Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

16.9.12

Bei den Diensten ist die Systemfrage zu stellen

Ende letzten Jahres habe ich die Frage „Muss der Verfassungsschutz abgeschafft werden?“ gestellt und dies mit der Forderung verbunden, das System Verfassungsschutz vorbehaltlos auf den Prüfstand zu stellen. Seither werden, speziell im Zusammenhang mit der Aufarbeitung des sog. NSU, immer wieder neue, für die Behörden unangenehme Tatsachen öffentlich bekannt, die von der Presse abwechselnd aber nur als Behördenversagen oder Ermittlungspannen beschrieben werden. Die Frage, ob wir es eventuell bereits mit einem „Staat im Staate“ zu tun haben, wurde in den etablierten Medien praktisch nicht aufgeworfen.

Unter dem Titel „In den Tiefen des Staates“ stellt Michael Kraske im Cicero jetzt endlich die Systemfrage und spricht von einem „Deep State“, wenngleich ich es nicht für sinnvoll halte, Polizei, Staatsanwaltschaften und Gerichte in einen Topf mit den Diensten zu werfen.

Das Handeln der Dienste, speziell der Verfassungsschutzbehörden ist darauf ausgerichtet, sich der parlamentarischen Kontrolle gezielt und konsequent zu entziehen. Das ist mittlerweile überdeutlich. Der insbesondere von Union und SPD präferierte Versuch, das bestehende System beizubehalten und nur die politische Kontrolle etwas zu verbessern, dürfte ähnlich erfolgsversprechend sein, wie der Versuch einen Hund dazu zu bewegen, sich einen Wurstvorrat anzulegen.

Es ist überfällig zu erkennen, dass dasjenige, was wir im Zusammenhang mit dem NSU über Verfassungsschutzbehörden und Dienste erfahren haben, nur die Spitze des Eisbergs darstellt. Bereits die öffentlich bekannten Umstände legen aber den Blick frei auf ein System, das sich nicht an rechtsstaatliche Vorgaben gebunden fühlt und seit jeher glaubt, nach eigenen Regeln agieren zu können. Unsere Politik hat den Staat im Staate längst zugelassen. Diese sich aufdrängende Schlussfolgerung wird aber weiterhin unter Verweis auf bedauerliche Ermittlungspannen negiert, zumal damit auch das Eingeständnis eines politischen Versagens verbunden wäre. Was ich an dieser Stelle schmerzlich vermisse, ist eine kritische und analytische Berichterstattung, die die Zusammenhänge herstellt und deutlich macht. Vor diesem Hintergrund ragt der Artikel von Michael Kraske heraus. Hoffentlich folgen andere Journalisten seinem Beispiel.

posted by Stadler at 14:15  

15 Comments

  1. Danke für den Hinweis auf den Krake Artikel!

    „Die Morde sind eine Schande für unser Land. Als Bundeskanzlerin der Bundesrepublik Deutschland verspreche ich Ihnen: Wir tun alles, um die Morde aufzuklären und die Helfershelfer und Hintermänner aufzudecken und alle Täter ihrer gerechten Strafe zuzuführen. Daran arbeiten alle zuständigen Behörden in Bund und Ländern mit Hochdruck.“(Angela Merkel am 23.02.2012)

    Eine Schande ist die mutwillige Behinderung der Arbeit des Untersuchungsausschusses des Bundestages,das Schweigen der Verantwortlichen, die Untätigkeit der Behörden, die Vernichtung von Akten und die verharmlosende Sprachregelung in den Medien.Bezeichnenderweise produziert eine rassistische Mordserie und deren desaströse Aufarbeitung erneut einen sprachliche Relativierung,die Aktenvernichtung und Zurückhalten von Akten zu einer Panne umdefiniert.Der direkte Nachfolger des letztjährigen Unwort des Jahres „Dönermorde“ heisst m.E :AKTENPANNE

    Comment by Robert — 16.09, 2012 @ 14:24

  2. Es gibt einen Punkt an dem – so glaube ich – alle Appelle scheitern werden: menschliche Faulheit.
    Ein weiteres wirkungsloses Reförmchen zu machen und sich dann wieder dem politischen Alltag zu widmen ist einfacher, als sich mit grundlegenden Problemen zu befassen – was intensive Arbeit erfordern würde.

    Am Ende des Tages bekommt die Politik ihr Gehalt. Ob sie etwas getan hat oder nicht. Da ist „oder nicht“ und ein wenig Scheinaktivität zu heucheln, damit es nicht auffällt, deutlich einfacher.

    Wenn es jemand merkt, kann man schließlich immer noch alles empört von sich weisen und behaupten, der Bürger verstehe nur die Komplexität politischer Arbeit nicht.

    Verstehen wir die wirklich nicht, oder verstehen wir die „Komplexität“ des Wortes „Arbeit“ nur allzu gut?

