Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

26.9.12

GEMA, Leistungschutzrecht und immer wieder Petitionen

Der inflationäre Gebrauch der (Online-)Petition, um auf bestimmte (netz-)politische Positionen aufmerksam zu machen, ermüdet mich mittlerweile etwas, weshalb ich zumindest solche Petitionen, die nicht gut formuliert sind, nicht mehr unterstütze.Das trifft beispielsweise auf die von dem Piraten Bruno Kramm initierte Petition gegen ein Leistungsschutzrecht für Presseerzeugnisse zu.

Gleiches gilt für eine aktuelle Petition zur Abschaffung der GEMA-Vermutung. Diese Petition ist ähnlich wie die zum Leistungsschutzrecht zwar evtl. gut gemeint, aber leider schlecht gemacht.

Problematisch an der GEMA-Petition ist die Gleichsetzung der sog. GEMA-Vermutung mit der Vorschrift des § 13c UrhWahrnG, wobei wohl nur die Absätze 1 und 2 dieser Vorschrift gemeint sind. Die Petition geht offenbar davon aus, dass mit Streichung dieser Vorschrift auch die GEMA-Vermutung beseitigt wäre.

Diese Annahme halte ich allerdings für zweifelhaft. Denn die Rechtsprechung hat die GEMA-Vermutung ohne gesetzliche Grundlage bereits in den 60’er Jahren entwickelt, lange bevor es die heutige Regelung des § 13c Abs. 1 und 2 UrhWahrnG gab. Die gesetztliche Regelung stellt letztlich nur eine Weiterentwicklung und teilweise Kodifizierung der ständigen Rechtsprechung dar. Es ist in der Kommentarliteratur zum Urheberrecht (vgl. z.B. Schricker/Reinnbothe, Urheberrecht, § 13c WahrnG, Rn. 4) allerdings anerkannt, dass § 13c Abs. 1 und 2 WahrnG für die Rechtsprechung keine abschließende Regelung bildet.

Selbst wenn der Gesetzgeber also § 13c Abs. 1 und 2 WahrnG streichen würde, muss man damit rechnen, dass die Gerichte weiterhin von einer GEMA-Vermutung ausgehen werden. Die Petition ist jedenfalls mit dieser Formulierung also nicht zielführend.

Man kann allerdings die Frage aufwerfen, ob diejenigen Annahmen, die ursprünglich zum Postulat der GEMA-Vermutung geführt haben, nach wie vor gültig sind. Der BGH hat die GEMA-Vermutung in einer Entscheidung aus dem Jahre 1985 folgendermaßen zusammengefasst:

Die von der Rechtsprechung anerkannte GEMA-Vermutung besagt – wie der Senat zuletzt im Urteil vom 5. Juni 1985 ausgeführt hat -, daß zugunsten der GEMA angesichts ihres umfassenden In- und Auslandsrepertoires eine tatsächliche Vermutung ihrer Wahrnehmungsbefugnis für die Aufführungsrechte an in- und ausländischer Tanz- und Unterhaltungsmusik und für die sogenannten mechanischen Rechte besteht. Die Vermutung erstreckt sich weiter darauf, daß diese Werke auch urheberrechtlich geschützt sind; sie umfaßt auch Filmmusik (vgl. BGH Urt. v. 30. Juni 1976 – I ZR 63/75, GRUR 1977, 42, 43 – Schmalfilmrechte). Darüberhinaus besteht nach der Lebenserfahrung eine tatsächliche Vermutung auch dafür, daß bei Verwendung von Unterhaltungsmusik in den von der Klägerin wahrgenommenen Bestand eingegriffen wird (vgl. BGH Urt. v. 7. Oktober 1960 – I ZR 17/59, GRUR 1961, 97, 98 – Sportheim).

