Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

3.4.13

Bundesregierung erwägt Publikationsverbot für „Mein Kampf“

Die Veröffentlichung von Hitlers Hetzschrift „Mein Kampf“ wird bekanntlich von der Bayerischen Staatsregierung unter Berufung darauf, der Freistaat Bayern sei Inhaber des Urheberrechts, blockiert. Diese Ansicht ist unlängst vom Landgericht München I gestützt worden, auch wenn man diesen urheberrechtlichen Ansatz durchaus in Frage stellen kann.

Aber selbst wenn das Urheberrecht ein geeignetes Mittel darstellen würde, die Wiederveröffentlichung von „Mein Kampf“ zu unterbinden, wird damit Ende 2015 Schluss sein, denn das Urheberrecht erlischt 70 Jahre nach dem Tod des Urhebers.

Wie eine Antwort der Bundesregierung auf eine parlamentarische Anfrage der SPD ergibt, prüft der Bund derzeit, ob ein Publikationsverbot für „Mein Kampf“ ab dem Jahre 2016 in Betracht kommt. Die Ausführungen der Regierung zeigen, dass ihr die verfassungsrechtlichen Probleme durchaus bewusst sind. Ein Publikationsverbot ist entgegen der Ansicht der Bundesregierung aber nicht nur an der Pressefreiheit, sondern auch an der Informationsfreiheit zu messen.

Zumindest eine (wissenschaftlich) kommentierte Ausgabe von „Mein Kampf“ wird sich schwerlich verhindern lassen. Ein gesetzliches, generelles Publikationsverbot dürfte kaum mit Art. 5 GG zu vereinbaren sein.

posted by Stadler at 16:10  

30 Comments

  1. Ich habe an einer italienischen Universität in einem Kurs einer US-amerikanischen Professorin „Mein Kampf“ lesen müssen/dürfen und war, nach anfänglicher Irritation, begeistert. Nicht vom Inhalt, sondern von der Erweiterung meines Horizonts, diese Publikation zu kennen. Im Semester haben wir das Werk dann analysiert und, mein persönliches Highlight, auf Einflüsse von Machiavellis Fürst untersucht. Es würde dem deutschen Bildungssystem wirklich gut tun, offener mit derartigen Werken umzugehen, besonders an Schulen und Universitäten.

    Comment by Tobias Schwarz — 3.04, 2013 @ 16:16

  2. Welche wirklich wichtigen Schweinereien passieren wohl im Hintergrund, wenn das Wahlvieh und die „Presse“ vordergründig mit solchen Belanglosigkeiten bei Laune gehalten werden?

    Ggf. eine Ablenkung von der „Bestandsdatenabfrage“, über die Fefe heute schreibt?

    Comment by Uwe — 3.04, 2013 @ 16:17

  3. Mich würde mal interessieren, auf welcher rechtlichen Ermächtigungsgrundlage basierend ein solches Verbot erfolgen soll. Mit welcher rechtsbindung soll ein Verbot erfolgen, wenn es grundsätzlich möglich ist, das Werk aufgrund seiner Gemeinfreiheit zu publizieren???

    Comment by Susi — 3.04, 2013 @ 16:33

  4. Populistischer Unfug! Wer sich das Pamphlet besorgen bzw. selbiges lesen will, der beschafft es sich auch, Quellen gibt es genug.

    Comment by RA JM — 3.04, 2013 @ 17:01

  5. Es gibt nur eine Erklärung: Der Führer lebt. Und ich geh‘ ihn jetzt suchen.

    Damit erlischt das Urheberrecht nicht – ist doch praktisch!

    Comment by Hermann Willié — 3.04, 2013 @ 17:02

  6. I.m.h.o. ein klarer Fall für den Streisand-Effekt – ich habe mich beim Lesen des Artikels selbst bei dem Gedanken ertappt ’noch fix‘ ein Exemplar zu besorgen.

