Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

4.5.12

Google haftet für Erfahrungsberichte auf Google Maps

Nach einer neuen Entscheidung des Landgerichts Berlin (Urteil vom 5. April 2012, Az.: 27 O 455/11) haftet Google für (anonyme) Erfahrungsberichte auf Google Maps entsprechend der vom BGH entwickelten Grundsätze einer beschränkten Störerhaftung von Host-Providern.

Das ist im Ansatz sicherlich zutreffend. Ob das Landgericht Berlin die richtigen Schlussfolgerungen aus der Entscheidung des BGH gezogen hat, ist dennoch fraglich. Das Landgericht stützt die Störerhaftung von Google offenbar primär auf den Umstand, dass Google nicht versucht hat, eine Stellungnahme des Verfassers einzuholen. Ob dieser Umstand allein allerdings eine Störerhaftung begründet, weil bereits dadurch eine (zumutbare) Prüfpflicht verletzt worden ist, hat der BGH in dieser Form nicht entschieden. Im Fall des Landgerichts Berlin liegt außerdem ein – von der Meinungsfreiheit gedecktes – Werturteil durchaus näher als in dem vom BGH entschiedenen Fall. Hier scheint mir etwas vorschnell eine Tatsachenbehauptung angenommen worden zu sein.

Andererseits kann auf Google Maps nur derjenige einen Erfahrungsbericht verfassen, der als Nutzer angemeldet ist. Google verfügt also zumindest über Kontaktdaten des Verfassers und hätte durchaus die Möglichkeit, den Autor um eine Stellungnahme zu bitten.

Wie ist allerdings die Situation zu beurteilen, wenn man als Forenbetreiber oder Blogger tatsächlich, entsprechend der gesetzlichen Vorgabe des § 13 Abs. 6 TMG, eine anonyme Nutzung gewährleistet? In diesem Fall kann man als Betreiber mit dem Verfasser eines Kommentars keinen Kontakt aufnehmen, weil man noch nicht einmal eine E-Mail-Adresse erfasst hat. Soll dies also dann dazu führen, dass man damit automatisch als Störer haftet, weil man zumutbare Prüfpflichten verletzt hat, obwohl einen das Gesetz andererseits dazu anhält, eine anonyme Nutzung zu ermöglichen? Bereits diese Überlegung zeigt, dass nur wegen einer fehlenden Rückfrage beim Verfasser schwerlich eine Störerhaftung bejaht werden kann.

Man darf auf die zu erwartende Berufung gespannt sein.

posted by Stadler at 09:40  

2 Comments

  1. Jo, die anonyme Nutzung ist eine Farce, oder besser gesagt, es ist eine Gängelung für Webseitenbetreiber und ein risikoreicher Witz, wollte man sie echt durchsetzen.

    Denn schon hier und da habe ich angemerkt, dass es kaum auf einer Webseite möglich ist, Kommentare abzugeben ohne eine Emailadresse zu hinterlassen.

    Irgendwie sind wir mit der Gesetzgebung und Gerichtsenscheide bezüglich Internet noch wie im Mittelalter. Willkür herrscht statt klarer Linie.
    Welcher Vorschrift soll man nun folgen? Der Anonymen Nutzungsgewährung oder derjenigen der Eventuellen Störerhaftung mangels Nutzerdaten?

    Ob Erfahrungsberichte auf Google Maps gut sind, mag ich bezweifeln. Würde jeder sich 10 mal Gedanken über seinen Text machen bevor er ihn schreibt, dann wäre es vielleicht gut, aber da wir nun seit kurzem wissen, wie Bewertungen produziert werden, lege ich keinen Wert mehr auf Bewertungen im Internet.

    Comment by Frank — 4.05, 2012 @ 10:04

  2. Das Urteil ist der Hammer.

    a) wird die Aussage, die aus „seit dieser ›Behandlung‹ kann ich nicht mehr anziehen, was ich will“ folgt zu einer Tatsachenbehauptung deklariert.

    Was ich noch anziehen kann – die Grundlage für die Aussage, ist sehr subjektiv, klar eine Meinung – und vermutlich sogar mit einer objektiv feststellbaren Leidensgeschichte versehen.

    b) Wird unabhängig vom Wahrheitsgehalt der „Tatsachenbehauptung“ von Betreibern gefordert, eine Meinung des Einstellers einzuholen und dann Richter, Seelendoktor oder Zensor zu spielen.

    Was ist wenn ich hier behaupte:
    „Plastische Chriurgie ist in der Überwiegenden Zahl der Fälle Pfusch und Ausbeutung. Außerdem gibt es einen leicht ermittelbaren, in Berlin ansässigen Arzt, der offensichtliche Probleme mit seiner Reputation und mit seinem Geschäftsmodell hat – und der außerdem das Netz nicht versteht.“

    Nun Herr Stadler – stellvertretend für alle Webseitenbetreiber, nicht persönlich nehmen(!)

    ich warte auf ihre Ermittlung und Bewertung des gesamten Sachverhaltes und der Berücksichtigung einer etwaigen Stellungnahme des für den Eintrag Verantwortlichen.

    Daraus gibt es nur genau eine Konsequenz: Foren und Kommentare sind nicht mehr erlauben. Kritik ist sofort zu löschen.

    Also ernsthaft, als Anwalt würde gleich eine Rechnung mitschicken – jedenfalls wenn das irgendwie ginge.

    Äh nicht doch Herr Stadler – Ups…

    Comment by Joachim — 4.05, 2012 @ 14:34

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