, 2013 @ 12:44

  28. Nächste Stufe des Krimis: die Frankfurter Rundschau schreibt:

    „Es gehe darum, ob jemand gegenüber dem Landgericht Köln falsche eidesstattliche Versicherungen abgegeben habe, um an Nutzerdaten heranzukommen.

    Bremer stellte auf Anfrage klar, dass sich die Ermittlungen nicht gegen die Regensburger Kanzlei richteten, die die Abmahnungen verschickt habe. Dies habe die Staatsanwaltschaft auch nie behauptet.“

    Sprich: Urmann ist fein raus, der eidesstattliche „IT-Experte“ ist geliefert. Ich frag mich langsam: warum läßt der das mit sich machen und packt nicht (strafmildernd) aus? Naja: ein Ehrenmann zieht einen Urmann nicht mit rein…

    Comment by Peter Okupniak — 19.12, 2013 @ 14:42

  29. Quer hat gestern darüber berichtet:
    http://www.br.de/mediathek/video/sendungen/quer/131219-quer-abmahnungen-104.html
    Jo.

    Comment by Jo — 20.12, 2013 @ 15:55

  30. Ich finde einen der Akteure nicht im Anwaltsverzeichnis.

    Ist er zugelassen?

    Comment by MD — 21.12, 2013 @ 18:20

  31. Die sahnen ja ordentlich ab die Anwälte von Urmann und Kollegen….sowas sollte verboten gehören! Als ob die selber nie Pornos gucken würden…!!

    lg rolf

    Comment by Rolf Detlefsen — 12.03, 2014 @ 09:43

  32. Verstehe den Satz nicht [UrhG 97a]: (3) Soweit die Abmahnung berechtigt ist und Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 bis 4 entspricht, kann der Ersatz der erforderlichen Aufwendungen verlangt werden.

    ??? Die Abmahnung ist doch eine Forderung, was bedeutet der Satz anderes als: was (mit der Abmahnung) verlangt worden ist, kann, soweit es berechtigt und formal korrekt ist, verlangt werden.

    //toller Blog!!! LG

    Und das ist doch Unsinn, oder?

    Comment by ursus — 15.04, 2014 @ 08:12

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