    Comment by SBarche — 3.04, 2013 @ 17:08

  7. @ RA´e Stadler, JM

    Ja, das ist so. Aber gerade dann ist doch das seit Jahren von diesem unsäglichen Prof. Möller landauflandab propagierte “Argument“ bestenfalls wischiwaschi, wenn er meint: Wissenschaftliche Ausgabe wär nötig … wer sich als Wissenschaftler nicht sei´s im Netz sei´s antiquarisch ´n Exemplar (so wie ich vor Jahren dieses: Adolf Hitler, Mein Kampf. Zwei Bände in einem Band. München: ebda., 641.-645. Auflage, 1941, 782 p.) beschaffen kann – hat wirklich ´n Beruf verfehlt, hätte Bäcker, Busfahrer oder Spitzenpolli der Bärliner Republik werden sollen-;). Und im Netz kannste wenndeskannst die Ausgabe von 1943 = 851.-855. Auflage innert von 10 Sekunden über google finden
    http://archive.org/stream/Mein-Kampf2/HitlerAdolf-MeinKampf-Band1Und2855.Auflage1943818S._djvu.txt

    Comment by R. Stein — 3.04, 2013 @ 17:43

  8. @Susi: Nun, in der gleichen Weise, wie schon § 86 StGB, § 130 Abs. 2 StGB oder § 184a StGB (Aufzählung nicht vollständig) die Verbreitung bestimmter Schriften verbietet. Auch wenn sie gemeinfrei sind.

    Comment by chi — 3.04, 2013 @ 17:58

  9. @chi, nicht „in der gleichen Weise“, denn bei den zitierten Paragrafen handelt es sich „allgemeine Gesetze“. Ein „Mein-Kampf“-Verbot wäre aber ein unzulässiges Sondergesetz (Art. 5 II Alt. 1 GG).

    Comment by fernetpunker — 3.04, 2013 @ 19:10

  10. Es gibt ja (mind.) eine frei erwerbbare kommentierte Ausgabe und in Zeiten des Internets ist es ja fast schon putzig, wenn sich hier Sorgen um eine Buchausgabe gemacht wird.

    Comment by egal — 3.04, 2013 @ 20:20

  11. Hier soll realitätsverweigernde Symbolpolitik gemacht werden. Wie schon erwähnt, ist das Werk seit vielen Jahren frei im Internet zugänglich. Insbesondere von linken Amerikanern, denen die freedom of speech wichtiger ist als die staatliche Zensur, auf die hier smart mit Hinweis auf Art 5 GG hingewiesen wird.

    Zum anderen erwecken hier die Täter, dass weiterhin vertuscht werden soll, durch welchen Unflat sich Millionen Deutsche haben hinreissen lassen, 25 Mio Russen und 6 Millionen Juden zu töten. Hier soll offenbar weiter Täterschutz betrieben werden.

    Fassungslos hat mich gemacht, dass die SPD die Anfrage gestartet hat. LTO sagt:
    „Dies geht aus einer Antwort auf eine Kleine Anfrage der SPD-Fraktion hervor, die sich nach dem Umgang mit rassistisch-antisemitischen Hetzschriften erkundigt hatte.“
    http://www.lto.de/recht/nachrichten/n/mein-kampf-schutzfrist-urheberrecht-publikationsverbot

    Hält die SPD die Deutschen wirklich für so bescheuert, dass sie ganz alleimn in der ganzen Welt anfällig sind für den Mist des Fürhers, während in über 200 Staaten man den Mist frei bekommen kann? Was für ein Menschenbild hat die SPD, dass sie die Deutschen für so anfällig hält, dass man zeithistorische Dokumente weiter vor den Deutschen durch Zensur verstecken muss?

    Was kommt dann als nächstes von der SPD? Dass auch das Buch „Der Friedhof von Prag“ von Umberto Eco durch die heilige SPD-Inquisition verboten werden muss, weil Umberto Eco sich nicht deutlich genug von der Hetzschrift „Die Protokolle der Weisen von Zion“ distanziert, die a) vom russischen Geheimdienst als antisemitische Hetze und Fake in Umlauf gebracht wurden und von dem Herrn Hitler als Quelle verwendet wurde?