    Comment by Tom — 16.09, 2012 @ 14:30

  3. Wenn auch SPD und Union nicht sonderlich an der Systemfrage interessiert sind, so ist konsequent die Frage zu stellen, ob nicht jenseits aller formaljuristischen Betrachtungen, das System schon seit Anbeginn so gewirtschaftet hat und die Zeit für eine Demokratieform abgelaufen ist, in der der Abgeordndete nicht zur Rechenschaft verpflichtet ist. Diese Kooperation zwischen Geheimdiensten und Parlamenten ist so alt, wie diese Republik. Die Systemfrage nach der Existenz von Geheimdiensten ist deshalb auch zu kurz gegriffen.

    Comment by Peter — 16.09, 2012 @ 14:48

  4. Unwahrscheinlich, dass dich diese Apparate einfach so abservieren lassen wollen. Denkbar ist zumindest, dass jetzt einige brisante Politiker-Dossiers herausgeholt werden, um den einen oder anderen Entscheidungsträger handlungsunfähig zu machen.

    Comment by SC — 16.09, 2012 @ 14:55

  5. Ich halte es sehr wohl für sinnvoll Polizei, Staatsanwaltschaften und Gerichte in einen Topf mit den Diensten zu werfen. Wenn man z. B. den Einsatz der Staatstrojaner nimmt haben weder Gerichte noch Staatsanwaltschaft dagegen etwas unternommen, sondern die damit verbundenen Rechtsbrüche billigend in kauf genommen

    Comment by Klaus D. Ebert — 16.09, 2012 @ 15:25

  6. „Systemfrage“? Ja, aber nicht so: Anders, als das substanzlose Geschwätz von Michael Kraske im Cicero suggeriert, gibt es hier gerade kein unheilvolles System i.S. eines „deep state“, sondern unsystematisches und ineffizientes Vorsichhinwurschteln viel zu vieler und zu kleiner Einheiten.

    Comment by Gast — 16.09, 2012 @ 15:37

  7. Ich stelle mir nicht nur bei den Diensten die Systemfrage, sondern auch die Frage, ob wir nicht beim System der inneren Sicherheit den Staatsnotstand nur durch Anwendung des §129 und §129a (Bildung von kriminellen und terroristichen Vereinigungen) StGB abwenden können, indem wir Geheimdienste und Polizei einer peniblen Säuberung unterziehen. Beispiele:

    – der Vater von Ursula von der Leyen, CDU, Ernst Albrecht, CDU, trug die Verantwortung für das Bombenattentat des niedersächsischen Verfassungsschutzes auf die JVA Celle („CEller Loch“)

    – der Kriminelle Holger-Rüdiger Pfahls, CSU, der heute im Knast sitzt, forderte als Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz die Freiheit für den Staat, das zu zermbom,ebn dürfn, was ihm gheöre („Celler Loch“). Ich halte diesen Kriminellen für einen gemeingefährlichen Irren, den man nach Knast in Sicherheitsverwarnung stecken sollte.

    – der Präsident des Bundeskriminalamtes Ziercke, SPD, hat eine enormen Kraft in die Errichtung einer Internetüberwachungsstruktur gesteckt auf dem Trip der Kinderpornografie, wo jeder HTTP-Zugriff jeden Bürgers anlasslos und verdachtslos überwacht werden sollte und mit einer geheimen Liste verglichen werden sollte. Er hatte Zeit und Kraft mit Ursula von der Leyen Kinderpornografie für Journalisten vorzuführen, was nach §184 StGB in Deutschland verboten ist, aber offenbar wegen der Prominenz der Mittäterin Ursula von der Leyen, CDU, von der Berliner Staatsanwaltschaft nicht strafverfolgt wurde. Der gleiche Ziercke, der bei dem von ihm erfundenen Milliardenmarkt Kinderpornografie keine Mühe scheute, sagte bei dem Aufdecken der BKA-Schlampereien bei der NSU „Da heben wir versagt!“. Als Belohnung für das Versagen wird sein Vertrag bis zum Jahresende durch den BMI verlängert (so wie Oberst Klein als Dank für das Massaker in Kunduz zum Gegenral befördert wird). Diese Schlamperei im BKA hat Tradition: Horst Herold, SPD, war wegen seiner sozialhygienischen Computerspielchen zu schlampig, triviale Meldewege im BKA funktionsfähig zu organisieren. Als Folge davon musste Hans-Martin Schleyer streben.

    – das Berliner Landesamt für Verfassungsschutz hat eine lange, kriminelle Tradition: Seine V-Männer besorgten den Demonstranten die Molotow-Cocktails 1968 zum Anzünden des Springerhochhauses, besorgten die Bomben für das Attentat auf die jüdische Synagoge in der Fasanenstraße und nun behindert der Innensenator die Arbeit des NSU-Untersuchungsausschusses durch Zurückhalten von Unterlagen.

    – fast alle Landesämter für Verfassungsschutz hatten die NSU auf dem Radar, waren verstrickt, gaben Geld, unterstützten personell.

