Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

6.12.12

NPD-Verbotsverfahren immer kurz vor der Bundestagswahl

Max Steinbeis hat in seinem Verfassungsblog ein äußerst lesenswertes Interview mit dem ehemaligen Verfassungsrichter Dieter Grimm geführt, der einem neuen NPD-Verbotsantrag eher kritisch gegenübersteht und außerdem darauf hinweist, dass ein solches Verbot auch vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) kippen könnte, da die Hürden für ein Parteiverbot in Straßburg höher seien als in Karlsruhe, weil man dort auch maßgeblich darauf abstellt, ob die ernsthafte Gefahr besteht, dass es der besagten Partei tatsächlich gelingen kann, die verfassungsmäßige Grundordnung zu beseitigen.

Auch wenn man davon ausgehen darf, dass sich der jetzige Antrag anders als vor gut zehn Jahren nicht maßgeblich auf Informationen von V-Leuten stützen wird, bleibt die Frage, wie stark die NPD tatsächlich von V-Leuten der Verfassungsschutzbehörden durchsetzt ist und eventuell sogar geleitet wird, bestehen.

Warum ich einen Verbotsantrag ablehne, habe ich vor längerer Zeit schon ausführlich erläutert. An dieser Einschätzung hat sich nichts geändert. Und im Gegensatz zu dem was Heribert Prantl heute in der SZ schreibt, glaube ich auch nicht, dass ein solches Verbot dem Schutz des türkischen Gemüsehändlers – womit Prantl allerdings wiederum nur ein Klischee bemüht – dient. Ganz im Gegenteil. Ein NPD-Verbot wird zur Radikalisierung eines Teils der NPD-Anhänger führen, die in den Untergrund gedrängt vermutlich eine noch größere Neigung verspüren werden, dem terroristischen Vorbild des NSU nachzueifern.

Ein Verbotsverfahren ist die Handlungsweise eines schwachen und ängstlichen Staates, der sich dadurch mehr Probleme einhandelt als er löst. Es kommt vielleicht auch nicht von ungefähr, dass ein neuer Verbotsantrag unmittelbar vor einem bedeutenden Wahljahr angekündigt wird. Denn in der Bevölkerung wird ein solcher Antrag mehrheitlich wohl befürwortet und die Entscheidung aus Karlsruhe kommt ohnehin erst nach den Wahlen. Der zeitliche Ablauf war übrigens vor gut 10 Jahren derselbe. Der Verbotsantrag wurde 2001 gestellt, 2002 waren Bundestagswahlen und 2003 kam die ablehnende Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts. Diese Parallele ist aber mit Sicherheit reiner Zufall.

posted by Stadler at 10:14  

18 Comments

  1. 1.323.547,81€ hat die NPD lt. Wikipedia 2011 als Parteienfinanzierung aus dem Staatssäckel der BRD erhalten. Peanuts im Vergleich zu anderen „Projekten“ die sich „der Deutsche Steuerzahler“ leistet. Das Argument, daß jeder Euro für die NPD schmerzt und man sie deshalb verbieten will kann man verstehen – muß man aber nicht. Ich finde, wir als „Gesellschaft“ können uns diese Ewiggestrige leisten.
    Es gäbe genug andere Handlungsempfehlungen um ihnen den Zulauf von Wählern und somit ihren gesellschaftlichen Einfluß zu minimieren. Das fängt bei der Ausgestaltung der Lehrpläne für Schulen an und hört bei der fristlosen Kündigung von Beamten, die sich mit (neo-)faschistische Gesinnung äußern bzw. offensichtlich danach handeln, NICHT auf.

    Comment by gast — 6.12, 2012 @ 10:53

  2. Der Friederich der Friederich, das ist ein Richtig Wüüdderrich ,spieeeoniert und hört die Bürger aus , da kommt mir glaad das Kaalldde Kraus , für Bürger hat er keine Sinn zieht sich doch zu braunen hin ,der Schutz der Bürger ist egal und machen popaaaganda Wahl .
    Und ist ihm das soo nicht geglückt dann wird die Presssssee vorgeschickt der Urheber gibt’s genug in Abzocken und auch Wahlbeddrug welch Herrrrrlichkeit kommt in bedraachd , …so wird Politik gemacht .
    gleichwohl unverhältnismäßig das BIM auf seiner Web- Seite Qualitäts- Zertifikat zum audit berufundfamilie Propagandiert.

    Comment by huthnorbert — 6.12, 2012 @ 11:05

  3. Die verfassungsmäßige Grundordnung beseitigen gegenwärtig im Eiltempo die CDU, CSU, SPD, FDP, DIE GRÜNEN. Unterstützt werden die Parteibonzen dabei von den Anwälten und Richtern.