    Als neulich des Ermächtigungsgesetzes gedacht wurde, verkündete die SPD stolz, dass sie dagegen gestimmt hat und verschweig, dass ihr Protest nicht ausreichte, damit den Naziterror zu entfesseln. Die gleiche SPD, die 1914 den Kriegskrediten zustimmte und die 1998 die Abwesenheit von Krieg seit 1945 in Deutschland beendete und Soldaten in alle Herren Länder schickte: Jugoslawien, Afghanistan, und und und.
    Aus dem „Nie wieder Krieg, ohne uns!“ hat die SPD „Nie wieder Krieg ohne uns!“

    Und jetzt will man den Blockwart spielen und den bösen Deutschen als einzigen in der Welt vor bösem Schrifttum schützen? Vielleicht auch gleich wieder verbrennen? Wie weltfremd darf man sich noch geben und das Volk durch Symbolpolitik verhöhnen? Wäre die SPD mal bei der NSU so tätig gewesen wie bei der Bücherzensur.

    Ich für meinen Teil möchte jetzt schon gerne wissen, mit welchem Gedankengut sich Leutnant Helmut Schmidt, Bergedorf, SPD, (der 1957 wegen seines Militarismus aus dem SPD-Vorstand flog) dazu verleiten liess, als Panzeroffizier Russen zu töten in einem Angriffskrieg, der schon damals für einen Offizier von Ehre verboten war. Oder warum Ben Wisch im Kaukasus andere Russen tötete. Oder Hans-Martin Schleyer von der Ostfront zum Blitzkrieg an die Westfront ging. Nach dem Krieg stellten die sich doch als intelligent dar. Da sollen sie nicht gewusst haben, was deutsche Ehepaare vom „Führer“ geschenkt bekamen?

    Comment by Wolfgang Ksoll — 3.04, 2013 @ 21:28

  12. Schaut Euch doch nur mal an, was unsere Bundestagsabgeordneten sonst so verbrechen:

    Namentliche Abstimmung: Wasser als Menschenrecht
    http://www.bundestag.de/bundestag/plenum/abstimmung/grafik/index.jsp?id=213

    Comment by Rainmaker — 3.04, 2013 @ 22:12

  13. Geld mit Hitler macht man heute sublimer als mit seinem Text:
    http://www.spiegel.de/spiegel/spiegelblog/titelgeschichten-mit-hitler-im-spiegel-a-864988.html#spRedirectedFrom=www&referrrer=

    Durch eine Zensur seines „Mein Kampf“ kann man dann den Mythos noch erhöhen.

    Interessant wäre nun noch, ob ein anderes Magazin als der Spiegel nach 1945 Hitler öfter auf dem Titelbild hatte als der Spiegel.

    Comment by Wolfgang Ksoll — 3.04, 2013 @ 23:34

  14. Man sollte sämtliche Nazi – Literatur auf ein großen Haufen werfen, mit Benzin übergiesssen und anzünden.Dann weiß wenigstens jeder sofort, wie da gedacht wird.

    Comment by Tilo Pörschke — 4.04, 2013 @ 09:02

  15. # # 13 11 Ksoll

    Sie verweisen auf Verlogenheiten des späteren Herrn Weltökonomen und Bundeskanzlers, der damals als junger Oberleutnant abkommandiert wurde zum Freislerschauprozes
    gegen die gescheiterten Putschisten des 20. Juli 1944. Unerträglichst find ich, daß dieser Herr nun, zu Beginn der Zehnerjahre, als „verzwergter Übermensch“ (Gerhard Zwerenz) unhinterfragt und unwiderspruohen den kultivierten Medienpromi geben kann.