Man wird also die Frage zu diskutieren haben, ob die Annahme eines umfassenden In- und Auslandsrepertoires nach wie vor zutreffend ist, nachdem mittlerweile eine ganze Reihe von Künstlern nicht mehr der GEMA beitreten und zudem auf alternative Lizenzmodelle wie Creative Commons setzen. Mittlerweile wird online speziell von unbekannten Künstlern in erheblichem Umfang Musik veröffentlicht, die keinem Wahrnehmungsvertrag der GEMA unterliegt. Die Annahme einer GEMA-Vermutung führt somit in einer steigenden Zahl von Fällen zu einer unberechtigten Wahernehmung durch die GEMA. Diese Entwicklung werden die Gerichte jedenfalls nicht auf Dauer ignorieren können, auch wenn sich derartige Änderungen in der Rechtsprechung möglicherweise nur langsam vollziehen.

Es wird außerdem die Frage zu klären sein, wie die Fälle von Musikern, die nur unter ihrem Künstlernamen auftreten, die nicht Mitglied der GEMA sind und sich öffentlich von der GEMA distanzieren, zu lösen sein werden, wenn die GEMA auch für solche Urheber eine Rechtewahrnehmung beansprucht.

Der Gesetzgeber könnte natürlich regeln, dass die Annahme einer Vermutung der Rechtswahrnehmung durch die GEMA bzw. Verwertungsgesellschaften nicht statthaft ist.

posted by Stadler at 14:36  

35 Comments

  1. Gut formulierte Petitionen sind gut.Aber Petition ist Bürgerrecht,nicht Expertenrecht.Auch schlecht formulierte Petitionen regen nicht nur auf, sondern auch oft an.

    Comment by petmobbb — 26.09, 2012 @ 14:55

  2. Kann ich mich meinem Vor-Kommentator nur anschließen. Wenn erwartet werden muss, dass eine so ausgereifte Darstellung wie hier im Blog (sehr lobenswert) kommen muss um eine Petition einzureichen, können wir es gleich lassen.

    Comment by Felix Peters — 26.09, 2012 @ 15:35

  3. Ein sehr guter Beitrag. Danke.
    Plattformen wie epetitionen.bundestag.de oder http://www.openpetition.de erleichtern die Erstellung einer Petition ungemein. Nichtsdestoweniger steigt somit auch die Zahl der Petenten, die fachlich wenig Beitrag zu einer Debatte leisten können. Natürlich dürfen solche nicht ausgeschlossen werden, ganz im Gegenteil, sollen jene angeregt werden teilzunehmen. Im GEMA Sachverhalt ist es aber leider so, dass Petenten wie e.g. Bruno Kramm auch Repräsentanten einer Partei sind oder sein können. Eine Absprache und Bündelung der Ideen wäre – im Vorfeld – Klasse. Derartig schlechte Petition behindern den Willensbildungsprozess mehr, als sie ihn fördern. Zu allem kommt auch noch, wie treffend beschrieben, die ständige Einbringung von gefährlichen Halbwissen (GEMA-Vermutung), die der Sachlichkeit einer Debatte nur abträglich sind. Möglicherweise liegt die Lösung zwischen den Stühlen: Petitionen im Rahmen eines „Peer-Review“ Verfahrens e.g. Wiki vorab prüfen lassen, verbessern und dann zur Abstimmung stellen. Demokratie braucht immer Zeit. Die sollte man sich auch nehmen.

    Comment by misterfergusson — 26.09, 2012 @ 15:54

  4. Ein weiteres Problem tritt auf: Es kann keine besser formulierte Petition mehr eingereicht werden, da standardmäßig argumentiert wird, dass es eine ähnliche Petition schon einmal gab. Irrwitzigerweise wird dies sogar dann gemacht, wenn die Petitionen im Ergebnis etwas ganz anderes wollen. (vgl. hierzu die Petitionen gegen das Videospieleverbot: http://stigma-videospiele.de/wordpress/2011/11/07/petition-blockiert-burokratie-gegen-burgerbeteiligung/)

    Darüberhinaus gibt es bei den Petitionen ein Diskussionsforum, in welchem man die Argumentation verbessern kann. Falls die Petition dann Gehör bekommt, kann man zumindest hoffen, dass sich der Petent diese Argumente zu eigen macht.