    Die Menschen werden und sind nicht minder entmündigt, wie seinerzeit in der DDR. Das ist ein Verbrechen.

    Das Aufbauschen der NSU-Morde und die Propaganda mit dem NPD-Verbot gehört zur Politik des Aufbaus einer Dikatur. Verboten wird Peanuts, derк eсhte Faschismus hat jetzt schon so gut wie obsiegt.

    Auch 1933 hatten die meisten nicht erkannt, dass Hitler ein Verbrecher ist.

    Comment by Rolf Schälike — 6.12, 2012 @ 11:32

  4. “ dass ein solches Verbot dem Schutz des türkischen Gemüsehändlers – womit Prantl allerdings wiederum nur ein Klischee bemüht – dient.“
    Bei aller berechtigter Skepsis gegenüber dem Verfahren und der Rolle der Geheimdiensten. Der Satz ist eine Frechheit. Türkische Gemüsehändler sind kein Klischee sondern Mitmenschen die real von Nazis bedroht werden. Man darf auch sicher begründete Zweifel haben ob ein Verbot der NPD tatsächlich ihre Sicherheit erhöht – sie zum Klischee degradieren ist (nicht nur) in diesem Kontext grotesk und, mit verlaub, rassistisch. Ich zweifele zwar nicht an ihrem guten Willen oder will sie in die braune ecke stellen, aber das sollte da so meiner Meinung nach nicht stehen bleiben.

    Comment by laus — 6.12, 2012 @ 12:49

  5. @laus
    natürlich ist das ein Klischee. Türkische Mitmenschen verbindet man immer mit dem Obst- und Gemüsehändler. Das ist aber schon lange nicht mehr der Fall. Ich kenne genug türkische Menschen, die in anderen Bereichen tätig sind. Und dann tut man so, als ob die nicht fähig sind auch andere gehobenere Berufe einzunehmen. Aber doch gibt es auch türkische Anwälte, Ärzte, Architekten, sogar Politiker, usw.
    Und nur darum geht es, dass man nämlich türkische Mitmenschen immer mit Gemüsehändler assoziiert.

    @gast
    Nicht vergessen sollte man auch all das Geld, das die NPD durch den Verfassungsschutz erhalten hat.

    Comment by J. S. — 6.12, 2012 @ 13:40

  6. Gerade erst kam heraus dass einer der drei Spitzenfunktionäre der Thüringer NPD ein V-Mann des Verfassungsschutzes war und jede Menge Vereine mit Wissen und Geld des Verfassungsschutzes aufgebaut hat.

    http://www.mdr.de/thueringen/npd_thueringen100.html

    War beim damaligen Verbotsverfahren nicht das Problem dass die NPD inkl. Führungsebene viel zu stark mit V-Leuten durchsetzt war um überhaupt feststellen zu können was Partei und was Verfassungsschutz war?

    Wie peinlich wird das nur wenn ein zweites Verbotsverfahren ebenfalls wieder scheitert…

    Comment by Anon0815 — 6.12, 2012 @ 14:37

  7. @J.S.
    einigen wir uns darauf, daß es irgendwas zwischen 2 u. 3 Mio. sind und somit immer noch „Peanuts“?

    Comment by gast — 6.12, 2012 @ 14:50

  8. Ja, da werden die Verbietenwoller wohl obsiegen. Denken von der Stirn bis zur Nasenspitze. Schlimm. Sehr schlimm.

    Comment by vera — 6.12, 2012 @ 15:05

  9. Was passierte eigentlich, wenn der Verfassungsschutz seine Leute aus der NPD abzöge?

    Löste sie sich dann selbst auf?

    Comment by Volker Birk — 7.12, 2012 @ 00:42

  10. Was überall in der Diskussion komplett untergeht, ist die Tatsache, daß die NPD durch WÄHLERWILLEN LEGITIMIERT ist – ein Verbot wäre ein Affront gegenüber den Souverän, der seine Interesse eben am besten durch diese Partei vertreten sieht.

    Übrigens sollte angemerkt werden, daß der Parteiverbotsantrag von vor einem Jahrzehnt nicht der erste seiner Art war – die NPD sollte in den 60ern schon mal verboten werden, der Antrag ist bereits damals gescheitert. Leider entzieht sich mir die seinerzeitige Begründung dafür. Wissen Sie – oder vielleicht einer der Kommentatoren – die Hintergründe?