    Ihr Hinweis auf „Spiegel“-Titel mit Herrn Hitler überzeugt. Freilich das ganz große Geld machte vor 30 Jahren „stern“ mit den „Tagebücher“-Fälschungen des Kujau. Und wenn Sie die Tagebücher des hochgelobten Medienliteraten Martin Walser zu seinem Hamburger Pufftreffen mit Rowohlt etc. genau lesen, werden Sie merken, was da für postfaschistisch-maskuline Mentralität in diesen „verzwergten Übermenschen“ nistet.

    Comment by R. Stein — 4.04, 2013 @ 09:06

  16. # # 13 11 Ksoll (tippfehlerkorrigiert)

    Sie verweisen auf Verlogenheiten des späteren Herrn Weltökonomen und Bundeskanzlers, der damals als junger Oberleutnant abkommandiert wurde zum Freislerschauprozess gegen die gescheiterten Putschisten des 20. Juli 1944. Unerträglichst find ich, daß dieser Herr nun, zu Beginn der Zehnerjahre, als „verzwergter Übermensch“ (Gerhard Zwerenz) unhinterfragt und unwidersprochen den kultivierten Medienpromi geben kann.

    Ihr Hinweis auf „Spiegel“-Titel mit Herrn Hitler überzeugt. Freilich das ganz große Geld machte vor 30 Jahren „stern“ mit den „Tagebücher“-Fälschungen des Kujau. Und wenn Sie die Tagebücher des hochgelobten Medienliteraten Martin Walser zu seinem Hamburger Pufftreffen mit Rowohlt etc. genau lesen, werden Sie merken, was da für postfaschistisch-maskuline Mentalität in diesen „verzwergten Übermenschen“ nistet.
    http://www.internet-law.de/2013/04/bundesregierung-erwagt-publikationsverbot-fur-mein-kampf.html/comment-page-1#comment-20917

    Comment by R. Stein — 4.04, 2013 @ 09:29

  17. Völlig überzogen. Es gehört zur Geschichte, ganauso, wie unsere derzeitige Regierung zur Geschichte gehört. Möglicherweise wird da auch eine Löschung vorgesehen?? Wer weiß…

    Comment by eve — 4.04, 2013 @ 11:38

  18. Vielleicht wäre eine Studie des Buches in Schulen und Hochschulen ganz gut, um herauszufinden, ob sich zukünftige Herrscher durch ähnliche Ideen verraten würden.

    Welche Angst hat man vor dem Buch in der heutigen aufgeklärten Zeit?
    Aber vielleicht sind wir gar nicht so gut aufgeklärt oder vielleicht stehen in dem Buch auch Anleitungen, wie man die Massen verführt und verarscht und das soll tunlichst nicht bekannt werden?

    Wenn man Göbbels Rhetorik nicht kennt, erkennt man nicht die Fallen in der Rhetorik anderer Rhetoriker.
    Wer die Gefahr nicht kennt, ist wie ein Häschen das unbekümmert vor dem Fuchsbau hüpft.

    Aber man könnte bei der Angst vor dem Buch auch vermuten, dass dort Dinge stehen, die als Wahrheiten aufgefasst werden könnten? Falls es Wahrheiten wären, verstehe ich warum man das Buch verbietet, falls es aber keine Wahrheiten wären, wären wir nicht genug aufgeklärt und auch dann verstünde ich das Verbot.
    Am letzteren Grund könnte man aber etwas ändern.

    Comment by Frank — 4.04, 2013 @ 15:12

  19. Kommentar Nr.14 (Tilo Pörschke) läuft argumentativ neben der Spur und erzeugt den Eindruck, er diene nur als Link-Quelle zu einem Finanzberater. Herr Pörschke?

    Comment by Wolf-Dieter — 4.04, 2013 @ 16:40

  20. Grundgesetz, Artikel 18: „Wer die Freiheit der Meinungsäußerung… zum Kampfe gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung mißbraucht, verwirkt diese Grundrechte. Die Verwirkung und ihr Ausmaß werden durch das Bundesverfassungsgericht ausgesprochen.“

    Müssen wir wirklich das BVerfG bemühen, um Herrn Hitler posthum das Recht abzuerkennen, mit „Mein Kampf“ für seine Ideologie zu werben?