    Comment by Maik — 26.09, 2012 @ 16:01

  5. Vielen Dank für deinen Beitrag!
    Mir ist klar, dass es kein perfekter Gesetzesvorschlag ist. Ich bin kein Anwalt und wohl kaum in der Lage alle Aspekte, die dieser Paragraph umfasst, wahrzunehmen. Dies ist schließlich auch kein Volksentscheid.

    Wie meine Vorredner bereits erwähnt haben ist es aber auch nicht nötig die perfekte Lösung gleich mit anzubieten, wenn auch wünschenswert. Das Wichtigste ist das Problem zu nennen und die wichtigsten Argumente für eine Änderung des bestehenden Systems.

    Trotzdem:
    Die GEMA wird weiterhin durch den erwähnten Paragraphen, der sich eben durch die wiederholte Rechtsprechung ergeben hat, gedeckt.

    Früher mag es noch so gewesen sein, dass die GEMA einen sehr großen Anteil der Künstler in Deutschland vertrat. Aber die Zeiten ändern sich und dieser Anteil ist jetzt vor allem durch das Internet stark geschrumpft.

    Die GEMA-Vermutung ist eine Annahme aus der Steinzeit und sollte erneut diskutiert werden. Hierzu müssen aber eben diese Regelungen außer Kraft gesetzt werden.

    Comment by David Henninger — 26.09, 2012 @ 17:11

  6. Trotzdem sollte nichts unversucht bleiben. Daher hab ich gezeichnet.

    Comment by SC — 27.09, 2012 @ 09:26

  7. Du übersiehst, dass solche Petitionen als /politisches/ Mittel genutzt werden. Als solches muss es nicht primär bestens ausgearbeitet sondern vielmehr leicht verständlich und wirksam sein ;)

    Comment by ValiDOM — 17.10, 2012 @ 15:46

  8. @Validom: Petitionen, die so formuliert sind, dass sie selbst im Falle ihrer exakten Umsetzung nichts bewirken, sind schlicht untauglich.

    Comment by Stadler — 17.10, 2012 @ 17:04

  9. standardmäßig argumentiert wird, dass es eine ähnliche Petition schon einmal gab. Irrwitzigerweise wird dies sogar dann gemacht

    Comment by landowners — 25.06, 2013 @ 10:46

  10. Darüberhinaus gibt es bei den Petitionen ein Diskussionsforum, in welchem man die Argumentation verbessern kann.

    Comment by Power Boats for sale — 10.07, 2013 @ 08:13

  11. Im GEMA Sachverhalt ist es aber leider so, dass Petenten wie e.g. Bruno Kramm auch Repräsentanten einer Partei sind oder sein können.

    Comment by SEO — 11.07, 2013 @ 08:06

  12. Derartig schlechte Petition behindern den Willensbildungsprozess mehr, als sie ihn fördern.

    Comment by read more — 12.07, 2013 @ 07:46

  13. Die Vermutung erstreckt sich weiter darauf, daß diese Werke auch urheberrechtlich geschützt sind; sie umfaßt auch Filmmusik

    Comment by dj music download — 12.07, 2013 @ 13:28

  14. Die Annahme einer GEMA-Vermutung führt somit in einer steigenden Zahl von Fällen zu einer unberechtigten Wahernehmung durch die GEMA.

    Comment by http://hacks.seriouslyreview.com/chaturbate-token-hack/ — 17.07, 2013 @ 08:31

  15. die dieser Paragraph umfasst, wahrzunehmen. Dies ist schließlich auch kein Volksentscheid.

    Comment by ACLS Online — 19.07, 2013 @ 14:59

  16. Als solches muss es nicht primär bestens ausgearbeitet sondern vielmehr leicht verständlich und wirksam sein

    Comment by cialis — 24.07, 2013 @ 12:43

  17. Mittlerweile wird online speziell von unbekannten Künstlern in erheblichem Umfang Musik veröffentlicht

    Comment by 5-HTP Australia — 29.07, 2013 @ 08:16

  18. Die gesetztliche Regelung stellt letztlich nur eine Weiterentwicklung und teilweise Kodifizierung der ständigen Rechtsprechung dar.