    – eine ganze Reihe von Bundesinnenministern verweigerte den Anzug von V-Leuten, um das Verbot der NPD zu verhindern.

    Um es mit Adenauer, CDU, zu sagen: „Ein Abgrund von Landesverrat“ lässt sich hier vermuten. Das System der inneren Sicherheit in Deutschland scheint eine Bedrohung des Bürgers zu werden. Eben deshalb sollten wir strafrechtlich (s.o.) die Architektur der inneren Sicherheit säubern und nicht öffentliche bekennende Versager mit Vertragsverlängerungen belohnen. Das Leben der Bürger wird durch solche Verstrickungen bedroht.

    Comment by Wolfgang Ksoll — 16.09, 2012 @ 16:04

  8. @ Wolfgang Ksoll

    Mit diesem Statement stehen Sie – wenn nicht ohnehin schon – endgültig auf der Liste subversiver staatsfeindlicher Elemente.

    Seien Sie vorsichtig.
    Hoffentlich haben Sie sich ausreichend abgesichert.

    Comment by Observer — 16.09, 2012 @ 17:01

  9. @ Wolfgang Ksoll

    Mit diesem Statement stehen Sie – wenn nicht ohnehin schon – endgültig auf der Liste subversiver staatsfeindlicher Elemente.

    Seien Sie vorsichtig.
    Hoffentlich haben Sie sich ausreichend abgesichert.

    Comment by Pandora — 16.09, 2012 @ 17:02

  10. Ach Herr Stadler. Wer in Deutschland die Systemfrage stellt, ist entweder Linksextremist oder Spinner. So einfach ist die offizielle Wahrheit.

    „Die Frage, ob wir es eventuell bereits mit einem “Staat im Staate” zu tun haben, wurde in den etablierten Medien praktisch nicht aufgeworfen.“

    1. Die Bundesrepublik Deutschland birgt seit ihrer Gründung 1949 einen Staat im Staate. Das war schon immer so. Eine freier und demokratischer Rechtsstaat war die BRD immer schon nur auf dem Papier.

    2. Die Medien sind schon lange faktisch gleichgeschaltet. Das ist offensichtlich, wenn man sich näher anschaut, welche Themen überhaupt und in welcher Weise behandelt werden.
    Kritik? Sachargumente? Fehlanzeige.
    Es dominieren Agitation, Hetze, Propaganda und Manipulation.
    Verlautbarungsjournalismus. Unkritischer, obrigkeitshöriger Geist der Journalisten. Wirtschaftliche Abhängigkeit der Journalisten von den Verlagen und der Verlage von der Wirtschaft.

    Comment by Emilia — 16.09, 2012 @ 17:09

  11. Was soll daran staatsfeindlich sein, dass man nicht möchte, dass Menschen wie Hans-Martin Schleyer durch Behördenschlamperei zu Tode kommen, dass der Staat keine Gefängnisse mit Bomben in die Luft jagt, dass Staatsbedienstete Mörder mit Molotow-Cocktails und Bomben versorgen? Wenn man die FDGO durchsetzen will, ist man kein Staatsfeind, sondern höchstens vielleicht Ziel für die organisierte Kriminalität oder den Terrorismus.

    Comment by Wolfgang Ksoll — 16.09, 2012 @ 17:12

  12. @ Wolfgang Ksoll

    Kritik an der Regierung = Kritik am Staat = staatsfeindlich = terroristisch

    Aus Sicht der Überwachungsfanatiker und Sicherheitideologen eine logische Gleichung.

    Als Verfechter der freiheitlich demokratischen Grundordnung könnten Sie das Ziel von Staatsterrorismus werden.

    Comment by Pandora — 16.09, 2012 @ 17:30

  13. @ Wolfgang Ksoll

    Kritik an der Regierung = Kritik am Staat = staatsfeindlich = terroristisch

    Aus Sicht der Überwachungsfanatiker und Sicherheitideologen eine logische Gleichung.

    Als Verfechter der freiheitlich demokratischen Grundordnung könnten Sie das Ziel von Staatsterrorismus werden.

    Comment by Pandora Buechse — 16.09, 2012 @ 17:31

  14. Artikel 20.(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

    (2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

    (3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

    (4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

    Comment by Nerd — 22.09, 2012 @ 14:21

  15. Hallo Katharina,die Digi Stamps sind der absolute Knaller!Ich kntone sie mir gestern schon ansehen und bin total begeistert, vor allem die vorkolorierten sind Klasse,gerade ffcr solche Bastler wie mich, die noch Einsteiger sind.Vielen Dank ffcr die Mf6glichkeit, auch so tolle Karten wie ihr zu machen.Ein wunderschf6nes sonniges Wochenende und viele Grfcdfe.Dagmar

    Comment by Marbelis — 13.12, 2015 @ 17:50

RSS feed for comments on this post.

Sorry, the comment form is closed at this time.