    Wollen wir wirklich demnächst in jeder Fußgängerzone einen Neonazi-Buchladen, die im Schaufenster die große „Mein-Kampf“-Sonderausgabe in Leder mit Goldprägung ausstellt?

    Macht es wirklich keinen Unterschied, ob das in Nürnberg oder in New York passiert?

    Comment by Gast — 4.04, 2013 @ 18:57

  21. Jeder mündige Bürger, jede mündige Bürgerin sollte lesen dürfen, was sie will! Und damit ist alles gesagt.

    Wer das Schwulstwerk lesen möchte, kann es sich im Netz an jeder Ecke für lau runterladen.

    Die Diskussion ist daher eine Scheindebatte!

    Egal, worum es geht, ich bin für die Freiheit der Menschen, die von einem Staat hier nicht beschnitten werden darf.

    Der Staat spielt sich oft als Vater Staat auf, jedoch sind Bürger und Bürgerinnen nicht dessen Kinder. Und vor allem ist der Staat nicht berechtigt, Menschen ihre Lektüre vorzuschreiben.

    Ich dulde keine Erziehungsarbeit des Staates bezüglich derjenigen, die diesen finanzieren, deren Diener er zu sein hat und nicht umgekehrt!

    Vater Staat erdreistet sich zunehmend, in jede persönliche Freiheit einzugreifen, das muß unterbunden werden. Bald darf man sich bei Scheißen filmen lassen, damit man nicht vom Klo fällt, weil Vater Staat sich sorgt. So schön unmündig!

    Hier kann man wahrlich schreiben:

    WEHRET DEN ANFÄNGEN!

    Comment by Strafverteidiger — 4.04, 2013 @ 19:26

  22. @20
    Das wird schwer werden, heute die Rechtsprechung des BGH in ihr Gegenteil zu verkehren:
    „1. Das öffentliche Anbieten einzelner alter Stücke von Hitlers “Mein Kampf” erfüllt nicht den Tatbestand des § 86 StGB, da es sich insoweit um “vorkonstitutionelle Schriften” handelt.
    2. Zu den ähnlichen Zwecken dienenden Handlungen i.S.d. §§ 86a Abs. 3, 86 Abs. 3 StGB zählt jedenfalls auch der antiquarische Handel mit einem einzelnen in der NS-Zeit gedruckten Buch, das wie das Buch “Mein Kampf”, heute in erster Linie als Mittel der Unterrichtung über Wesen und Programm des Nationalsozialismus dienen kann, und zwar auch dann, wenn auf einem solchen Buch das Hakenkreuz als dessen ursprünglicher Bestandteil vorhanden ist und daher mit diesem zusammen im Rahmen einer üblichen Verkaufspräsentation gezeigt wird.“
    http://technolex-anwaelte.de/bgh-strafbarkeit-des-offentlichen-verkaufs-von-adolf-hitlers-mein-kampf/

    Ja, es ist ein Unterschied, ob Nürnberg oder New York: a) die Leute sprechen in New York nicht die Sprache des Buches. b) In New York werden die Kinder nicht nach Ausschwitz oder Dachau von der Schule gebracht, nicht zum Holocaust-Denkmal nach Berlin. Man liest nicht das Tagebuch der Anne Frank, kennt nicht die Geschwister Scholl. Die Kindern werden nicht im Unterricht in Politik, Religion, Deutsch, Geschichte, Sozialkunde mit den Folgen des Nationalsozialismus vertraut gemacht, wie unsere Kinder hier. Lediglich der Militarist und Kriegsverbrecher (der als deutscher Offizier rechtswidrig an einem Angriffskrieg teilgenommen hat) Stauffenberg ist den New Yorkern vertraut, weil ein berühmter Scientologe die Hauptrolle in „Operation Walküre“ gespielt hat. Aber auch da setzt man sich nicht kritisch damit auseinander, dass Stauffenberg Deutschland zu einer Militärdiktatur machen wollte, als absehbar, dass die Wehrmacht sich überhoben hatte und den Krieg nicht gewonnen hat. Stauffenberg wird heute als Held gefeiert, statt als unfähiger Soldat, der sich zu einem Angriffskrieg hat hinreissen lassen und nicht die Waffe aus der Hand gelegt hat. Bevor unsachliche Bemerkungen kommen: mein Vater hat den Kriegsdienst verweigert unter den Nazis: Fahnenflucht. Mein Großonkel hat im KZ Dachau gesessen, weil er als katholischer Pfarrer auf der Kanzel gepredigt hat, dass die Nazis Scheisse waren.