    Comment by v2 cigs coupon codes — 5.08, 2013 @ 13:03

  19. Die gesetztliche Regelung stellt letztlich nur eine Weiterentwicklung und teilweise Kodifizierung der ständigen Rechtsprechung dar.

    Comment by zakłady bukmacherskie — 6.08, 2013 @ 13:53

  20. Die gesetztliche Regelung stellt letztlich nur eine Weiterentwicklung und teilweise Kodifizierung der ständigen Rechtsprechung dar.

    Comment by christian books — 13.08, 2013 @ 10:36

  21. Vermutung ihrer Wahrnehmungsbefugnis für die Aufführungsrechte an in- und ausländischer Tanz- und Unterhaltungsmusik und für die sogenannten mechanischen Rechte besteht.

    Comment by modern bedroom furniture — 16.08, 2013 @ 07:44

  22. standardmäßig argumentiert wird, dass es eine ähnliche Petition schon einmal gab. Irrwitzigerweise wird dies sogar dann gemacht

    Comment by hyundai hb20 — 27.08, 2013 @ 11:04

  23. Die Vermutung erstreckt sich weiter darauf, daß diese Werke auch urheberrechtlich geschützt sind; sie umfaßt auch Filmmusik

    Comment by boost your bust review — 4.09, 2013 @ 07:54

  24. Postulat der GEMA-Vermutung geführt haben, nach wie vor gültig sind.

    Comment by country code 44 — 5.09, 2013 @ 13:48

  25. Man kann allerdings die Frage aufwerfen, ob diejenigen Annahmen, die ursprünglich zum Postulat der GEMA-Vermutung geführt haben.

    Comment by ego-t — 9.09, 2013 @ 09:45

  26. Die Petition ist jedenfalls mit dieser Formulierung also nicht zielführend.

    Comment by NRL betting — 12.09, 2013 @ 10:06

  27. Das Wichtigste ist das Problem zu nennen und die wichtigsten Argumente für eine Änderung des bestehenden Systems.

    Comment by SEOMSO.com - Buy Backlinks | Quality SEO Services | Get Backlinks Today! — 17.09, 2013 @ 10:05

  28. Die gesetztliche Regelung stellt letztlich nur eine Weiterentwicklung und teilweise Kodifizierung der ständigen Rechtsprechung dar.

    Comment by Dental — 20.09, 2013 @ 09:03

  29. Wiki vorab prüfen lassen, verbessern und dann zur Abstimmung stellen. Demokratie braucht immer Zeit. Die sollte man sich auch nehmen.

    Comment by Jailbreak iOS 7 — 30.09, 2013 @ 13:06

  30. Die Petition ist jedenfalls mit dieser Formulierung also nicht zielführend.

    Comment by Max Workouts — 30.09, 2013 @ 18:27

  31. Die Petition ist jedenfalls mit dieser Formulierung also nicht zielführend.

    Comment by Brick Harbor Code — 2.10, 2013 @ 13:12

  32. Man kann allerdings die Frage aufwerfen, ob diejenigen Annahmen, die ursprünglich zum Postulat der GEMA-Vermutung geführt haben.

    Comment by bubblegumcasting — 15.10, 2013 @ 12:59

  33. @stadler
    Was genau meinen Sie für Petitionen meinen Sie genau?

    Comment by vitaminboy — 14.12, 2013 @ 20:07

  34. Die GEMA sollte die Urheber- und Leistungsschutzrechte der Komponisten und Musiker in Deutschland wahrnehmen.
    Aber GEMA-Vermutung an sich ist veraltet aber um jene nachhaltug zu verändern müssen bestehende Regelungen außer Kraft gesetzt werden.
    Ein Teufelskreis, Geldverbrennung, Verschwednundung von Ressourcen…

    Comment by Rivio — 14.12, 2013 @ 20:14

  35. Othes think the habit is more likely connected to their
    checking the ground for the scent of its enemies, since the dog has its
    nose to the ground during the turning around.
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    Comment by Dog trainer's Resource — 13.01, 2014 @ 09:08

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