    Comment by swiftboat_hamster — 7.12, 2012 @ 09:44

  11. Ein Verbot der NPD würde selbstverständlich den Effekt haben, die rechten Kräfte zu stärken. In der NPD waren sie gebunden und konnten sich mit sich selbst beschäftigen. Verbietet man die Partei, werden Untergrundorganisation aus dem Boden spriessen. Da die Gesellschaft und auch sämtliche Parteien in den letzten Jahren merklich nach rechts gewandert sind, ist der erneute Verbotsantrag also nur folgerichtig.

    Comment by Ein Mensch — 8.12, 2012 @ 08:19

  12. Die Feststellung, daß diese Verbotswünsche immer vor BTW stattfinden, ist richtig. Daß diese unterirdische braune Partei vom Platz gefegt werden muß, ist klar. Doch wie es anstellen? Ein Verbotsverfahren dauert jahrelang, daher ist die Unterstellung des Bloggers in Teilen widersinnig. Das Ergebnis eines Verbotsverfahrens wäre vor der Wahl und auch kurz danach nicht zu erwarten, sondern ca. im Jahr 2015, 2016. Ein Verbotsantrag vor der BTW 2013 würde die Klientel sogar noch mehr motivieren, die NPD zu wählen.

    Solange selbst Beamte aus dem Verfassungsschutzbereich in der NPD höchstselbst tätig sind, geht der Verbotsantrag dorthin, wo er hingehört: In die Tonne.

    Man sollte sich lieber fragen, warum ein Beamter im Internetcafè neben der Leiche steht, flüchtet, sich nach Zeugenaufruf nicht meldet, ermittelt wird und mit der Aussage „ich war dort rein privat“ davon kommt.

    Das sollte sich mal der Otto Normalverbraucher leisten. Sowas möchte ich mal erleben. Ups, ich war rein privat dort, habe nichts gehört und gesehen, habe mich nicht gemeldet, weil ich den Aufruf nicht mitbekommen habe, ansonsten habe ich mit der Tat nichts zutun. Polizei: Na, dann ist ja alles in Ordnung.

    Ein Witz? Ein Scherz? Nein, Deutschland 2012!

    Comment by Flavius — 8.12, 2012 @ 12:33

  13. Warum wird hier eigentlich keine fiktive Frage gestellt, die dann wirklich zu interessanten Kernen kommt? Wenn die NPD 2013 60% der Stimmen erhielte, was wäre dann los in diesem Land?

    Bürgerkrieg?

    Das sind die Fragen, die gestellt werden müssen, die aber immer vermieden werden. Die Braunen schaffen das nicht, aber was wäre wenn??

    Darüber denken Menschen nach mit einem IQ über 140.

    Comment by Flavius — 8.12, 2012 @ 14:09

  14. @Flavius: Es sind nicht die Braunen, die das schaffen oder nicht. Es ist die Frage, ob die Menschen in diesem Land eben so ticken, wie sie es offenbar vor 80 Jahren taten. Und wenn sie es 2013 täten, dann gäbe es keinen Bürgerkrieg, dann würde das eben so gelebt, so wie es vor 80 Jahren gelebt wurde.

    Was, wenn die Piraten 60% der Stimmen erhielten? Das wäre eine extrem individualistische Gesellschaft. Das scheint mir viel spannender.

    Comment by Ein Mensch — 8.12, 2012 @ 21:22

  15. @12: Das Verfahren muß spätestens am 1. Mai 2015 neu aufgerollt werden – dann fehlt dem Gericht nämlich der sechste Richter. Siehe http://www.internet-law.de/2011/11/warum-ein-npd-verbotsverfahren-falsch-ware.html#comment-17918

    Comment by Martin Schröder — 8.12, 2012 @ 21:43

  16. @15: Korrektur: Am 2016-05-01.

    Comment by Martin Schröder — 8.12, 2012 @ 21:44

  17. @Ein Mensch

    Eine extrem individualistische Gesellschaft bedeutet Diktatur seitens des Staates. Denn nur der Staat ist bei eine extrem individualistischen Gesellschaft berechtigt, die unausweichlichen Konflikte zu lösen. Das tun dann die frei und unbhängig entscheidenden Richter (Staatsbeamte). Die Zuarbeit erfolgt über die Anwälte als „unabhängige Organe der Rechtspflege“.

    Comment by Rolf Schälike — 9.12, 2012 @ 12:28

  18. Halten wir die Blogs aktuell:

    Alle Bundesländer haben den Verbotsantrag unterstützt, mit Ausnahme von Hessen, das sich enthalten hat.

    In ca. drei Jahren wissen wir mehr.

    Comment by Flavius — 15.12, 2012 @ 12:17

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