    Es gibt keinen sachlichen Grund, dass junge Leute heute Wochen und Monate damit verbringen, die Auswirkungen der Nazis in der Schule zu studieren, aber andererseits die Ursachen und die zeitgeschichtlichen Dokumente geheim zu halten, die 80 Mio. Deutsche dazu gebracht haben, 25 Mio. Russen und 6 Mio. Juden zu ermorden. Deutsche machen bei der Aufklärung keine halben Sachen, es sei denn, irgendjemand will was verheimlichen oder vertuschen. Das haben wir bei der NSU ja auch gesehen oder in den Arbeiten von Dieter Schenks über die braunen Wurzeln des BKA nach dem 2. Weltkrieg. Die anderen Ämter waren auch nicht gerade hilfreich, wenn man z.B. an das Auswärtige Amt denkt. Wer den braunen Terror nicht unterstützen will, sollte jetzt endlich offenlegen, welcher Unsinn zu ihm führt. Und nicht wie die bayerische Landesregierung Erbrecht und Urheberrecht missbrauchen, um die Vergangenheit zu vertuschen.

    Comment by Wolfgang Ksoll — 4.04, 2013 @ 19:40

  23. Nun, man kriegt „Mein Kampf“ fast überall im WWW. Aber leider keine geprüften Versionen (d.h. da können fast beliebige Stellen fehlen oder sonst verändert sein, ohne dass der Leser dies bemerkt).

    Auch sind die ersten Ausgaben anders als die aufpolierten, durch zig Lektorate gegangenen Drucke, die nach Hitlers Machtergreifung an Jedermann verteilt wurde.

    Hitler war kein Schriftsteller. Einen Murks hat er zusammengereimt, und diesen Murks soll man auch lesen dürfen.

    Comment by turtle of doom — 5.04, 2013 @ 00:05

  24. Ach Du meine Güte! Wer diesen Schwachfug lesen wollte, hatte die letzten 65 Jahre Gelegenheiten en masse. Aber das LG Münschen ist ja bekannt für Urteile, die Radio Eriwan vor Stolz erglühen lassen würden.

    Comment by Dr.Klusenbreuker — 5.04, 2013 @ 11:34

  25. @ 22 W. Ksoll: Der BGH aaO. hat nur über vor 1945 gedruckte Exemplare entschieden, gerade nicht über Nachdrucke.

    Comment by Gast — 6.04, 2013 @ 00:33

  26. @25 Gast
    Das macht die Aktion noch perfider. Für Nachdrucke ohne Veränderung müssen die gleichen Argumente gelten wie für die Original. Für veränderte Nachdrucke, die zum Beispiel mit Kommentaren versehen sind, dann her nicht. Das bedeutet, dass die SPD dann Zensur für kommentierte veränderte Ausgaben fordert, aber 1:1 Nachdrucke weiterhin verbreitet werden dürfen.

    Nebenbei bemerkt: dem BGH ging es um eine strafrechtliche Würdigung. Die SPD möchte aber eine Vorabzensur wie die bayerische Landesregierung in ihrem Missbrauch von Erbrecht und Urheberrecht. Um es klar zu sagen: ein Urheberrecht, dass weder dem Urheber noch seinen Verwandten nutzt, sondern dem Staat das Recht einräumt, Zensur auf dem kalten Wege auszuüben, ist entartet.

    Comment by Wolfgang Ksoll — 6.04, 2013 @ 11:47

  27. @22 Gast:

    Richtig, der BGH hatte nur hinsichtlich eines eng umgrenzten Spezialfalls tenoriert – allerdings wird das Urteil durchgängig als Argumentation verwendet, um auch die Strafbarkeit des Verbreitens anderer vorkonstitutioneller Schriften mit potentiell volksverhetzenden Inhalten zu verneinen (zB Koran).

    Comment by Anonymous — 6.04, 2013 @ 18:42

  28. Hier noch eine interessante Quelle, wie die SPD mit aller Macht versucht, eine Zensur einzuführen, wo Urheberrecht und Strafgesetzbuch nach höchstrichterlicher Rechtsprechung nicht mehr helfen:
    http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/17/126/1712660.pdf
    Interessanter Nebenaspekt: die Bundesregierung hat mit dem Staat Israel “ im Rahmen der engen und vertrauensvollen Arbeitskontakte“ Gespräche geführt, der auch ein Zensurbegehren an sie herangetragen hat.

    Wer auch über den nationalen Sud der SPD hinaus sehen will, kann sich einen Überblick über den internationalen Stand der Diskussion in Wikipedia verschaffen:
    en.wikipedia.org/wiki/Mein_Kampf
    Dort findet man Links auf elektronische Versionen der Originalausgabe, auf Hörbücher, auf Übersetzungen in viele Sprachen. Alle diese Werke sind online. Um so erstaunlicher ist dann, dass die SPD die deutsche Bevölkerung einer Sonderbehandlung unterziehen will. Hie offenbart sich ein eigentümliches Verhältnis zur deutschen Geschichte, dessen Dokumentation man aus obskuren Gründen verbieten will. Kommt dann als nächstes ein Verbotsversuch von Karl Marx kommunistischem Manifest und Maos roter Bibel, weil aufgrund dieser Ideologie so viele zig. Millionen Menschen den Tod fanden? Oder gar der Bibel, weil die religiösen Auseinandersetzung in den Glaubenskriegen (z.B. 30-jähriger Krieg) der Christen halb Europa nieder metzelten? Man fühlt sich an George Orwells Wahrheitsministerium erinnert durch die Partei die die Bevölkerung mit einer Vorratsdatenspeicherung und Buchzensur überziehen will und den großen Lauschangriff und die Schilypakete ermöglicht hat.

    Comment by Wolfgang Ksoll — 7.04, 2013 @ 10:40

  29. „Ein “Mein-Kampf”-Verbot wäre aber ein unzulässiges Sondergesetz (Art. 5 II Alt. 1 GG).“

    https://www.bundesverfassungsgericht.de/entscheidungen/rs20091104_1bvr215008.html

    „1. § 130 Abs. 4 StGB ist auch als nichtallgemeines Gesetz mit Art. 5 Abs. 1 und 2 GG vereinbar. Angesichts des sich allgemeinen Kategorien entziehenden Unrechts und des Schreckens, die die nationalsozialistische Herrschaft über Europa und weite Teile der Welt gebracht hat, und der als Gegenentwurf hierzu verstandenen Entstehung der Bundesrepublik Deutschland ist Art. 5 Abs. 1 und 2 GG für Bestimmungen, die der propagandistischen Gutheißung der nationalsozialistischen Gewalt- und Willkürherrschaft Grenzen setzen, eine Ausnahme vom Verbot des Sonderrechts für meinungsbezogene Gesetze immanent.“

    Comment by Jens — 7.04, 2013 @ 16:02

  30. Wenn Nazis „Mein Krampf“ jemals gelesen hätten, wären sie sofort nicht mehr braun.

    Sie lesen aber nicht. Auch nicht für den geliebten Führer. Deutsche Sprache? Fehlanzeige.

    Kürzlich ein Plakat der NPD, auf dem steht:

    „Wir sind keine Schaafe“

    Jau!

    Comment by Nettikette — 10.04, 2013 @ 20:10

RSS feed for comments on this post.

Sorry, the comment form is closed at this time.